THEMA: WIE VIEL NATÜRLICHKEIT GEHT IN NPs und GRs?
06 Sep 2018 13:26 #531849
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  • loser am 06 Sep 2018 13:26
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Hier
www.namibia-forum.ch...wildert.html?start=0
gibt es die Feststellung, am Beispiel der Elefanten, dass bei intakten Wanderrouten ein Eingreifen zur Bestandskontrolle nicht nötig wäre, Vorschläge zur praktischen Durchführung in unserer dicht besiedelten Welt werden nicht gegeben.
ME betrifft das nicht nur das wegen Wilderns und stellenweisen Überbestands aktuelle Thema bei Elefanten, sondern grundsätzlich und generell die Frage wie Schutzgebiete in einer immer dichter besiedelten Welt erhalten werden können und zu „managen“ sind. Wie viel Natürlichkeit ist noch vorhanden, möglich und was wäre, wenn man die ursprüngliche wiederherstellte, wenn es überhaupt noch ginge?

Die Diskussion und Argumente in dem o.a. Thema sind so alt wie NPs und GRs und haben mE oft quasireligiöse Merkmale, wohl ein Grund, warum es keine Einigung auf rationaler Ebene geben wird. Wer Glauben hat braucht keine Argumente. Vieles was hier als Erkenntnisse und Anregungen einer „neuen Ethik“ im Naturschutz doziert wird, wurde fast wortgleich schon vor Jahrzehnten genauso argumentiert, seit es das Problem der Bestandskontrolle in NPs und GRs als letztes Refugium für Wildtiere gibt. Denn auch dort ist sie manchmal erforderlich, genauso wie bei uns bei Hirsch, Reh und Wildschwein.
Niemanden „gefällt“ das culling, aber es gibt Argumente dafür, dass es das kleinere Übel ist und ethische Argumente dagegen. Die Entscheidung für culling wird jedenfalls von Menschen getroffen, denen Naturschutz unbestreitbar am Herzen liegt. Es gibt auch Ausprägungen von Regulierung, die niemanden auffallen oder stören. Überschusstiere (in Bezug auf Tragfähigkeit) an Jagdfarmen zu verkaufen, ist ein üblicher Vorgang. Würden ein paar hundert Böcke auf ein Mal vor Ort geschossen werden, gäbe es einen shit storm ….und Probleme mit der Beobachtungsqualität für Besucher. Werden die Tiere für den Abschuss auf mehrere Plätze verteilt, wird es akzeptiert. Was macht den Unterschied in der Wahrnehmung, die Menge oder dass ein Gnu oder Bontebock weniger geliebt wird als ein Elefant?
Außerdem bräuchte man außerhalb der Parks kein culling betreiben, dort könnte ja kontrollierte Bejagung für eine Regulierung sorgen, aber das ist auch nicht gewünscht.
Es ist eben ein Dilemma: Wildtiere werden in einem Areal eingesperrt (zu ihrem Schutz und zur Erbauung der Besucher), in dem sie sich davor NIE GANZJÄHRIG in dieser Anzahl aufgehalten haben und folglich mit Wasser versorgt werden müssen, was wiederum zusätzliches Bevölkerungswachstum generiert, so lange das Futter reicht, was vor allem bei Großtieren eben dieses Problemfeld aufmacht. Dort wo es dauerhaft Wasser gibt, ist immer auch die größte Vegetationsvernichtung.
Der Hwange z. B. hat überhaupt kein ganzjähriges natürliches Oberflächenwasser. Das „geniale“ (Forumsspeak) Elefantenkino am Damm ist vollkommen künstlich bzw. durch Pumpen ermöglicht. Dementsprechend drastisch ist die Vegetationsvernichtung im Umkreis der Wasserstellen. Das scheint aber die p.t. Naturliebhaben nicht zu stören, sie wollen einfach nur "Elis" sehen, auf welcher Naturruine sich das abspielt, ist ihnen egal.
