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Endlich habe ich Zeit für einen Bericht unserer Reise durch Ostafrika im November und Dezember 2013. Es dauert immer eine ganze Weile, bis man die ganzen Fotos und Videoclips sortiert, bzw. geschnitten hat. Jetzt, 5 Monate später, sind die Erinnerungen aber noch frisch und ich will deshalb mit dem Schreiben beginnen. Damit ich nicht zu viel schreiben muss, gibt es reichlich Fotos dazu. Es war nicht meine erste Reise in Afrika, aber ganz sicher die interessanteste. Ich freue mich über Kommentare und beantworte auch gerne Fragen.
Da es kein Unterforum für Länderübergreifende Reiseberichte gibt, war ich nicht sicher, in welche Rubrik ich den Bericht einstellen soll, ich habe mich für Kenia entschieden, weil hier die Reise begann und endete. Mit Bus, Matatu und Liemba durch Ostafrika Reiseverlauf und Vorbemerkungen. Anfang November 2013 reiste ich zusammen mit meiner kenianischen Freundin von Mombasa über Kilimanjaro (Tansania) nach Mpulungu (Sambia), wo wir auf die legendäre Liemba trafen. Auf der Liemba fuhren wir bis Kigoma am nördlichen Ende des Tanganjikasees. Von dort weiter über Mwanza am Lake Viktoria, nach Ruanda zum Kivusee und noch weiter nach Uganda und schließlich über Westkenia wieder zurück nach Mombasa. Wir fuhren mit öffentlichen Verkehrsmitteln, hauptsächlich mit Bussen, kürzere Strecken mit Matatus und Boda Bodas und natürlich mit dem Schiff. Auch wenn es manchmal in den Fahrzeugen ziemlich eng wurde und die irrsinnige Fahrweise einem gelegentlich den Schweiß auf die Stirn treiben konnte, hat es gut funktioniert. Wir blieben nie irgendwo hängen, bekamen immer Anschluß. Für längere Strecken besorgten wir die Tickets wenn möglich schon am Tag zuvor, oftmals aber auch erst bei der Abfahrt. Die vollsten Matatus gab es in Sambia, die irrsinnigsten Busfahrer in Tansania und die klapperigsten Busse in Uganda. Im Matatu (Kenia) Schrottbus (Lake Kivu) Am vollsten waren die Matatus in Sambia Die genaue Route und die Zeitplanung überließen wir weitgehend spontanen Entscheidungen, d.h. abends überlegten wir, wie und wohin es am nächsten Tag weiter gehen soll. Ich reise am liebsten mit einem Minimum an Vorausplanung, das ermöglicht erstens ein Maximum an Flexibilität und zweitens kommt es unterwegs doch meistens anders als man denkt. Übernachtet haben wir in einfachen Hotels, oder, wenn es eine nette Campingmöglichkeit gab, in unserem Zelt. Tiersafaris haben wir diesmal keine gemacht. Einerseits ist das schade, weil wir in der Nähe einiger berühmter Nationalparks vorbeikamen und diese sicher nicht zu unrecht als touristische Höhepunkte Afrikas gelten, andererseits kann man nicht alles machen und die Prioritäten bei dieser Reise lagen nun mal bei der Schiffsreise mit der Liemba und bei Afrika erleben, jenseits von Luxussafaris und Touristenstränden. Auch war es eine Frage der Kosten, so werden z.B. für Gorilla Permits in Ruanda pro Tag und Person 750 USD verlangt, in Uganda 500 USD, für Safaritouren in Tansania sind 350 USD/Tag und Person eher noch preiswert. Aufgeschoben ist nicht aufgehoben, bei zukünftigen Reisen werden wir sicher noch den einen oder anderen NP besuchen. Da fällt mir ein, eine Minisafari haben wir doch gemacht, ganz zu Beginn. In Bamburi, ein paar Kilometer nördlich von Mombasa hat der Schweizer Rene Haller in über 40 Jahren einen ehemaligen Steinbruch rekultiviert und eine tropische Landschaft mit Wäldern und Seen geschaffen, die mittlerweile von vielen einheimischen Tieren bevölkert wird. Neben zahlreichen Vögeln kann man dort Flusspferde, Giraffen, Antilopen, Zebras, Affen, Krokodile und Riesenschildkröten sehen. Haller Park in Bamburi, auch bei Kenianern beliebt Minisafari im Haller Park (Kenya) Highlights der Reise waren: Kilimanjaro, die Liemba und der Tanganjikasee, Lake Kivu in Ruanda, Lake Bunyoni in Uganda, Ssese Islands in Uganda (Lake Viktoria), Sipi Falls in Uganda, Tiwi Beach in Kenia. Und natürlich die Begegnungen mit Menschen, Landschaften und wunderschönen, interessanten Orten, bei denen man das Gefühl hat, hierher komme ich irgendwann einmal wieder. Die Idee zu dieser Reise entstand, als ich ein paar Monate zuvor zufällig auf einige Berichte und auf einen Dokumentarfilm über die M.V. Liemba gestoßen war. Was über das Schiff und seine Geschichte erfuhr war