17.05.2018 Erste Safaris im Bandhavgarh N.P.
Unser Tagesablauf wird ab jetzt jeden Tag in etwa so aussehen: 4 Uhr aufstehen, 4:30 Uhr Kaffee + Kekse, 5:00 Ausfahrt mit den Jeeps, 11:00 Rückkehr. Dann Frühstück und Siesta bis zum Mittagessen 14:00 Uhr, Ausfahrt um 15:30 Uhr, Rückkehr um 19:00 Uhr, Abendessen 20:00 Uhr.
Wobei da abends einige Bewegung rein kommen sollte. Werden wir doch begleitet von den Inhabern der indischen Agentur India Nature Trails. Raghu stellt sich als bekannten Naturkundler und Fotograf heraus, der unter anderem lange in Kanha gearbeitet hat und Adi ist ein prämierter Naturfotograf. Das alles erfahren wir aber erst nach und nach in den nächsten Tagen. Unser Abendprogramm sollte jedenfalls aufgrund dieser illustren Begleiter um einiges bereichert werden.
Bei der ersten Ausfahrt sichten wir in der ersten Stunde zunächst Vögel, südliche Hanuman-Languren, Mungos, Gaur, Storch, Sunda-Marabu, eine Hindu-Halsbandeule in einer Baumhöhle und indische Palmenhörnchen. Teils ist noch zu dunkel für Fotos...
Dann erreichen wir eine Ansammlung von Jeeps am Rande des Parks.
Außerhalb der Begrenzungsmauer des N.P. Soll im Unterholz eine Tigerin liegen. Nach einigem Suchen entdecken wir tatsächlich schemenhaft das Tier. Wir warten einige Zeit, überlegen schon, ob wir wohl weiterfahren sollen, als die Tigerin aufsteht und los läuft. Zunächst parallel zu Mauer und Piste. Begleitet von einer Anzahl Jeeps. Dann nähert sie sich langsam immer weiter der Piste. Plötzlich springt sie wenige Meter entfernt auf einen umgestürzten Baum und brüllt unsere Fahrzeuge an. Mehrmals, in einer unglaublichen Lautstärke ! Wow. Die Fahrer haben verstanden. Die Tigerin will zurück in den Park und die Straße überqueren. Nach kurzen Zurufen zwischen den Fahrern weichen die Jeeps in beide Richtungen zurück und eine größere Gasse wird freigemacht. Die Tigerin läuft einige Zeit weiter. Die Gasse wandert mit. Dann ist es soweit: Die Tigerin springt über die Mauer und ist für uns erstmals offen zu sehen.
Sie läuft einige Zeit im gegenüberliegenden Unterholz parallel zur Piste. Dreht dabei mehrfach uns. Die Jeeps wenden alle ebenfalls immer wieder auf der sehr engen Piste. Jeweils hektisches Rangieren. Jeep-Ballet eben…. und die Tigerin ist die Choreografin.
Nach einiger Zeit entfernt sie sich immer weiter und verschwindet langsam im Unterholz.
Wir fahren ein Stück weiter und sehen einen Elefanten im Wald. Erst unser Fahrer und der Guide zeigen uns neben dem zahmen Elefanten mit den Safarigästen den Tiger, der dort auf einem umgestürzten Baumstamm liegt.
Nach und nach entdecken wir durch unseren Fahrer zwischen den Bäumen noch 2 weitere junge Tiger liegen. Es handelt sich um die drei Jungen der Tigerin, die wir eben gesehen haben.
Anscheinend ist sie auf dem Weg zu ihnen. Viele Fahrzeuge sind jetzt um uns herum. Die Mutter kommt jetzt auch. Der Elefant pendelt regelmäßig zwischen den Tigern und den Jeeps. Setzt dort seine Gäste auf den Jeeps ab, nimmt neue auf und nährt sich immer wieder den Tigern sehr, sehr nahe. 2-3 Meter. Die Tiger reagieren immer wieder auf den nahen Elefanten. Uns gefällt das nicht so. Der Abstand erscheint uns zu gering. Außerdem haben wir den Eindruck, das der Elefant mit jeder neuen Tour noch einen Tick näher an die Tiger getrieben wird. Damit die Tiger aufschauen, veranlasst der Mahoud anscheinend auch immer mal wieder den Elefanten, einen Strauch zu schütteln. Die erste von zwei unschönen Situationen auf dieser Reise. Die Gäste in den Jeeps, davon viele Inder (es sind Ferien) mit Kindern verhalten sich dagegen sehr ruhig. Nach einiger Zeit reicht es uns. Wir fahren weiter. Genießen die Ruhe im Sektor, da alle Jeeps bei den Tigern sind.
Wir beobachten intensiv das Familienleben der Hanuman-Languren, die zur Zeit viele Babys haben.
Auch Axishirsche und Vögel können wir jetzt in aller Ruhe genießen. Es geht jetzt eine felsige Piste hoch auf einen Felsrücken. Hier bemerken wir die aufziehende Hitze. Nach langer Fahrt manövrieren unsere Guides den Jeep an eine Felskante. Unter uns ein kleiner Canyon, mit einem Bach. Hmm, sollen wir hier die Aussicht auf die Landschaft bewundern ? Warum dann aber so aufwändig milimetergenau an die Felskante ran manövrieren ?
Da sagt unser Fahrer ganz trocken mit einem verschmitzten Lächeln: „Und, seht ihr den Tiger ? Schaut in den kleinen Canyon. An der Engstelle ist ein Loch. Schaut da durch. Da liegt der Tiger.“ Aaah. Alle sehen den Tiger. Ich sehe nur Steine, wenn ich durch das Loch schaue.
Einige Beschreibungsversuche später nimmt mich unser junger Guide am Arm, führt mich auf das hintere Trittbrett des Jeep. „Setz dich da drauf.“ Durch die veränderte Perspektive verarbeitet mein Hirn das Bild neu. Und tatsächlich. Jetzt sehe ich den Tiger klar und deutlich !
Unglaublich, wie gut zum einen die Tarnung des Tieres wirkt. Und welche Streiche uns unser Gehirn manchmal spielt. Ich hatte die ganz Zeit genau den Tiger angeschaut. Aber mein Hirn hat aus früheren Erfahrungen in der Felsklamm einfach Geröll erwartet – und mir Geröll gezeigt.
Jetzt endlich genießen wir ALLE den Anblick des Tigers, der ungestört seine Siesta an seinem kühlen, schattigen Plätzchen macht. Ein sehr schöner Abschluss des Vormittags.