THEMA: Reisebericht Tigersafari Indien Mai 2018
07 Dez 2018 17:43 #541857
  • CrocV
  • CrocVs Avatar
  • Beiträge: 165
  • Dank erhalten: 650
  • CrocV am 07 Dez 2018 17:43
  • CrocVs Avatar
21.05.2018 Auf der Lauer und stürmische Gewitter
Es wird wieder ein kurzer Schlaf. Um 3:45 Uhr klingelt der Wecker, denn wir machen unsere Morgensafari in einem etwas weiter entfernten Sektor. Schon beim Aufstehen bemerken wir, wie schwül es heute ist. Der Tag beginnt ruhig. Wir sehen einige weibliche Barasinghahirsche im fahlen Morgenlicht. Dann lange Zeit nichts. Auch die Tiere bemerken die Schwüle und reduzieren ihre Aktivitäten auf ein Minimum. Wir durchqueren in einem Waldstück einen ausgetrockneten Bachlauf.



Danach geht es steil bergan und sofort wieder steil bergab. Hier trifft der Weg erneut auf den ausgetrockneten Bachlauf. Als wir oben auf der Höhe sind, plötzlich Warnrufe. Ein Tiger läuft im Bachlauf ! Unsichtbar für uns. Wir fahren erst auf die eine Seite zum ausgetrockneten Bachlauf, dann über den Berg wieder zum anderen Ende. Weitere Jeeps kommen dazu. Weitere Alarmrufe. Die Guides wissen: Im nicht einsehbaren Verlauf des Bachlaufes gibt es noch eine Stelle mit Wasser. Dort liegt der Tiger jetzt. Wir können ihn nicht sehen. Aber wir können die Reaktion der anderen Tiere auf die Anwesenheit des Tigers beobachten.
Sambar- und Axishirsche geben Warnrufe und starren Richtung Tiger. Eine kleine Gruppe Gaur-Rinder mit Jungtieren möchte zum Wasser. Bleibt aber stehen und rückt nach und nach immer wieder vorsichtig einige Meter vor. Immer den Blick auf den für uns unsichtbaren Tiger gerichtet. Werden die großen Gaur den Tiger vom Wasser verdrängen ? Wir stehen lange Zeit mit ausgeschalteten Motor im Bachlauf und warten. Vögel lassen sich in der Nähe auf Ästen nieder, Schmetterlinge umschwirren uns. Wir nehmen die Geräusche des Waldes wahr. Nach einiger Zeit kommt Bewegung in die Situation. Über den Hang flüchten die Axishirsche nach oben. Der Tiger läuft wohl los. Unsere Spannung steigt. Aber um die Biegung im ausgetrockneten Bachlauf kommen – zwei Mitarbeiter des Nationalparks mit Äxten. Ja, der Tiger liegt am Wasser berichten die beiden. Als sie dort auftauchten, ist er kurz aufgestanden und einige Meter zurück gewichen, hat sich dann aber wieder an Ort und Stelle niedergelassen. Letztlich bleibt der Tiger also für uns unsichtbar. Dennoch war es ein eindrucksvoller Vormittag.
Bei all unseren Ausfahrten freuen wir uns immer wieder, die farbenprächtige Hinduracke zu erspähen. Umso mehr als uns ein Guide erzählt, das die Hinduracke von der Landbevölkerung als Inkarnation von Shiva verehrt wird. Der Anblick dieses Vogels soll Glück für den ganzen Tag bringen. Gut, das wir auch an diesem Morgen schon die Hinduracke beobachtet haben und das Glück uns somit an diesem Nachmittag hold ist.
Denn die Schwüle des Tages entlädt sich kurz vor unserer Nachmittagsausfahrt zunächst in einem kräftigen Regenschauer. Vor unserem Zeltbungalow stand schon die ganze Zeit ein Regenschirm bereit. Jetzt nutzen wir diesen, um trocken zur Rezeption zu kommen. Als die Jeeps kommen, hat es bereits wieder aufgehört zu regnen. Am Gate müssen wir wie immer warten, bis der Fahrer mit unseren Reisepässen die Registrierung vorgenommen hat. Während dieser Zeit fegen plötzlich heftige Sturmböen durch die Bäume. Der Sturm dauert kaum 15 Minuten, aber als kurz danach das Gate geöffnet wird und wir in den Nationalpark einfahren, sehen wir überall abgebrochene Zweige und auch dicke Äste mit viel Blattwerk auf den Pisten liegen. Am Gate hat uns zum Glück nur der Ausläufer des Sturmes gestreift. Je weiter wir in den Park fahren, umso deutlicher werden die Spuren der Sturmböen. Über teils große abgebrochene Äste und umgestürzte kleinere Bäume fahren wir mit unserem Jeep. Die Tiere haben des aufziehende Unwetter wohl gespürt und sich tief in sichere Bereiche des Waldes zurück gezogen.



