THEMA: "Neuer" Flughafen für Windhoek
09 Dez 2015 10:51 #410244
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  • Guido. am 09 Dez 2015 10:51
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Hallo,

in Namibia gibt es wohl Einiges an Kritik zu dem Flughafenprojekt, weil Namibia gerade mit Finanzen, Wasser und Strom zu kämpfen hat und viele deshalb andere Prioritäten sehen. Theoretisch ist der Ausbau des Flughafens geboten und sinnvoll, weil Namibia sonst den Anschluss verliert und sich das u.a. beim Tourismus langfristig rächen wird. Praktisch droht aber ein weiteres finanzielles Fiasko.

Legt man Investitionskosten plus Finanzierungskosten auf 20 Jahre um, so ergäben sich pro Passagierticket (international/regional) umzulegende Kosten von grob 1.000 bis 2.000 NAD. Dazu käme noch die Umlage für die laufenden Betriebskosten des Flughafens. Man kann es auch anders überschlägig rechnen: Aktuell dürfte NAC ungefähr 120 Mio NAD pro Jahr an Gebühren bei HKIA einnehmen (mal abgesehen davon, das Hauptkunde AN einfach nicht bezahlt). Damit kann man nicht mal einen Bruchteil der 7 Billionen plus Finanzierungskosten plus nebenher noch die laufenden Kosten (Gehälter etc.) finanzieren. Egal wie man rechnet, es kommen aktuell von vorn bis hinten absurde Zahlen raus - selbst dann noch, wenn man berücksichtigt, das zukünftig größere Shoppingflächen einen gewissen Beitrag leisten. Damit sich die lughafeninvestition rechnet, muss Namibia also die Passagierzahlen rapide steigern und dazu andere Airlines ranholen. Das dürfte auch machbar sein.

Mehr andere Airlines bedeuten zwangsweise mehr Wettbewerb und in der Folge mehr Subventionsbedarf für Air Namibia - dann würde man da wieder zusätzliche Billionen drauf zahlen. Schon der Condor-Markteintritt hat Air Namibia 20% seiner Passagiere auf der Frankfurt-Route gekostet. Und das obwohl Condor bislang nur 2 mal die Woche fliegt. Wenn das Flughafenprojekt kein weiteres finanzielles Fiasko werden soll, muss Namibia zwingend seinen Luftfahrtsektor in Ordnung bringen.

Ein weiterer Beigeschmack bleibt, weil auch dieser Auftrag wie fast alle großen Aufträge an eine chinesische Firma geht. Eine chinesische Firma, die auch in Zimbabwe, Kongo usw. sehr aktiv ist und vielerorts unter Korruptionsverdacht steht.

Beste Grüße

Guido
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09 Dez 2015 11:09 #410245
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  • Namibia-Neuling am 09 Dez 2015 11:09
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Das mit den Kosten ist bei solchen Projekten von denen man sich positive Auswirkungen auf den Tourismus einer Region oder gar eines Landes erhofft immer so eine heikle Sache. Wie bemisst man da sinnvoll, was ein positiver Effekt ist, wenn die Kosten am Flughafen selbst deutlich sichtbar sind, die Einnahmen aber auf das ganze Land verstreut? Sehr schweres Thema.

AN ist an sich zu klein um die Langstrecke operativ positiv zu betreiben. Mit zwei Maschinen und nur einer Linie hat man halt keine Skaleneffekte. Zumal es wirtschaftlich letztendlich auch verheerend ist das man die Maschinen den halben Tag herumstehen lässt - für uns als Kunden zwar klasse, aber am Ende ist für eine Airline einfach das wichtigste das ein Flieger möglichst viel in der Luft ist und nicht geparkt am Boden steht. Ich sehe für AN langfristig 3 Möglichkeiten:
1) Man muss weiter kräftig subventioniert werden.
2) Man zieht sich aus der Langstrecke zurück und konzentriert sich auf den Regionalverkehr.
3) Man baut die Langsstrecke so aus, dass man sie durch Skaleneffekte positiv betreiben kann.

