THEMA: Kenia 2021: Die Entdeckung der Langsamkeit
21 Dez 2021 22:49 #632902
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14. September: Über Stock und Stein in Buffalo Springs

Gegen Fünf klingelt der Wecker. Puh! Die Nacht war extrem heiß. Besonders, als gegen 22.30 Uhr der Strom ausgeschaltet und damit der Ventilator arbeitslos wurde. Zu allem Überfluss schwirrten zwei Moskitos um meinen Kopf herum, das nervtötende "Dzzzzzzzzzzz" am Ohr konnte ich noch nie vertragen. In meiner Not wusste ich mir nicht anders zu helfen, als vollständig im Backofen unter dem Bettlaken zu verschwinden. Ich war also noch nie so richtig gut, aber bestimmt schon mal viel besser drauf beim frühen Aufstehen.

Thomas erlegt im Schein des nunmehr wieder aktivierten elektrischen Lichts den einen Plagegeist, ich den anderen. Bei diesen beiden Vertretern ihrer Gattung bleibt es auch in den nächsten Tagen, doch weil ich das noch nicht weiß, trauere ich einem für meinen Geschmack fehlenden Moskitonetz über dem Bett missmutig hinterher.

Katzenwäsche, Klamotten an und raus aus dem Haus. Auf unserem Weg quer durch den Garten steigt das Stimmungsbarometer beträchtlich. Ein lauer Morgen, das erste Licht des Tages und die lang vermissten Geräusche der Natur zeigen Wirkung: Es kann losgehen!



Schnell noch ein Kaffee für Thomas und ein Tee für mich, dann klettern wir in den Wagen, wo Livingstone schon alles für den Tag vorbereitet hat.

Als erstes Auto fahren wir raus. So wird es während der gesamten Reise sein. Morgenstund hat Gold im Mund, Livingstone hat es wohl erfunden. Vor allem aber - das wird uns zusehends klar - will er die Dinge selbst entdecken. Nicht im Sog anderer sein. Er zieht mich mit und muss das auch, bin ich doch eher eine Eule. Anders als die Büffel, denen wir auf Anhieb begegnen - sehr zur Begeisterung unseres Guides.



Vor nicht allzu langer Zeit hat es eine Seuche gegeben im Park, die den Bestand ziemlich hat schrumpfen lassen. Nun scheint es wieder bergauf zu gehen.



Auch die Netzgiraffen sind früh dran - und bildhübsch mit ihrem gleichmäßigen Fellmuster und den kräftigen Farben.





Beim Fluss hat eine Löwin ihr Frühstück gerade beendet. Wir hatten sie schon am Vorabend entdeckt, was nicht allzu schwierig war, weil sich die wenigen Gäste des Reserves allesamt in ihrer Nähe eingefunden hatten und starrten. Wenn auch ohne befriedigendes Ergebnis: Sie hatte sich mit einem Riss ins Unterholz zurückgezogen und es lugte gerade einmal eine Pfote heraus.

Es riecht hier nicht gerade nach Rosen, sondern intensiv nach Gammelfleisch. Doch weil sie sich so schön herausputzt und wir mit ihr alleine sind, bleiben wir anders als am Vortag ein wenig stehen.







Trotz der Dürre sehen wir viele Antilopenkinder. Wahrscheinlich, weil sich der Zeitpunkt nähert, an dem es regnet - oder zumindest regnen sollte. Sie purzeln über Nacht heraus und stehen dann morgens mit staksigen Beinen und großen Augen unverhofft da.





Auch diese beiden sind noch so klein, dass sie bei drohender Gefahr nicht fliehen, sondern sich geduckt hinter Zweigen oder im Gras verstecken. So ganz geheuer sind wir ihnen nicht. Sie tauchen lieber ab - und bleiben allein, denn die erwachsenen Tieren ziehen davon, um die Aufmerksamkeit auf sich und von den Kleinen abzulenken.



Auf Gerenuks hatte ich mich besonders gefreut und sie enttäuschen mich nicht. Sie sind wahre Artisten, wie sie da balancierend auf den Hinterbeinen stehen und sogar gehen. Dazu die spitzen Gesichter und die riesigen Ohren - zum Knutschen.









Nun fahren wir weg vom Fluss und hügelaufwärts. Die Löwin reckt sich zufrieden und wird wohl bald zum Verdauungsschläfchen übergehen.



Livingstone kennt sich gut aus im Revier, war aber (wegen Corona) monatelang nicht hier. Wir rumpeln über Stock und Stein, nur schemenhaft sind Pfade erkennbar; manchmal auch gar nicht mehr.

Oryx, anders als in Namibia in Kenia eine Seltenheit




Wir fühlen uns wie auf einer Expedition, also ziemlich gut. Einige Wege sind so zugewachsen oder sogar kollabiert und in der Versenkung verschwunden, dass wir umdrehen und eine neue Fährte finden müssen. "The road disappeared", konstatiert Livingstone: "My goodness."







Same same but different


Unter einem schütteren Busch überschlagen sich die Ereignisse. Ein Habicht flattert aufgeregt umher, etwas Langes flitzt zur Seite, eine Schlange! Der Vogel aber greift sich nicht das Reptil, sondern einen Frankolin - und fliegt davon.

Zurück bleiben verdatterte Touristen und eine sichtlich bis ins Mark erschütterte Schlange. Sie hockt jedenfalls noch minutenlang reglos in einem Loch und streckt gerade einmal den Kopf heraus. Ich brauche ewig, bis ich sie trotz geduldiger Beschreibungen von Livingstone und Thomas entdecke. Ihre Tarnung ist perfekt.



