Guten Morgen,
da möchte ich doch auch zu diesem interessanten Thread dazu beitragen.
Meine außergewöhnlichste Übernachtungsstätte bisher war das Hotel Zenobia in Palmyria in Syrien.
Während unserer Rucksackreise durch Syrien im Juni 1987 verschlug es uns auch in die syrische Wüste. Alleine schon das Reisen innerhalb des zu dieser Zeit vom alten Diktator Assad regierten und unterdrückten Staates war eine große Herausforderung. Das Land war voll von Geheimpolizei und Militäreinheiten, die das Leben der Einheimischen sowie das Reisen der ganz, ganz wenigen westlichen Touristen (ich zählte in drei Wochen außer uns beiden insgesamt nur eine weitere Deutsche und ein schwedisches Pärchen) erheblich erschwerten. Es war an der Tagesordnung, daß der Staatsapparat Straßensperren errichtete und sämtliche Reisende, egal ob in privaten PKW, Überlandbussen, zu Fuß oder auf Eseln, stoppte, kontrollierte und Angst einflößte. Auf unserem Weg mit dem Überlandbus von Damaskus nach Tadmur (Palmyra) kam es in Mitten der Wüste zu einem solchen Roadblock. Militär stürmte den Bus, alle Reisenden mußten von ihren Sitzen aufstehen und wurden zusammengepfercht. Wir, als einzige Westler, hielten unsere deutschen Reisepässe in die Luft und den Atem an und wohnten dieser Szenerie mit Fassungslosigkeit bei. Die bis über beide Ohren bewaffneten Soldaten fuchtelten mit ihren Messern und Kalaschnikows wild gestikulierend und lauthals brüllend im Bus umher, schnitten mit ihren Dolchen alle Sitze des Busses auf und durchsuchten diese akribisch. Zum Schluß stießen sie einen der Reisenden mit Fußtritten aus dem Bus und führten ihn ab. Uns beiden wurde auf die Schultern geklopft und mit breitem Grinsen entgegnet: Germany good, good. Jewish dead. Good. So fuhr der Bus weiter und wir setzten, noch immer unter Schock stehend, unsere Reise nach Palmyra fort. Dort angekommen liefen wir zu dem damals außerhalb der Stadt Tadmur direkt an den Ausgrabungen und des Baaltempels liegenden Hotel Zenobia. Ein in klassizistischem Stil erbautes Hotel, daß uns im Sommer 1987 mit schiefhängenden Holzfensterläden, aus den Angeln gehobenen Türen, bröselndem Stuck, unglaublich schönem Mosaikfußboden und einem kleinen Garten mit Plätscherbrunnen empfang. Wir sollten die einzigen Gäste bleiben. Angeboten wurde lediglich Übernachtung und Getränke. Essen gab es nur im nahen Städtchen Tadmur, dort wo die Überlandbusse hielten. Die Lage des abgehalfterten, ehemals berühmten Hotels (zu den illustren Gästen zählte auch Agatha Christie, die ihrem Gatten, einem englischen Archäologen, in den 30er Jahren in den Nahen Osten folgte und dort u. a. den Mord im Orientexpress verfasste) direkt an den Tempelanlagen, Ausgrabungen, Nekropolen war atemberaubend. Das uns aus der dem Hotel gegenüberliegenden Oase erreichende Insektenzirpen lag tagsüber wie ein lauter Schleier über allem. Wir schlenderten mutterseelenalleine durch die UNESCO-Weltkulturerbestätte; außer uns war niemand dort. Alles war sehr surreal. Die Größe, die Gesamtheit der Ruinen war mental schier nicht zu erfassen. Da uns das Hotel Zenobia ja lediglich kühle Getränke, Tee oder Kaffee offerierte, mußten wir uns zum Abendessen nach Tadmur begeben. Das heiße Wetter, die fetten und vor Öl triefenden Speisen garniert mit dicken, rohen Zwiebelringen, die über Gebühr gesüßten Getränke sowie das auf Autodächern „gebackene“ Fladenbrot trugen, trotz unserer mehr als zurückhaltenden Essensaufnahme, dazu bei, daß sich eine weitere Reisende uns anschloß: Die Diarrhö. Das uns zugeteilte, scheinbar einzig belegbare Hotelzimmer verfügte über ein sehr ansehnliches, großes Bad. Schade nur, daß die Toilettenspülung defekt war und es uns aufgrund der unüberwindbaren sprachlichen Hürden…wir sprachen nur Deutsch und Englisch, die paar Hotelmitarbeiter nur Arabisch… nicht gelang, hierfür einen Ersatz zu erhalten. So blieb uns zu nächtlichen Stunden lediglich die Badewanne, die eine funktionierende Wasserzuleitung hatte. Mit nackten Ärschen saßen wir somit auf dem Badewannenrand und schissen uns die ganze Nacht die Seele aus dem Leib. Unabhängig von unseren Darmbeschwerden wäre an Schlafen eh nicht zu denken gewesen, da der stark zunehmende Wüstenwind wild an den ausgemergelten Holzfensterläden riß und großen Lärm verursachte.
Diese Nacht, wir nennen sie heute noch den nächtliche Palmyraschiß, wird uns immer in Erinnerung bleiben. Zu unserem großen Glück hatten wir eine Woche zuvor im gedeckten Basar in Aleppo ausreichend parfümierte Kernseife gekauft und Gott sei Dank war genug Druck auf der Wasserleitung, sodaß wir unsere "flüssigen" nächtlichen Geschäfte entsorgen und die Wanne sauberschrubben konnten.
Wenn das die gute alte Agatha wüßte. Wir würden mit Sicherheit Eintritt in eines ihrer Werke erhalten.
Gruß vom Alm