faszinierend und weckte meine Abenteuer- und Reiselust. So beschloss ich der betagten Lady zu ihrem 100. Geburtstag einen persönlichen Besuch abzustatten. Als ich meiner kenianischen Freundin von meinen Plänen erzählte und fragte, ob sie mitkommen möchte, war sie sofort mit Begeisterung dabei. Ein paar Infos über die Liemba (wie man sie z.B. bei Wikipedia findet) Die Liemba wurde 1913 in Deutschland (Meyer-Werft in Papenburg an der Ems) als Dampfschiff erbaut. Sie verkehrt bis heute auf dem afrikanischen Tanganjikasee. Allerdings wird sie inzwischen von Dieselmotoren angetrieben. Sie befördert gleichermaßen Menschen und Fracht zwischen Kigoma in Tansania und Mpulungu in Sambia. Das Schiff wurde seinerzeit zerlegt und in 5000 Holzkisten verpackt von Hamburg nach Daressalam (damals Kolonie Deutsch-Ostafrika) verschickt. Von dort ging es mit der Eisenbahn nach Kigoma am Tanganjikasee, wo es wieder zusammengebaut wurde. Während des ersten Weltkrieges wurde die Liemba bewaffnet und trug den Namen Goetzen. Schon ein Jahr später, die deutschen Siedlungen am Tanganjikasee mussten aufgegeben werden, wurde sie versenkt, sie sollte nicht dem Feind in die Hände fallen. Nach einer längeren Bergungs- und Restaurierungsphase wurde sie 1927 als Liemba wieder in Dienst gestellt. Wer sich für die Geschichte der Liemba interessiert, findet übrigens in dem Buch ‘Von GOETZEN bis LIEMBA – Auf Reisen mit einem Jahrhundertschiff’ von Sarah Paulus & Rolf G. Wackenberg, eine Menge (Hintergrund-)Informationen. Fortsetzung folgt. |
Letzte Änderung: 16 Okt 2020 10:10 von Gu-ko.
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Frankfurt - Addis – Mombasa
Anfang November sitze ich gegen 21:00 Uhr am Abfluggate im Frankfurter Airport. Endlich erfolgt der Aufruf zum Boarding für den Ethiopian Airlines Flug ET 707 nach Addis Abeba. Zuerst dürfen die Passagiere der Business Class an Board, dann Menschen mit Handicap und Eltern mit kleinen Kindern (oder war‘s umgekehrt?), zuletzt das gemeine Volk, zu dem ich gehöre. Das Flugzeug ist voll besetzt, also keine Chance mich während des Fluges über eventuell freigebliebene Sitzplätze etwas ausbreiten zu können. Zum Glück kann ich auch in unbequemen Positionen ganz gut schlafen und das gleichmäßige Brummen der Motoren versetzt mich schon bald nach dem Start in den Schlafmodus. Acht Stunden später, gegen 6:30 Uhr morgens, landen wir auf dem Bole International Airport in Addis Abeba. Die Morgensonne taucht den Flughafen und die Stadt in warmes, goldenes Licht. Die Luft ist noch kühl und als wir etwas steifbeinig über das Rollfeld zu den Ankunftsgebäuden gehen, fröstelt es den einen oder anderen sogar etwas. Diese frischen Temperaturen verbindet man normalerweise nicht mit Afrika, aber Addis liegt auf 2300 Meter ü.d.M. und ich erinnere mich noch gut an die kühlen Nächte bei einem früheren Aufenthalt vor ein paar Jahren. Addis Abeba Bole International Airport Vier Stunden warten. Im Transitbereich gibt es Liegestühle, die verlockend bequem aussehen. Leider sind schon alle mit erschöpften Reisenden belegt und ich muss mich mit einem der unbequemen Plastikstühle begnügen. Immerhin gibt es freies WLAN und so vertreibe ich mir die Zeit damit, mit meiner Freundin in Kenia zu chatten. Ich bestelle schon mal Chapatis zum Abendessen Addis Transitbereich Der Anschlussflug nach Mombasa geht über Kilimanjaro Airport in Tansania. Sitzplatzreservierungen gibt es nicht, man kann sich setzen wohin man will. Ich setze mich an ein Fenster auf der rechten Seite. Ich bin schon einige Male über Ostafrika geflogen, aber in den großen Jets sieht man meistens nur Wolken von oben. Das ist diesmal anders. Ich klebe während des gesamten Fluges mit plattgedrückter Nase am Fenster. Die kleine Boeing 737 fliegt so niedrig, dass ich einen phantastischen Ausblick auf die Landschaft unter mir habe. Lake Turkana (Kenia) Lake Natron (Tansania) edit: Empakaai (Tansania) Nur der Kilimanjaro versteckt sich hinter einer mächtigen Wolkenwand. Na warte, denke ich, dich bekomme ich bald auch noch zu sehen. Dann taucht Mombasa auf und wir müssen uns für die Landung anschnallen. Mombasa In Mombasa ist es deutlich wärmer. Schon nach ein paar Schritten über das Rollfeld klebt mir mein T-Shirt am Körper. Die Temperatur beträgt zwar „nur“ 28 Grad, durch die hohe Luftfeuchtigkeit fühlen die