THEMA: DREI MONATE LANG KREUZ UND QUER DURCH KENIA
07 Mär 2016 13:34 #422450
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  • Mzeekenya am 07 Mär 2016 13:34
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Hallo Topobär,
alles was nördlich von Maralal bzw. Isiolo liegt, ist immer und seit Jahren "Risikogebiet". Es kann monatelang "ruhig" sein im nördlichen Kenia - und dann passieren kurz hintereinander Schiessereien, Überfälle und Viehdiebstähle. Als wir oben waren, wurde in Baragoi "rumgeschossen" und zwei oder drei Tage später in der Nähe von Ileret, nahe der äthiopischen Grenze. Natürlich mit einigen Toten und Schwerverletzten, denn - anders als früher - die Leute schiessen nicht mehr mit Pfeil und Bogen aufeinander, sondern mit Kalashnikovs und deutschen G3-Gewehren, die sich gerade in unwirtlichen, heissen und staubigen Gebieten sehr gut "bewähren". Wer in den Norden fährt, muss grundsätzlich und bei noch so guter Vorbereitung mit einem Restrisiko leben. Man sollte z.B. nicht allein in den Busch bzw. die Wüste fahren und auch nicht nachts. Der KWS (Kenya Wildlife Services) empfiehlt, im Konvoi zu fahren (was mir zuwider ist und ich nur dort mache, wo es das Militär bzw. die Polizei vorschreibt). Es gibt noch immer weite Gebiete ohne Handy-Netzwerk und wenn der Wagen versagt, kann das ziemlich an die Nerven gehen. Wir haben einmal zwischen Loyangalani und Ileret in drei Tagen ein einziges anderes Fahrzeug getroffen... Trotzdem würde ich die Reise sofort wieder machen. Aber vielleicht nicht gerade zwischen Dezember und März, wenn es mörderisch heiss ist und fast täglich Sandstürme über die vegetationslose Wüste fegen.
Gruss M.



Anhang:
Letzte Änderung: 07 Mär 2016 13:50 von Mzeekenya.
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08 Mär 2016 14:07 #422614
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Im Norden Kenias leben Ethnien, deren Frauen zu den schönsten Afrikas zählen. Neben Somali sind das vor allem Boran und Gabra. Letztere sind besonders in North Horr und Umgebung anzutreffen. Wie viele vom Tourismus noch nicht "verdorbene" Völker, lassen sich weder Somali noch Gabra und Boran gern ablichten.
Ich hatte das Glück, durch Simon einen jungen Gabra kennen zu lernen, der uns bat, bei unserer Rückkehr vom Sibiloi Nationalpark Feuerholz mitzubringen, das in North Horr und seiner Umgebung nicht (mehr) zu finden ist. Wir brachten ihm eine recht grosse Ladung auf dem Dachgestell des LC mit und Robert war sehr dankbar dafür, denn er konnte sich für seine Familie - eine Frau mit einem 1-Jährigen Knaben - keine Holzkohle leisten. Als wir das Holz vor seinem Haus abluden, sah ich mehrere bildschöne Frauen an der Tür und fragte Robert spontan, ob ich sie fotografieren dürfe. Nach einigem Hin und Her - die jungen Frauen waren ziemlich gehemmt - stellten sie sich so hin, wie ich es gern hatte.
Später kam eine von ihnen zu Simon und bat ihn, mir auszurichten, ob ich sie heiraten würde. Sie hatte mit 25 noch keinen Mann und erzählte, ihre Eltern würden sie bald mit einem alten, wohlhabenden Gabramann verheiraten. Sie würde aber dann doch lieber den alten Mzungu ehelichen als den alten Gabra. 50 Jahre Altersunterschied erschienen mir jedoch ein bisschen viel...