Sollte man durch einen attraktiveren Flughafen mehr Airlines anlocken denke ich, dass es auf 2) hinauslaufen könnte. Womit sich die Investitionen in den Flughafen auch wieder lohnen könnten wenn man so ein anderes Millionengrab trocken legt.

Interessant fände ich nebenbei als Perspektive für AN eine Kooperation mit Emirates. Deren Hauptverkehrzeiten am Drehkreuz in Dubai wären eigentlich relativ gut geeignet, man würde zwar etwas später in WDH ankommen, aber trotzdem relativ früh am Tag.
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09 Dez 2015 12:27 #410252
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  • travelNAMIBIA am 09 Dez 2015 12:27
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Hi Guido,
Legt man Investitionskosten plus Finanzierungskosten auf 20 Jahre um, so ergäben sich pro Passagierticket (international/regional) umzulegende Kosten von grob 1.000 bis 2.000 NAD. Dazu käme noch die Umlage für die laufenden Betriebskosten des Flughafens. Man kann es auch anders überschlägig rechnen:
stimmt, die Investition wird ja auch vom Staat zinsfrei übernommen (via einer chinesischen Staatsbank)
Vielleicht habe ich einen Denkfehler, aber wie kommst Du auf deine 1000-2000 NAD pro Passagier? Der Flughafen soll zunächst für 2 Mio Passagiere ausgelegt werden (etwas da doppelte vom aktuellen Passagieraufkommen), d.h. in 20 Jahren theoretische 40 Mio Passagiere und somit N$ 175 pro Passagier für den Bau (bei jetzigen Passagierzahlen wäre es etwa 16 Mio Passagiere, d.h N$ 438). Finanzierungskosten gibt es nicht, da zinsfrei.
Aktuell dürfte NAC ungefähr 120 Mio NAD pro Jahr an Gebühren bei HKIA einnehmen
Es sind insgesamt 190 Millionen pro Jahr (Dank AN's Zahlungsmoral - im Jahr davor waren es 270 Mio) für alle Flughäfen, wobei HKIA sicher etwa 90% ist.

Übrigens: NAC hat 2012/13 einen Gewinn nach Steuern von gut 50 Millionen gemacht und hat keinerlei Schulden - trotz Außenständen von Air Namibia. Zudem kommt ein aktuell verfügbares Vermögen der NAC von fast 360 Millionen und ein Buchwert von fast 2 Mrd. N$ - da kann man sich auch mal Geld leihen (zumal eben zinsfrei vom Staat bzw. China).


Hi Namibia-Neuling.
Sollte man durch einen attraktiveren Flughafen mehr Airlines anlocken denke ich,
seit wann lockt ein "schöner" Flughafen Airlines. Airlines sind Wirtschaftsunternehmen - die fliegen so, wie sie Geld machen und nicht dahin, wo es einen schönen Flughafen gibt.

Meine Meinung: Das Projekt sollte keine große Priorität haben. Eine Renovierung/Sanierung für 20% des Betrages würde es zunächst auch tun. Für die 6,8 Mrd. kann man ne Menge wichtigeres angehen. Ich denke deshalb auch, dass Präsident Geingob die Vergabe bemängeln wird, da es nichts mit dem Hauptthema "Armutsbekämpfung" zu tun hat.

Viele Grüße aus dem regnerischen Windhoek
Christian
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Letzte Änderung: 09 Dez 2015 12:29 von travelNAMIBIA.
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09 Dez 2015 12:49 #410255
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travelNAMIBIA schrieb:
seit wann lockt ein "schöner" Flughafen Airlines. Airlines sind Wirtschaftsunternehmen - die fliegen so, wie sie Geld machen und nicht dahin, wo es einen schönen Flughafen gibt.
Airlines die z. B. Wert auf eine gewisse Betreuungsqualität ihrer Business-Class Passagiere mit eigener Lounge, direktem Zugang von der Lounge zum Flieger über eine eigene Gangway für die Business-Class, etc. legen, die lockt man mit dem aktuellen Terminal sicher nicht an. Das mag man belächeln (ich tue es auch), aber es gibt da eben ein Zielpublikum das einen entsprechenden Anspruch hat und bereit ist dafür dann zu bezahlen.

