THEMA: Reisebericht Tigersafari Indien Mai 2018
07 Dez 2018 16:31 #541843
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18.05.2018 Tiger im Anmarsch
Bei unserer dritten Ausfahrt ist erstmals unser Reiseleiter mit an Bord. Ich bin bereits etwas eher vor der Lodges und unterhalte mich mit unserem Fahrer. Wir starten wieder ganz entspannt unsere Ausfahrt mit dem Beobachten von Vögeln. Unter anderem sehen wir einen Bengalenpitta. Sein neunfarbiges Gefieder kommt im ersten Morgenlicht schon sehr schön zur Geltung.



Erst vor und dann über uns ballen sich dunkle Wolken zusammen und dann gibt es tatsächlich einen kurzen, aber kräftigen Platzregen. Aber bereits wenige Minuten später scheint wieder die Sonne. Wir erfahren von einem gesichteten Leoparden und fahren dort hin. Bei unserer Ankunft sind bereits einige Jeeps dort. Hoch oben an einem Hang liegt ein Leopard, der nur durch das Fernglas zu erkennen ist. Als ich mit dem Fernglas gerade noch die Katze suche, erhebt diese sich und verschwindet.
Wir fahren die Strecke zurück um unsere Runde wieder aufzunehmen. Plötzlich sieht unser Fahrer weit im Gelände im Unterholz die Tigerin von gestern marschieren. Er fährt ein ganzes Stück weiter da er damit rechnet, dass sie in Richtung des gestrigen Rastplatzes der Tigerfamilie marschiert. Wir stehen jetzt an einer größeren, offenen Fläche und warten angespannt. Wird die Tigerin wirklich die offene Fläche vor uns überqueren ? Und dann passiert es. Hinter einem Baum kommt die Tigerin zum Vorschein. Keine 15 Meter von uns entfernt. Und dann ändert sie ihre Marschrichtung und kommt fast direkt auf uns zu ! Wir sind fassungslos, dieses kraftvolle Tier so nahe zu sehen.







Wenige Meter hinter unserem Auto überquert sie die Piste und verschwindet im Wald. Hier sehen wir sie noch einige Minuten immer wieder durch Vegetationslücken jeweils für kurze Momente.
Unser Fahrer plant jetzt zum gestrigen Rastplatz zu fahren, um dort die Ankunft der Tigerin zu beobachten. Kurz vorher quert ein Bachlauf die Piste. Als wir auf der kleinen Brücke darüber sind fahren, bremst unser Fahrer plötzlich. Tiger ! Wahnsinn, direkt vor uns im Bachlauf liegt einer der jungen Tiger.



Er genießt sichtbar das kühle Bad. Nach einigen Minuten erhebt es sich und läuft im Bachlauf in unsere Richtung. Er ist jetzt nur noch ca. 4 Meter von uns weg. Dreht sich einmal um sich selbst, und lässt sich dann auf typische Katzenart wieder im Bachlauf nieder. Mit dem Hinterlauf kratzt er sich hinter den Ohren.







Man könnte meinen, eine sehr große Hauskatze vor sich zu haben. Jetzt aus der Nähe erkennen wir deutlich die noch recht verspielte Art des Jungtieres.
Aber die Idylle bleibt nicht lange ungestört. Weitere Jeeps kommen und dann kommt wieder der -ich muss es leider so sagen- blöde Safarielefant zum Einsatz. Und wieder nähert sich der Mahoud mit seinen Gästen dem Tiger sehr nahe. Zu nahe für den Tiger. Er erhebt sich aus dem Wasser und klettert die hohe Böschung rauf und legt sich einige Meter weiter hinter einen umgefallenen Baumstamm. Hier hin kann ihm der Elefant zum Glück nicht folgen.



Der Tiger rollt sich mehrmals wollig auf den Rücken, räkelt sich und putzt sich lange. Dabei rückt er immer weiter an den Baumstamm heran. Und plötzlich passiert es. Erschrocken springt das Tier mit einem gequälten Schmerzlaut auf. Irgendwas hat in gestochen oder gebissen ! Einen kurzen Moment steht das Tier irritiert da, dann humpelt es schnell durch den Bach Richtung Piste. Mittlerweile sind mindestens 15 Jeeps anwesend. Und jetzt haben wir unser zweites – und zum Glück letztes unangenehmes Erlebnis auf dieser Safarireise. Das Tier leidet Schmerzen, ist auch sichtbar geschockt und will humpelnd auf der Piste so schnell wie möglich weg von uns und an einem ruhigen Plätzchen seine Schmerzen abklingen lassen.
Aber jetzt starten die Fahrer die Motoren und jagen dem Tier in schneller Fahrt hinterher. Manche sofort im Rückwärtsgang. Andere rangieren erst mal hektisch, um zu wenden. Auch wir fahren im hinteren Teil der Meute etwa 50 Meter hinterher. Aber uns geht es nicht mehr um den Tiger. Wir wollen nur noch sehen, wie diese Situation weitergeht. Aber dann haben wir genug und bitten unseren Fahrer Mohan zu stoppen. Wir wollen Tiere beobachten, nicht hetzen. Einen Lichtblick gibt es immerhin. Mehr als die Hälfte der Jeeps stoppen jetzt ebenfalls nach und nach und brechen ab. Auch hier entwickelt sich anscheinend so etwas wie Respekt vor der Natur.
Die Fahrer und auch die Guides stehen hier natürlich unter einem riesigen Druck: Die Gäste wollen Tiger sehen ! Alles dreht sich zunächst um den Tiger. Tag für Tag „müssen“ sie die Tiger aufspüren für ihre Gäste. Ihr Trinkgeld und somit ihre finanzielle Existenz hängen oft direkt davon ab. Diese Region Indiens nimmt sichtbar nicht am wirtschaftlichen Aufschwung des riesigen Landes teil. Strukturschwaches Gebiet würde man bei uns sagen. Daher werden die Fahrer immer alles versuchen, ihren Gästen soviel und so lange Tiger zu zeigen wie möglich. An uns Gästen liegt es, die Grenze zu bestimmen. Und das haben viele, vor allem auch indische Gäste in diesem Moment getan. Andere leider nicht.
Danach beobachten wir wieder Vögel und Affen. In einem lichten Waldstück kämpfen zwei männliche Hinduracken um das Revier und die anwesende Hinduracken-Dame. Immer wieder fliegen sich die beiden Vögel an und wollen sich gegenseitig vertreiben. Es ist ein toller Anblick, wie diese farbenprächtigen Vögel im schnellen, kurvenreichen Flug immer wieder zwischen den Bäumen umher fliegen.