Sabdio möchte keinen alten Gabramann heiraten
Letzte Änderung: 08 Mär 2016 14:14 von Mzeekenya.
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09 Mär 2016 12:19 #422773
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Ist die Mara noch einen Besuch wert?
Aus verschiedenen Gründen habe ich das Massai Mara Reservat mehrere Jahre lang nicht mehr besucht. Der Hauptgrund war, dass der gesamte Tierbestand innerhalb von zehn Jahren um rund 30% zurück gegangen ist und noch immer zurück geht. Das hängt zum überwiegenden Teil mit den Massai zusammen, die jedes Jahr mehr Vieh zum weiden in das Schutzgebiet treiben: Abends rein, morgens raus. Und die Ranger schauen tatenlos zu. Oder sie verteilten so lächerliche Bussen, dass es sich für die Massai lohnte, ihre Kühe in die Mara zu treiben. Erst seit kurzem, seit einige Löwen des Marsh Pride vergiftet wurden, scheint sich eine Änderung anzubahnen. Zwei der Viehhalter, die an der Löwen-Vergiftungs-Aktion beteiligt waren, wurden kürzlich zu einer Busse von 20 Millionen Ksh verurteilt oder, wenn sie diese nicht bezahlen (können), zu lebenslanger Haft! Das ist die einzige Sprache, die von den Massai, die sich bekanntlich für das auserwählte Volk Gottes halten (das gab es mehrfach in der Menschheitsgeschichte!), verstanden wird. Ob die neue, rigorose Verfolgung der Übeltäter anhalten oder nach kurzem im Sand verlaufen wird, lässt sich noch nicht sagen. Ich selbst bin da eher skeptisch...
Ein weiterer Grund meiner Mara-Abstinenz waren Jahre lang die ausufernden Besuchermassen, die ganz besonders während der berühmten Migration die Gebiete wie Heuschrecken überfallen und zu einem beträchtlichen Teil jede Disziplin, jede Zurückhaltung und jeden Respekt vor den Tieren vermissen lassen. Seit einigen Jahren kommen immer mehr Chinesen und die führen sich oft unglaublich rücksichtslos auf, blockieren die Ausstiege aus dem Mara River, verlassen die Busse und entwickeln einen Lärmpegel, der an ein volles Fussballstation erinnert. Die Fahrer der Busse trauen sich nicht, ihre Gäste zurecht zu weisen (Trinkgelder könnten ausbleiben) und die paar Ranger, die zudem kaum Fahrzeuge und besonders keinen Treibstoff haben, legen sich lieber und gefahrloser mit Einzelreisenden an, als mit den 40- und 50-köpftigen Gruppen aus China.









Auch nach dem letzten Besuch in der Mara, Ende Januar und im Februar 2016, bin ich der Ansicht, dass die Mara
"den Bach hinunter geht" und in Kürze nicht mehr wert ist, besucht zu werden. Nicht zuletzt, weil die Zufahrtstrassen von Narok - zum Sekenani Gate, zum Ololoolo Gate und zum Talek Gate - meist in einem saumässigen Zustand sind und jedes Auto, auch den stärksten LandCruiser, zusammen hämmern. Die Massai Community von Narok und Kilgoris kassieren ein Schweinegeld an Eintrittsgebühren - aber sie bleiben Rechenschaft schuldig, was sie damit anfangen.
Man hört so einiges, wo die Dollars und Euros hinfliessen; den Tieren bzw. dem Gebiet der Mara kommen sie nur in beschränktem Ausmasse zugute.
Fährt man, wie ich es diesmal tat, in der besucherarmen Zeit in die Mara, wird man einerseits durch das sehr hohe Gras eingeschränkt und findet zu dieser Jahreszeit verhältnismässig wenig Wild bzw. man sieht andererseits bestenfalls Kaffernbüffel, Giraffen und Elefanten, die über die Grassavanne "hinaus ragen".
















Es sind wohl an die 20 Jahre her, dass ich in Ewaso Ngiro, 22 km von Narok entfernt, auf dem Weg in die Mara, einen Massai kennen lernte, der sich mir buchstäblich als Guide aufschwatzte. Ich war damals allein unterwegs und hatte in meinem 4x4 einen freien Sitz. Nachdem wir uns über seine Entschädigung geeinigt hatten, packte er innerhalb von fünf Minuten seine Siebensachen und wir fuhren zusammen los. In den darauf folgenden Tagen stellte ich fest, dass Simon ole Tanyassi, wie sein voller Name lautete, der beste Wildspäher war, den ich je getroffen habe. Es war einfach unfassbar, was der Kerl - er war damals 30 - alles entdeckte - dort wo ich einfach nichts sah und entdeckte, fand er Löwen, Geparde und hin und wieder einen Leoparden. Ich nahm Simon in den folgenden Jahren noch mehrmals als Guide mit in die Mara. Oft hatte ich aber eine Begleitung dabei und es gab keinen Platz für den Massai. Diesmal war ich wieder mal allein und erkundigte mich in Ewaso Ngiro nach Simon. Dank des "Buschtelegraphen" wurde er innerhalb einer Viertelstunde gefunden (obwohl er kein Handy hatte) und kam freudenstrahlend angestürmt. Wir einigten uns darauf, dass er mich drei, vier Tage lang begleiten würde und wenig später sass er auf dem Beifahrersitz und erzählte, wie es ihm in den vergangenen fünf oder sechs Jahren, in denen wir uns nicht gesehen hatten, ergangen war. Kürzlich war seine 26-Jährige Tochter gestorben. Sie hatte extrem hohen Blutdruck gehabt und war im Spital. Die für ihre Medikamente zuständige Schwester verreiste in den Urlaub, ohne Simons Tochter die lebenswichtigen Tabletten zu geben... und die Tochter starb nach drei oder vier Tagen an einem Hirnschlag (oder etwas ähnlichem - Simon wusste das nicht so genau).

In den noch folgenden Geschichten unserer gemeinsamen Fahrten im Februar und März 2016 werde ich noch öfter auf Simon (und mich) zu sprechen kommen. Wir stritten uns jeden Tag wie ein altes Ehepaar, denn ich dachte nicht im Traum daran, Simons "Fahrinstruktionen" zu folgen und erst recht nicht seinen Anweisungen, wie und wo und wann ich zu fotografieren hätte.
Eines Abends meinte er Kopf schüttelnd "you are still an old warrior!" Tja, einmal Krieger, immer Krieger.






