Hallo zusammen,
ich habe mir den Film inzwischen gekauft. War übrigens auch über eine Buchhandlung bestellbar. Es muss ja nicht immer Amazon sein ...
Der Film ist auf der einen Seite sehr interessant, aber andererseits auch extrem traurig und zwar aus zwei Gründen.
Die Kultur der Buschmänner besteht seit 20-25.000 Jahren und hat sich in dieser Zeit kaum verändert und war sehr abgeschieden von westlichen Einflüssen. Das Wissen um die Wirkung von Pflanzen als Nahrung, Heilmittel oder Verwendung als Gift zum Präparieren von Pfeilen für die Jagd wurde über viele Generationen weitergegeben. Die Buschmänner kannten Hunderte von Pflanzen und ihre Verwendungsmöglichkeiten und das Wissen wurde über Tausende von Jahren angesammelt. In nur ein bis zwei Generationen wird der Großteil für immer verloren sein.
Wenn ein Buschmann Fieber hat, geht er nun in die Apotheke. Warum sollte der halbe Clan tagelang durch die Wildnis streifen, um die passenden Pflanzen zu suchen, wenn er in einer halben Stunde 'ne Packung Aspirin (mal als Beispiel) kaufen kann?
Was weitergegeben wird, sind wohl nur ein paar Dinge, die für Touristen spannend sind. Feuer machen mit Holz, Bogenschießen, Schmuck basteln, Tanzen ... das wars. Kaum jemand von den Buschmännern, die heute den Touristen vormachen, wie man mit Pfeil und Bogen jagt, würde wahrscheinlich tatsächlich noch einen Springbock erlegen können oder seine Spuren wirklich lesen können. Warum auch? Es ist ja nutzlos geworden, an den Spuren erkennen zu können, ob das Tier verletzt ist und nur langsam voran kommt und erst zehn Minuten zuvor vorbei kam oder ob das bereits vorgestern war. Man darf das Tier nicht mehr jagen. Es reicht aus, den Touristen eine Illusion zu vermitteln.
Das alles mit dem Verlust von Wissen über die Tiere und Pflanzen ist bei uns auch passiert. Hildegard von Bingen (z.B.) hat auch jede Menge Kräuter und deren Wirkung gekannt. Unsere Urgroßeltern haben noch auf dem Feld Kamille, Brennesseln, Huflattich und Spitzwegerich gesammelt. Heutzutage kann kaum noch jemand unter 30 eine Hummel von einer Biene oder einer Wespe unterscheiden und spätestens eine harmlose Schwebfliege wird dann mit einer Wespe verwechselt und sinnlos mit der Fliegenklatsche erschlagen.
Über unsere Pflanzen kann man immerhin noch etwas nachlesen und unter etlichen Millionen Menschen in Deutschland gibt es auch noch welche, die sich damit auskennen. Das Wissen hierzulande geht langsamer verloren.
Die Buschmänner sind nur wenige Tausend und hier wurde (fast) nichts aufgeschrieben. Deren kollektives Wissen ist schneller verloren, als man "oops" sagen kann.
Und was aufgeschrieben wurde, sind die Dinge, die sich kommerziell vermarkten lassen - Teufelskralle, Moringa und Co.
Der zweite Punkt, der mich sehr traurig gemacht hat, ist die Tatsache, dass die Buschleute quasi als Schauspieler agieren müssen, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Man hört im Film an einigen Stellen, dass sie lieber so leben würden wie ihre Vorfahren, aber der Zug ist bereits abgefahren.
Stattdessen kommen Busladungen von Touristen, die ihnen aus zwei Metern Entfernung die Kamera unter die Nase halten und sie wie Zootiere begaffen.
Auf der einen Seite ist das gut, weil sie dadurch Geld verdienen können, aber auf der anderen Seite ist es teilweise auch ziemlich entwürdigend. Ich möchte mein Geld nicht auf diese Art und Weise verdienen müssen. Und deshalb würde ich ein solches "Schaudorf" auch nicht besuchen und mit einer Gruppe schon mal gleich gar nicht..
Warum ich den Film dennoch interessant fand, war vor allem der zweite Teil. Die Sicht der Buschmänner von ihrer Seite auf unsere Gesellschaft und ihre ehrlichen Kommentare über das, was ihnen nicht gefiel, fand ich sehr gut. Und sie haben erkannt, warum wir Touristen so gerne nach Namibia kommen - weil unser Alltag zu stressig, hektisch und laut ist. Weiß eigentlich auch jeder von uns selbst.
Wäre eigentlich irgendwie mal an der Zeit, an unserem Alltag was zu ändern ...
Nachdenkliche Grüße
Wolfgang