THEMA: Lustige Anekdoten in Afrika
06 Mai 2022 22:01 #643055
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Bevor das hier verebbt, noch eine kleine Geschichte aus Ghana …

Ich fuhr irgendeine Piste entlang und wusste gar nicht, wohin sie führt. Bei Abzweigungen hielt ich mich an die Stromleitung, um in die vermutet größere Siedlung zu gelangen. An einem Nachmittag erreichte ich ein Dorf und fand eine Kneipe (dazu später noch mehr).

Ich durfte davor zelten. Auf einer Seite das Haus, auf zwei Seiten Zaun, von der vierten Seite Dutzende Kinder, die drängelten und immer näher kamen. Ich hatte Bedenken, dass in dem Gedrängel ein Kind zu Fall kommen könnte und mein Zeltgestänge brechen könnte.



Ich nahm einen Stein, sah die Kinder mit ernste Blick an und ritzte eine Linie auf den Boden und zeigte auf die Linie. Es funktionierte. Kein Kind trat über die Linie. Diejenigen, die vorne standen, beschwerten sich nach hinten, dass nicht so geschoben wird, weil sie sonst über die Linie treten würden.

Mein Fahrrad samt Gepäck und Flaschen stand die ganze Nacht dort, ohne abgeschlossen zu sein. Nur die Lenkertasche mit Wertsachen und Kamera hatte ich bei mir.

Gruß
Wolfgang
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Letzte Änderung: 06 Mai 2022 22:05 von BikeAfrica.
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07 Mai 2022 11:46 #643070
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Hier noch die Vorgeschichte zu meinem vorherigen Beitrag:

Als ich in das Dorf kam, stand der Kneipenbesitzer gerade vor seiner Kneipe und ich fragte ihn, ob es im Dorf eine Übernachtungsmöglichkeit oder ein Restaurant (eine Garküche am Straßenrand hätte auch gereicht) gäbe. Er verneinte beides und ich fragte, wie weit der nächste Ort entfernt sei. "Mit dem Fahrrad zu weit für heute", meinte er (und das bestätigte sich am nächsten Tag auch) und fragte, was ich essen möchte. Seine Frau würde für mich kochen. Ich meinte, es sei mir egal, so lange es ohne Fleisch, Fisch und Huhn ist (da kann man böse Überraschungen erleben, daher bin ich auf dem Land Teilzeitvegetarier). Es würde allerdings ein wenig dauern, da sie zuvor erst auf den Markt gehen müsse.

Ich fragte, ob ich im Dorf irgendwo mein Zelt aufstellen dürfe und er meinte, ich könne es direkt vor seine Kneipe stellen. Das Angebot nahm ich an und kehrte anschließend ein, Mein Fahrrad stand ja sicher hinter der mit dem Stein gezogenen Linie. ;-)
Als Radreisender muss man einfach ans Gute in den Menschen glauben, denn sonst bleibt man besser zuhause.

Als ich in die Kneipe ging, hatte er mir schon einen Eimer Wasser bereitstellen lassen, damit ich mich waschen konnte. Das ging hinter dem Haus einigermaßen diskret. So war innerhalb von Minuten alles Wesentliche geklärt - Übernachten, Trinken, Essen und obendrein noch Waschen.

Dann ging ich hinein und bestellte ein Bier ... und dann noch eins und noch eins. Das Bier floss schnell, da es sehr heiß war und meine Wasservorräte am Rad waren schon lange leer.
Nach etwa zwei Stunden kam der Kneipenbesitzer dann mit Besteck und zwei Töpfen an meinen Tisch und meinte, ich solle versuchen, alles aufzuessen. In den Töpfen waren vier Kochbananen, drei hartgekochte Eier, Paprika und Bitterleaf (vergleichbar mit Rahmspinat). Es war eine große Portion und ich hatte Kohldampf, aber die letzte Kochbanane habe ich dann doch nicht mehr geschafft.