Danach machen wir Rast an einem Platz, an dem Einheimische einige Verkaufsstände mit Essen, Trinken und ein paar wenigen Souvenirs aufgebaut haben. Dort kaufen wir Cola und Nüsse. Nicht weil wir Hunger haben, sondern damit diese Leute auch etwas teilhaben können. Und nicht nur die Last tragen durch die vielen Auflagen und Verbote in der Pufferzone um den Nationalpark. Ganz zu schweigen von den gerissenen Kühen. Die Tigerin gestern kam ja von so einem nächtlichen Ausflug in die Pufferzone zurück. Wir fahren weiter Richtung des Plateaus, auf dem das ehemalige Fort der Maharajas von Rewa trohnt . In engen Serpentinen windet sich die Piste nach oben. Das Fort auf dem Plateau darf nicht mehr besichtigt werden. Privatbesitz. Aber eine liegende Statue von Vishnu unterhalb des Forts können wir erreichen.Neben der Piste sehen wir auch die in den Fels gehauene Ställe für die Pferde und Unterkünfte für die Soldaten des Forts.
Die am Wegesrand stehenden Ghosttrees (Indischer Stinkbaum - Sterculia urens ) treiben bereits die ersten frischen, grünen Vortriebe aus. Die Vegetation bereit sich auf den nahenden Monsun vor. Die Einheimischen ritzen den Stamm der Ghosttrees ein um ein Gummiharz zu gewinnen, das eine heilende Wirkung hat und in der pharmazeutischen Industrie als Karayagummi bekannt ist.
An einer Wasserstelle sehen wir zum Abschluss noch einen Schmutzgeier und in einem nahen Baum einen Schlangenadler.



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07 Dez 2018 16:47 #541846
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Bei der Nachmittagsausfahrt in eine andere Zone sehen wir erstmals Schakale in einiger Entfernung. Es ist wieder richtig heiß. Kaum Tiere zu sehen. Nach längerer Fahrt erreichen wir ein Wasserloch. Hier stehen viele Fahrzeuge. Im hohen Gras hinter dem Wasserloch liegt ein Tiger, heißt es. Immer mal wieder will jemand den Kopf mit dem Fernglas entdeckt haben.
Der Tiger ist wohl tatsächlich da. Denn eine Gruppe Sambarhirsche kommt zum Wasserloch und bemerkt sofort die Anwesenheit der Raubkatze. Ein männliches Tier geht weit ins Wasser und droht mit aufgestellten Schweif in Richtung des versteckten Tigers. Immer wieder tritt er mit ausgestreckten Vorderläufen in Richtung des Verstecks der Katze. Lass uns in Ruhe! Wir sind wachsam. Im Schutz des Wächters kommen die Weibchen samt Jungtieren zum Trinken ans Wasserloch.



Als die Sambarhirsche ohne Zwischenfall abgezogen sind, werden auch die Hanuman-Languren mutig und kommen langsam von den umliegenden Bäumen.

Als ein Affe trinken kann ohne Angriff, kommt die ganze Gruppe ans Wasser. Danach erscheint ein Pfau und schlägt ein Rad um eine Henne zu beeindrucken. Als der sein Rad wieder einklappt läuft er zu einem Baum und mit nicht geahnter Sprungkraft hüpft er hoch in die Äste. Aber dann wird es richtig ruhig am Wasserloch. Nach einiger Zeit fragen wir den Guide, ob wir nicht besser weiterfahren sollten. Aber er ist sich absolut sicher, das der Tiger in Kürze ans Wasserloch kommt. Wir vertrauen auf den Guide. Haben wir doch schon oft erlebt, das die Führer selbst die Charakterzüge einzelner Tiere sehr gut einschätzen und erstaunlich genau das Verhalten vorher sagen können. Nun ja, diesmal will der Tiger aber nicht. Nach längerer Wartezeit läuft die Zeit ab und wir treten die staubige Rückfahrt an. Unserem Guide ist das sichtlich peinlich. Aber so ist eben die Natur. Letztlich machen solche Ausfahrten die tollen Tigersichtungen des Vormittags umso wertvoller.