Nach einiger Zeit müssen unser Fahrer und der Guide einen weiteren umgestürzten Baum beiseite räumen, der zu groß ist um mit dem Jeep darüber zu fahren. Aber dann ist irgendwann Schluss. Ein richtig dicker, sehr langer Baum liegt quer über die Straße. Hier kommen wir ohne Hilfe nicht durch. Wir drehen um und fahren zurück. Nach einiger Zeit kommt uns ein Arbeiter auf dem Fahrrad entgegen. Wir stoppen, unser Fahrer lädt den Arbeiter samt seiner Axt ein. Das Rad bleibt zurück. An der Blockade hakt der Arbeiter stöhnend und ächzend vor Anstrengung wie wild in wenigen Minuten (!) den Weg durch das harte Holz des Salbaumes für uns frei. Hier wird die Hierarchie ganz deutlich: Der Fahrer hat die ganze Zeit knappe, klare Anweisungen gegeben, der Arbeiter schuftet hart und unglaublich schnell und der Guide räumt die abgehackten Teile des Baumes beiseite. Und jetzt kann der Arbeiter zu Fuß zu seinem zurück gelassenen Fahrrad laufen, während wir weiterfahren.
Die weitere Ausfahrt bringt bei diesem Wetter wenig Sichtungen. Lediglich einige männliche Barasingha-Hirsche sehen wir nach langer Fahrt im Dämmerlicht. Immer wieder türmen sich um uns herum dunkle Wolken auf und wir hören es donnern. Zum Glück kommen wir ohne weiteren Sturm aus dem Wald zurück. Uns ist bewusst, was für ein Glück wir hatten, das der Sturm wenige Minuten vor unserer Einfahrt in den Park getobt hat. Nicht auszudenken, wenn wir angesichts der herab gestürzten Äste und der umgestürzten Bäume bereits zum Zeitpunkt des Sturms im Park unten den Bäumen unterwegs gewesen wären. In unserem offenen Jeep ohne Dach. Kurz vor dem Gate wird es dann doch wieder sehr dunkel und fast augenblicklich beginnt ein heftiger Regenguss. Wir schlüpfen schnell in unseren Festivalcaps und bleiben trocken. Und hier zeigt sich wieder, wie vorausschauend unser Fahrer Amadit ist. Während alle anderen offenen Jeeps mit ihren Gästen im Regen weiterfahren, springen er und der Guide aus dem Wagen, ziehen die bereits zu Beginn der Ausfahrt bereit gelegte Abdeckung unten den hinteren Sitzen hervor und in wenigen Sekunden ist der Jeep geschlossen. Trocken fahren wir aus dem Gate zur Abmeldung, wo die anderen Jeeps mit ihren pudelnassen Gästen stehen. Zurück an der Lodge bringen wir schnell unsere Sachen in unseren Zeltbungalow und schon geht es mit anderen Fahrzeugen wieder los. Heute abend sind wir bei einem alten Freund von Raghu eingeladen, der mit seiner Familie in einen nahe liegenden Dorf wohnt. Nahe liegendes Dorf heißt in dem Fall, das wir etwa eine halbe Stunde auf einer mit tiefen Löchern übersäten Naturpiste durch die stockdunkle Nacht fahren. Ab und zu tauchen einzelne Häuser und Menschen auf. Einmal stoppt der Jeep vor uns. Raghu hat eine indische Schmucknatter am Wegesrand entdeckt. Wir sehen deutlich, wie das Reptil sich im Schein der Lampe im Gras bewegt und sich letztlich halb aufrichtet. Da lassen wir das Tier in Ruhe und fahren weiter. Wir erreichen das Dorf und das Anwesen des Freundes. Er gehört zur Minderheit der Gond, die hier in der Gegend zusammen mit den Baiga leben. Bei den Gond sind die Frauen Herrinnen über Haus und Hof. Am Eingang des Gehöftes sind drei rote Handabdrücke auf der weiß getünchten Lehmwand zu sehen: Ein Handabdruck jeder der drei hier lebenden erwachsenen Frauen. Nach einem schmalen, langen Durchgang erreichen wir den Innenhof. Rechts geht es ins Haus, links in ein Nebengebäude mit der „Sommerküche“. Wir ziehen unsere Schuhe aus und der Hausherr zeigt uns die einzelnen Räume. Das Haus ist komplett aus einem Lehm-Gemisch gebaut. Im Innern herrscht somit eine relativ konstante Temperatur, egal ob es draußen heiß oder kalt ist. Wir sehen die Regenzeitküche mit der alten Kochstelle am Boden und daneben den modernen Gasherd. Wohn- und Schlafzimmer folgen.

