THEMA: Fahren und Filmen
08 Jan 2009 17:18 #86520
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  • Gforce am 08 Jan 2009 17:18
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Am Morgen machten wir uns an die Frühstückszubereitung. Jogi und Hermann versuchten unterdessen, wie weit jeder der beiden mit seinem Motorrad über die Flussbettkante springen konnte. Der fahrende Sponsor wälzte sich noch in den Federn und der Kameramann war, wie jeden morgen, erst einmal nur von seiner Freundin in ländlichen Lauten ansprechbar.

Nachdem wir gefrühstückt hatten, packte jeder seine Sachen zusammen. Als alles verstaut war und die Motorradler in ihre Schutzkleidung geschlüpft waren, fuhren wir weiter. Zuerst ging es nach Orupembe und von dort weiter in das Hartmannstal. Dort tauchten wir in eine traumhaft schöne Landschaft ein, die uns alle fesselte. Wir sahen Giraffen, Oryx und Strauße. Als wir einmal anhielten, um Filmaufnahmen zu machen, hörten wir ein leises Rauschen. Es wurde lauter. Urplötzlich passierte uns eine enorm große Herde von Springböcken. Die Tiere passierten uns relativ nah und machten, außer dem Rauschen, das von den Hufen kam, kein weiteres Geräusch. Wir standen einfach nur verzückt neben unseren Fahrzeugen und staunten fassungslos. Als das Schauspiel vorbei war, fuhren wir langsam weiter.

Maier Walter lief nun zu Höchstleistung auf. Wieder und wieder mussten die Kradfahrer ähnliche Sequenzen absolvieren. Doch der Kameramann war nie so recht zufrieden. Je näher wir dem Kunene kamen, desto mehr änderte sich die Landschaft. Es sah so ähnlich aus, wie in Sossusvlei. Sand und viele Dünen. Nun endlich war der Kameramann in seinem Element. Er filmte die durch diese Landschaft tobenden Motorräder, so lange, bis den Fahrern die Puste ausging. Sandfahren ist eben ein klein wenig anstrengender, als „nur“ auf einer Schotterpiste fahren.

Da sich der Abend langsam näherte und wir noch einige Kilometer hinter uns bringen mussten, ging es endgültig dem Fluss entgegen. Überraschend mehrten sich die Fahrspuren, so dass es schwer fiel, den richtigen Verlauf zu orten, denn wir fuhren ohne GPS oder Navi, nur nach Karte. Als wir endlich den Kunene sehen konnten, sahen wir sorgenvoll, dass wir ein gutes Stück abwärts zum Fluss fahren mussten. In einem Winkel, der uns nachdenklich stimmte. Als ich zu der Abbruchkante lief und hinunterschaute, dachte ich im ersten Moment, nie fährst du hier runter. Auch die anderen kamen zuerst zu Fuß, um einen Blick in die Tiefe zu werfen. Nach einer kurzen Zeit der Stille sagte Jogi, also Jungs, auf geht´s. Er schwang sich auf sein Bike und fuhr DA runter. Die anderen beiden Motorräder folgten ihm in respektvollem Tempo nach. Ich startete den Motor, sah Brigitte an und nickte nur. Dann fuhr auch ich hinunter. Allerdings immer mit dem Fuß auf dem Gas, damit sich der Landi hinten leicht in den Sand grub. Ich befürchtete sonst, dass er sich auf dem Weg nach unten überschlagen würde. Doch alles ging gut und als dann auch das Kamerateam bei uns unten heil angekommen war, freuten wir uns riesig. Die letzten Meter zum Camp waren dann ein leichter Weg. Dort wartete die kleine Crew schon auf uns. Da wir die einzigen Gäste waren, konnten wir uns auch hier auf einen ungetrübten Abend freuen. Es gab alles, worauf man sich nach einem langen, heißen Tag freut.

Eine Woche vorher, im Februar, trafen wir zum ersten Mal in einem Café in Windhoek auf unsere neuen Gäste. Das waren, Hermann, ein ehemaliger Kollege und Freund, Jogi, Mitarbeiter einer österreichschen Motorradmanufaktur und Freund, der deutsche Sponsor des Reifenmaterials für die Maschinen, und Maier Walter, österreichischer Kameramann, sowie dessen Freundin, die als Hilfskraft für die Kamera fungierte. Dann gab es noch Brigitte und mich. Wir waren als Pfadfinder und Caterer der Gruppe angedacht. Deshalb besprachen die Strecke und die Wünsche der einzelnen Teilnehmer bei einigen Runden Rock Shandy. Wir gingen unsere Aufgaben nochmals detailliert durch und hielten die wichtigsten Punkte fest. Neben der Streckeführung sollten wir uns auch um jeglichen Wunsch der Teilnehmer kümmern. Neu war für uns nur, dass dazu auch die Benzinversorgung der Motorräder gehörte. Dazu musste ich den Dachgepäckträger meines Landis nur geringfügig umbauen. Nachdem alles besprochen war, verabschiedeten wir uns zu einem erneuten Treffen in Palmwag.