sich aber ziemlich schweißtreibend an. In Kenia bekommt man das Visum für 50 USD direkt bei der Einreise. Man muss drei Formulare ausfüllen, Fingerabdrücke werden gescannt und ein Foto gemacht. Dann heißt es "Welcome to Kenya". Vor dem Flughafengebäude wartet meine Freundin mit einem Taxi auf mich. Die Freude ist groß. Wir haben uns seit ihrer Abreise aus Deutschland nicht mehr gesehen, und das war vor ein paar Monaten. Und so freuen wir uns erst mal eine Weile, während der Taximann diskret im Hintergrund steht und wartet. Mombasa Wir fahren Richtung Town. Ich sitze auf der Rückbank des Taxis. Die Fenster sind offen, ein leicht schwüler Wind weht mir ins Gesicht. Es riecht nach feuchter, salziger Luft, Großstadt, Abgasen und stellenweise unbestimmbar faulig. Mombasa wirkt, wenn man direkt aus Deutschland kommt, erst einmal ziemlich chaotisch und laut. Dichtes Gedränge auf den Straßen. Fahrzeuge aller Art, Pkws, LKWs, Matatus, Tuk-Tuks, von Menschen gezogene oder geschoben Karren, Fahrräder, alles wimmelt, hupt, rast aufeinander zu, dann, Gott sei Dank, irgendwie aneinander vorbei. Fußgänger springen um ihr Leben, einziges erkennbares Gesetz, der Schwächere muss ausweichen, sonst wird er platt gemacht. Ich habe vor zwei Jahren einmal erlebt, wie im dichten Verkehrsgewimmel ein Matatu ein Motorrad streifte und dieses zu Fall brachte. Zum Glück war niemand ernsthaft verletzt, aber es hätte nicht viel gefehlt und der Matatufahrer hätte den schon leicht lädierten Motorradfahrer verprügelt, weil dieser nach seiner Meinung nicht schnell genug ausgewichen war. Und jeder hat ein Handy in der Hand und ist am telefonieren ... Dazu tosender Lärm aus Musikanlagen, Autohupen, Müllhalden an den Straßenrändern. Was für ein Chaos. Mombasa Mombasa |
Letzte Änderung: 14 Okt 2015 17:27 von Gu-ko.
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Aber Mombasa hat auch das Flair einer multikulturellen, tropischen Hafenstadt. Es ist ein buntes Gemisch aus Afrika und Indien, mit arabischen und europäischen Einflüssen. Christen, Muslime und Hindus leben auf engem Raum zusammen. Die Stimmung ist im Großen und Ganzen relaxed, die Menschen aufgeschlossener und Fremden gegenüber offener, als in anderen Gegenden Kenias.
Leider wurde die entspannte Atmosphäre in der Vergangenheit immer wieder durch Bombenanschläge und Terror religiöser Extremisten zerstört. Auch wenn ich mich als Tourist nicht direkt bedroht fühle, kann man doch nie ganz ausschließen, dass man zur falschen Zeit am falschen Ort ist. Fast wäre das geschehen, als ca. 30 km nördlich von Mombasa in Mtwapa, am 31.03.2012 in einer Kirche eine Bombe gezündet wurde. Wir hatten uns am Abend zuvor etwa zur gleichen Zeit dort in der unmittelbaren Nähe aufgehalten. Mombasa - Blick vom Ambalal Building - Links die Moi Avenue Mombasa Digo Road Mombasa Im Zentrum Mombasas findet man neben modernen Gebäuden auch reichlich Überbleibsel aus kolonialer Vergangenheit, Restaurants und Kaffees mit hohen Räumen und langsam drehenden Ventilatoren, Rundbögen und Lamellentüren. Auch der Einfluss arabischer und indischer Architektur wird in kunstvoll geschnitzten Holztüren, Balkone und Fenstergitter sichtbar, die viele Häuser der Altstadt schmücken. Ich freue mich jedes Mal auf die indischen Restaurants in Mombasa. Für mich ein Highlight. Ich liebe indische Gerichte wie Chicken Biryani, Chapaties, Samosas, mit Cumin und Koriander gewürzte Reisgerichte. Die afrikanische Küche gibt ja ansonsten kulinarisch nicht sooo viel her, in Mombasa ist das anders. Mombasa Old Town Mombasa |
Letzte Änderung: 14 Okt 2015 17:44 von Gu-ko.
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Wir verlassen das Zentrum Mombasas über die Nyali Bridge Richtung Norden. Diese Strasse führt auch zu den Touristenstränden der North Coast und weiter Richtung Mtwapa und Malindi. Soweit wollen wir heute nicht. In Lights (beim Kongowea Markt) biegt das Taxi Richtung Mishomoroni ab. Mishomoroni ist ein typischer Vorort von Mombasa. Die Straßen sind mit Löchern und Unebenheiten gespickt. Die Häuser, meist ein- oder zweigeschossig, sind mit rostigem Wellblech gedeckt, die Fenster und Balkone vergittert. Fast jedes Haus entlang der Hauptstraße beherbergt auch ein kleines Business. Handyshops, M-Pesa-Agents, Hairdresser, Minirestaurants, Garküchen oder kleine Werkstätten.