Nach dem Abendessen treffen wir uns an einem eigens für uns entfachten Lagerfeuer. Fürsorglich haben die Lodgeangestellten daneben ein großes Klimagerät bereitgestellt. Ist ja auch eine lustige Idee, bei über 35 Grad am Abend ein Lagerfeuer zu schüren. Wir verzichten aber dankend darauf, das Klimagerät in Betrieb zu nehmen. Die Hitze des Feuers auf unserer Haut stört uns kaum noch. Kein Wunder nach der Hitze des Fahrtwindes bei der nachmittäglichen Anfahrt zum Gate auf der in der prallen Sonne liegenden Asphaltstraße.
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07 Dez 2018 16:57 #541850
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19.05.2018 Auf nach Kanha !
Heute frühstücken wir „erst“ um 6 Uhr. Denn wir fahren weiter zum Kanha Nationalpark. Unsere weiße Flotte steht bereits aufgereiht vor der Lodge. Wir fahren wieder durch ein ausgetrocknetes Land mit vielen kleinen Dörfern. Die Felder liegen brach. Alles wartet auf den Monsunregen. In einem kleinen Dorf halten wir. Unser Biologe hat in einem großen Baum mitten im Ort eine große Kolonie Flughunde entdeckt. Mehrere hundert Tiere hängen hier kopfüber an den Ästen. Ab und zu gibt es leichtes Gerangel unter den Tieren um die besten Plätze im Schatten.





Ein paar Meter weiter steht ein zweiter Baum mit Flughunden. Immer wieder fliegen einzelne Tiere über unsere Köpfe hinweg von einem Baum zum anderen. Mehrere -erfolglose- Versuche folgen, die Tiere im Flug zu fotografieren. Nebenbei können wir die Frauen des Dorfes beim Wasserschöpfen am Brunnen beobachten. Dann setzen wir die Fahrt fort. Einen weiteren Stopp auf unserer sechsstündigen Fahrt legen wir bei einem Fernfahrerhalt ein. Hier wird frischer Chai-Tee zubereitet. Wir sehen wie die Ingwerknollen und andere Gewürze in den Sud gerieben werden, der auf offenen Feuer köchelt. Hier trinken wir den besten Chai-Tee auf unserer gesamten Reise. Ein ganz junger Ziegenbock versucht seine Kräfte mit einigen Mitreisenden zu messen. Sie versuchen immer nur zaghaft ihn beiseite zu schieben. Erfolglos. Denn dieses Schieben und Drücken gehört für das Tier wohl zum Spiel. Dann kommt ein Junge und packt das Böcklein an einem Ohr und führt ihn fort. Aha, so geht das. Einen weiteren Stopp legen wir bei einem Motel ein, um Kaffee zu trinken. Die Stopps sind wichtig für die Fahrer. Denn es ist anstrengend, auf den engen, kurvigen Straßen zu fahren. Jederzeit muss mit allem gerechnet werden. Kühe stehen mitten auf der Straße, Ochsenkarren oder Viehherden versperren den Weg, überladene LKWs benötigen die gesamten Breite der Straße. Ganz zu schweigen von den Fahrrädern, Motorrädern, TukTuks und Fußgängern mitten auf der teils schmalen Fahrbahn. Dazu immer wieder Schlaglöcher, Straßenschäden und Baustellen.
Wir sind froh, unseren Transferfahrer mit dem komfortablen Toyota Innova zu haben. Als wir das Tuli Tiger Resort erreichen, wartet natürlich schon das Mittagessen auf uns. Und wir erfahren die erste von mehreren Überraschungen. Wir wurden upgegradet. Unsere gebuchten Bungalows wären zwar frei, aber die Lodge hat unsere gesamte Gruppe in die noch luxuriöseren Zeltbungalows umgebucht. Ob dies wohl an unseren Begleitern liegt ? Raghu hat in der Lodge einige Jahre als Chef der Naturführer gearbeitet. Etliche der in der Lodge überall hängenden Tigerbilder wurden von ihm während dieser Ausfahrten mit den Gästen der Lodge aufgenommen. Zwei seiner Bilder sind sogar im offiziellen Tigerbuch des Kanha N.P.
Wir laufen durch die Anlage und passieren ein weiteres großes Tor. Hier beginnt der Bereich der Zeltbungalows mit einem weiteren exklusiven Swimmingpool für diesen Bereich.
Die Bungalows haben vier feste Wände mit großen Fensterfronten. Anstelle des Daches ragt dann ein riesiges Zelt darüber. Genauer mehrere Zelte. Das innere Stoffzelt wird von einem äußeren, strapazierfähigen und wasserdichten Zelt überspannt. Das Schlafzimmer ist riesig und mit Schreibtischen, Sesseln, Kommoden aus Holz wunderbar möbliert.







Im Badezimmer steht mitten im Raum eine Badewanne. Daneben gibt es jeweils eigene Räume für Dusche und Toilette und separate Nischen für die Reisetaschen. Und auch 2 (!) Terrassen mit Stühlen und Liegen fehlen nicht. Hammer. Wir sind beeindruckt. Nun ja, zu lange können wir uns aber nicht daran ergötzen. Schließlich wartet die erste Nachmittagsausfahrt auf uns.

Zunächst bekommen wir Gaur (Wildrinder) und einen der sehr scheuen indischen Muntjaks (kleine Hirschart) zu sehen.



Dann die Information eines anderen Guides: Warnrufe der Affen. Warnrufe der Tiere sind für die Guides ein wichtiges Hilfsmittel, um Tiger aufzuspüren.