Ein schönes, gepflegtes Haus. Wieder im Innenhof werden wir ins Nebengebäude gebeten, wo die Frauen unser Abendessen an mehreren Kochstellen am Boden kochen. Sie erklären uns die einzelnen Gerichte und Zutaten. Im gesamten Innenhof sind Stühle, Bänke und Tische für uns aufgebaut. Sogar ein Klimagerät hat der Hausherr herangeschafft. Wir sind durch die Tage auf Safari aber mittlerweile schon so akklimatisiert, das wir ihn bitten, das Gerät auszuschalten. Nun sitzen wir zusammen und bekommen die gesamte Familie vorgestellt. Und natürlich sind auch etliche Kinder aus der Nachbarschaft da. Der Großvater ist über sechzig Jahre alt und freut sich sichtlich über unseren Besuch. Um so mehr als wir auch noch reges Interesse am selbst gebrannten Mahuaschnaps bekunden. Der Hausherr, sein Sohn will uns eine seiner Flaschen holen, wird aber sofort von seinem Vater zurückgerufen. Nichts da. Die fremden Gästen sollen nur den besten Mahuaschnaps bekommen – und den macht natürlich er und nicht sein Sohn. Und schon verschwindet der alte Mann im Dunkeln. Als er zurückkommt, stehen schon Gläser auf dem Tisch. Keine Schnapsgläschen, sondern Wassergläser. Und dieser werden nun gut halb gefüllt. Wir sind schon sehr neugierig, haben uns die Guides bei den Ausfahrten doch immer wieder den indischen Butterbaum (Madhuca longifolia), landläufig als Mahua-Baum bezeichnet, gezeigt und uns erzählt, das die Einheimischen aus den Blüten Schnaps herstellen. Jetzt steht dieser Schnaps vor uns. Ein erster Schluck lässt uns die milde Fruchtigkeit schmecken. Schmeckt eher wie ein Likör. Aber im Abgang kommt dann doch noch die typische Schärfe eines Schnapses. Lecker. Jetzt wird das Essen aufgebaut. Alles schmeckt sehr gut. Es wurde versucht, sehr mild zu kochen. Meine Frau und ich essen gerne scharf und so ist die Schärfe für uns genau richtig. Aber für einige andere ist es teils schon etwas zu scharf. Nach dem guten Essen ist jetzt für unseren Großvater Zeit für eine genussvolle Zigarette. Auch das haben wir von unseren Guides gelernt. Aus den getrockneten Blättern des Tendu-Baumes drehen die Einheimischen Zigaretten. Genau solche holt er jetzt hervor und fragt ob jemand auch eine haben möchte. Das lassen sich meine Frau und eine weitere Raucherin in unserer Gruppe nicht zweimal sagen. Blitzschnell sitzen sie neben bzw. zu Füßen des Großvaters und lassen sich eine dieser Zigaretten mit seinen Zündhölzern anzünden. Dann rauchen die drei selig grinsend ihr Zigarettchen. Der Großvater ist glücklich. Unsere Raucherinnen geben ihm im Gegenzug auch eine ihrer Zigaretten sowie ein Feuerzeug, das er nach kurzer Erklärung der Funktionsweise auch stolz in Gang setzen kann. Ein Stromausfall sorgt dafür, das wir an diesem milden Abend zusammen bei Mondlicht im Hof sitzen. Der Großvater ist ein Schelm. Grinsend greift er hinter sich und holt eine weitere Flasche Schnaps hervor. Leider können wir diese jetzt nicht mehr hier trinken. Aber wir nehmen sie gerne mit. Denn jetzt müssen wir langsam aufbrechen. Sind unsere Nächte doch sehr kurz auf dieser Reise. Es ist schon wieder weit nach 22 Uhr und die Rückfahrt wartet ja auch noch auf uns. Und um 4 Uhr ist die Nacht wieder um. Obwohl – eigentlich könnten wir morgen mal ausschlafen. Frühstück ist erst um 7:30 Uhr, da wir morgen früh eine relativ kurze Transferfahrt zum nächsten Park vor uns haben.
Aber Raghu hat uns angeboten, morgen mit ihm bei Sonnenaufgang eine kleine Naturwanderung mit Vogelbeobachtung und dem Lesen von Tierspuren zu machen. Und wenn man schon mal die Gelegenheit hat, mit einem Naturkundler mit solch einem umfangreichen Wissen los zu ziehen – na klar, das Angebot nehmen wir gerne an.
Der Administrator hat öffentliche Schreibrechte deaktiviert.
07 Dez 2018 18:00 #541859
  • CrocV
  • CrocVs Avatar
  • Beiträge: 165
  • Dank erhalten: 650
  • CrocV am 07 Dez 2018 17:43
  • CrocVs Avatar
22.05.2018 Auf nach Pench zu unserem privaten Tiger
Am Morgen treffen wir uns noch im Dunkeln am Swimmingpool, trinken gerne eine vom Lodgepersonal für uns zubereitete Tasse Kaffee und laufen dann los. Wir erfahren, das der Sal-Baum in der von uns bereisten Region nur im Gebiet von Kanha wächst. Denn junge Sal-Baum-Keimlinge brauchen andere Sal-Bäume als Schutz gegen Sonne und heftigen Regen, um zu wachsen. Wie auch bei Regenwäldern kann eine einmal abgeholzte Fläche nicht so einfach wieder aufgeforstet werden. Ohne den Schutz der großen Bäume sterben die junge Schösslinge. Wir sehen den Kothaufen eines Tigers,