Mishomoroni Kleine Verkaufsstände säumen die Straßen – French Fries, kenianisches Nationalgericht Wo noch etwas Platz frei ist, liegen auf schmutzigen Plastikplanen oder wackligen Holztischen, oft nur wenige Zentimeter vom sich vorbeiquälenden Verkehr getrennt, zu kümmerlichen Häufchen geschichtete Tomaten, Kartoffeln, Paprika, grau vom Staub der Straße. Malindi Road in Lights Mishomoroni Einen Muzungu sieht man hier ganz selten, Touristen nie. Kaum zu glauben, dass man nur wenige Kilometer von den Touristenstränden und den mondänen Hotels der Nordküste entfernt ist. Wenn ich alleine in Mishomoroni unterwegs bin, werde ich manchmal von Boda-Boda Fahrern angesprochen ("Are you lost, can I help you") und gefragt, ob ich mich verirrt hätte und ob sie mich zu meinem Hotel zurückbringen sollen. Waterhole in Misho - viele Häuser in Misho haben keine eigene Wasserversorgung Mishomoroni schläft nie Die nächsten paar Tage verbringe ich erst mal damit, mich zu akklimatisieren. Das Appartement meiner Freundin ist klein, hat aber alles was man zum Überleben braucht, Küche, Dusche, sogar einen kleinen Balkon mit Blick auf die Wäsche des Nachbarn. Fast jeden Tag gibt es im Viertel einen Stromausfall, mal kurz für ein paar Minuten, mal mehrere Stunden, manchmal ganze Tage. Dann verstummen die Fernseher und Musikanlagen im ganzen Haus, es wird angenehm ruhig, wir zünden Kerzen an und eigentlich ist das viel romantischer. Blöd nur, dass bei mehrtägigen Stromausfällen irgendwann auch das Wasser ausfällt, da die Tanks mit elektrischen Pumpen befüllt werden. Dann müssen wir das Wasser bei einem der Wasserverkäufer von der Straße kaufen und aus einem Eimer duschen. Natürlich fahren wir auch zu den schönen Stränden an der North Coast. Wenn man sich nicht von den unterbeschäftigten Beachboys nerven lässt, kann man hier gut ein paar Stunden verbringen. Vor allem nachmittags, wenn es in der Stadt drückend warm und schwül geworden ist, ist der Strand der perfekte Ort um sich zu erfrischen. Strand nördlich von Mombasa |
Letzte Änderung: 14 Okt 2015 17:59 von Gu-ko.
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Mombasa – Moshi (Tansania)
An Gepäck darf nur das nötigste mit. Da wir mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs sein werden und alles auf dem Rücken tragen müssen, spielt das Gewicht eine wichtige Rolle. Mit dabei ist ein kleines Zelt, das Helter Shelter von Jack Wolfskin. Es hat mich schon auf einigen Reisen begleitet, ist über 10 Jahre alt, aber immer noch top. Zumindest ist es das zu Beginn der Reise. Dazu zwei leichte und kompakte Sommerschlafsäcke. Zelt und Schlafsäcke wiegen zusammen knapp 5 kg. Zuerst wollte ich ja nicht, aber meine Freundin hat mich überredet, eine dünne Wolldecke und zwei dünne Wollpullis mitzunehmen. In Mombasas schwüler Luft fällt es schwer sich vorzustellen, daß es auch kältere Regionen in Afrika gibt. Aber wir haben die warmen Sachen später ein paar Mal dringend gebraucht. Um unterwegs gelegentlich nachschauen zu können, wo wir gerade sind, haben wir zwei Reisehandbücher dabei, den ‚Tansania‘ von Lonely Planet und den ‚Uganda/Ruanda‘ vom Reise Know-How Verlag. Und noch allerlei Kleinzeug, wie Medikamente (Malaria-Prophylaxe, Durchfalltabletten, Wunddesinfektion), Taschenlampe, Akkus, Kulturartikel usw. Zusammen wiegt das fast 10 kg und befindet sich in einem Ortlieb X-Plorer M Packsack. Der hat den Vorteil, dass er wasserdicht ist, sehr strapazierfähig (wichtig für Afrika) und man kann ihn mit einem Vorhängeschloss abschließen, wenn man das obere Ende zusammenrollt. Dafür ist der Tragekomfort nicht so hoch wie bei einem reinrassigen Rucksack, aber damit kann ich leben, denn erstens ist er mit 10 kg nicht besonders schwer und zweitens haben wir keine längeren Wanderungen oder Bergtouren vor. Meine Freundin trägt einen kleineren Tagesrucksack, in dem wir die Dinge transportieren, die wir tagsüber brauchen. Also Wasser, was zu knabbern, Regenjacke und die Kamera. Ein letzter Einkauf bei ALDI Am 20. November frühmorgens geht es los. Zuerst mit dem Matatu nach Mombasa Town. Dort, unweit des Zentrums startet der Bus der Tahmed Gesellschaft nach Moshi in Tansania. Moshi liegt im Kilimanjarogebiet und wir wollen dort zwei oder drei Tage verbringen. Das Ticket kostet 1000 KSH. Fahrtdauer sieben bis acht Stunden. Die Fahrt ist ziemlich staubig, etwa die Hälfte der Strecke ist Erdstraße. Der Bus hat schon ein paar hunderttausend