THEMA: Ganz spontan durch Surinam (Reisebericht)
23 Mär 2021 15:43 #610612
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„Berlijn, Berlijn, wir fahren nach Berlijn“ – für Fußballfans ein bekannter Schlachtruf in Pokalspielen. Auch wir fuhren nach Berlijn, obwohl wir gar kein Halbfinale gewonnen hatten.






Wir waren mit Zelten unterwegs, rechneten aber nicht mit derart dichtem Pflanzenbewuchs bis zum Pistenrand. Wenn ich mich richtig erinnere, haben wir unsere Zelte gerade dreimal in vier Wochen nutzen können – einmal unter einem Marktstand in einem Dorf, einmal auf dem Gelände eines Nonnenklosters und einmal an einem Flussufer.

Unser „Plan“, gegen Abend spontan irgendwo zu zelten, ging daneben (unsere „akribische Vorbereitung“ zahlte sich halt aus). Wir mussten also möglichst immer eine Ortschaft erreichen und leider lagen diese oft ziemlich weit voneinander entfernt. Erreichte man am Mittag oder Nachmittag eine, lag die nächste meist so weit entfernt, dass ein Erreichen dieser bis zur Dunkelheit oft zweifelhaft oder unmöglich war. Die Etappen fielen daher kürzer aus als ursprünglich gedacht.










Zweimal konnten wir auch in geliehenen Hängematten am Strand übernachten. Klasse Sache in Mückengebieten mit Malaria und anderen spannenden Krankheiten. Wie das passierte, warum wir unsere Zelte in dem Moment nicht hatten und andere Geschichten von Übernachtungen folgen noch in den nächsten Beiträgen.

Mit der Verpflegung war es irgendwie einfacher. Es gab „Supermärkte“, die natürlich meist nur sehr klein waren wie früher unsere Tante-Emma-Läden und es gab häufig auch so kleine Restaurants mit meist asiatischem Essen. Wasser konnten wir auch kaufen und hatten auch einen Expeditions-Wasserfilter dabei. Bei einer ganztägigen Wanderung im Regenwald hatten wir den Filter nicht dabei und unser mitgenommenes Wasser reichte nicht. Dort mussten wir das Wasser dann halt aus einem Bach trinken und unsere Flaschen auffüllen. Ich vermute aber nur, dass es ein Bach war, da man nicht erkennen konnte, dass sich das Wasser in irgendeine Richtung bewegte. Bei der Wahl zwischen heute verdursten oder morgen erkranken fällt die Entscheidung aber nicht schwer.
Das ist eine Entscheidung, die die Bevölkerung in armen Teilen der Welt täglich treffen muss. Für uns war es nur eine einmalige Sache …


Fortsetzung folgt …

Gruß
Wolfgang
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Letzte Änderung: 23 Mär 2021 17:58 von BikeAfrica.
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23 Mär 2021 19:41 #610650
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Lieber Wolfgang,

ein Reisebericht von dir! :woohoo: Ich freue mich riesig...
Live mit Bierchen auf einem Forumstreffen wäre mir ein Vortrag deinerseits noch lieber gewesen, aber man muss sich ja den Begebenheiten anpassen... :whistle:
Die letzten Tage habe ich immer schon mal hier geschnüstert, aber zwischen Homeschooling mit den Jungs und eigener Unterrichtsvorbereitung und was da sonst noch alles zu tun ist, hatte ich leider noch keine Zeit, einen Kommentar abzugeben. Ich unterrichte neuerdings Werken in Szenario B in der Schule... Für mich eine ähnlich neue Erfahrung wie mit dem Fahrrad durch Surinam... ;) :whistle: Ich begleite euch also hier voller Spannung und Vorfreude!
Mach schnell weiter!

LG
Bianca
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23 Mär 2021 19:49 #610653
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binca75 schrieb:
ein Reisebericht von dir! :woohoo: Ich freue mich riesig...
Live mit Bierchen auf einem Forumstreffen wäre mir ein Vortrag deinerseits noch lieber gewesen, aber man muss sich ja den Begebenheiten anpassen... :whistle:

So ist es halt.
Wir müssen das beste daraus machen.