Ameisenstraßen, Vögel und auch einige Frauen, die Tendu-Blätter sammeln – für die uns jetzt bekannten Zigaretten. Auf dem Rückweg bauen wir noch unsere aufgebaute Fotofalle ab. Wieder zurück wartet bereits das Frühstück und dann geht die Fahrt mit unserer weißen Flotte weiter zum Pench N.P.
In der ersten Stunde fahren wir an einigen Dörfern der Gond mit ihren typischen blau-weißen Häusern vorbei. Wie jenes, das wir gestern Abend in der Dunkelheit besucht haben.
Dann ändert sich der Bebauungsstil. Unterwegs machen die Fahrer wieder Pause und auch wir besorgen uns von einem Straßenverkäufer einen Chaitee. Mittags erreichen wir unsere neue Lodge (Tuli Tiger Corridor) beim Pench N.P. Das Mittagessen wartet auch hier schon auf uns.





Um 15:30 Uhr starten wir zur ersten Ausfahrt. Teilweise liest man, das im Pench Nationalpark eine geringere Chance auf Tigersichtungen besteht. Gut das wir jetzt doch schon etliche Tiger gesehen haben. Wir würden uns auch freuen, andere Tiere zu sehen. Aber irgendwie geht das bei der Tour nicht so recht. Aber lest selbst....
Unser Fahrer und der Guide besprechen viel miteinander. Gleich zu Beginn erspähe ich nahe der Piste einen Mungo. Kurze Zeit später sehen wir mehrere Schakale durch die Gegend streifen.



Danach fahren wir längeren Zeit ohne Sichtung. Dann ein kurzer Stopp. Dem Guide ist aufgefallen, das der Bügel für die Regenplane noch nicht abgebaut ist und und unsere Sicht leicht versperrt. Sie stellen den Bügel lose hinter unsere Sitzreihe. Da schlägt er jetzt aber ständig Metall auf Metall gegen die Bordwand. Ich bitte, den Bügel irgendwie festzubinden. Nach einiger Suche nach einer Schnur wird der Bügel kurzerhand zusammen gebogen und unter den Rücksitz gelegt. Auch gut. Jetzt ist jedenfalls Ruhe. Nachdem diese logistischen Problemchen behoben sind, geht die Fahrt weiter. Wir haben schon lange keinen anderen Jeep mehr gesehen. Nach einiger Zeit stoppen wir. Lange Zeit sucht der Guide mit dem Fernglas die Gegend ab. Dann plötzlich ruft er: Wildhund ! Und tatsächlich, als wir ein Stück weiterfahren, sehen wir einen indischen Wildhund, auch Dekkan-Rothund oder Dhole genannt, auf dem Waldboden sitzen. Einige Zeit beobachten wir das Tier, das seinerseits wieder uns beobachtet. Dabei auch einmal aufsteht, als wolle er weglaufen, es sich dann aber überlegt und sich wieder hinlegt.



Nach einiger Zeit fahren wir weiter. Wir stoppen an einem Wasserloch, um einige Hanuman-Languren und ein Wildschwein zu fotografieren und zu beobachten. Da haben wir zwar schon gefühlt 100 Bilder davon, aber es ist immer wieder schön, diese Tiere zu beobachten. Nicht einfach immer nur gehetzt umher fahren, um die nächste neue Art zu suchen und somit eine Sichtungsliste abzuarbeiten. Diese etwas entspanntere Art lohnt sich für uns immer wieder durch schöne Beobachtungen. Unsere dritte Mitreisende im Jeep ist genau der gleichen Meinung. Auch da haben wir wieder richtig Glück. Und diesmal wird unsere entspannte Art ganz besonders belohnt.
Als wir gerade weiterfahren, kommt plötzlich ein männlicher Tiger über die Hügelkuppe gegenüber der Wasserstelle gelaufen. Hätten wir keinen Halt bei den Languren eingelegt, wären wir schon weit weg. Der Tiger läuft einige Meter, dann legt er sich gut sichtbar für uns hin. Lange Zeit beobachten wir das schöne Tier. Und das schönste daran: Weit und breit kein anderes Fahrzeug. Wir haben unseren ganz „privaten“ Tiger.