Kilometer auf dem Buckel, die Sitze sind ausgeleiert und der Staub der Straße dringt durch zahlreiche Ritzen ins Innere. Aber wie so oft auf Reisen, wird man für erlittene Strapazen unerwartet belohnt. Ich traue kaum meinen Augen, als ich vom Bus aus kleine Gruppen von Zebras und einzelne Elefanten sehe. Und da hinten, sind das nicht Gazellen? WOW, das macht Laune. Auf der Landkarte sehe ich, dass die Straße zum Teil durch den Tsavo Nationalpark führt. An der Grenze zu Tansania stürmen Geldwechsler mit dicken Bündeln bunter Scheine in den Händen den Bus. Ich tausche ein paar USD in Tansania Schilling, um ein bisschen flüssig zu sein, auch wenn der Kurs nicht der beste ist. Wir müssen alle raus aus dem Bus und zu Fuß nach Tansania laufen. Am Einreise Check Point reihe ich mich in eine längere Warteschlange ein. Während es nur ganz langsam weitergeht, drängelt sich eine Gruppe irgendwie fies aussehender Masai mit ihren typischen Holzstöcken nach vorne. Nicht, dass Masai generell fies aussehen, die aber irgendwie schon. Da keiner der Wartenden protestiert, sage ich auch nichts. Wer weiß, vielleicht haben die ja Sonderrechte, oder keiner möchte sich mit ihnen anlegen. Dann stehe ich vor der Glasscheibe. Sie haben gerade ein Computerproblem, deshalb geht alles etwas langsamer. Ich schiebe Pass und 50 USD durch den Spalt und bekomme das tansanische Visum eingestempelt. Meine Freundin wird an der Grenze, quasi im Vorbeilaufen, schnell noch gegen Gelbfieber geimpft. Das kostet 1200 KSH. Dafür ist ihr Einreisestempel gratis. Der Bus wartet brav auf tansanischer Seite bis der Mzungu als letzter kommt. Tansanische Schilling – bunt und wertlos Moshi – Kilimanjaro Moshi ist ein angenehmes Städtchen am Südhang des Kilimanjaro und ist Ausgangspunkt für Bergtouren und für Safaris in die Serengeti und zum Ngorongoro-Krater und zu anderen touristischen Orten um den Kilimanjaro. Da auf 800 m liegend, wird es nachts manchmal recht kühl. Früh morgens und spät nachmittags kann man mit etwas Glück den schneebedeckten Gipfel des Kilimanjaro sehen. Tagsüber versteckt er sich gerne hinter dicken Wolken. Wir checken ins Haria Hotel ein. (30000 TSH/DZ). Das Hotel liegt zentral, ist einfach von der Ausstattung, aber zum Übernachten ok. Es gäbe sogar eine warme Dusche, wenn es nur Strom gäbe. Wie so oft in Afrika ist gerade Stromausfall. Überall im Hotel entlang der Flure und Treppen stecken Kerzen in Flaschen und verbreiten ein flackerndes Licht. Als wir später noch losgehen um nach einem Restaurant zu suchen, ist es auf Moshis Straßen stockdunkel. Ein bisschen unheimlich ist es schon durch eine fremde, stockfinstere Stadt in Afrika zu laufen, vorbei an dunklen Gestalten, die reglos an Straßenrändern und in Hauseingängen kauern. Nur gelegentlich dringt der schwache Lichtschein einer Petroleumlampe aus einem Geschäft oder Restaurant. Auf dem Rückweg muss ich höllisch aufpassen, nicht die Orientierung zu verlieren und nicht in einem der metertiefen Löcher am Straßenrand zu verschwinden. Moshi vom Dach des Haria Hotels Am nächsten Morgen gehen wir als erstes ins Cyber Cafe. Ich muss dringend meine Emails checken. Ich hatte noch von Mombasa aus ein Email an Mr. Abel Gillard (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!) geschickt. Er ist Manager bei der Kigoma Marine Services Company und die Person, die Auskunft über den Fahrplan der Liemba machen kann. Die Liemba fährt nur jede zweite Woche von Kigoma nach Mpulungu und zurück und es kommt bei diesen Fahrten immer wieder zu Verspätungen oder Verschiebungen des Fahrplanes. Und tatsächlich, da ist die erhoffte Antwort. Laut Mr. Abels mail läuft die Liemba das nächste mal am 29. 11. 2013 von Mpulungu Richtung Kigoma aus. Also in 8 Tagen. Perfekt. So haben wir noch etwas Zeit für den Kilimanjaro und für die Anreise quer durch Tansania nach Mpulungu in Sambia. Kahawa Shamba Infos z.B. hier: www.kncutanzania.com/#!