Am vereinbarten Tag schnurrten Brigitte und ich in einem schwer bepackten Landi am frühen morgen unserem Treffpunkt entgegen. Der Umbau des Gepäckträgers am Wagen beschränkte sich auf das Einschweißen einer Querstrebe am vorderen Teil. Dadurch war es mir möglich, sieben Reservekanister nebeneinander liegend einzupassen. Wir hatten alles reserviert, dadurch bestand kein Zeitdruck. So konnten wir uns ganz auf die tollen Landschaften konzentrieren und kamen am späten Nachmittag in der Lodge an.

Nach einer netten Begrüßung durch den Manager, setzten wir uns auf die Veranda und genossen einen kühlen Drink. Etwas später liefen die anderen ein und wir beglückwünschten uns zu dem erneuten Treffen. Nachdem alle ihre Unterkünfte bezogen hatten, trafen wir uns wieder und besprachen bei aufgeräumter Stimmung, was bisher passiert war. Unsere Truppe kam von einer Farm in der Nähe von Okahandja, wo sie die ersten Tage Zeit hatten, sich an die Filmaufnahmen und den barschen Ton vom Maier Walter zu gewöhnen. Alle waren mit der bisherigen Arbeit zufrieden. Nur den Kameramann mussten wir etwas bremsen, da er an vermeintlich tollen Landschaften vorbeirauschen musste. Wir gingen früh schlafen, da am nächsten Morgen weitergedreht werden sollte.

Nach einem ausgiebigen Frühstück, fuhren wir in Richtung Norden los. Nun lernten Brigitte und ich den Arbeitstil des Kameramanns kennen. Wieder und wieder ließ er die Motorräder eine ganze Strecke zurückfahren um diese dann im endlosen Auf und Ab der Strecke aufzunehmen. So etwas dauert. Brigitte und ich fingen an zu rechnen, ob und wie wir diese Gruppe in unserem Zeitplan dirigieren könnten. Es war nicht ganz einfach, doch auch ein Maier Walter sah letztendlich den Zeitplan ein. Die Motorradfahrer nickten uns zufrieden zu. Viele spannende Aufnahmen folgten noch, dann kamen wir an die Stelle, wo der Chumib Rivier die D3707 kreuzt. Ab hier folgten wir dem Flusslauf, bis wir nach einigen Kilometern einen prima Rastplatz außerhalb des Flusses fanden.

Während wir das Camp aufbauten, hatten wir die gute Chance, den Bikern zuzuhören. Diese waren richtig erschöpft und machten nur noch schlappe Späße. Als sie anfingen, die Schutzkleidung abzulegen, war deutlich zu erkennen, wie verschwitzt diese war. Als ich unseren Freund Hermann fragte, ob er glaubt, das Namibia das wahre Motorradland sei, schüttelte er bloß den Kopf. Es sei viel zu heiß dafür. Er sei schlussendlich nur hier, weil er dadurch einen kostenlosen Urlaub erhalten habe. Aber den ganzen Tag auf dem Bock, nein, das müsste nicht sein.

Nach einigen kalten (!) Getränken waren wir mit dem Abendmahl bereit und der Schmaus konnte beginnen. Später saßen wir alle noch beisammen und genossen das angenehme Völlegefühl, das wiederum mit kalten Getränken angegangen wurde. Wir plauderten noch ein wenig mit dem Kameramann. Dadurch bekamen wir den Hintergrund der Reise mit. Maier Walter hatte sich von Jogi beschwatzen lassen, diese Reise als Freelancer mitzumachen. Er sollte tolle Aufnahmen machen, das Motorradwerk bezahlte den Aufenthalt und die Flüge, der deutsche Sponsor steuerte das Reifenmaterial dazu und zum Schluss sollte alles, durch die guten Kontakte des Kameramanns zum DSF, dort verkauft werden. So hatte Hermann seinen gratis Urlaub, Jogi ebenfalls, der deutsche Sponsor seinen ersten Namibia Aufenthalt und der Maier Walter war happy, das Namibia kennenlernen konnte und er etwas zu arbeiten hatte. Tatsächlich wurde dieser Film später im DSF ausgestrahlt und bekam so ein enormes Echo bei der ersten Sendung, dass diese zweimal wiederholt wurde. Der Maier Walter versprach uns, je eine Kopie der Ausstrahlung aufzuzeichnen und an uns zu senden.