Letzte Änderung: 10 Mär 2016 17:55 von Mzeekenya.
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09 Mär 2016 13:46 #422804
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Es kam, wie es bei meiner negativen Einstellung zu erwarten war, eher durchwachsen. Das hohe Gras war sowas von hinderlich (aber wunderschön, wenn es golden im Wind wogte). Selbst Simon, der nicht nur einen siebten Sinn für Tiersichtungen hat, sondern auch einen achten, fand nicht viel Bemerkenswertes. Wir fuhren Stunden lang durch die Savannen und die Buschlandschaften - und ja, wir sahen auch das eine oder andere Wild. Aber die Gnus waren in der Serengeti, die Zebras ausserhalb des Reservates, wie wir später feststellten, Löwen, Leoparden und Geparde verschwanden im Gras oder waren "ausgewandert", weil sie ihre Beute nicht sehen konnten. Und den ganzen Tag nur Elefanten und Giraffen nach zu fahren, fand ich nicht überaus reizvoll. Deswegen musste ich nicht in die Mara fahren; Giraffen gibts im Nairobi Nationalpark zuhauf, Elefanten im Samburu.
Die prekären Strassenverhältnisse - immerhin blieben wir nicht ein einziges Mal im Morast stecken - führten dazu, dass die Halterung des vordereren, rechten Kotflügels brach. Bei der Serena Safari Lodge gibt es eine kleine Werkstatt, denn die lodgeeigenen Fahrzeuge bleiben von Reparaturen nicht verschont, die meinen LC wieder instand setzte. Aus Erfahrung handelte ich zuerst den Reparaturpreis mit den beiden Mechs aus und begutachtete zudem ihr Arbeit mit Argusaugen. Zu ihrer Ehre sei's gesagt: sie machten den Job zu meiner vollen Zufriedenheit und hatten die 1000 ksh redlich verdient!









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09 Mär 2016 13:55 #422809
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Hoi Lilytrotter,
nein, nein, die Chalbi Tour kommt zu einem späteren Zeitpunkt - nämlich der Reihe nach - ausführlich zu Wort. Es war eine der ver-rücktesten Safaris, die ich je gemacht habe - bei knapp 40° (ohne Schatten), Sandstürmen, mörderischen Winden, die einen total austrockneten, katastrophalen Strassen usw. usw.
Ich habe sehr viele Bilder, vom See, von den Menschen, von den El Molos - aber alles muss (schweizerisch) seine Richtigkeit haben!
Ich bin jetzt voraussichtlich bis Freitag noch in Nanyuki und ich friere mir hier - nach der Chalbi - fast den A... ab.
Dann bis demnächst und danke fürs Feedback. M.

NB. Die paar Bilder und Kurztexte waren lediglich "Betthupferl" und ein Hinweis darauf, was noch folgen wird.
Letzte Änderung: 09 Mär 2016 15:11 von Mzeekenya.
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09 Mär 2016 14:16 #422814
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Ich bin ja, dank "vorgerückten Alters", nicht mehr so asketisch veranlagt, wie in meinen Jugendjahren. Den Besuch einer Lodge zwecks Mittagsbüffet, eines kalten Tusker Malt (ich habe meinen durchschnittlichen Jahreskonsum an Bier bereits Ende Februar gestemmt - wie das wohl noch rauskommen wird?) und vor allem auch der Elektrizität wegen, die mir ermöglicht, die Bilder von den Chip auf die externen 2,5"-HDs herunter zu laden und zu sichern, geniesse ich in vollen Zügen. Eine meiner bevorzugten Lodges in der Mara ist die Mara Serena Safari Lodge, die wunderschön auf einem Hügel hoch über den Ebenen und dem Mara River liegt und die zum Hotelimperium des Aga Khans gehört. Früher konnte ich mir noch eine Übernachtung dort leisten; sie schlug mit rund 100 DM/Sfr. zu Buche. Heute kostet das billigste Bett fast 300 EU und das teuerste 750 EU. Pro Nacht/Tag.
Die Hälfte der Belegschaft kenne ich seit 20 Jahren und es gibt bei jedem Wiedersehen ausführlichen Tratsch ("was macht Dorcas?" "Oh, die ist verheiratet und hat drei Kinder". "Schade, die hat mir immer gefallen". "Wie sind die Besucherzahlen?" "Beschissen, aber wir dürfen das nicht laut sagen". Usw.) - und man tauscht seine Erfahrungen der vergangenen Monate und Jahre aus.
Ein Mittagessen vom Büffet gehört bei mir zum Serena-Ritual. Es hat nur einen Nachteil: Ich bin nachher so vollgefressen, dass mich nur schon der Gedanke an ein kleines Dinner zum Würgen bringt...







Letzte Änderung: 09 Mär 2016 15:12 von Mzeekenya.
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