/page_home Unweit von Moshi, an den Hängen des Kilimanjaro wird neben verschiedenen Gemüsen und Bananen, vor allem Kaffee angebaut. Es ist eine landschaftlich schöne Gegend mit lichten Wäldern, Wasserfällen und kleinbäuerlichen Plantagen. Dort leben die Chagga, die Ureinwohner des Kilimanjaro. Sie betreiben Ackerbau, Viehzucht und sind zunehmend auch im Tourismus tätig. Hier betreibt die Kahawa Shamba (ein Tourismusprojekt der Organisation KNCU (Kilimanjaro Native Cooperative Union) für den fairen Handel mit Kaffee) einen kleinen Campingplatz. Sie bietet Touren zu den Kaffeebauern an und Wanderungen zu Wasserfällen und anderen lokalen Sehenswürdigkeiten. Der Erlös kommt direkt den Kleinbauern und der lokalen Bevölkerung zugute. So steht es zumindest in einem Faltblatt, das ich etwas später in einem Café in die Hand bekomme. Es hört sich interessant an und da wir noch ohne Plan aber voller Tatendrang sind, setzen wir uns mit dem Manager des Projekts in Verbindung. Der kommt auch gleich persönlich in das Café geeilt und erzählt von dem Angebot. Zwei Stunden später fahren wir zur Kahawa Shamba Camp Site. Wir müssen nicht mal unser Zelt aufbauen. Als wir dort ankommen steht bereits ein Zelt bereit, ausgestattet mit Matratzen und Schlafsäcken. Die Schlafsäcke müffeln zwar ein wenig, aber nach Sonnenuntergang wird es so kühl werden dass wir nicht lange zaudern. Der Platz ist sehr schön gelegen, wir sind umgeben von blühenden Bäumen, Bananenstauden und hellen Wäldern. Nur der Kilimanjaro versteckt sich beharrlich hinter einer Wolkenwand. Kahawa Shamba Camp Site Besuch bei den Kaffeebauern - Coffee Tour Am selben Tag noch führt uns ein freundlicher Mitarbeiter des Kahawa Shamba Projekts durch die umliegenden kleinbäuerlichen Plantagen und führt uns in die Geheimnisse des Kaffeeanbaus ein. Die Kaffeesträucher wachsen im Halbschatten großer (Avocado)-Bäume und Bananenstauden, wodurch sie vor zu viel Sonne und Regen geschützt werden. Es sind alles Arabica-Sorten, erklärt er. Dazwischen wachsen auch Bohnen, Mais und andere Kulturpflanzen. Das verbessert den Boden und dient der Selbstversorgung. Vom zarten Keimling, über Pflege der Kaffeebüsche, bis hin zum Waschen, Schälen, Trocknen, Rösten und Mahlen der Kaffeebohnen zeigt er uns die einzelnen Produktionsschritte und wir dürfen alles selber ausprobieren. Hinter einem Lehmhaus rösten wir die Bohnen auf einem Holzfeuer und pulverisieren sie anschließend in einem Mörser. Die gerösteten Bohnen verströmen ein köstliches Aroma. Natürlich bereiten wir mit den selbstgerösteten und handgemörserten Bohnen zum Schluss einen köstlichen Kilimanjaro-Kaffee mit leicht rauchigem Aroma. Kaffebohnen - die roten sind reif für die Ernte Der Rauch erzeugt ein besonderes Aroma Abends, zurück auf dem Campingplatz, reißt endlich die Wolkendecke über dem Kilimanjaro auf. Zum ersten Mal sehen wir den Gipfel rotbraun im Abendlicht aufleuchten, dazwischen schmale Schneefelder, umgeben von Nebelschwaden und Wolkenfetzen. Geil! Am Abend reißt endlich die Wolkendecke auf Kilimanjaro vom Kahawa Shamba Camp aus Die Mahlzeiten in dem Camp werden von Dorffrauen zubereitet, die sich viel Mühe geben, dass es den Gästen schmeckt. Es sind lokale Gerichte, wie Bananensuppe, verschiedene Gemüse und Reis. Als wir mit dem Abendssen fertig sind, ist die Sonne schon längst untergegangen. Wir sind die einzigen Gäste in der Campsite. Bis auf den Wächter, der unsichtbar irgendwo im Dunkeln sitzt, sind alle Angestellten nach Hause gegangen. Es gibt natürlich keinen Strom und so sitzen wir im Finstern vor unserem Zelt und betrachten den Sternenhimmel. Er ist wunderschön und alle paar Minuten zischt eine Sternschnuppe vorbei. Ich könnte stundenlang in dieses Sternenmeer starren, aber bald treibt uns die Kälte ins Zelt und in die Schlafsäcke. Zum ersten mal auf der Reise bin ich froh, einen Wollpulli dabei zu haben. Mongyoni Falls Zum Frühstück am nächsten Morgen gibt es wieder Bananensuppe. Und dazu kräftigen, schwarzen Kilimanjaro-Kaffee. Aber das beste ist der Blick auf den Kilimanjaro im Morgenlicht. Für etwa eine halbe Stunde reißt die Wolkendecke auf und er zeigt sich in seiner ganzen Pracht. Die Luft ist so klar, dass man meint, jeden einzelnen Felsbrocken auf dem Gipfel erkennen zu können. Dann, praktisch von einem Moment auf den anderen, verschwindet er wieder im Dunst, als sei er nie da gewesen. Morgenlicht Ein paar Augenblicke später wird der Kili wieder verschwunden sein Wir haben für heute eine weitere Tour geplant, eine Wanderung zu den Mongyoni Falls. Bevor wir zu den Wasserfällen aufbrechen, bekommen wir von unserem heutigen Guide, auch er ist ein lokaler Kaffeebauer, Wanderstöcke ausgehändigt. Von der Camp Site erreicht man die Wasserfälle in einer etwa dreistündigen Wanderung. Der Pfad führt in stetigem auf und ab durch Wälder und Plantagen und an Wasserläufen entlang. Immer wieder geht es kurze, steile Hänge hinauf. Belohnt für unsere Mühe werden wir mit schönen