Oder die Kalahariparks, wo ein Experiment mit unbestimmtem Ausgang läuft. Die Tiere der Kalahari konnten immer monatelang ohne Oberflächenwasser auskommen. Die Grasfresser decken ihren Flüssigkeitsbedarf mit Tau und aus Biomasse, die Raubtiere aus den Körperflüssigkeiten der Beutetiere. Und wenn das nicht mehr ausreichte, sind sie weggezogen (wohin heute?) oder umgekommen; das war dann die natürliche Bestandsregulierung. In guten Jahren haben sie das dann rasch wieder aufgeholt, keine Art wurde dadurch bedroht. Daher gab es dort NIE ganzjährigen Wildbestand in hoher Dichte. Jetzt gibt es im KTP 70 bis 80 Bohrlöcher um die Tiere im Park und an den Straßen zu halten oder zu verteilen, wenn die Äsung wenig wird aber auch, um den Besuchern ihr „Naturerlebnis“ zu liefern. Die Tränke in „Kielie“ ist ausschließlich dafür da, den Besuchern ihren „Leo“ zu bescheren. Diese brauchten diese Tränke früher nie, haben aber dieses Geschenk der Zivilisation gerne angenommen. Kein Mensch weiß, ob die xxxxten Nachfolgegenerationen der Wildtiere der Kalahari überhaupt noch die Fähigkeit haben, in der Trockenzeit ohne Tränke auszukommen. So viel zur Natürlichkeit und deren Bewahrung......zumal viel zu viel Wasser abgepumpt wird.... und was, wenn dieses weg ist?
Vor 50 Jahren wurde im KNP auch schon „culling“ der Elefanten betrieben, weil es für notwendig erachtet wurde, obwohl der Bestand damals viel kleiner war (ein Argument dafür ist auch die Sicherheit der Besucher), trotzdem konnte man täglich Elefanten beobachten. Wird das Erlebnis wirklich besser, wenn man jetzt die 10fache Zahl sieht und ist das den Preis wert? Vor ca. 45 Jahren habe ich einen Vortrag von Iain Douglas-Hamilton besucht, bei dem dann in der Diskussion mit den Leuten von KNP heiß über culling gestritten wurde. Seither hat sich nichts verändert, es werden immer die gleichen Argumente wiedergekäut, ohne praktikable Vorschläge, wie anders, vorzubringen. Empfängnisverhütung war zu teuer, der KNP müsste einen untragbar hohen Teil seines Budgets dafür aufwenden. Der Transfrontier Park ist gescheitert. Das Maisfeld der Einheimischen ist schon vergeben. Was sonst noch? Es ist (für Laien, die wir sind) müßig darüber zu streiten, ob überhaupt und wie natürliche Geburtenkontrolle durch Anpassung der Fortpflanzungsrate an die Gegebenheiten funktionieren würde/könnte, denn die Elefanten haben das längst entschieden und mit den Füßen abgestimmt: Es gibt heute im südlichen Afrika vieeeel mehr Elefanten und an mehr Plätzen, als vor 50 bis 80 Jahren und sie halten sich dort auf, wo es Wasser gibt….und verdrängen alle anderen Wildtiere (siehe CKGR). Und wenn man das Wasser wegnimmt (siehe jetzige KNP-Strategie) werden viele verdursten….aber das ist natürlich.
So alt ist das alles schon, diese Debatte dreht sich ewig im Kreis…..Lösungsvorschläge? WANDERN LASSEN (Seyko), NA DANN
Werner
Letzte Änderung: 06 Sep 2018 17:17 von loser.
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06 Sep 2018 15:02 #531858
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06 Sep 2018 15:06 #531860
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Hallo Werner,