Eine lange Fahrt zu einem Wasserloch folgt. Aber kein Tiger taucht dort auf. Während des Wartens am Wasserloch beobachten wir wieder Pfaue, Hirsche und im Wald hinter uns viele Hanuman-Languren die in den Bäumen umher klettern.



Wir drehen noch eine kleine Runde über einen Hügel. Aber erfolglos. Eine staubige Rückfahrt im Konvoi der Jeeps folgt.
Nach dem Abendessen ziehen sich alle bald zurück. Die Müdigkeit fordert langsam ihren Tribut.
Letzte Änderung: 09 Dez 2018 19:27 von CrocV.
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07 Dez 2018 17:14 #541854
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20.05.2018 Tigerfieber
Eine Mitreisende hat Geburtstag. Zum Kaffee am Morgen gibt es einen Kuchen mit Kerzen und kleine Geschenke. Dann geht es wieder raus mit den Jeeps. Heute ist es kühler als an den vorangegangenen Tagen. Das tut gut. Dies merken auch die Tiere und sind deutlich aktiver. Direkt nach dem Gate kommen uns drei Schakale entgegen und überqueren hinter uns die Straße. Dabei hatte ich meine Foto noch gar nicht bereit. Unser Fahrer findet am Boden eine schlafende Dschungelnachtschwalbe.



Diese nachtaktiven Vögel lassen sich tagsüber mitten im Gelände nieder, um zu schlafen. Leider oft auch auf Straßen.... Als wir nach einiger Fahrt aus dem Wald auf eine große grasbedeckte Ebene kommen, sehen wir eine große Herde Gaur. Wir postieren uns nahe bei ihnen und beobachten diese schönen Wildrinder beim Grasen.



Auf einem Erdhügel daneben sitzt ein Rabe. Und neben dem Erdhügel erkennt unsere Mitreisende eine Bewegung. Bei näherem Hinweise entdecken wir dort einen indischen Mungo, der Insekten fängt. Immer wieder wuselt er im Gras umher und richtet sich kurz auf, um die Umgebung zu sondieren. Währenddessen nähern sich die grasenden Gaur langsam der Piste. Irgendwann läuft die Leitkuh los und uns wird klar, die ganze Herde wird direkt vor uns die Piste überqueren. Es ist sehr eindrucksvoll, diese kraftvollen Tiere nach und nach samt Jungtieren vorbeiziehen zu sehen. Zwei große Bullen bilden den Abschluss und bleiben nicht weit von der Piste entfernt stehen. Als wollten sie die Herde gegen uns abschirmen.



Wir erfahren, das an einem Wasserloch eine Tigerin liegt. Wieder fahren wir eine weite Strecke. Um die Tigerin nicht zu verpassen, lassen wir unterwegs sogar die selteneren Hirschziegenantilopen die etwas weiter entfernt im Gelände stehen, außer acht. Nur ein schneller Blick und ein Foto im Vorbeifahren. Das Tigerfieber halt mal wieder......
Die Tigerin hat sich ein schattiges Plätzchen unter einen Baum ausgesucht. Hier liegt sie mit dem Hinterteil im Wasser. Tief und fest schlafend.



Na da hätten wir uns nicht so beeilen müssen. Wir fahren noch an eine andere Stelle hinter dem Liegeplatz der Tigerin und warten einige Zeit. In der Hoffnung, das die zunehmende Hitze die Tigerin vom Wasserloch vertreibt. Und sie hier an uns vorbei läuft. Was sie aber nicht tut. Als wir dann zurück zu den Antilopen fahren, sind diese natürlich schon weiter gezogen. Merke: auf Safari jede Sichtung sofort wahrnehmen. In der Natur ist immer alles in Bewegung. --- Außer tief und fest schlafende Tigerinnen :-)
Wir fahren weiter und steuern einen Platz an, wo alle Fahrzeuge Frühstückspause machen. Denn wir haben diesmal unser Frühstück dabei. In der Ferne in einer Senke mit Wasserloch sehen wir die hier vorkommenden Barasinghahirsche, Auf deutsch auch als Zackenhirsche bezeichnet.
Das Frühstück nehmen wir in einem Gebäude zusammen mit Fahrer und Guide ein. Danach noch kurzes Shopping im Souvenirshop auf dem Gelände. Eine Broschüre mit den Vogelarten wechselt den Besitzer. Ein Kapuzenshirt würde uns auch gefallen. Es ist aber nicht in der richtigen Farbe und Größe vorhanden. Bei der weiteren Pirschfahrt sehen wir neben Hanumanlanguren noch zwei Goldschakale um einem Baum herum.



Aber auch ein Wechselkuckuck und immer wieder die Hanuman-Languren begeistern und immer wieder.







Und auf dem Rückweg ein Wildschwein, das eine Suhle am Wegesrand zur genussvollen Abkühlung nutzt.



