THEMA: Hereroaufstand mal von der anderen Seite gesehen ?
16 Nov 2011 20:05 #213450
  • Red71
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  • Red71 am 16 Nov 2011 20:05
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Hallöle,

nach unserer Rückkehr aus Namibia habe ich mir ein paar Bücher besorgt, die uns damals in Swakopmund von unserem Guide empfohlen wurden.

Es geht hauptsächlich um den Hereroaufstand und die Zeit draumherum.

Ich hab jetzt grad das Buch "Wie es am Waterberg zuging" von Else Sonnenberg gelesen. War total spannend zu lesen, obwohl es ja nur ein paar Tagebuchzeilen sind. Hat mich aber absolut fasziniert.

Jetzt les ich grad " der Wahrheit eine Gasse".

Die Frage ist, gibt es irgendeine Literatur, die eventuell auf Berichte der Hereros zurückgreift.Hat vielleicht irgendjemand deren Geschichte aus ihrer Sicht aufgezeichnet.

Falls einer was weiß würde ich mich über ein Buchempfehlung sehr freuen.
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16 Nov 2011 20:17 #213452
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  • peter 08 am 16 Nov 2011 20:17
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Hallo,

spannend und sehr glaubwürdig fand ich "Was Afrika mir gab und nahm" von Margarethe v. Eckenbrecher.

Gruß

Peter
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16 Nov 2011 22:16 #213482
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das Buch hab ich auch schon hier liegen :whistle:
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16 Nov 2011 23:04 #213484
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  • Carsten Möhle am 16 Nov 2011 23:04
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Sehr geehrte Red 71

die beste Aufsatz "aus der Mitte" ist sicher von Brigitte Lau "Ungewisse Gewißheiten"
www.traditionsverban...sse_Gewissheiten.pdf
Ich halte ihn mit zum Erhellendsten, was zum Hereroaufstand geschrieben wurde. Die Dame ist höchst unverdächtig Apologet der Kaisertreuen zu sein.
Im Literaturverzeichnis sind weiterführende Quellen.

Harry Schneider-Waterbergs Buch ist sicher auch eine wichtige Primärquellenforschng.

Von der "anderen Seite" ist ernst zu nehmen mit ein paar frischen Ansichten:
JAN-BART GEWALD, Herero Heroes: a socio-political history of the Herero of Namibia, 1890-1923. Oxford: James Currey, 1999, 320 pp., 40.00 [pounds sterling], ISBN 0 85255 754 X (hard covers), 14.95 [pounds sterling], ISBN 0 85255 749 3 (paperback)
findarticles.com/p/a...s_4_71/ai_n28889564/


Jürgen Zimmerer und Joachim Zeller, die häufig als "Experten" gehandelt werden, sind mit Ihrer Verweigerung der Primärquellenforschung genügend bloßgestellt und erreichen selten akademisches Niveau mit Ihren Arbeiten. Polemiken sind da sicher der richtigere Ausdruck.

Sehr umstritten ist auch der DDR- Author und gelernter DDR-Bürger Horst Drechsler: Aufstände in Südwestafrika. Der Kampf der Herero und Nama 1904 bis 1907 gegen die deutsche Kolonialherrschaft. Dietz, Berlin (DDR) 1984, ISBN 3-320-00417-4.
Er hatte als einer der wenigen Wissenschaftler Zugriff auf Dokumente im Archiv in Potsdam, die er allerdings sehr selektiv ausgewählt hat, wie man heute weiß.

In der Fachwelt ist die Studie von Isabel Hull "Absolute Destruction" "wie eine Bombe eingeschlagen" und ist aus der aktuellen Diskussion über die Schutztruppe nicht wegzudenken.
hsozkult.geschichte....zensionen/2005-2-228

In neuerer Zeit ist Dag Henrichsen zum renomierten Faktenzusammentrager geworden.
Herrschaft und Alltag im vorkoloniealen Zentralnamibia
www.kuiseb-verlag.co....php?products_id=148
und eines seiner frühesten Essays: Das Schwarzkommando
Thomas Pynchon und die Geschichte der Herero
www.aisthesis.de/titel/3895281220.htm