mit dem Allermeisten deines Aufschriebs gehe ich d´accord, aber man braucht gar nicht so weit bis Afrika zu blicken, um das selbe Elend zu erleben. Man nehme nur den "Edel"hirsch, oder Rothirsch, in heimischen Gefilden, immerhin "unser" grösster einheimischer Pflanzenfresser. Früher lebten diese Tiere sommers auf hochalmenähnlichen Plateaus in den Bergen, um im Winter ins Tiefland zu ziehen und in den Auwäldern der Flüsse auszuharren, bis in den Bergen wieder angenehmere Temperaturen, weniger Schnee, und wieder ausreichend Nahrung zu finden war.
Heute sind die Wanderwege zerschnitten, ausserhalb der zentimetergenau abgegrenzten Rotwildgebiete wird auf jeden Grind sofort Dampf gemacht, da ja rotwildfreie Zone, so der Terminus. Und wo gibt´s noch intakte Auwälder?
Also muss das Rotwild in eigentlich völlig ungeeigneten Gebieten überwintern, was es mit Rindenschälen am Brotbaum der modernen Forstwirtschaft dankt. Also müssen die Bestände weiter schrumpfen, denn geschälte Fichten, das geht gar nicht. Und so ist aus dem ehemals flächig verbreiteten Rotwild ein Insulaner geworden.

Wir schaffen es nicht einmal, diesen ungefährlichen Wiederkäuer ordentlich zu managen, wie sollte das bei so einem potentiell gefährlichen Riesen wie dem Elefant gelingen.
Und man könnte durchaus einfach so weiter machen, etwa mit den nicht mehr zu beherrschenden Wildschweinpopulationen, oder den Stadtfüchsen, oder ....


In einem Punkt muss ich dir leider widersprechen: "Würden ein paar hundert Böcke auf ein Mal vor Ort geschossen werden, gäbe es einen shit storm." Nun, von der Doro Nawas Consevancy weiss ich, dass sie jedes Jahr fünfhundert Springböcke "ernten", für Billtong.
Es gibt jede Menge mehr Conservancies, die ihre eigenen Kontingente haben, aber einen Shitstorm habe ich noch nicht mitbekommen.


Eigentlich wollte ich mich an solchen Diskussionen nicht mehr beteiligen, denn sie bringen allesamt nichts, im Sinne von der Verbesserung der Lage. Denn abgestimmt ist längst, man schaue auf das exponentielle Anwachsen der Weltbevölkerung ( der Menschen, natürlich ).
Ich habe mich komplett in die Rolle des Beobachters zurück gezogen , und freue mich an dem, was noch da ist. Solange es noch da ist.

Viele Grüße,
Matthias
Letzte Änderung: 06 Sep 2018 21:18 von fotomatte.
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06 Sep 2018 15:20 #531862
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Hallo Guido,
Unbestritten ist wohl, dass der Eli der lebt wesentlich mehr Geld einbringt als der der stirbt.
überspitzte Darstellung, die nur aufzeigen soll, dass es alles (wie Du ja auch selber schreibst) sehr komplex ist.: Das was Du schreibst gilt nur bei Betrachtung eines einzelnen Elefanten. Wenn Botswana nun 100.000 seiner 130.000 Elefanten durch Trophäenjäger schießen lässt, würde es dem Land 100.000x60.000 USD = 6 Mrd USD einbringen. Für den Touristen, der sich in den Lodges aufhält, würde die Tötung keinen Unterschied bedeuten. Er hat immer noch die Chance "mehr als genug" Elefanten zu sehen (30.000). Hinzu kommt, dass die lokale Bevölkerung deutlich mehr landwirtschaftliche Produkte ernten kann etc, die ansonsten von der "Über"population zerstört würden, Versicherungen weniger zahlen müssen, da weniger zerstört wird usw. Wenn man ehrlich ist, lebt der Elefant (Löwe, Nashorn) kurzfristig vor allem weil er Geld bringt (oder warum gibt es keinen einzigen Nationalpark weltweit (man möge mich korrigieren!), der einfach nur die seltenen Großtiere schützt und Menschen den Zugang komplett verbietet... eben, weil man das Geld einnehmen will). Die wenigsten schauen - leider - langfristig auf das natürliche Gleichgewicht, um das es eigentlich gehen müsste.