Die Sonne steht schon hoch am Himmel. Doch es ist noch früh und wir rumpeln weiter bergauf.



Schließlich frühstücken wir auf einem Plateau. Gefühlt auf einem anderen Planeten. Was für ein Ort! Weit und breit kein Mensch, nur Vögel und Elefanten, die in unserem Rücken auf leisen Sohlen zum Fluss hinunterlaufen. Ich hätte sie fast nicht bemerkt. Der weite Blick, es ist ein Traum. Und die Weihnachtskugeln hat auch schon jemand aufgehängt...

Letzte Änderung: 22 Dez 2021 17:00 von Beatnick.
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21 Dez 2021 23:02 #632903
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  • casimodo am 21 Dez 2021 23:02
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Hey Beatnicks !

Jetzt will ich mich auf jeden Fall in die Reihe der Dankesager einreihen !
DIe Erwartungen sind bei Euren Berichten ja besonders hoch. Wortgewandtheit gepaart mit Bebilderung der Spitzenklasse! Aber sie werden stets erfüllt !

Ich freue mich auf die Fortsetzung und viellllllleieeeicht kommen wir im nächsten Jahr auch mal nach Kenia. :whistle:
Aber wenn nur spontan!

Viele Grüße vom Weißwurschtäquator
Carsten
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22 Dez 2021 03:42 #632906
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  • Sadie am 22 Dez 2021 03:42
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Hallo liebe Berti und Thomas,
Sooooo schön dass es wieder mal einen Reisebericht von euch gibt, wie immer Spitzenklasse in Wort und Bild. Echte Profis, Oh my goodness and oh my goooooood!
Als ihr in Nairobi am 13.September angekommen seit, waren wir auf der berüchtigten Nairobi- Mombasa Road auf dem Weg vom Tsavo West zum Tsavo East. Wir freuten uns auch sehr ob den neuen Arten und ich hatte es mir schwieriger vorgestellt diese zu entdecken. Denkste. Gerenukis in allen Ecken! Und die schön/hässlichen Hühner auch.
Leider habe ich sehr wenig Zeit um meinen RB auf Deutsch zu übersetzen da wir ein paar Meilen nach Norden umgezogen sind. Mensch gibt das Arbeit! Hast du den Link zu meinem RB gesehen? Ich habe auch sehr zwei-spältige (?) Gefühle über die Mara…
Liebste Grüsse mit vielem Dank nach Hamburg von dem sehr warmen Florida von Katrin
If life is a journey be sure to take the scenic road!

Expedition Antarktis:
www.namibia-forum.ch...s-und-s-georgia.html

Island In Herbstfarben
www.namibia-forum.ch...-september-2018.html


Nordamerikanische Safari und Landschaften May Till October 2019

www.namibia-forum.ch...landschaft-2019.html

Zweite Selbst Fahrer Tour in Tansania. Same same but different.
Juni 2018
www.namibia-forum.ch...e-but-different.html

Trip reports in English:

Namibia and KTP 2016
safaritalk.net/topic...-tr-nam-sa-bots-nam/

Botswana 2016:
safaritalk.net/topic...fari-tr-bots-nam-sa/

Tanzania 2015:
safaritalk.net/topic...s-and-lions-in-camp/

Nam-SA-Bots 2014:
safaritalk.net/topic...ca-and-namibiab/page
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22 Dez 2021 10:41 #632927
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  • Dandelion am 22 Dez 2021 10:41
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Guten Morgen Ihr Lieben,

ich habe euren Bericht erst heute entdeckt und bin noch schnell aufgesprungen ;)

Das geht ja richtig gut los bei euch, da bleibe ich gerne dabei und genieße die gewohnt tollen Fotos und den typisch-witzigen Berti-Betti Schreibstil :)

Bei der Black Mamba musste ich auch erstmal meine Brille rauskramen und genau hinschauen :whistle:

Liebe Grüße
Kordula
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22 Dez 2021 11:07 #632930
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Hallo Betti,

ich freue mich natürlich auch über einen Bericht von euch.

Das Foto "same,same, but different" ist der Oberknaller.

Aber beim nächsten pic und der Beschreibung dazu habe ich doch einige Zweifel. Weder zeigt das Bild eine Black Mamba, und selbst wenn es eine wäre, so hätte sie natürlich als Wirbeltier auch Mark (nur eben keine Beine).
Für mich sieht das nach einer Peitschenschlange aus, welche Spezies es dort gibt, weiss ich nicht.
Ist man ja gewohnt, alles, was sich schnell bewegt und keine Füsse hat, ist eine Black Mamba. Habe ich auch schon öfters erlebt. Echte Mambas dagegen habe ich erst vier Mal gesehen, drei davon als Strassenopfer, eine wurde aus einem Baum auf einer Farm heraus geschossen. Jedenfalls sahen die Tiere deutlich anders aus (Kopfform sargähnlich, die Farbe dunkelgrau-oliv, aber nicht weiss und auf jeden Fall ohne diesen hier deutlich sichtbaren Überaugstreif ).

Aber eine spannende Sichtung allemal.

Viele Grüße,
Matthias
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22 Dez 2021 12:55 #632942
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Guten Tag Betti,

Errinnerungen an Samburu werden wieder wach durch Deine Bilder......man konnte zu Fuss den breiten Fluss queren....

maximale Tiefe vielleicht 20 cm mit Sandinseln....crocs schon von weeeeeitem sichtbar..... :laugh: :laugh: :laugh:

Die Schlange ist keine Mamba (da liegt Matthias

richtig)........sind Peitschenschlangen nicht eher down under?

wäre eine Boomslang möglich ????

LG................................BMW
Letzte Änderung: 22 Dez 2021 12:59 von BMW.
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