Alle Tiere verziehen sich jetzt in den Schatten. Zeit für uns, zur Lodge zurück zu kehren.
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07 Dez 2018 17:26 #541856
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Wald voller Tiger
Mittags wird jetzt auch die Geburtstagstorte vom Morgen gefuttert. Kurz vor der Nachmittagsausfahrt laufen wir noch mit unserem Biologen, Raghu und Adi in das ausgetrocknete Flussbett direkt hinter unserer Lodge und installieren an einem Baum eine Kamerafalle. Wir sehen überall Pfade von Tieren und sind gespannt, was wir hier „einfangen“ werden.
Außerdem ist es interessant, was unser Biologe uns darüber erzählt, wie Kamerafallen in der Wildtierforschung verwendet werden und was da alles zu beachten ist. Für Wildtierzählungen werden z.B. komplette Bereich mit 30-50 Kamerafallen versehen, um ein möglichst vollständiges Bild der in der Gegend anwesenden Tiere zu erhalten. Leider werden den Forschern immer wieder Kamerafallen von Wilderern gestohlen. Die lieben die Dinger gar nicht. Denn längst haben die Kamerafallen auch eine Rolle übernommen im Kampf gegen die Wilddiebe.
Die Nachmittagsausfahrt bringt uns bereits nach kurzer Zeit eine Tigersichtung. Direkt an der Hauptpiste hat sich ein männlicher Tiger in einem Wasserloch niedergelassen, um die Nachmittagshitze im kühlen Nass auszusitzen.



Wir fahren weiter durch das uns bereits bekannte Waldgebiet und erreichen wieder die höher gelegene offene Ebene. Hier im Grasland hoffen wir, die Barasinghahirsche und die Hirschziegenantilopen nochmals zu finden. Aber es kommt anders. Plötzlich Aufregung. Rechts weit im Gelände zwischen Bäumen läuft eine Tigerin mit 4 Jungtieren entlang eines ausgetrockneten Flussbettes.
Wir sehen sie einige Zeit aus der Ferne und fahren dabei immer wieder ein Stück weiter.









In einer Senke vor uns führt eine kleine Brücke über das ausgetrocknete Flussbett. Ein idealer Beobachtungspunkt. Aber leider stehen in der Senke auf und um die Brücke bereits 10-15 Jeeps. Da kommen wir nicht mehr in eine gute Position. Dennoch sollten wir da hin denke ich, um vielleicht doch ein paar Blicke zu erhaschen.
Unser Fahrer bleibt aber weiter oben stehen. Warum, denke ich ? Aber er hat einen listigen Plan, wie uns bald klar werden sollte.
Aus unserer erhöhten Position können wir durch die Bäume die Tigerin mit den Jungtieren lange vor den Jeeps in der Senke immer mal wieder kurz durch den Bewuchs sehen. Natürlich sind wir aufgeregt, deuten auf die Tiere. Versuchen irgendwie durch die Äste ein Foto hin zu bekommen. Die Jeeps unten beobachten unsere Aufregung und etliche Fahrer verlieren die Nerven – und fahren hoch zu uns. In dem Moment ruft unser Fahrer: „Hold on – we move“. Und fährt links halb an der Böschung an all den Jeeps vorbei. Und schon stehen wir mittig auf der Brücke. Zwar nur in der 2. Reihe. Aber so unverschämt wollte unser Fahrer wohl doch nicht sein, sich auch noch auf einen freien Platz in der 1. Reihe zu stellen. Ein Bravourstück ! Wir sollten noch ein weiteres Mal bemerken, wir vorausschauend unser Fahrer plant.
Aber jetzt warten wir gespannt, das die Tiger aus dem Buschwerk im Flussbett auftauchen. Und dann ist es soweit. Zunächst taucht die Tigerin auf und dann nach und nach die 4 Jungtiere. Sie laufen genau auf uns zu.





Ihr Ziel ist ein kleines Wasserloch direkt unter der Brücke. Genau darüber stehen wir mit unserem Jeep ! Es ist unglaublich. Sowohl die Mutter wie auch die Jungtiere schauen immer wieder zu uns hoch. Vor allem die Jungtiere schauen uns mit einer Mischung aus Neugier und Scheu an. Sie kennen diese komischen Geschöpfe in den Blechkisten noch nicht so gut. Immer wieder hört man ihr unsicheres Maunzen in Richtung der Mutter.







Die Mutter bleibt aber ruhig und so marschieren auch die Jungtiere nach dem Saufen am Wasserloch mit neuem Selbstvertrauen die Böschung aus dem Flussbett hoch und überqueren die Piste vor uns.





Im Waldstück links von uns „wimmelt“ es jetzt vor quirligen Tigerjungen. Sie laufen kreuz und quer durch den Unterwuchs um die wartende Mutter umher.