Als ich bezahlen wollte und nach dem Preis für das Essen fragte, war er fast beleidigt. Das Bier müsse ich bezahlen, denn das sei sein Geschäft. Das Essen sei Gastfreundschaft und das wäre natürlich kostenlos. Natürlich ... ;-)

Gruß
Wolfgang
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09 Mai 2022 13:13 #643175
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Zwei kleine Anektdoten aus Gambia zur Zeit des Ramadan. Gambia ist zu ca. 95% islamisch ...

Zu Beginn der Reise wollte ich von Banjul mit der Fähre über den Gambia River. Der ist an der Mündung übrigens so breit, dass man von der Flussmitte keines der beiden Ufer mehr sehen kann, also wirklich sehr breit.
Ich ging zur Fährstation und wollte mich in die Schlange stellen, um ein Ticket für die Fähre zu kaufen. Es gab keine Schlange. Es gab eine drängelnde Menschenmasse und da gab es keine Chance, mit dem Fahrrad nach vorne zu kommen. In der Nähe stand ein Polizist und eine Polizistin. Ich drückte ihnen mein Fahrrad in die Hand und bat sie, darauf aufzupassen. Dann gings ab ins Getümmel. Langsam schob ich mich wie alle anderen nach vorne und der Schalter selbst war wie eine Schießscharte, so ca. 20 cm hoch und vielleicht 70 cm breit. Links und rechts streckten sich die Arme mit Geldscheinen an mir vorbei und nahmen ein Ticket entgegen. Meine Fragen nach dem Preis für mich und ein Fahrrad wurden ignoriert.
"Ok", dachte ich mir, "jetzt sind andere Maßnahmen nötig". Ich klemmte meine Arme in die "Schießscharte, verkeilte links und rechts die Ellbogen darin und drehte die Unterarme etwas nach oben. Jetzt kam kein anderer Arm mehr an mir vorbei und ich lernte gleich erste Schimpfwörter auf Wolof und Mandinka kennen. Der Verkäufer konnte mich nun aber nicht mehr ignorieren, da er ja nun von anderen Kunden abgeblockt war.
Da die Menschen in Gambia meist relativ klein sind und ich 'nen halben Kopf größer war als der Durchschnitt, konnte ich das auch mal riskieren, ohne dass jemand mich persönlich anging. So kam dann auch ich zu meinem Ticket für die Fähre. Manchmal muss man sich den Gegebenheiten einfach anpassen ...

Tage später traf ich einen jungen Mann, der mich zum Sonnenuntergang mit zu seiner Mutter nahm. Es gab schwarzen Tee mit Milch und reichlich Zucker (damit wird der Tee schon gekocht und daran kommt man nicht vorbei). Das Getränk quietschte fast schon beim Trinken, so süß war das Zeug. Mein neuer Bekannter verzog das Gesicht. Dann haute er sich noch drei gehäufte Esslöffel (!) Zucker in die Tasse, rührte um und war beim nächsten Schluck zufrieden.

Gruß
Wolfgang
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09 Mai 2022 16:54 #643189
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... und weil ich gedanklich gerade in Gambia bin, noch kleine Anekdote aus der Region. Mein Ziel lag zwar insgesamt im Süden, aber ich startete erst einmal auf der nördlichen Seite des Gambia Rivers und machte einen kleinen Abstecher nach Norden in den Senegal und fuhr querfeldeinschrägwärts auf kleinen Pisten durch die Dörfer. Irgendwo traf ich auf einen Dorflehrer, der Englisch sprach und ich fragte ihn, wie ich denn wieder zurück nach Gambia käme. Er begleitete mich zum Rand des Dorfes, zeigte mir einen Trampelpfad und meinte, ich solle diesem folgen und dann käme ich wieder nach Gambia.

