THEMA: DREI MONATE LANG KREUZ UND QUER DURCH KENIA
18 Jan 2016 08:29 #415277
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  • THBiker am 18 Jan 2016 08:29
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Ich bin auch gespannt auf deinen Bericht zu Samburu :) Der Leo ist doch schon mal ein guter Anfang.
Gruß Thorsten :)
Thorsten Hanewald Photography

Auf den Spuren der Gnus - Tansanias Norden
Zu Besuch im Angama Mara Camp (Mara Triangle)
Masai Mara intensiv

" Alles, was ich jetzt wollte, war nach Afrika zurückzukommen. Ich hatte es noch nicht einmal verlassen, aber wenn ich nachts aufwachte, lag ich lauschend da, bereits voller Heimweh danach."
Ernest Hemingway
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19 Jan 2016 16:32 #415623
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Kurzes Intermezzo in Nanyuki

Am 16. Oktober 2016 werden es 50 Jahre sein, seit ich zum ersten Mal afrikanischen Boden, in Mombasa, - mit einem französischen Schiff von Marseille kommend - betrat und eine erste Safari von sechs Monaten machen konnte. Es war die beste meiner über 100 Reisen durch alle Kontinente und zahlreiche Länder.
Meine Lieben zuhause finden es langsam an der Zeit, mit der Herumreiserei aufzuhören und
meinen Lebensabend "zuhause" zu geniessen - mit Filzpantoffeln, RTL und Enkeltochter.
Bisher habe ich das Ansinnen meiner Kinder weit von mir gewiesen, auch wenn ich zugebe, dass die Räder des LandCruiser jedes Jahr ein Stück schwerer werde, wenn ich eines wegen eines Plattfusses wechseln muss. Im Notfall steht aber meist ein Dutzend junger, kräftiger Burschen in der Gegend rum und die Jungs sind gerne bereit, Hand anzulegen.
Gestern ist mir aber etwas passiert, das mir zu denken gibt, auch wenn es einer gewissen Situationskomik nicht entbehrt (die ich, weil sie mich selbst betrifft, allerdings nicht besonders amüsant finde).

An der Hauptstrasse erstrecken sich Dutzende von kleinen und grösseren Shops



Auf der Suche nach...

Nach einer Safari, wie ich sie im Buffalo Springs und im Samburu Reservate erlebt habe, merkt man meistens, dass entweder am und für den Wagen irgendwelche Teile fehlen oder man selbst etwas entbehrt. Das ging mir auch diesmal so und ich wollte das Fehlende in Nanyuki kaufen, bevor die nächste Safari - vermutlich in die Massai Mara - in Angriff genommen wird. Was ich unbedingt einkaufen musste, waren ein paar Meter hundsgewöhnlichen, biegsamen Draht, mit dem man einen gebrochenen Auspuff fixieren kann, ein Türscharnier oder das Kühlergitter, dessen Schrauben sich aus dem Staub gemacht haben. Also fuhr ich zum grössten, bestsortierten Hardware Shop Nanyukis, zu Modsan, der von einem indischen Familienclan hervorragend geführt wird und ein Sortiment hat, um das ihn jedes deutsche und schweizerische Eisenwarengeschäft beneiden würde. Ich parkte den LandCruiser vor Modsan und betrat das Geschäft, nur um festzustellen, dass es zum Bersten voll war. Geduld ist nicht gerade meine Stärke (schliesslich bleibt mir nicht mehr soviel Zeit...!) und so verliess ich Modsan und suchte ein anderderes, kleineres Hardwaregeschäft auf, das wenige Dutzend Meter von Modsan entfernt ein eher kümmerliches Dasein fristet.

Da steht mein LandCruiser noch im Angesicht von Modsan. Ich träume doch nicht!


Ich war der einzige Kunde und meine Frage nach Draht wurde mit einem "ham' wir nich'" beantwortet. Natürlich auf Swahili. Die Besitzerin empfahl mir einen weiteren Hardware Shop, fast am anderen Ende der Kenyatta Avenue und ich machte mich auf den Weg dorthin.
Dort gab's auch keinen Draht, aber den Tipp, es bei dem Eisenwarenhändler soundso zu versuchen, der wiederum eine halbe Meile entfernt war. Und siehe da: Eisendraht in der gewünschten Dicke war vorhanden, aber meinem Ansinnen, zwei bis drei Meter zu kaufen, wurde nicht entsprochen. "Wir verkaufen Eisenwaren per keidschi." Das heisst übersetzt per Kilogramm.
Der Verkäufer erklärte sich ausnahmsweise bereit, mir ein halbes Kilogramm zu verkaufen, was er Phi mal Schnauze machte und ich den Laden mit mindestens einem keidschi besten
Drahts verliess. Frohgemut machte ich mich zu meinem LandCruiser auf und nahm den Weg unter die Füsse.