Gruß
Wolfgang
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24 Mär 2021 09:01 #610684
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Den Letzten beißen die Hunde



Schon am ersten Abend in der Hauptstadt fielen uns die zahlreichen verwilderten Straßenhunde auf. Die Hunde waren sehr ängstlich und wechselten häufig die Straßenseite, um einem aus dem Weg zu gehen (was wir für eine gute Eigenschaft hielten). Dabei mussten sie jedoch aufpassen, denn kein Autofahrer bremst in Surinam wegen eines Hundes. Im Gegenteil hatte man manchmal das Gefühl, dass Autofahrer absichtlich Hunde anfahren. Viele Hunde humpelten hier mit einem gebrochenen Bein umher und wir mussten auch einmal miterleben, wie ein Hund einfach ungebremst umgefahren wurde. Ein lautes Aufjaulen und kurz später war der Hund nur noch auf drei Beinen unterwegs. Der Hund stellte sich mit seinem deformierten Bein dann bei einem kurzen Wolkenbruch neben uns unter ein Vordach. Wir konnten ihm jedoch nicht helfen.

In den Dörfern entlang der Straßen und Pisten sah die Sache anders aus. Hier wurden die Hunde als Wachhunde gehalten, liefen aber frei umher. Das war ja auch für alle anderen kein Problem, denn die anderen Einheimischen kannten sie und die restlichen Leute fuhren mit dem Auto vorbei – bis auf zwei Radler. Auf dem Fahrrad wurden wir jedoch täglich mehrfach von ihnen attackiert und es schien nur eine Frage der Zeit, bis einer von uns gebissen werden würde. Ging es etwas bergab oder war der Abstand groß genug, versuchten wir, sie mit einem Zwischenspurt abzuhängen, was so etwa in der Hälfte der Fälle auch gelang. Ansonsten blieb nur noch Stehenbleiben und die Hunde -oftmals gleich mehrere an der Zahl- so laut wie möglich anzuschreien. Erschrocken wichen sie dann ein paar Meter zurück, waren uns aber sofort wieder auf den Fersen, sobald wir wieder starteten. Also wieder stoppen und anbrüllen. Und wieder starten, stoppen und anbrüllen …
An einigen Tagen nahm das etwas überhand und war echt nervig. So ist das halt manchmal. Lässt sich nicht ändern und muss man halt hinnehmen …


Fortsetzung folgt …

Gruß
Wolfgang
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24 Mär 2021 20:10 #610747
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Brasilianischer Karneval

Vom folgenden Ereignis gibt es diesmal keine Fotos.
Wir fanden in der kleinen Grenzstadt Albina eine Unterkunft und anschließend eine Kneipe. Dort sollte am Abend ein brasilianischer Karneval stattfinden und innen sah schon langsam alles nach Disco aus. Wir blieben im Außenbereich, wo ein angenehmer Wind wehte und die Lautstärke erträglich war. Wir bestellten eine kalte Hopfenschaumsuppe im Glas und während wir da saßen, kam der örtliche Polizeichef mit zwei Begleitern vorbei, setzte sich zu uns an den Tisch und der Abend nahm eine ungewollte Wendung. Aus der Kneipe kam sofort eine Flasche Whisky im Karton und eine sehr hübsche Brasilianerin wurde mit an den Tisch gesetzt. Hier war im ersten Moment zu erkennen, dass irgendwelche Korruption im Spiel war. Der Whisky musste nicht bezahlt werden und die Brasilianerin war offenbar Prostituierte, sprach kein Wort Englisch und man sah ihr an, dass sie vom Ausgang des Abends nicht begeistert sein würde.
Der Polizeichef sprach Englisch und ließ auch sofort Gläser für uns bringen und legte eine beachtliche Schlagzahl an den Tag. Ich habe relativ bald zu Thomas gesagt, dass ich mal eine Runde aussetzen müsse. Dann hat der Polizeichef nur sich und Thomas eingegossen und bei der nächsten Runde hat Thomas pausiert und abwechselnd so weiter. Manche Runde hat der Polizeichef auch eifrig alleine absolviert, weil wir beide ausgesetzt haben. Es blieb nicht bei der einen und auch nicht bei einer zweiten Flasche Whisky und am Ende war der Polizeichef nicht mehr annähernd dazu in der Lage, alleine zu laufen und wurde von seinen beiden Begleitern gestützt, die nichts getrunken hatten. Der Prostituierten war die Erleichterung deutlich anzusehen, dass ihr diese Nacht erspart blieb, als der Polizeichef mit seinen Begleitern verschwand. Thomas und ich waren auch bereits ziemlich über den Berg, aber zum Glück hatten wir uns rechtzeitig abgewechselt und der Abend verschaffte uns einen Einblick über verschiedene Dinge im Land.
Als der Polizeichef schwankend die Örtlichkeit verließ, sah die Brasilianerin zum ersten Mal fröhlich aus …


