THEMA: Reisebericht: Ostafrika 2007/2008
26 Mär 2009 15:14 #95657
  • Topobär
  • Topobärs Avatar
  • Beiträge: 5460
  • Dank erhalten: 8843
  • Topobär am 26 Mär 2009 15:14
  • Topobärs Avatar
7.Tag (Lake Victoria - Masai Mara):

Vom Lake Victoria Safari Village fuhren wir die Piste des Vortages wieder zurück bis nach Homa Bay. Hier bogen wir von der Küstenstraße ins Landesinnere ab, um die A1 zu erreichen.

Am Ortsausgang dann eine große Menschenmenge, viele sind mit Knüppeln bewaffnet, die Straße ist mit Reifen versperrt, davor stauen sich die Autos und werden nur einzeln durchgelassen. Meine erste Vermutung ist ein Zusammenhang mit den gestrigen Wahlen. Ich hatte bereits seit Beginn der Reise ein mulmiges Gefühl, während der Wahlen im Land zu sein, aber bei der Planung dieser Reise, die bereits mit einem Jahr Vorlauf begann, war der Wahltermin noch nicht absehbar.

Schnell muss ich eine Entscheidung treffen, wie wir uns verhalten. Die Absperrung mit den Reifen ist für unser Fahrzeug kein wirkliches Hindernis. Entscheide ich mich jedoch dafür, einfach durchzubrechen ist großer Aufruhr vorprogrammiert. Also erst mal abwarten, was sie von uns wollen und falls es brenzlich wird - Vollgas und weg.

Jetzt sind wir in der Reihe. Ich bin sehr angespannt, die Leute rings ums Auto ebenfalls. Die meisten haben Knüppel und wirken recht bedrohlich. Der erste Gang ist eingelegt, die Kupplung ist getreten, der andere Fuß sitzt auf dem Gaspedal, ich bin bereit im Notfall sofort durchzustarten. Alle rufen durcheinander, so dass es etwas dauert, bis ich verstehe, was sie wollen: \"What you have voted?\" Ich erkläre, dass wir gar nicht gewählt haben, sondern nur als Touristen durch Kenia reisen. Schlagartig ändert sich die Stimmung. Man fragt uns, wie es uns in Kenia gefällt. Freut sich, dass wir das Land bereisen und wünscht uns einen weiterhin schönen Urlaub.

Da ist dann ja alles gut gegangen. Wir sind froh, erst einmal die Situation abgewartet zu haben. Als Hintergrund muss ich noch sagen, dass hier am Lake Victoria in erster Linie Luo wohnen, Angehörige des Volksstammes, des Oppositionsführers Raila Odinga, die schon ahnten, dass ihr Kanditat mit unsauberen Methoden um das Präsidentenamt gebracht wird.

Ab Homa Bay ist die Straße zwar asphaltiert, aber bis zur A1 nur ein Flickenteppich. Erst auf der A1 ist zügiges Vorankommen möglich. Kurz vor der tansanischen Grenze biegen wir auf die C13 in Richtung Masai Mara ab. In aller Einmütigkeit zeigen die Landkarten Kenias diese Straße als Hauptverbindungsstaße. In der Realität handelt es sich aber nur um einen Feldweg. Und doch war diese Strecke der Hauptgrund, weshalb wir nach Westen, bis an den Lake Victoria gefahren sind, um in die Massai Mara zu gelangen. Die Strecke ist wunderschön, zunächst geht es durch kleinbäuerlich genutztes Land mit vielen Dörfern. Diese werden nach und nach weniger, dafür werden die Weideflächen immer größer, die ersten Rinderherden tauchen auf. Wir kommen ins Land der Masai. Das größte Highlight kommt aber zu Schluß. Am Oloololo Escarpment fällt die Hochebene abrupt zur Grasebene der Masai Mara ab, das Panorama von der Abbruchkante ist atemberaubend.

[bild: 112188]

Der Weg hinunter in die Ebene ist stark ausgewaschen. Von hier aus reisen nur ganz wenige in die Masai Mara. Viele fliegen und der Rest reist direkt von Nairobi über Narok an.

Für uns heißt die nächste Aufgabe, unser Camp zu finden. Es soll am Talek River, südlich des Intrepids Flugfeldes liegen. Durch das Musiara Gate erreichen wir den Nationalpark. Die letzte Regenzeit hat ihrem Namen alle Ehre gemacht, und viele Wege sind noch verschlammt. Auch die Flüsse, die wir queren müssen, führen noch reichlich Wasser.