Als ich nach einer halben Stunde zurück kehre, steht der Wagen nicht mehr da. Oder sieht jemand das Auto auf dem Bild unten? Gestohlen, ist es mir durch den Kopf gefahren.


Als ich bei Modsan ankam, traf mich um ein Haar ein Schlaganfall: mein Wagen war verschwunden! Ich gestehe, dass mir mein Herz in die Hosen fiel und unten raus. Meine ganzen Habseligkeiten, vor allem die teure Fotoausrüstung, die Geldmittel, Ausweise und was man halt so auf einer ausgedehnten Reise mit sich rumschleppt, hatten sich verflüchtigt.
Ehrlich - ich empfand keine Freude. Alte Autos sind in Afrika gesucht und begehrt. Diebesbanden klauen sie und bringen sie innerhalb kürzester Zeit in einen Hinterhof, wo sie auseinander geschraubt und als gesuchte Ersatzteile verkauft werden. Angeblich ein Riesengeschäft.

Na, für ein paar Kilos mehr findet sich immer noch ein Plätzchen. Und ganz zuoberst sitzen dann die Mitfahrer



Der indisch-kenianische Nakumatt-Konzern hat sich in ganz Ostafrika ausgebreitet und ist in
jeder grösseren Stadt Kenias zu finden. Gut und teuer



Ein beliebtes Ziel weisser Besucher ist der Lilly Pond, durch den der Äquator führt. Hier trifft sich an den Wochenenden die einheimische Jugend und die Möchtegern-Schickeria



Die in Europa gesammelten Altkleider gehen ausnahmslos nach Afrika. Wer nicht unbedingt nach letzter Mode gekleidet sein will, kann sich in Kenia sehr, sehr preiswert einkleiden



Die Motorradfahrer bzw. die Räder - BodaBoda genannt - sind zu einer Seuche im schon vor ihrer Zeit chaotischen Verkehr geworden und verhalten sich noch schlimmer und unberechenbarer als die berüchtigten Matatu-Fahrer mit ihren Kleinbussen
Letzte Änderung: 03 Mai 2016 14:36 von Mzeekenya.
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19 Jan 2016 17:42 #415632
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  • Mzeekenya am 19 Jan 2016 16:32
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Guter Rat ist teuer

Ich suchte einen der gelben Kanarienvögel, Männer und Frauen, die im Auftrag der Kommune Parkgelder kassieren. Logischerweise war keiner weit und breit zu sehen.
Als ich einen fand und ihm erzählte, was mir bzw. dem Wagen passiert sei, schüttelte
er den Kopf und sagte "in Nanyuki wurde noch nie ein Wagen geklaut oder aufgebrochen. Wir haben zwar öfter mal einen Mord oder Totschlag - aber Wagen klauen, nein, das gibt's bei uns nicht". Nun, dachte ich, dann lande ich im Guinness Buch der Rekorde als erster Mzungu, dem in Nanyuki das Auto sozusagen unter dem Hintern geklaut wurde. Und ich war auch noch selber schuld, denn aus reiner Bequemlichkeit hatte ich einen verborgenen Schalter, der den Stromkreis zur Zündung unterbricht, nicht umgelegt. So eine Sch...

Im Notfall - oder um Geld zu sparen - haben drei Erwachsene und der Fahrer auf einem BodaBoda Platz!


Der Parkplatz-Ticketverkäufer - er hiess Thomas, wie ich später erfuhr - schleppte mich in ein Geschäft und fragte, ob jemand gesehen habe, wie mein LandCruiser vor ihren Augen gestohlen worden sei. Nein, niemand. Man riet mir, mich so schnell wie möglich mit der Polizei in Verbindung zu setzen - die Jungs seien ganz schön fix und würden den LandCruiser bald finden. "Hat jemand die Nummer der Polizei?" fragte ich die umstehenden Leute - es waren inzwischen sicher zwei Dutzend, die alle den Kopf schüttelten. "Am bestens ist es, du nimmst ein BodaBoda und fährst gleich selbst hin - dann geht es schneller," meinte einer.
Da ich aber mit der Polizei auf Kriegsfuss stehe - oder besser gesagt, sie mit mir, legte ich keinen gesteigerten Wert auf ein Treffen.