Ich radelte los und kam durch einige kleine Dörfer. Ich wusste nie, ob ich noch im Senegal oder bereits in Gambia war. Irgendwann kam gar nichts mehr. Zwei Stunden war ich nun seit dem letzten Dorf unterwegs, ohne einen Menschen zu sehen, als ich das Gefühl verspürte, mal aus der Hose zu müssen. Ich entfernte mich einige Meter vom Trampelpfad und begann mit der Wurstproduktion. Mitten im Herstellungsprozess erklangen plötzlich Glocken, und das Geräusch kam näher. Ich beeilte mich und kurz später kam ein Rinderhirte mit seiner Herde direkt bei mir vorbei. Ich war gerade noch fertig geworden und wieder bekleidet.

Da sieht man stundenlang keinen Menschen und genau dann, wenn man es nicht brauchen kann, kommt einer angelatscht.

Irgendwann kam ich dann wieder nach Gambia. Ich hatte einen Einreisestempel nach Gambia, einen Ausreisestempel aus Gambia, einen Einreisestempel in den Senegal und jetzt war ich wieder über Trampelpfade wieder aus dem Senegal ausgereist und in Gambia angekommen. Am nächsten Tag war da auch noch was zu klären, vermutete ich ...

Gruß
Wolfgang
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09 Mai 2022 18:51 #643193
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Moin,
2020 sind wir als Motorradgruppe (10 Stück) am Oranjemund von Namibia nach SA gefahren. Die Motoräder mussten wir genau nach Vorgabe abstellen. Wer nicht genau geparkt hatte, konnt sein Krad dann an die richtige Stelle schieben. Die Grenzer waren nicht wirklich unfreundlich, aber zeigten schon, dass siie das Sagen hatten. Wir mussten dann insgesamt an 4 Schaltern vorstellig werden, teilweise auch mal warten, weil der Beamte eben noch den Kollegen am anderen Schalter bedienen musste.
Als wir dann fertig waren, und durchfahren wollten (das Begleitfahrzeug mit Anhänger war auch inspiziert worden) versperrte uns ein Beamter den Weg. Was nun????
Dann kamen auf einmal alle Beamten und Beamtinnen, und fragten, ob sie nicht ein Gruppenfoto mit uns allen machen könnten.
Ich hatte dann plötzlich sogar eine Dienstmütze auf. Danach wurde noch ein wenig erzählt, dann sind wir weitergefahren.
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10 Mai 2022 19:15 #643257
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Hallo zusammen,

hier gibts so viele Mitglieder mit so vielen Erfahrungen. Ich kann kaum glauben, dass so wenige auf ihren Reisen lustige Erfahrungen hatten.
Sind eure Reisen immer total ernst? ;-)
Das gibts doch fast gar nicht ...

Hier mal ein kleines Erlebnis aus Malawi. Mein Reisepartner und ich zelteten auf dem Gelände eines Waisenhauses und gingen auf die andere Straßenseite in eine kleine Kaschemme, um etwas zu essen und zu trinken. Als Europäer fielen wir natürlich sofort auf und es ergab sich ein Sprachtandem. Zwei Leute konnten Englisch, aber ansonsten lief es halt durch Zeichensprache ab.

Sie nannten etwas auf Englisch oder zeigten auf einen Gegenstand und wollte wissen, wie es auf Deutsch heißt. Dann sagten sie, wie es auf Chichewa heißt. Wir versuchten es nachzusprechen, genau wie die Malawier unsere Worte nachzusprechen versuchten. Großer Spaß auf beiden Seiten ...
Das Wort "Hose" gab es auf Chichewa auch, bedeutet aber offenbar etwas nicht ganz Spruchreifes, denn es sorgte für schallendes Gelächter in der Hütte, als jemand auf meine Hose zeigte und wissen wollte, wie es heißt und ich antwortete.

Etwa zwei Stunden später verließen wir die Kneipe wieder. Ich fragte Thomas, ob er sich noch an ein Wort auf Chichewa erinnern könne.
Nun ... ich auch nicht ...

Gruß
Wolfgang
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