Ausblicken in die umliegenden Täler. Zu den Mongyoni Falls Begegnung unterwegs - Chamäleon Den Wanderstock kann ich gut gebrauchen, stellenweise ist der Weg glatt und schlüpfrig und ich bin froh, ein drittes Bein dabei zu haben. Nach ein paar Flußüberquerungen und einem letzten Aufstieg sind wir bei den Mongyoni Falls. Eigentlich ist es nur ein kleiner Wasserfall, der sich über etwa 50 m in ein Felsenbecken ergießt. Es ist nicht der spektakulärste Wasserfall, aber eingebettet in die üppige Vegetation der Berghänge ist er wunderschön. Mongyoni Falls Dann geht es zurück nach Moshi. Dort suchen wir als erstes den Busbahnhof auf. Der befindet sich auf einem großen Platz im Zentrum und wirkt etwas chaotisch. Es ist nicht leicht zu durchschauen, wer wann wohin fährt. Wir fragen uns durch und landen schließlich in einem kleinen Büro der Busgesellschaft Hood. Der nächste Bus Richtung Südwesten mit noch freien Sitzplätzen startet am Sonntagmorgen um 7 Uhr, also übermorgen. Ich kaufe zwei Tickets (je 42000 Tsh) nach Iringa. Das Städtchen liegt mitten in Tansania. Nicht, dass ich schon immer mal nach Iringa wollte, aber 13 Stunden Busfahrt am Stück sind genug für einen Tag. Wir werden dann in Iringa übernachten und am nächsten Tag weiter nach Mbeya und von dort nach Sumbawanga fahren. Abends wieder im Haria Hotel genieße ich die warme Dusche, endlich mal kein Stromausfall. |
Letzte Änderung: 14 Okt 2015 18:38 von Gu-ko.
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Lake Chala
Vor der Weiterfahrt Richtung Iringa müssen wir noch einen Tag in Moshi verbringen. Ich hatte schon früher von einem See in der Nähe gehört, der sehr schön und einen Besuch wert sein soll. Der Lake Chala liegt etwa eine Autostunde von Moshi entfernt in Richtung kenianische Grenze. Da es dorthin kein Matatu gibt chartern wir ein Taxi, das uns für 70000 TZS hin und wieder zurück bringen wird. Die Fahrt ist, zumindest auf dem letzten Drittel, ziemlich staubig. Trotz geschlossener Fensterscheiben ist das Fahrzeuginnere nach kurzer Zeit mit einer dünnen, rötlichen Staubschicht bedeckt. Kommt ein Fahrzeug entgegen, sieht man eine Weile gar nichts mehr. Manchmal müssen wir anhalten und warten bis sich der Staub verzogen hat, und die Sicht wieder frei ist. Auf der Strecke sind auch Boda-Bodas unterwegs, keine Ahnung, wie die Fahrer da noch atmen können. Der Chala-See ist ein Kratersee. Durch seine Mitte verläuft die Grenze zwischen Tansania und Kenia. Er ist von einer 80 bis 100 m hohen, fast senkrecht aufragenden Kraterwand umgeben. Sein Wasser bekommt er von unterirdischen Zuflüssen, die vom Kilimanjaro kommen. Lake Chala Und dann liegt er vor, bzw. unter uns. Die Wasseroberfläche leuchtet grün-türkis, ein schöner Kontrast zu der eher von Braun- und Rottönen geprägten Umgebung. Um ans Wasser zu kommen, muss man das Gelände des Lake Chala Safari Camps überqueren und von dort einen schmalen, teils steilen Pfad hinab klettern. Für die Überquerung des Geländes des Safari Camps sollen wir 5 USD pro Person bezahlen, was ich als Wegelagerei empfinde. Lake Chala Nach einem kurzen, steilen Abstieg erreichen wir einen steinigen Badeplatz. Es ist nicht ganz einfach sich hier bequem einzurichten. Aber egal, erstmal nichts wie hinein ins kühle, klare Wasser. Wir relaxen ein paar Stunden am Seeufer, genießen die Natur, die Ruhe und die großartige Kulisse der schroffen, mit seltsamen Pflanzen bewachsenen Kraterwand. Vielleicht doch etwas dran an der Krokodil Geschichte? Der See, so heißt es, sei sicher zum Schwimmen, keine Krokodile und keine Bilharziose. Meine Freundin meint, das sagen sie vielleicht nur, damit die Gäste keine Angst bekommen. Später erfahre ich, dass es zumindest früher in dem See Krokodile gegeben hat. Zuletzt im Jahre 2002 war ein Mädchen beim Baden von einem Krokodil getötet worden. Aber es ist ein schöner und friedlicher Ort und wenn wir mehr Zeit hätten, würde ich hier gerne mein Zelt für ein oder zwei Nächte aufschlagen. Auf jeden Fall kommt der Lake Chala auf die Liste der ‚Irgendwann-noch-einmal-besuchen-Orte‘. Als wir am späten Nachmittag Richtung Moshi zurückfahren, zeigt sich der Kilimanjaro ein letztes Mal und zum Abschied ohne Wolkenhaube. Moshi – Iringa – Mbeya - Sumbawanga (24-11-2013 bis 26-11-2013) Sonntag. Wir stehen um 6 Uhr auf, es ist noch dunkel und kühl in Moshi. Da es wieder einmal keinen Strom gibt, ist auch die Dusche ziemlich kalt. Frühstück gibt es im Haria