Wir finden das Camp ohne Probleme, was uns selbst, noch viel mehr aber unsere Gastgeber überrascht. Wir sind die ersten Selbstfahrer, die das Camp besuchen. Über 90% der Gäste kommen per Flugzeug, der Rest mit Safari-Guide.

Uns erwartet bereits das Mittagessen, welches wir zusammen mit dem Campmanagement unter einem schattigen Baum direkt am Flußufer einnehmen. Danach noch etwas ausruhen und schon geht es wieder auf Gamedrive.

Wir haben das Camp kaum verlassen, da entdecken wir schon einen Serval. Schon bald stellen wir fest, dass er nicht allein ist. Es handelt sich um ein Weibchen, dessen Jungen im nahen Gebüsch spielen. Nur schwer können wir uns von diesem Anblick losreißen.

Nach wiederum nur kurzer Fahrt entdecken wir drei Gepardenbrüder, die sich im hohen Gras ausruhen.

[bild: 112191]

Leider ist gerade jetzt die Sonne hinter einer Wolke verschwunden, worunter die Fotos etwas leiden. Wir hoffen, die Brüder bei besserem Licht noch einmal aufzuspüren, werden damit aber kein Glück haben. Den Rest unseres Aufenthalts bleiben Sie verschwunden. Dafür liegt im Camp ein prächtiger Bildband über eben diese drei Gepardenbrüder aus.

Wir durchqueren den Talek River um zu den großen Grasebenen im Süden zu gelangen.

[bild: 112197]

Am Horizont zeichnen sich die Siluetten mehrerer Giraffen ab, die dieses Grasmeer durchqueren. Für sie muss dieses für Grasfresser so fruchtbare Gebiet wie eine Wüste erscheinen, ist doch auf Kilometer kein Baum in Sicht, von dem sie fressen könnten.

[bild: 112194]

Wir bleiben bis zum Sundowner. Zurück im Camp vergeht am Lagerfeuer mit einem GinTonic in der Hand, die Zeit bis zum Dinner, wie im Fluge.

Rekero Camp:

Beim Rekero Camp handelt es sich um ein mobiles Zeltcamp der Luxus-Klasse. Mobil heißt, dass das Camp während der Regenzeit komplett abgebaut und zur Wartung nach Nairobi gebracht wird. Es gibt keinerlei feste Installationen.

Das Camp besteht aus nur 8 Zelten, die so im Galeriewald des Talek River aufgebaut sind, dass untereinander keinerlei Sichtkontakt herrscht.

[bild: 112200]

Dazu kommt ein großes Gemeinschaftszelt mit einer gemütlichen Lounge und einem großen Tisch für das Dinner. Alle Gäste essen gemeinsam mit einigen Mitgliedern des Camp-Managements an dieser großen Tafel.

Das Camp ist in keinster Weise umzäunt und es sind häufig Tiere im Camp. Aus diesem Grunde gehört zu jedem Zelt ein traditionell bewaffneter Askari der einen vor allem in der Dunkelheit im Freien begleitet.

Es sind lediglich drei Weisse im Camp-Management. Der Rest der Camp-Leitung und alle Mitarbeiter rekrutieren sich aus den hier ansässigen Masai. Jede Besuchergruppe geht mit zwei Masai-Guides auf Safari.

Fazit: Die beste Unterkunft des Urlaubs. Man ist ganz nah an der Natur. Es wird mit einfachsten Mitteln eine luxuriöse Atmosphäre wie zu Hemmingway's Zeiten geschaffen. Auch fühlt man sich eher wie zu Besuch bei guten Freunden, als in einem kommerziellen Zeltcamp.
Letzte Änderung: 26 Mär 2009 15:25 von Topobär.
Der Administrator hat öffentliche Schreibrechte deaktiviert.
31 Mär 2009 15:35 #96357
  • Topobär
  • Topobärs Avatar
  • Beiträge: 5460
  • Dank erhalten: 8843
  • Topobär am 26 Mär 2009 15:14
  • Topobärs Avatar
8.Tag (Masai Mara):

Unsere Guides hatten vorgeschlagen, heute im Busch zu frühstücken. Zur Abfahrt erschienen sie mit riesigen Picknick-Körben. Das machte einen sehr guten Eindruck.