Als diese sicher ist, das alle vollzählig die Piste überquert haben, marschiert die Familie weiter in den Wald hinein. Alle Insassen der Fahrzeuge sind sprachlos. Eine Stille und Ruhe liegt über der Senke. Wir blicken uns an und können kaum fassen was wir eben hautnah erlebt haben.
Erst nach einigen Minuten löst sich diese atemlose Anspannung und wir reden aufgeregt über das soeben erlebte. Alle strahlen und sind glücklich. Nach dieser langen Sichtung wird es Zeit zur Rückfahrt. An der Lodge angekommen ist das Erlebte immer noch Thema Nummer 1. Unser Fahrer hat sein Handy an den Fahrer des Jeeps in der 1. Reihe weitergereicht. Dieser hat es bei laufender Handykamera über den Rand der Brücke gehalten. Auf dem Film sehen wir, was von der Brücke nicht einsehbar war: Die Tigerin mit den 4 Jungtieren beim Trinken am Wasserloch. Toll. In der Unterhaltung erfahre ich, das unser Fahrer bereits seit 20 Jahren Touristen durch den Park fährt. Er ist im Park aufgewachsen, denn sein Vater hat dort 40 Jahre als Mahoud gearbeitet, bevor er letztes Jahr in Rente gegangen ist. Wieder mal wird uns klar, welch handverlesenen Fahrer uns hier Raghu und Adi von India Nature Trails ausgesucht haben.
Nach dem Duschen gehen wir zum Abendessen – oder besser gesagt, wir werden zum Abendessen gefahren. Denn die Überraschungen seitens der Lodge sind noch nicht zu Ende. Jeeps stehen für uns bereit und schon fahren wir durch die Dunkelheit. Es geht einige Minuten um das Gelände der Lodge herum. Hier in der Natur hinter der Lodge haben fleißige Helfer ein Lager extra für unser Abendessen aufgebaut. In zwei gegenüberliegenden Halbkreisen stehen Stühle für uns bereit. Vor jedem Stuhl ein kleines hockerähnliches Tischchen. Beleuchtet wird alles von Öllampen und Kerzenschein. Gekühlte Getränke werden uns gereicht. Und dann bekommen wir nach und nach immer neue kleine Köstlichkeiten auf unsere Teller serviert. Gemüse, Fleisch, Fisch, etc.. Alles sehr lecker. Als ich bereits recht satt bin, wird mir klar: Das waren nur die Vorspeisen, denn jetzt wird das Hauptbuffet eröffnet ! Während wir essen, unterhalten uns weitere Gäste: Die Baiga Dancer. Die Baiga sind eine Volksgruppe der Region. Sie haben bis in jüngste Zeit fern der modernen Welt gelebt und dabei abends regelmäßig zur eigenen Unterhaltung kunstvolle Lieder gesungen, begleitet von Trommeln und Tänzen. Dieses Können führt diese Gruppe uns nun vor. Eine tolle Atmosphäre. Wir sitzen im Dunkeln, erleuchtet nur durch Kerzenschein und in der Mitte unserer beiden Halbkreise sitzen die Musiker und spielen für uns. Als dann noch die Tänzer und Tänzerinnen dazu kommen ist das Bild perfekt. Zum Abschluss holen uns die Tänzer nach und nach alle in den Kreis und so tanzen wir zusammen um die sitzenden Musiker, die den Rhythmus unseres Tanzes vorgeben: Mal schneller, mal langsamer, aber immer mitreisend. Auch die Mitglieder dieser Gruppe kennt Raghu persönlich. Zum Abschluss gibt es noch eine weitere große Geburtstagstorte im Stile einer Schwarzwälder Kirschtorte ! Der Abend könnte noch ewig so weiter gehen, aber bei uns fordert das tägliche frühe Aufstehen langsam seinen Tribut. Weit nach 23 Uhr liegen wir in unseren Betten und schlafen mit den Eindrücken des Tages ein.
Letzte Änderung: 07 Dez 2018 17:31 von CrocV.
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07 Dez 2018 17:43 #541857
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21.05.2018 Auf der Lauer und stürmische Gewitter
Es wird wieder ein kurzer Schlaf. Um 3:45 Uhr klingelt der Wecker, denn wir machen unsere Morgensafari in einem etwas weiter entfernten Sektor. Schon beim Aufstehen bemerken wir, wie schwül es heute ist. Der Tag beginnt ruhig. Wir sehen einige weibliche Barasinghahirsche im fahlen Morgenlicht. Dann lange Zeit nichts. Auch die Tiere bemerken die Schwüle und reduzieren ihre Aktivitäten auf ein Minimum. Wir durchqueren in einem Waldstück einen ausgetrockneten Bachlauf.



Danach geht es steil bergan und sofort wieder steil bergab. Hier trifft der Weg erneut auf den ausgetrockneten Bachlauf. Als wir oben auf der Höhe sind, plötzlich Warnrufe. Ein Tiger läuft im Bachlauf ! Unsichtbar für uns. Wir fahren erst auf die eine Seite zum ausgetrockneten Bachlauf, dann über den Berg wieder zum anderen Ende. Weitere Jeeps kommen dazu. Weitere Alarmrufe. Die Guides wissen: Im nicht einsehbaren Verlauf des Bachlaufes gibt es noch eine Stelle mit Wasser. Dort liegt der Tiger jetzt. Wir können ihn nicht sehen. Aber wir können die Reaktion der anderen Tiere auf die Anwesenheit des Tigers beobachten.
Sambar- und Axishirsche geben Warnrufe und starren Richtung Tiger. Eine kleine Gruppe Gaur-Rinder mit Jungtieren möchte zum Wasser. Bleibt aber stehen und rückt nach und nach immer wieder vorsichtig einige Meter vor. Immer den Blick auf den für uns unsichtbaren Tiger gerichtet. Werden die großen Gaur den Tiger vom Wasser verdrängen ? Wir stehen lange Zeit mit ausgeschalteten Motor im Bachlauf und warten. Vögel lassen sich in der Nähe auf Ästen nieder, Schmetterlinge umschwirren uns. Wir nehmen die Geräusche des Waldes wahr. Nach einiger Zeit kommt Bewegung in die Situation. Über den Hang flüchten die Axishirsche nach oben. Der Tiger läuft wohl los. Unsere Spannung steigt. Aber um die Biegung im ausgetrockneten Bachlauf kommen – zwei Mitarbeiter des Nationalparks mit Äxten. Ja, der Tiger liegt am Wasser berichten die beiden. Als sie dort auftauchten, ist er kurz aufgestanden und einige Meter zurück gewichen, hat sich dann aber wieder an Ort und Stelle niedergelassen. Letztlich bleibt der Tiger also für uns unsichtbar. Dennoch war es ein eindrucksvoller Vormittag.
Bei all unseren Ausfahrten freuen wir uns immer wieder, die farbenprächtige Hinduracke zu erspähen. Umso mehr als uns ein Guide erzählt, das die Hinduracke von der Landbevölkerung als Inkarnation von Shiva verehrt wird. Der Anblick dieses Vogels soll Glück für den ganzen Tag bringen. Gut, das wir auch an diesem Morgen schon die Hinduracke beobachtet haben und das Glück uns somit an diesem Nachmittag hold ist.
Denn die Schwüle des Tages entlädt sich kurz vor unserer Nachmittagsausfahrt zunächst in einem kräftigen Regenschauer. Vor unserem Zeltbungalow stand schon die ganze Zeit ein Regenschirm bereit. Jetzt nutzen wir diesen, um trocken zur Rezeption zu kommen. Als die Jeeps kommen, hat es bereits wieder aufgehört zu regnen. Am Gate müssen wir wie immer warten, bis der Fahrer mit unseren Reisepässen die Registrierung vorgenommen hat. Während dieser Zeit fegen plötzlich heftige Sturmböen durch die Bäume. Der Sturm dauert kaum 15 Minuten, aber als kurz danach das Gate geöffnet wird und wir in den Nationalpark einfahren, sehen wir überall abgebrochene Zweige und auch dicke Äste mit viel Blattwerk auf den Pisten liegen. Am Gate hat uns zum Glück nur der Ausläufer des Sturmes gestreift. Je weiter wir in den Park fahren, umso deutlicher werden die Spuren der Sturmböen. Über teils große abgebrochene Äste und umgestürzte kleinere Bäume fahren wir mit unserem Jeep. Die Tiere haben des aufziehende Unwetter wohl gespürt und sich tief in sichere Bereiche des Waldes zurück gezogen.