Fortsetzung folgt …

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Wolfgang
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26 Mär 2021 18:12 #610993
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Am nächsten Morgen folgte eine Meisterleistung selektiven Nachdenkens, was aber dem langen Vorabend und der kurzen Nacht geschuldet war. Ohne Hirn ist man halt fast wie blöd.

Wir ließen zwar unsere Fahrräder und den Großteil unseres Gepäcks in der Unterkunft und sagten Bescheid, dass wir erst in 1-2 Tagen zurückkämen. Leider ließen wir auch Zelt bzw. Moskitonetz zurück und nahmen außer Kameras fast gar nichts mit. Wir fanden ein motorisiertes Fischerboot, welches uns nach mehrstündiger Fahrt in Galibi ablieferte. Auf dieser Fahrt erwarb ich nebenbei auch äußerst preisgünstig einen qualitativ hochwertigen Sonnenbrand.

Galibi ist Stammesgebiet der Kalina-Indianer und in der „Nähe“ gibt es eine Region, in der die riesigen Meeresschildkröten zur Eiablage an Land kommen. Allerdings wussten wir nicht, dass noch eine längere Bootsfahrt durch die Nacht nötig war, um zu den Meeresschildkröten zu gelangen (dazu im nächsten Teil, auch wenn wir es noch am gleichen Abend unternehmen konnten). Wir konnten uns glücklicherweise Hängematten ausleihen, schliefen damit aber unter freiem Himmel und waren am nächsten Morgen grandios zerstochen. In Malariagebieten ist so etwas natürlich erst recht keine Freude. Weil wir am nächsten Tag kein Boot auftreiben konnten, das uns zurückbrachte, mussten wir eine weitere Nacht dort verbringen. Diesmal hatten die Moskitos des Vortages offenbar alle noch ihre Kumpels eingeladen und ein Fest gefeiert. Zwei der Festteilnehmer gefiel die Veranstaltung nur mittelmäßig.

Galibi besteht zumeist aus eher einfachen Häusern und Hütten, was wohl auch damit zusammenhängt, dass man das Dorf nicht auf dem Landweg erreichen kann und somit der Transport von Baumaterial nur mit kleinen Booten erfolgt oder einfach mit Material erfolgt, welches man selbst herstellen kann.






Im Dorf liefen Affen frei herum und andere Tiere, die mir unbekannt waren und keinerlei Scheu hatten. Ich vermute, es waren Katta-Nasenbären. Auch ein zahmer Ara saß in einem Baum, versteckte sich aber hinter Ästen. Er gehörte einem der Indianer und hatte wundersamerweise kein Interesse daran, auszubüchsen. Er kam spätestens am Abend immer zurück. Leider sind die Fotos ziemlich schlecht geworden, aber da vermutlich kaum jemand aus dem Forum mal Nasenbären in Freiheit gesehen hat, stelle ich trotzdem mal eines rein. Sie erinnerten mich vom Verhalten und ihrer Neugier irgendwie an Waschbären. Auch der geringelte Schwanz erinnerte daran …






Thomas war amüsiert, als einer der Affen ihn erkletterte und interessiert seine Fototasche untersuchte. Nach einigen Minuten hatte er etwas gefunden, was ihn interessierte, Sekunden später saß er damit oben auf einem Baum. Er hatte eine Plastikdose mit einem belichteten Film gemopst. Während Thomas unten fluchte, untersuchte der Affe interessiert das Objekt. Als er die Dose irgendwann öffnen konnte, fiel die Filmpatrone herunter. Nochmal Glück gehabt …






Der Pflanzenbewuchs ums Dorf herum sah auch ziemlich interessant aus.


















Da die Flüsse jede Menge Sediment aus dem Amazonasgebiet ausschwemmen, ist das Wasser extrem trüb und schmutzig.








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