Bzgl. der Fragen nach Landebahn und Tower müsste man die Gründe kennen. Evtl. steht hier eh ein Sanierungsbedarf an und es ist von der Abwicklung einfacher neu zu bauen, zumal genug Platz da ist. Dazu kommt auch: Start- und Landebahnen ohne parallelen Rollweg sind wegen der damit einhergehenden potentiellen höheren Kollisionsgefahr ein von Piloten gerne kritisierter Sicherheitsaspekt. Evtl. baut man die neue Bahn parallel zur bestehenden und nimmt die alte dann als Rollweg.

Und wenn man durch das neue Terminal und den damit einhergehenden Platzgewinn WDH mit Eros zusammenlegen kann spart man am Ende ja auch wieder einiges an Betriebs- und Unterhaltskosten.
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09 Dez 2015 12:51 #410256
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  • Guido. am 09 Dez 2015 10:51
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Hallo,
Namibia-Neuling schrieb:
1) Man muss weiter kräftig subventioniert werden.
Macht auf dem aktuellen Level volkswirtschaftlich halt null Sinn. Problem ist dabei auch, dass die Subventionen nicht in der namibischen Wirtschaft rotieren, sondern mehrheitlich für Leasing, Wartung, Kerosin usw. ins Ausland abfließen. Und dabei fließen sie zu einem großen Teil auch noch in Form von "harten" Devisen ab, was Namibia angesichts von Außenhandelsdefizit und Zahlungsbilanzdefizit plus aktueller Kursentwicklung heftig schmerzt.

Namibia-Neuling schrieb:
3) Man baut die Langsstrecke so aus, dass man sie durch Skaleneffekte positiv betreiben kann.
Der Heimatmarkt ist bei nur 2 Millionen überwiegend einkommensschwachen Menschen sehr klein. Für kleine, finanzschwache Airlines ist es generell schwer, neue Langstreckenrouten im Markt zu etablieren. Namibia als Land hat das Geld auch nicht. Wäre nur einer der beiden Punkte zutreffend, wäre es vielleicht noch einigermaßen erfolgsversprechend, aber so? Die Emirate haben z.B. auch einen kleinen Heimatmarkt, aber eben die Kohle für hohe Anschubinvestitionen und eine geografische Lage, die den Ausbau zum großen internationalen Drehkreuz erlaubt.

Vielleicht kann man noch mal einen ganz vorsichtigen Versuch starten, AN an Etihad o.ä. zu verkaufen? Slots in WDH sind nicht rar (=wertlos), die Flotte war früher komplett geleast und die Airline extrem unprofitabel. Insofern war bei früheren Verkaufsversuchen rein gar nichts Werthaltiges da, das man überhaupt hätte verkaufen können. Jetzt hat man immerhin die beiden vom Staat geschenkten geschenkten A319 in der Bilanz und ein paar Fortschritte hat der Herr Gsponer in seiner Amtszeit wohl auch erzielt.

Ansonsten wäre ich auch für Szenario 2, was hier auch schon öfters diskutiert wurde. Neben den Golfairlines könnte vielleicht auch Skyteam ein interessanter Partner sein. AF/KLM ist traditionell stark in Afrika, aber anders als die beiden anderen Allianzen hat Skyteam im südlichen Afrika keinen Partner, der Feeder-/Anschlussflüge realisiert. Comair zeigt z.B., dass das rentabel möglich ist.

Beste Grüße

Guido
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09 Dez 2015 13:15 #410259
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Verkaufen muss nicht unbedingt sein, aber was ich mir gut vorstellen könnte wäre das AN statt nach FRA nach DXB oder AUH fliegt und es dort dann per Code-Share weiter mit Emirates bzw. Etihad geht.

Im Idealfall überlässt man aber sogar die Strecke der Partnerairline und konzentriert sich auf den regionalen Verkehr den man dann im Code Share mit dem Partner anbietet mit den A319 und E-Jets. Alles andere wird dauerhaft nicht profitabel zu betreiben zu sein. So leid es mir tut, denn die Leistung die man aktuell im A330 anbietet ist in meinen Augen überdurchschnittlich verglichen mit vielen anderen Airlines.
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