Mit sonnigen Grüßen aus Windhoek
Carsten Möhle
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18 Nov 2011 12:42 #213672
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  • wernerbauer am 18 Nov 2011 12:42
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Sehr geehrter Herr Möhle, danke für die Lesetipps. Vor einigen Jahren habe ich ein (geborgtes) eher militärhistorisch orientiertes Buch über den „Herero-Aufstand“ gelesen, dessen Verfasser und Titel ich damals leider nicht notiert habe. Das Buch basiert hauptsächlich auf der Auswertung militärischer Quellen und von Zeitzeugenberichten. Ich habe es als sehr informativ in Erinnerung, ohne massive Schlagseite, kann das aber als Laie nicht einschätzen. Angeregt durch einen anderen Thread hier im Forum möchte ich das Buch beschaffen, habe viel gegoogelt und beim Militärischen Forschungsamt in Potsdam angefragt. Demnach dürfte es sich um „Sturm über Südwest“ von Walter Nuhn, handeln, siehe
www.namibiana.de/nam...von-walter-nuhn.html
Ich wollte eigentlich gerade bestellen, habe nun zeitgleich hier gelesen wie gut Sie sich auskennen und daher die Frage an Sie, wie Sie dieses Buch einschätzen/beurteilen.
Danke im Voraus und Grüße
Werner Bauer
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19 Nov 2011 08:51 #213771
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  • Carsten Möhle am 16 Nov 2011 23:04
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Sehr geehrter Herr Bauer,

Walter Nuhn gibt im wesentlichen die amtlichen deutschen Generalsstabsberichte ( Großer Generalstab, Kriegsgeschichtliche Abteilung I ( Hrsg.): Die Kämpfe der deutschen Truppen in Südwestafrika. Der Feldzug gegen die Herero, Berlin 1906.) in lesbarer Form wieder. Mit seinen Berichten erhält man schnell ein klares Bild über die zeitlichen Abläufe aus Deutscher Sicht. Ich habe ihn häufig im Nationalarchiv in Windhoek bei Recherchen getroffen, wo er an vielen Dokumente in Sütterlin geforscht hat. Ich habe keine sachlichen Unrichtigkeiten bemerkt. Bei Wertungen hält er sich weitestgehend zurück. Seine weiteren Bücher zum "Hottentottenaufstand" in DSWA "Feind überall" und zum Maji Maji Aufstand - Flammen über Ostafrika sind nach dem gleichen Muster aufgebaut.
Nuhn ist kein Kolonialromantiker und auf Grund seiner Tätigkeit in der Bundeswehrverwaltung mußte er sich bei Wertungen stets zurückhalten.

Häufig wird Gerhard Seyfried´s "Herero" unterschätzt, da er die Romanform gewählt hat. Der Roman basiert auf historischen Fakten und Seyfrieds dreijährigen Recherchen in Bibliotheken und in Namibia vor Ort. Vor allem wertete Seyfried die zu diesem Zeitpunkt noch unveröffentlichten Tagebücher des zum Hereroaufstandes noch formidablen Schutztrupplers Victor Franke aus. Er hat einen eigenen Themenabend bei ARTE über den Hereroabend zusammengstellt. Seine Freunde aus Berliner Häuserkampftagen ( Freakadellen und Bulletten )haben ihm zum Vorwurf gemacht, nicht deutlicher Stellung gegen den Krieg zu nehmen.

Von der Montagetechnik ähnlich wie Uwe Timm´s Bestseller "Morenga" mit realen Dokumenten als Grundlage und literarischem Ausleuchten des "so hätte es sein können". Ich konnte nur einen sachlichen Fehler feststellen: Im Dezember reitet sein alter ego, der Landvermesser Carl Ettmann, den ganzen Tag in Richtung Gobabis und beschwert sich abends über den Sonnenbrand auf der linken Gesichtshälfte. Es hätte die rechte Gesichtshälfte sein müssen.

Mit sonnigen Grüßen aus Windhoek
Carsten Möhle

P.S.: Eine hervorragende Aufstellung über Biographien und Hintergrundinformationen zu Kolonialschriftstellern liefert Werner Tabel, Autoren Südwestafrikas, Göttingen 2007.
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