Der Parkschein-Verkäufer, ein überaus lieber und hilfsbereiter junger Mann, deutete auf einen gelben LandRover und fragte "ist es nicht der da?" und als ich verneinte, auf einen grünen LandCruiser... "Hör mal mein Freud, du hältst mich wohl für blöd?", "Nein", sagte er, "aber man wird noch fragen dürfen". Womit er recht hatte. Dann zeigte er zum fernen Horizont, weit die Strasse hinunter Richtung Samburu und sagte "dort unten steht auch ein weisser". So weit wie mein Helfer sehe ich nicht mehr scharf - aber ich traue mich fast nicht, es zu sagen: Dort unten, fast am Ende der Welt, stand mein gesuchter LandCruiser. Unberührt, sozusagen jungfräulich, sofern man das von einem 27 Jahre alten Auto sagen kann, das 310 000 km auf dem Buckel hat.
Ich weiss bis heute nicht, wie der Wagen dorthin gekommen ist!

Als ich heute wieder in die Stadt fuhr und vor Modsan parkierte, kam Thomas angerannt. Er strahlte über's ganze Gesicht und meinte "Mzee, ich passe auf deinen Wagen auf. Und wenn du nicht mehr weisst, wo du ihn hingestellt hast, dann sag ich es dir."
So liebenswürdig sind die meisten Kenianer und die Hilfsbereitschaft von Thomas war mir
100 ksh wert, obwohl ich heute ganz genau wusste, wo ich den LandCruiser wieder finden
würde.
Nebenbei: Fast ganz Nanyuki kennt inzwischen meine Geschichte und ich werde immer wieder gefragt "hast du den gestohlenen LandCruiser wieder gefunden?"

Consolata ist die Köchin im Lilly Pond


Moses bedient die Gäst im Liily Pond IMMER mit einem Lächeln


Mary hat früher auch im Lilly Pond gearbeitet, betreibt aber heute eine
kleine Agentur für lokalen Tourismus. Sie hat mich gebeten, ihr einen Mann aus Deutschland oder der Schweiz zu vermitteln. Ihre drei Kinder wünschen sich einen Papa - der ursprüngliche ist abgehauen, wie das in Kenia hin und wieder, um nicht zu sagen oft, passiert.


Sophia arbeitet im Kenchick und serviert knusprig frittierte Hähnchen



Joseph hat einen Halbtagesjob: am Vormittag verkauft er Zeitungen


Thomas hat versprochen, solange ich in Nanyuki bin, auf mich aufzupassen...



Übrigens: Ich bin ein Stück weit in das kalte, regenreiche Nanyuki verliebt und kann nicht einmal sagen wieso. Deshalb widme ich der Stadt einige Bilder und hoffe, sie noch oft
und lang besuchen zu können. Vor allem auch deshalb, weil hier noch nie ein Auto gestohlen worden ist!
Letzte Änderung: 03 Mai 2016 14:37 von Mzeekenya.
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19 Jan 2016 18:32 #415645
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Botswanadreams schrieb:
Na lieber M., das Muster ist ja schon mal vielversprechend und bei 6750 Bildern kann es wohl gar nicht so schlecht gewesen sein, wie Du vermutet hattest.
LG Christa

Hallo Christa, nein, nein, ich habe nichts vermutet, sondern das wiedergegeben, was ich zugetragen bekam. Zum Glück hat sich die Futtersituation durch viel Regen Ende November/Anfang Dezember für die Viehhalter so weit verbessert, dass sie ihre Tiere nicht mehr in die National-Reservate treiben müssen (Ausnahme: Shaba, wo vor allem Ziegen- und Schafherden sind).
Gruss M.

Ziegen- und Schafherde im fast trockenen Uaso Nyiro, aufgenommen von der Waso-Bridge
aus, die Buffalo Springs und Samburu miteinander verbindet.


Letzte Änderung: 03 Mai 2016 14:38 von Mzeekenya.
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19 Jan 2016 18:35 #415649
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Doppelpost...
Dafür ein alter Herr, der ziemlich aufgebracht war.


Letzte Änderung: 03 Mai 2016 14:39 von Mzeekenya.
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19 Jan 2016 19:49 #415675
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  • Butterblume am 19 Jan 2016 19:49
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Hallo Mzee,

Parkplatzdemenz! :laugh: :silly: :woohoo: Tolle Story!
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Da ließe sich durchaus ein erfolgreiches Business aufziehen. Hätte auch noch +- 10 Interessentinnen. Vielleicht gibs dann auch Discount, was die Transportkosten anbelangt.

Herzliche Grüße
Marina
Das Morgen gehört demjenigen, der sich heute darauf vorbereitet. Afrikanische Weisheit

www.butterblume-in-afrika.de
Letzte Änderung: 19 Jan 2016 20:28 von Butterblume. Begründung: RS
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