Wir fuhren zunächst in die sanften Hügel nördlich des Talek. Zeitgleich mit dem Sonnenaufgang entdeckten wir ein Rudel Löwen. Ihren Bewegungen zu folge waren sie auf der Jagd, doch konnten wir ihre Beute zunächst nicht entdecken. Es dauerte eine ganze Weile, bis wir im hohen Gras eine Familie Warzenschweine sahen - sie waren das angepeilte Ziel. Eine Riss live zu sehen, wäre schon etwas besonderes, andererseits taten uns aber auch die Warzenschweine leid. Wir waren hin- und hergerissen, wem wir die Daumen drücken sollten.

Am Ende entkamen die Warzenschweine, da ein männlicher Junglöwe in seinem jugendlichen Elan nicht die nötige Ruhe hatte und lossprintete bevor sich der Kreis um die Beute geschlossen hatte.

Für die Löwen blieb nur ein Bad in der Morgensonne.

[bild: 112748]

Wir waren kaum weiter gefahren, da hatte Kathrin mit Ihrem untrüglichen Gespür für niedliche Jungtiere, die Löwenbabys des jagenden Rudels entdeckt. Da machen Ihr selbst die Masai-Guides nichts vor. Beschützt von zwei Löwinnen tobten über 10 der kleinen Racker durch die Büsche und stellten die Geduld Ihrer beiden Beschützerinnen auf eine harte Probe.

[bild: 112745]

Es muss ein sehr großes Löwenrudel sein, was für den Wildreichtum der Gegend spricht. Alle zusammen sicherlich über 20 Tiere. Wir blieben bei den Löwenbabys bis sie vom spielen müde wurden und sich zum schlafen in die Büsche verzogen.

Allmählich knurrten auch unsere Mägen, die Frühstückszeit war schon lange überschritten. So war es eher ein Brunch, als wir am Mara-River an einem Crossing-Point ankamen. Hier war das Gelände übersichtlich, so dass man sicher im Freien frühstücken konnte. Der Inhalt der Picknick-Körbe konnte es locker mit jedem Frühstücksbuffet aufnehmen, kein Vergleich mit den sonst üblichen Lunch-Paketen. Hinzu kam noch der Blick auf den Fluß mit seinen riesigen Krokodilen und die Herden am gegenüberliegenden Ufer.

[bild: 112742]

Eigentlich wollten wir am Flußufer zurück zum Camp fahren, doch die am Himmel kreisenden Geier, ließen uns unseren Plan ändern. Anscheinend hatten die Löwen doch noch Beute gemacht, denn die Geier kreisten dort, wo wir am Morgen die Löwen beobachtet hatten.

Die Löwen hatten ein Zebra gerissen. Als wir ankamen war schon der größte Teil verspeist und nur noch zwei Löwinnen waren am Fressen (die beiden Aufpasserinnen der Löwenbabys?). Es hatte sich auch schon ein Rudel Hyänen eingefunden, von Geiern in großer Zahl gar nicht zu reden.

Zunächst war noch alles ruhig. Das änderte sich schlagartig, als in der Ferne ein zweites Hyänenrudel auftauchte. Es kam zu einer erbitterten Auseinandersetzung zwischen den beiden Rudeln um den Platz am gedeckten Tisch. Die Sieger waren jetzt mutig geworden. Sie waren den Löwen in der Zahl 5-fach überlegen und gaben jetzt jede Zurückhaltung auf. Es entbrannte ein kurzer, aber erbitterter Kampf um die Reste des Zebras, den die Hyänen letztendlich für sich entschieden. Dieser Kampf war vor allem ein akustisches Erlebnis, die Löwen brüllten und die Hyänen schrien in einer Lautstärke und Aggressivität, wie ich es bislang noch nicht erlebt hatte.

[bild: 112751]

Im nachhinein hätte ich mir am liebsten in den Hintern gebissen. Vor lauter Aufregung habe ich nur fotografiert und völlig außer acht gelassen, dass meine Digiknipse ja auch filmen kann; da wäre die Action deutlich besser rüber gekommen.

Am frühen Nachmittag waren wir zurück im Camp.

Abends machten wir nur noch einen kurzen Gamedrive. Unsere Guides wollten uns unbedingt noch einen Leoparden zeigen. Dazu durchqueren wir wieder den Talek River und fahren in den Galeriewald am südlichen Ufer direkt gegenüber unseres Camps. Hier hat ein Leopard sein Revier. Aber unser Glück hinsichtlich Tierbeobachtungen haben wir am Vormittag schon verbraucht. Wir finden zwar eine frisch gerissene Impala in einer Akazie hängend, aber der Jäger bleibt verschwunden.

[bild: 112754]

Abends haben wir dann am großen Tisch noch eine interessante Diskussion über die politische Zukunft Kenias. Alle anwesenden Kenianer, ob weiss oder schwarz hofften auf einen Sieg Raila Odingas. Eine Hoffnung, die sich nicht erfüllte.