Nach einem knappen Frühstück fuhren wir am nächsten Morgen mit dem Camp Manager zusammen los. Die drei Motorräder, Maier Walter in seinem Landi und wir mit dem leichten Bakkie des Managers. Wir besuchten erneut das Dünengelände, damit sich der Kameramann einen guten Standort aussuchen konnte. Nachdem er diesen gefunden hatte, schickte er die Fahrer los. Es ging nun hoch her. Den Motorradfahrern machte es anfänglich auch richtig Spaß. Doch bald darauf bemerkten wir eine zunehmende Erschöpfung, je nach Kondition. Der erste, der nicht mehr fahren wollte, war der Sponsor. Da Maier Walter hetzte die anderen beiden gnadenlos weiter. Nach ca. 2,5 Stunden war jedoch Schluss mit dieser Quälerei. Wir machten uns auf den Rückweg. An der Kante hinunter zum Kunene bat mich uns er Fahrer, ich möchte mich bitte auf die hintere Stoßstange stellen, um seinem Fahrzeug mehr Gewicht am hinteren Ende zu geben. Von dort aus konnte ich in aller Deutlichkeit die beeindruckende Abfahrt verfolgen. Brigitte saß derweil mit fest an das Stirnblech gedrückten Beinen auf dem Beifahrersitz. Unten heil angekommen, beglückwünschten wir uns alle.

Nach einem entspannenden Bad im Pool mit anschließender Pause, genossen wir ein prächtiges Mittagessen. Am späteren Nachmittag fuhren wir alle zusammen in dem Bakkie des Camps nach Westen, um uns eine interessante Stelle am Lauf des Flusses anzusehen. Als wir den Wagen verließen, warnte uns der Manager vor eventuell am Ufer sonnenden Krokodilen. Keine 20 Meter weiter flitzten auch schon 2 dieser Exemplare vor uns davon ins das trübe Wasser. Auf einem Felsen sitzend konnten wir aus nächster Nähe den Anblick auf den Grenzfluss genießen, der direkt vor uns eine rechtwinklige Kurve beschrieb, bevor er die letzten Kilometer zum Atlantik zurücklegte.

Am nächsten Morgen brachen wir zur Reise nach Süden auf. Zuerst führte uns der Weg über einen kurzen, felsigen Pass, der nach kurzer Zeit in Sand uns Dünen überging. Die Schwierigkeit lag nun darin, mit genügend Kraft und Schwung über einige der Kämme zu gelangen. Im zweiten Anlauf gelang es auch den beiden Allradwagen, die Motorräder waren längst weg. Über teilweise böse Strecken kamen wir am Nachmittag wieder an der, vom Hinweg bekannten Kreuzung an. In der Nähe suchten wir uns einen passablen Platz für unser Camp. Nachdem alles aufgebaut war und die Stimmung sich der Entspannungsphase annäherte, bestellte der deutsche Sponsor einen G&T. Trotz bester Vorbereitung stellte er damit seine eigene Bestellung in Frage. Er war der einzige – zu unser aller Überraschung – der bei der Erstellung der individuellen Wunschliste ausschließlich Wasser orderte. Nun also Gin und Tonic. Nach einigem hin und her zwischen den Motorradfahrern wurde es richtig laut. Wir zwei hörten uns das Ganze belustigt an. Nachdem sich alle wieder gefangen hatten, bekam er sein Getränk und wir hatten unseren Frieden.

Sehr früh starteten wir weiter nach Süden. Unser Ziel sollte die Spitzkoppe sein. Über die üblichen Wege fuhren wir durch das traumhafte Damaraland. Alles verlief problemlos, bis wir an den Ufern des Ugab Reviers anhielten. Hier floss richtig Wasser. Wir warteten, bis alle zusammen waren und beratschlagten, wer zuerst auf die andere Seite übersetzen sollte. Die Biker sollten starten, dann Brigitte und ich, zum Schluss sollte uns allen der Maier Walter folgen. Das erste Motorrad blieb stecken. Nach vielem hin und her bekamen wir es wieder frei und es gelang zum anderen Ufer. Danach fuhr Jogi die beiden anderen Kräder problemlos hinüber. Nun startete ich und hätte es fast geschafft – fast. Doch da musste vorher jemand anderes steckengeblieben sein und ich fuhr genau da hinein. Während der folgenden Graberei hörte ich ein entferntes Donnern, das verdoppelte meine Anstrengungen, wieder aus dem Schlamm herauszukommen. Mit viel Trockenholz und geraumer Zeit gelang es uns, den Landi sicher an das andere Ufer zu bringen. Unser Kameramann wählte einen anderen, einen besseren Weg und kam völlig problemlos zu uns herüber.

Bevor die Sonne versank hatten wir glücklicherweise unseren Platz an der Spitzkoppe gefunden und unser Camp aufgebaut. Nun gingen wir zum entspannten Teil des Abends über. Bei einem guten Essen, begleitet von etlichen Getränken, besprachen wir nochmals den von uns begleiteten Streckenteil. Die Gästetruppe wollte ab dem nächsten Tag den verbleibenden Rest ihrer Zeit in Namibia allein verbringen. Es stand ja auch nur noch der Weg von der Spitzkoppe nach Wolwedans und von dort zurück nach Windhoek an. Das würden diese Männer ganz alleine schaffen. Wir verabredeten uns für ein Treffen mit einem Abendessen in Windhoek am Abschlussabend.

Einige Wochen später erhielt ich eine Videokassette der fertigen Fernsehfassung. Es war eine gelungene Arbeit und die Erstausstrahlung war der Renner für den kleinen Sender.

ae
;)
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