Nach einiger Zeit müssen unser Fahrer und der Guide einen weiteren umgestürzten Baum beiseite räumen, der zu groß ist um mit dem Jeep darüber zu fahren. Aber dann ist irgendwann Schluss. Ein richtig dicker, sehr langer Baum liegt quer über die Straße. Hier kommen wir ohne Hilfe nicht durch. Wir drehen um und fahren zurück. Nach einiger Zeit kommt uns ein Arbeiter auf dem Fahrrad entgegen. Wir stoppen, unser Fahrer lädt den Arbeiter samt seiner Axt ein. Das Rad bleibt zurück. An der Blockade hakt der Arbeiter stöhnend und ächzend vor Anstrengung wie wild in wenigen Minuten (!) den Weg durch das harte Holz des Salbaumes für uns frei. Hier wird die Hierarchie ganz deutlich: Der Fahrer hat die ganze Zeit knappe, klare Anweisungen gegeben, der Arbeiter schuftet hart und unglaublich schnell und der Guide räumt die abgehackten Teile des Baumes beiseite. Und jetzt kann der Arbeiter zu Fuß zu seinem zurück gelassenen Fahrrad laufen, während wir weiterfahren.
Die weitere Ausfahrt bringt bei diesem Wetter wenig Sichtungen. Lediglich einige männliche Barasingha-Hirsche sehen wir nach langer Fahrt im Dämmerlicht. Immer wieder türmen sich um uns herum dunkle Wolken auf und wir hören es donnern. Zum Glück kommen wir ohne weiteren Sturm aus dem Wald zurück. Uns ist bewusst, was für ein Glück wir hatten, das der Sturm wenige Minuten vor unserer Einfahrt in den Park getobt hat. Nicht auszudenken, wenn wir angesichts der herab gestürzten Äste und der umgestürzten Bäume bereits zum Zeitpunkt des Sturms im Park unten den Bäumen unterwegs gewesen wären. In unserem offenen Jeep ohne Dach. Kurz vor dem Gate wird es dann doch wieder sehr dunkel und fast augenblicklich beginnt ein heftiger Regenguss. Wir schlüpfen schnell in unseren Festivalcaps und bleiben trocken. Und hier zeigt sich wieder, wie vorausschauend unser Fahrer Amadit ist. Während alle anderen offenen Jeeps mit ihren Gästen im Regen weiterfahren, springen er und der Guide aus dem Wagen, ziehen die bereits zu Beginn der Ausfahrt bereit gelegte Abdeckung unten den hinteren Sitzen hervor und in wenigen Sekunden ist der Jeep geschlossen. Trocken fahren wir aus dem Gate zur Abmeldung, wo die anderen Jeeps mit ihren pudelnassen Gästen stehen. Zurück an der Lodge bringen wir schnell unsere Sachen in unseren Zeltbungalow und schon geht es mit anderen Fahrzeugen wieder los. Heute abend sind wir bei einem alten Freund von Raghu eingeladen, der mit seiner Familie in einen nahe liegenden Dorf wohnt. Nahe liegendes Dorf heißt in dem Fall, das wir etwa eine halbe Stunde auf einer mit tiefen Löchern übersäten Naturpiste durch die stockdunkle Nacht fahren. Ab und zu tauchen einzelne Häuser und Menschen auf. Einmal stoppt der Jeep vor uns. Raghu hat eine indische Schmucknatter am Wegesrand entdeckt. Wir sehen deutlich, wie das Reptil sich im Schein der Lampe im Gras bewegt und sich letztlich halb aufrichtet. Da lassen wir das Tier in Ruhe und fahren weiter. Wir erreichen das Dorf und das Anwesen des Freundes. Er gehört zur Minderheit der Gond, die hier in der Gegend zusammen mit den Baiga leben. Bei den Gond sind die Frauen Herrinnen über Haus und Hof. Am Eingang des Gehöftes sind drei rote Handabdrücke auf der weiß getünchten Lehmwand zu sehen: Ein Handabdruck jeder der drei hier lebenden erwachsenen Frauen. Nach einem schmalen, langen Durchgang erreichen wir den Innenhof. Rechts geht es ins Haus, links in ein Nebengebäude mit der „Sommerküche“. Wir ziehen unsere Schuhe aus und der Hausherr zeigt uns die einzelnen Räume. Das Haus ist komplett aus einem Lehm-Gemisch gebaut. Im Innern herrscht somit eine relativ konstante Temperatur, egal ob es draußen heiß oder kalt ist. Wir sehen die Regenzeitküche mit der alten Kochstelle am Boden und daneben den modernen Gasherd. Wohn- und Schlafzimmer folgen.