Zwischendurch fahren wir sogar mal weg für einige Minuten, weil der Guide vermutet, das der Tiger zum Wasserloch will und wir ihm im Weg sind. Aber er bleibt liegen. So fahren wir wieder hin und beobachten ihn weiter. Da wir sehr viel Zeit mit dem Tiger haben, beobachte ich immer mal wieder die andere Seite der Straße. Hier sitzen Rhesusaffen im Baum und beobachten auch den Tiger.



Nach und nach kommen die Affen runter von ihrem Zufluchtsbaum. Aber nicht, ohne alle paar Sekunden innezuhalten und den Tiger wieder genau zu fixieren. Nein, keine Bewegung des Tigers.



Also wieder einen halben Meter runter vom Baum – und STOPP! Hat der Tiger sich gerührt ?



Nein. Also weiter. So geht das eine ganze Zeit, bis die ganze Affenbande nach und nach den Boden erreicht und im Wald verschwindet. Als ein zweites Auto kommt steht der Tiger auf und läuft langsam nach hinten weg. Wir treten glücklich die Rückfahrt an.
Abends essen wir am Swimmingpool. Wieder bekommen wir das Essen einzeln auf die Teller serviert. Dazu wurde eine Leinwand samt Beamer aufgebaut. Zunächst wird das Ergebnis der Kamerafalle gezeigt. Leider sind nachts nur einige Wildscheine und tagsüber mehrere Dorfbewohner in unsere Kamrafalle „getappt“. Danach hat unser Reiseleiter noch einen passenden Film auf dem Laptop, den wir uns anschauen: „ Das Dschungelbuch“ von Disney :-)
Insofern passend, da Kipling durch einen in der Gegend um Pench gefundenen Wolfsjungen zu seiner weltberühmten Erzählung inspiriert wurde. Wir sind hier im Mogli-Land.
Der Administrator hat öffentliche Schreibrechte deaktiviert.
Folgende Benutzer bedankten sich: Inka, Yawa, sphinx, Flash2010, Gabi-Muc, Dandelion, SUKA
07 Dez 2018 23:46 #541884
  • Gabi-Muc
  • Gabi-Mucs Avatar
  • Beiträge: 1976
  • Dank erhalten: 2257
  • Gabi-Muc am 07 Dez 2018 23:46
  • Gabi-Mucs Avatar
Hallo,

ein toller und sehr interessanter Bericht. Ich freue mich, dass es statt Löwen, Geparden und Leoparden - Tiger zu sehen gibt. Ich bin gespannt auf die Fortsetzung.

LG

Gabi
03.2022 Swakop, Etosha und Damaraland // 08:2021 Uganda // 01.2021: Caprivi // 10.2020: Etosha pur // 04.2019: KTP, Tok Tokkie Trail und Sossusvlei // 06.2018: Swakopmund und Etosha // 08.2017: Kalahari, KTP, Fish River, Soussusvlei, Swakopmund // 04.2016: Gardenroute von Kapstadt zum Addo Elephant Park
Der Administrator hat öffentliche Schreibrechte deaktiviert.
Folgende Benutzer bedankten sich: CrocV
08 Dez 2018 13:32 #541927
  • CrocV
  • CrocVs Avatar
  • Beiträge: 165
  • Dank erhalten: 650
  • CrocV am 07 Dez 2018 17:43
  • CrocVs Avatar
23.05.2018 Auf der Jagd
Die Morgenausfahrt beginnt in Sachen Sichtungsreihenfolge fast wie der Nachmittag zuvor: Schakale und zwei Wildhunde streifen durch die Landschaft.







Und dann treffen wir auf eine Ansammlung von Jeeps: Wieder ein Tiger ! Das dominante Männchen liegt zunächst hinter einem Baumstamm. Lediglich der Kopf ist zu sehen.



Dann erhebt er sich und läuft fast direkt auf uns zu und einige Meter vor uns über die Straße.