Ich bleibe dabei: In der heutigen Zeit ist ein Miteinander von Wildtier und Mensch nur möglich, wenn der Mensch regulierend eingreift. Mir ist die Tötung von Elefanten durch den Staat allemal lieber, als dass es unkontrolliert von irgendwelchen anderen Personen (Wilderern, aufgebrachten Dorfbewohnerne etc) gemacht wird. Die größte Umsiedlungsaktion von Elefanten jemals, waren 520 Tiere (mashable.com/2017/08...mplete/#3qIbcuoDOmqM). Das wäre für Botswana beispielsweise ein Tropfen auf den heißen Stein. Gegen Überpopulation (von welcher Tierart auch immer) gibt es in Mengen von denen wir sprechen (hunderttausende) keine kurzfristige andere Möglichkeit als die Regulierung (=Tötung).

Viele Grüße
Christian

P.S. Sorry, lese jetzt erst nochmal die Überschrift Deines Threads... und da passt meine Stellungnahme zu einer Deiner Aussagen gar nicht richtig rein.
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Letzte Änderung: 06 Sep 2018 15:27 von travelNAMIBIA. Begründung: sorry
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06 Sep 2018 17:35 #531890
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travelNAMIBIA schrieb:
... Wenn Botswana nun 100.000 seiner 130.000 Elefanten durch Trophäenjäger schießen lässt, ....
dann wäre das, wenn meine Informationen stimmen, 25%-30% des afrikanischen Elefantenbestands. Es wäre ein Drama!
Andererseits können aus meiner Laiensicht die afrikanischen Staaten den Naturschutz und den Artenerhalt gar nicht allein leisten. Und ihnen stellt sich sicher die Frage: für wen wird es gemacht? Solange die Parks ausreichend Geld in die Länder fließen lassen, mag alles gut sein, aber was, wenn es nicht mehr fließt?
Und mit welchen guten Beispielen gehen wir denn voran? Indem wir wegen Kröten, Lurchen, Spinnen und Vögeln Bauvorhaben absagen? Uns ein Loch in den Bauch freuen ( :unsure: ), weil die Wölfe inzwischen fast deutschlandweit vertreten sind? Dummerweise einen psychisch gestörten Problembären nicht frei herumlaufen lassen konnten?
travelNAMIBIA schrieb:
Ich bleibe dabei: In der heutigen Zeit ist ein Miteinander von Wildtier und Mensch nur möglich, wenn der Mensch regulierend eingreift. Mir ist die Tötung von Elefanten durch den Staat allemal lieber, als dass es unkontrolliert von irgendwelchen anderen Personen (Wilderern, aufgebrachten Dorfbewohnerne etc) gemacht wird. Die größte Umsiedlungsaktion von Elefanten jemals, waren 520 Tiere (mashable.com/2017/08...mplete/#3qIbcuoDOmqM). Das wäre für Botswana beispielsweise ein Tropfen auf den heißen Stein. Gegen Überpopulation (von welcher Tierart auch immer) gibt es in Mengen von denen wir sprechen (hunderttausende) keine kurzfristige andere Möglichkeit als die Regulierung (=Tötung).
Sollte Botswana zum Ziel von Elefantenwilderern werden, dann dürfte der Bestand relativ schnell auf artenunfreundliche Weise dezimiert werden. Ich hoffe, dass man das in Botswana zu verhindern weiß.
Was ist eigentlich aus dem KAZA-Projekt geworden? Damit sollte doch der Norden Botswanas entlastet werden und ein wirklich großer Schutzbereich geschaffen werden?

Viele Grüße,
Nenette
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06 Sep 2018 17:42 #531893
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Was ist eigentlich aus dem KAZA-Projekt geworden? Damit sollte doch der Norden Botswanas entlastet werden und ein wirklich großer Schutzbereich geschaffen werden?
Läuft seit Jahren recht erfolgreich. Deshalb hat Angola ja auch auf einmal wieder Elefanten. Was passiert, wenn Namibia wirklich den Veterinärzaun vom jetzigen ort zur Grenze nach Angola verschiebt, wird spannend sein. Mehr dazu erfahren wir Anfang Oktober. Die große Zebrawanderung zwischen Namibia und Botswana ist auch erst seit KAZA wieder möglich (www.worldwildlife.or...ngest-land-migration).

Viele Grüße
Christian
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