Ein schönes, gepflegtes Haus. Wieder im Innenhof werden wir ins Nebengebäude gebeten, wo die Frauen unser Abendessen an mehreren Kochstellen am Boden kochen. Sie erklären uns die einzelnen Gerichte und Zutaten. Im gesamten Innenhof sind Stühle, Bänke und Tische für uns aufgebaut. Sogar ein Klimagerät hat der Hausherr herangeschafft. Wir sind durch die Tage auf Safari aber mittlerweile schon so akklimatisiert, das wir ihn bitten, das Gerät auszuschalten. Nun sitzen wir zusammen und bekommen die gesamte Familie vorgestellt. Und natürlich sind auch etliche Kinder aus der Nachbarschaft da. Der Großvater ist über sechzig Jahre alt und freut sich sichtlich über unseren Besuch. Um so mehr als wir auch noch reges Interesse am selbst gebrannten Mahuaschnaps bekunden. Der Hausherr, sein Sohn will uns eine seiner Flaschen holen, wird aber sofort von seinem Vater zurückgerufen. Nichts da. Die fremden Gästen sollen nur den besten Mahuaschnaps bekommen – und den macht natürlich er und nicht sein Sohn. Und schon verschwindet der alte Mann im Dunkeln. Als er zurückkommt, stehen schon Gläser auf dem Tisch. Keine Schnapsgläschen, sondern Wassergläser. Und dieser werden nun gut halb gefüllt. Wir sind schon sehr neugierig, haben uns die Guides bei den Ausfahrten doch immer wieder den indischen Butterbaum (Madhuca longifolia), landläufig als Mahua-Baum bezeichnet, gezeigt und uns erzählt, das die Einheimischen aus den Blüten Schnaps herstellen. Jetzt steht dieser Schnaps vor uns. Ein erster Schluck lässt uns die milde Fruchtigkeit schmecken. Schmeckt eher wie ein Likör. Aber im Abgang kommt dann doch noch die typische Schärfe eines Schnapses. Lecker. Jetzt wird das Essen aufgebaut. Alles schmeckt sehr gut. Es wurde versucht, sehr mild zu kochen. Meine Frau und ich essen gerne scharf und so ist die Schärfe für uns genau richtig. Aber für einige andere ist es teils schon etwas zu scharf. Nach dem guten Essen ist jetzt für unseren Großvater Zeit für eine genussvolle Zigarette. Auch das haben wir von unseren Guides gelernt. Aus den getrockneten Blättern des Tendu-Baumes drehen die Einheimischen Zigaretten. Genau solche holt er jetzt hervor und fragt ob jemand auch eine haben möchte. Das lassen sich meine Frau und eine weitere Raucherin in unserer Gruppe nicht zweimal sagen. Blitzschnell sitzen sie neben bzw. zu Füßen des Großvaters und lassen sich eine dieser Zigaretten mit seinen Zündhölzern anzünden. Dann rauchen die drei selig grinsend ihr Zigarettchen. Der Großvater ist glücklich. Unsere Raucherinnen geben ihm im Gegenzug auch eine ihrer Zigaretten sowie ein Feuerzeug, das er nach kurzer Erklärung der Funktionsweise auch stolz in Gang setzen kann. Ein Stromausfall sorgt dafür, das wir an diesem milden Abend zusammen bei Mondlicht im Hof sitzen. Der Großvater ist ein Schelm. Grinsend greift er hinter sich und holt eine weitere Flasche Schnaps hervor. Leider können wir diese jetzt nicht mehr hier trinken. Aber wir nehmen sie gerne mit. Denn jetzt müssen wir langsam aufbrechen. Sind unsere Nächte doch sehr kurz auf dieser Reise. Es ist schon wieder weit nach 22 Uhr und die Rückfahrt wartet ja auch noch auf uns. Und um 4 Uhr ist die Nacht wieder um. Obwohl – eigentlich könnten wir morgen mal ausschlafen. Frühstück ist erst um 7:30 Uhr, da wir morgen früh eine relativ kurze Transferfahrt zum nächsten Park vor uns haben.
Aber Raghu hat uns angeboten, morgen mit ihm bei Sonnenaufgang eine kleine Naturwanderung mit Vogelbeobachtung und dem Lesen von Tierspuren zu machen. Und wenn man schon mal die Gelegenheit hat, mit einem Naturkundler mit solch einem umfangreichen Wissen los zu ziehen – na klar, das Angebot nehmen wir gerne an.
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