Zufrieden fahren wir weiter und erfreuen uns an der Natur. Wir erreichen eine Picknickstelle mit Toiletten. Hier sind bereits viele Jeeps versammelt. Auch wir machen hier Rast und verspeisen unser auf der Motorhaube ausgebreitete Frühstückspaket zusammen mit Fahrer und Guide. Bei der Weiterfahrt kommen uns 2 Elefanten samt Mahouds entgegen. Und einige Minuten später sehen wir das dominante Männchen wieder. Ganz ruhig streift der Tiger im Wald durch sein Revier.



Bleibt kurz stehen, um in typischer Katzenart ein paar Gräser zur besseren Verdauung zu fressen und läuft dann in den dichteren Wald, wo wir ihn aus den Augen verlieren.



Danach fahren wir mal wieder einige Zeit durch die Landschaft und beobachten Vögel und eine Horde Hanuman-Languren, die besonders malerisch in einem Baum verteilt sitzen und sich die grünen Blätter schmecken lassen.







Dann bitten wir unseren Fahrer, uns doch noch mal an einem besonders schönen Ghosttree vorbei zu fahren, der uns zuvor schon aufgefallen ist.



Nachdem wir diesen ausgiebig bestaunt und fotografiert haben, beobachten wir wieder Vögel, Landschaft und sonstige Axis.








Zuletzt sehen wir noch einen hohlen Baum mit einer Öffnung auf halber Höhe und einer weitere Öffnung weiter oben am Stamm. In der unteren Öffnung erkennen wir mindestens 5 Hanuman-Languren, die sich in den hohlen Baum reingequetscht haben. Ein köstlicher Anblick. Nach und nach kommen einzelne Tiere heraus und wir erkennen, das der ganze hohle Stamm bis oben voll ist mit Languren !







Diese Hanumanaffen schaffen es doch immer wieder mit noch aberwitzigeren Positionen, das wir sie fotografieren. Gefühlt Affenbilder Nummer 120 bis 130. :-)
So geht auch diese Ausfahrt zu Ende. Unter Mittag beobachten wir kurz die Frösche auf dem Lodgegelände und die Agamen in unserer zusätzlichen Open-Air-Dusche hinter dem Bungalow.





Am Mittwoch nachmittag haben alle Nationalparks des Bundesstaates Madhya Pradesh geschlossen. Aber ein Teil des Pench Nationalparks liegt im Bundesstaat Maharashtra. Und dieser Teil des Parks ist auch nachmittags geöffnet. Hier ergibt sich auch die einmalige Gelegenheit, die ansonsten fixe Belegung der Jeeps zu ändern. Wir „tauschen“ also unsere Mitreisende gegen zwei andere Mitreisende.
Und auch Adi und Raghu können uns auf dieser einen Ausfahrt begleiten. Adi als preisgekrönter Naturfotograf steigt natürlich in den Jeep mit unseren „Fotografen“, sprich den Mitreisenden mit den ganz großen Fotoapparaten. Raghu dagegen wird bei uns einsteigen.
Wir fahren mit den Jeeps schon eine halbe Stunde eher los, da wir einige Kilometer vor uns haben, um über die Grenze der beiden Bundesstaaten zu kommen. Am Gate des Nationalparks angekommen, wechselt unser Fahrer noch den Jeep, wir nehmen unseren Guide auf und los geht es.
Wir sind jetzt 7 Personen im Jeep ( 4 Reisende, Raghu, Fahrer, Guide ). Und da wird es schon recht eng auf den beiden Sitzreihen hinter dem Fahrer. Eine Mitreisende sitzt zum Glück auf dem Beifahrersitz. Aber dennoch müssen Raghu, der Guide und ich zu dritt auf der letzten Sitzbank richtig eng zusammenrücken. Für diese eine Ausfahrt ok, aber hier bekomme ich nochmals einen der Gründe bestätigt, warum wir diese Reise bei Diamir gebucht haben.
In der Reisebeschreibung wurde ausdrücklich erwähnt, das max. 4 Personen pro Jeep fahren. Ein großes Plus an Komfort und ein Riesenvorteil beim Fotografieren. Denn die Jeeps sind normalerweise wie schon erwähnt immer mit 6 Reisenden belegt. Und dann hat man keinerlei Bewegungsfreiheit mehr.
Wir wollen diesen Nachmittag in der Natur genießen und von Raghus Wissen über Tiere und Pflanzen profitieren und uns daher vor allem den anderen Dingen neben dem Tiger widmen. Aber plötzlich stehen einige Fahrzeuge vor uns und Raghu ruft: „Tiger“ Und tatsächlich bewegt sich ein junger männlicher Tiger auf einem Hügelrücken parallel zu unserer Piste. Ein Blick von Raghu auf das Tier genügt: „Er ist hungrig. Er wird jagen !“ .