Exkurs:
Sicherlich haben sich schon viele von Euch gefragt, weshalb es zu den von uns beschriebenen Tiererlebnissen nur so mäßige Fotos gibt. Die Erklärung ist, dass ich auf der Reise noch mit getrennten Systemen fotografiert habe. Während ich den Alltag mit einer Digiknipse festgehalten habe (diese Fotos seht Ihr hier), habe ich für die speziellen Tieraufnahmen noch meine altbewährte Analog-Kamera mit starkem Tele und Diafilmen dabei.

Die Anschaffung einer Digital-Spiegelreflexkamera ist aber für den nächsten Afrikaurlaub mit Schwerpunkt Tierbeobachtung fest geplant.
Letzte Änderung: 31 Mär 2009 15:41 von Topobär.
Der Administrator hat öffentliche Schreibrechte deaktiviert.
31 Mär 2009 16:01 #96361
  • Sanne
  • Sannes Avatar
  • Beiträge: 2115
  • Dank erhalten: 1199
  • Sanne am 31 Mär 2009 16:01
  • Sannes Avatar
Ach, was für ein schöner Bericht. Ich freu mich schon so auf den Teil über Tansania, da wir dieses Land so gern als Selbstfahrer besuchen würden, aber von einigen Reiseveranstaltern massiv gewarnt wurden.

Sieht so aus, als müsste ich es doch nicht von der Liste streichen! ;)

Ich drück mir mal selbst die Daumen, dass Du die nächsten Tage viel Zeit hast, Deinen Bericht hier fortzusetzen.

Herzliche Grüße
Sanne
"Der letzte Beweis von Größe liegt darin, Kritik ohne Groll zu ertragen." Victor Hugo
Der Administrator hat öffentliche Schreibrechte deaktiviert.
31 Mär 2009 16:09 #96363
  • Topobär
  • Topobärs Avatar
  • Beiträge: 5460
  • Dank erhalten: 8843
  • Topobär am 26 Mär 2009 15:14
  • Topobärs Avatar
Vielen Dank für das Lob. Da geht man doch gleich noch viel motivierter zur Sache. Über Ostern ist allerdings zwei Wochen Schreibpause angesagt. Man muss ja auch mal in den Urlaub fahren.:laugh:

Ich fand Tanzania als Selbstfahrer einfacher zu bereisen als Kenia.

Reiseveranstalter verdienen an Selbstfahrern erheblich weniger als an Pauschalreisenden. Das solltest Du bei bei solchen Warnungen immer im Hinterkopf haben.
Letzte Änderung: 05 Sep 2011 15:25 von Topobär.
Der Administrator hat öffentliche Schreibrechte deaktiviert.
31 Mär 2009 16:12 #96364
  • Sanne
  • Sannes Avatar
  • Beiträge: 2115
  • Dank erhalten: 1199
  • Sanne am 31 Mär 2009 16:01
  • Sannes Avatar
Topobär schrieb:

Reioseveranstalter verdienen an Selbstfahrern erheblich weniger als an Pauschalreisenden. Das solltest Du bei bei solchen Warnungen immer im Hinterkopf haben.

Oh, darüber sind wir uns durchaus im klaren. Allerdings haben wir jetzt häufiger gehört, dass man wohl Probleme hat, die Lodges individual zu buchen und da wir nicht campen, wäre das sicher ein Ausschlusskriterium.

Viele Grüße
Sanne
"Der letzte Beweis von Größe liegt darin, Kritik ohne Groll zu ertragen." Victor Hugo
Der Administrator hat öffentliche Schreibrechte deaktiviert.
31 Mär 2009 17:10 #96376
  • Topobär
  • Topobärs Avatar
  • Beiträge: 5460
  • Dank erhalten: 8843
  • Topobär am 26 Mär 2009 15:14
  • Topobärs Avatar
Selbstfahrer heißt ja nicht, dass man alle Unterkünfte selbst bucht.

Wir haben uns unsere Unterkünfte anhand von Internet und Reisehandbüchern rausgesucht und dann einer Agentur (in unserem Fall Sunworld Safari, Nairobi) eine Excel-Datei mit der Tourplanung zukommen lassen. Auf dieser Basis hat Sunworld die Buchungen vorgenommen. Hatte auch den Vorteil, dass wir nur eine Gesamtrechnung hatten und nicht von jeder Unterkunft separat.
Der Administrator hat öffentliche Schreibrechte deaktiviert.