Hotel auch noch nicht um diese Zeit. Aber weise vorausschauend haben wir uns am Tag zuvor ein paar Kekse gekauft, sodass wir nicht mit leerem Magen zum Busabfahrtsplatz gehen müssen. Um 7 Uhr soll man dort sein, um 8 Uhr soll es losgehen, um 9 taucht endlich der Hood-Bus auf. Die Straße ist gut asphaltiert und schnurgerade und so rast der Hood-Bus mit allem was sein gequälter Motor hergibt durch tansanisches Flachland. Auf der linken Seite ziehen sich parallel zur Straße lange, steil aufragende Bergketten hin, auf der rechten Seite tauchen immer wieder kegelförmig Berge auf, die in dem flachen Buschland irgendwie deplatziert wirken. Tansania durch das Fenster eines Hood Buses [ZW] Der Bus stoppt immer wieder mal kurz um neue Fahrgäste aufzunehmen. Manche sind fliegende Händler und wollen nirgendwo hinfahren, sondern etwas verkaufen. Ein Mann in einem schäbigen Anzug, er sieht aus wie ein Handelsvertreter, stellt sich in den Mittelgang, öffnet einen Musterkoffer und beginnt lautstark seine Produkte anzubieten. Er hält ein Fläschchen mit einem medizinischen Öl in der Hand, das gegen viele Leiden helfen soll. Erkältung, Schmerzen, Fieber und mehr. Offensichtlich sind alle im Bus gesund, keiner kauft seine Fläschchen. Als nächstes fischt er eine Tube aus seinem Musterkoffer. Es ist eine Creme gegen Pickel. Um zu demonstrieren, dass die Anwendung ungefährlich ist, cremt er sich das Gesicht dick ein, bis es weiß ist und wie eine Speckschwarte glänzt. Und tatsächlich, Pickel scheinen bei den Damen im Bus ein Problem zu sein, die Antipickelcremes gehen weg wie warme Semmeln. Plötzlich halten wir in einem staubigen Nest in einem staubigen Hinterhof, in dem noch zwei weitere Hood-Busse stehen. Der linke Hinterreifen, er sieht aus, als wäre er schon 20 mal runderneuert worden, hat den Geist aufgegeben und muss ersetzt werden. Der Ersatzreifen sieht auch nicht viel besser aus, aber er ist wohl das Beste was sie haben. Nach ungefähr einer Stunde palavern und montieren geht es weiter. Beim nächsten Stopp steigt ein Cashewnussverkäufer ein. Ich kaufe uns ein Päckchen und sie sind so super lecker frisch und knackig, dass ich gleich noch eins nachkaufe, bevor der Händler den Bus wieder verlässt. Als nächstes kommt ein Prediger in den Bus, predigt ein Viertelstündchen und nach ein paar Halleluja steigt er irgendwo auf freier Strecke wieder aus. Manche Fahrgäste stecken ihm etwas Geld zu. Jetzt bin ich sicher, dass wir unser Ziel wohlbehalten erreichen werden. Einer der größten Nachteile beim reisen mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist, dass man nicht einfach anhalten kann, wo und wann man will. Besonders schmerzlich ist das, wenn man durch tolle Landschaften fährt und keinen Fotostopp machen kann. Vor Iringa wird die Landschaft richtig toll. Berge, Flüsse, Schluchten, Sonnenuntergang, tolles Licht, Affen in kleinen Gruppen am Strassenrand, Tiere deren Name ich nicht kenne. Leider rast der Busfahrer wie ein Irrer durch die schöne Gegend, peitscht den Bus durch die Kurven, dass es uns nur so hin- und herschleudert, überholt rücksichtslos alles was langsamer ist, und es wird auch schon langsam dunkel, sodass ich das nicht mehr richtig genießen kann. Iringa Während der Busfahrt habe ich mir zwei oder drei Hotels aus dem Lonely Planet herausgeschrieben. Das Central Lodge Hotel (30000 TZS/DZ) unweit des Busbahnhofs ist das erste das wir aufsuchen. Es macht einen etwas schäbigen und etwas schmuddeligen Eindruck, aber der Manager gleicht das durch überbordende Freundlichkeit glatt aus. Oft machen mich unbekannte Menschen, die allzu freundlich sind, eher misstrauisch. Aber bei ihm kommt das so natürlich rüber, dass ich denke er ist einfach froh, dass endlich mal Gäste kommen. Außer unserem ist nur ein weiteres Zimmer mit Gästen belegt. Es gibt einen kleinen TV im Zimmer worüber sich meine Freundin freut. Auf der verschneiten Mattscheibe kann man mit Fantasie gerade noch ein Bild erahnen. Mir ist das zu flimmrig und da der Manager uns unbedingt noch etwas Gutes tun möchte, lasse ich ihn zwei Kilimanjaro Biere bringen. Eigentlich hätte ich noch Hunger gehabt, aber nach den vielen Stunden im Bus bin ich zu müde, um noch nach einem Restaurant zu suchen. Wir knabbern die restlichen Cashewnüsse und dann fiel entweder der Strom aus, oder ich muss eingeschlafen sein. |
Letzte Änderung: 14 Okt 2015 18:49 von Gu-ko.
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