Und er hat recht. In einer kleinen Senke voraus äst ein Axishirsch. Der Tiger hat diesen längst erspäht und schleicht nun geduckt minutenlang ganz langsam immer näher an das Tier heran. Wir beobachten dieses Anschleichen des großen Raubtieres mit atemloser Spannung.





Hier habe ich dann den Foto runtergenommen, Ich wollte das mit eigenen Augen sehen !
Denn jetzt spannt sich der ganze Körper des Tigers deutlich sichtbar an. Steif wie ein Brett steht der Tiger einen Moment mit kerzengeradem Rücken da und fixiert seine Beute. Raghu flüstert: „Das ist der Moment vor der Attacke. Ganz typisch. Fantastisch“. Dann sprintet der Tiger los und stürmt auf seine Beute zu. Aber der Axishirsch erkennt die Gefahr rechtzeitig und kann fliehen. Der junge unerfahrene Tiger bleibt sichtlich frustriert stehen,



geht noch einige Schritte und legt sich dann hin.

Deutlich sehen wir in minutenlang schwer hecheln. Dieser Angriff in der Nachmittagshitze hat ihn viel gekostet. Denn durch den Sprint ist der Tiger extrem aufgeheizt. Durch das Hecheln kühlt er sich wieder ab.





Raghu erklärt, das 90% der Angriffe bei Tag fehlschlagen. Erfahrene Tiger jagen fast immer nachts. Daher sei es ein unglaubliches Glück für uns, das wir diese -wenn auch erfolglose- Jagd eines Tigers mit eigenen Augen miterleben konnten. Unser Fahrer vermutet, der Tiger wird noch etwas liegen bleiben, um sich zu erholen und dann schnurgerade zum nächsten Wasserloch laufen, um sich zu erfrischen. Und wirklich erhebt sich der Tiger wenig später und läuft nach hinten in den Wald weg.



Der direkten Weg zum Wasserloch, wie die Guides wissen. Wir fahren also los, um vor dem Tiger am Wasserloch zu sein. Die Piste schlängelt sich durch den Wald.
Nach einer engen Kurve stehen wieder mehrere Jeeps. Eine Tigerin hat im Gelände ihre 3 Jungtiere zurückgelassen, um ungestört umher streifen zu können. Nach und nach entdecken wir die drei ca. 8 Monate alten Jungtiere. Zwei von ihnen sitzen unter einen Baum am Hang.



Erst als eines der beiden Tiere den Hang hinunter läuft entdecken wir dort im Gras das dritte Jungtier.







Wir beobachten längere Zeit die Jungtiere, dann fahren wir aber doch weiter. Denn ohne die Mutter werden diese keine größeren Aktivitäten entfalten. Am Wasserloch angekommen, ist das Tigermännchen natürlich nicht mehr zu sehen. Die drei jungen Tiger haben uns ja „aufgehalten“.
Nach diesem tigerlastigen Beginn fahren wir nun in einen abgelegenen Bereich des Nationalparks.
Und hier bekommen wir einen Eindruck von Raghus Kenntnissen. Beeindruckend, was er alles über das Verhalten der Tiere weiß. Wir bekommen viele Vögel gezeigt. Und Raghu sagt immer, macht eure Kameras bereit und drückt ab, wenn ich es sage. Dann habt ihr den Vogel beim Abflug auf dem Bild. Und tatsächlich. Keine Ahnung, woran er den Moment erkennt, aber er liegt immer richtig mit seiner Vorhersage des Abfluges. Bei schwierig zu fotografierenden Motiven greift er auch mal nach der Kamera der Mitreisenden, um im manuellen Modus zu fotografieren. Denn er ist auch selbst ein versierter Naturfotograf. Raghu will uns einige schöne Landschaften zeigen. Im Wald tauchen immer häufiger Felsbrocken auf. Wir sehen wieder viele Vögel und endlich auch mal ein Streifenhörnchen, das sich tatsächlich fotografieren lässt. Unterdessen erzählt uns Raghu viel über die Tiere.
Unter anderem erklärt er uns den Grund für die Alarmrufe der Hirsche und Affen, wenn diese einen Tiger bemerken. Der Ruf dient nicht etwa dazu, andere Tiere vor dem Tiger zu warnen. Nein, der Ruf ist für den Tiger, um ihm zu sagen: Ich habe dich entdeckt, es ist zwecklos mich anzugreifen, spare dir deine Kraft. Dabei gibt es in Sachen Alarmruf zwischen den einzelnen Hirscharten aber große Unterschiede. Sambarhirsche geben immer ehrliche Alarmrufe an. Sprich, sie nutzen den Ruf nur, wenn sie wirklich einen Tiger entdeckt haben. Axishirsche bluffen auch. Ist ihnen etwas nicht geheuer, setzen sie auch einfach mal so einen Alarmruf „ins Blaue“ ab. In der Hoffnung, das ein sich eventuell anschleichender, noch unentdeckter Tiger darauf herein fällt und die Jagd abbricht. In der Brunft setzen manche Axis-Männchen noch eins drauf. Wenn sie merken, das die von ihnen umworbene Weibchen nicht interessiert sind, setzen sie eine Alarmruf ab um die Weibchen bei der daraufhin von ihnen initiierten „Flucht“ mit sich zu locken.
Ich habe lediglich 1x quasi aus der Hüfte ein Foto eines Sambar hinbekommen, der gerade einen AlarmCall absetzt.
Wenn man bedenkt, das es entstanden ist, während der Fahrerwährend der Fahrt aufgrund des Calls abrupt stark abgebremst hat, ist es doch ganz gut :laugh:



Dann sehen wir zu unserer großen Freude noch eine Gruppe weiblicher Nilgau-Antilopen mit Jungtieren und einige Meter weiter sogar noch für eine kurze Zeit ein Männchen dieser schönen Antilopen.









Ein toller Abschluss dieser letzten Ausfahrt im Pench Nationalpark, der sich für uns ähnlich reich an Tigern erwies, wie die anderen besuchten Nationalparks.
Anhang:
Letzte Änderung: 08 Dez 2018 14:12 von CrocV.
Der Administrator hat öffentliche Schreibrechte deaktiviert.
Folgende Benutzer bedankten sich: aos, Yawa, speed66, Flash2010, Dandelion, SUKA
08 Dez 2018 13:50 #541930
  • Dandelion
  • Dandelions Avatar
  • Beiträge: 424
  • Dank erhalten: 460
  • Dandelion am 08 Dez 2018 13:50
  • Dandelions Avatar
Hallo,
es macht mir viel Freude, euch auf dieser außergewöhnlichen Safari zu begleiten :cheer:
Tiger sind wahrlich majestätische, kraftvolle und wunderschöne Tiere. Wenn man deine Schilderungen so liest, könnte man leicht dem Eindruck erliegen, dass es in dem von euch besuchten Gebiet von diesen normalerweise doch eher seltenen Tieren nur so wimmelt.
Hast du dazu vielleicht einige Hintergrundinformationen? Das würde mich wirklich interessieren.
Mir gefällt auch sehr, dass du dich, neben den „Hauptakteuren“ aber auch für kleinere Tiere und die Landschaft interessierst und deine Eindrücke mit uns teilst. So wird das eine richtig runde Sache.
Der geschilderte Jagdversuch war auch ein echtes Schmankerl. Glückwunsch :woohoo:

Ich freue mich auf die Fortsetzung.

Vielen Dank und liebe Grüße
Kordula :)
Der Administrator hat öffentliche Schreibrechte deaktiviert.
Folgende Benutzer bedankten sich: CrocV
08 Dez 2018 14:29 #541936
  • CrocV
  • CrocVs Avatar
  • Beiträge: 165
  • Dank erhalten: 650
  • CrocV am 07 Dez 2018 17:43
  • CrocVs Avatar
Hallo Dandelion,
vielen Dank. Aber der Eindruck täuscht wirklich etwas.
Ich schildere hier wirklich fast alle Tiersichtungen.
Es ist ein Zusammenschnitt jeweils eines ganzen Tages mit je zwei stundenlangen Ausfahrten.
Dazwischen sind immer wieder längere Phasen ohne Tiersichtungen bzw. "nur" Axishirsche, Languren etc.
Mein Bericht vom 2. Tag im Kahna N.P. (der schwüle Tag mit den Gewittern) beinhaltet z.B. wirklich alle relevanten Tierfotos die an dem Tag entstanden sind. Also genau zwei Fotos. Über den ganzen Tag.
Aber natürlich haben wir auch an diesem Tag unglaublich viele Eindrücke gesammelt, denn langweilig ist uns nie. Denn erstens sahen wir die indische Landschaft und die Pflanzenwelt. Und zweitens ist da ja ständig dieses "Könnte"- Gefühl. Denn hinter dem nächsten Gebüsch, Baum, Hügel könnte sich eine neue Szenerie aus der Tierwelt auftun für uns.

PS: Den Reisebericht-Eintrag vorher mit der Jagd "musst" du jetzt aber nochmal anschauen. Ich habe ihn jetzt erst mit allen Bildern "angefüttert".
Letzte Änderung: 08 Dez 2018 14:36 von CrocV.
Der Administrator hat öffentliche Schreibrechte deaktiviert.
Folgende Benutzer bedankten sich: Dandelion