THEMA: Zweimal Gabun - das erste und das letzte Mal
22 Jun 2012 14:27 #240288
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  • Kiboko am 22 Jun 2012 14:27
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Reisebericht Gabun
nach einer 41-stündigen Rückreise bin ich heute seit 11 Uhr wieder daheim.
Hier kommt ein brühwarmer erster Teil vom Reisebericht!

Die Reisevorbereitung war schon reine Nervensache. Erst spät konnte ich das Visum beantragen. Am Tag vor der Abreise habe ich am Briefkasten den Postbooten aufgelauert. Kurz nach 14 Uhr einen Briefumschlag mit Reisepass und Visum in Empfang nehmen. Somit konnte die gebuchte Reise am nächsten Tag um 04:20 beginnen. :woohoo:

Am Flughafen habe ich mich mit Axel (Licht-Angler) getroffen. Der Flug ging mit „Eier-Franz“ über Paris nach Libreville. Die Sitze in der „Schweineklasse“ der B777 sind eine mittelschwere Katastrophe. Die Bestuhlung ist so eng, dass da fast genauso viele Beförderungsfälle abgewickelt werden können, wie in einen Jumbo. Es gibt keinen Platz für die Beine. Die Sitze sind leicht nach vorn geneigt. Rücken und Po schmerzen. An Schlaf ist nicht zu denken. Ein Gabunese wurde aus Frankreich ausgewiesen und hat trotz zweier Sicherheitsbeamten lautstark die Passagiere unterhalten.

Es waren nur ganz wenige Touristen an Bord. Vermutlich waren wir die einzigen. Alle anderen fahren zum Arbeiten nach Gabun. Vor den unfreundlichen Beamten bei der Einreise wurde eindringlich gewarnt. Er konnte kein Englisch, ich kein Französisch. So stammelte ich etwas von Tourist und Park-Du-National. Da lächelte er und zeigte mit Fingern eine 11. Sollte ich nur 11 Tage Visum erhalten? Ich brauchte doch 15 Tage? Zeichensprache hin und her. Ergebnislose Diskussion mit Händen und Füßen. Axel war an einen anderen Schalter etwas schneller durchgekommen. Inzwischen war ich der letzte in der Halle. Ein Beamter vom Nachbarschalter erklärte mir dann, dass es 11 Nationalparks in Gabun gibt. Alles OK. Ich war in Gabun.

Wir wurden von Paul und Issie, vom der örtlichen Reiseagentur abgeholt und ins Hotel „Orchidee“ gebracht. Dort beichtete Paul uns, dass der Flug am nächsten Tag in den Loango Nationalpark nicht stattfindet. Sie könnten uns aber am nächsten Tag dort hinfahren. Allerdings müssen wir 300 EUR für den Treibstoff bezahlen. Die Kosten für den Wagen und Fahrer übernimmt die Agentur. Zähneknirschend haben wir zugestimmt.
Kann man in Afrika 700 km an einen Tag zurücklegen? Issie und Paul können das. Um 5 Uhr ging es mit einem Affenzahn durch das noch schlafende Libreville. Auf der Teerstraße nach Lambarene kamen wir flott voran. Trotz Geschwindigkeitsbeschränkungen mit 30, 50 oder 70 km/h tanzte die Tachonadel lustig um die 120er Marke und näherte sich nur selten der 100. Dabei wurden wir durchaus noch überholt. Die Straße hat einen sehr geschwungenen Verlauf. In der Ideallinie wurde auch die Gegenfahrbahn intensiv genutzt. Wobei auf die Einsehbarkeit des Straßenverlaufs keine Rücksicht genommen wurde. Aber das macht der Gegenverkehr auch nicht. Danach ging es auf Schotterpiste weiter – mal auf der Piste, manchmal auch etwas daneben. Mal drehten sich die Räder schneller als das Auto. Dann standen sie, während das Auto sich noch bewegte. In den Kurven fuhren wir auch mal eher seitwärts um die Ecken. Löcher in der Piste wurden mutig übersprungen. Ziel der Raserei war es noch vor Feierabend ein Erdölfördergebiet zu durchqueren. Dort ging es kilometerlang an Rohrleitungen, Pumpen und Tankanlagen vorbei. Auf der Piste gab es einen Leopard, ein paar Elefanten zu sehen. Die Wildschweine hätten wir fast überfahren. Die letzten Kilometer wurden im Boot zurückgelegt.

Dann waren wir 3 Nächte in Sette Cama im Loango Nationalpark. Seit 2,5 Monaten sollen keine Gäste dort gewesen sein. Die Hütten waren in einen abgewirtschafteten Zustand. Vom Türgriff über Dusche und Klospülung war alles etwas desolat. Die morgendliche Fußsafari durch Wald und Savanne brachte kaum Fotoergebnisse. Im Abendlicht am Strand entstanden ein paar schöne Bilder von Waldelefanten und Sitatungas. Morgendliche Bootsfahrten brachten ein paar Bilder von Vögeln und nur ganz kurz auftauchenden Hippos. In den Mittagspausen konnten in der Lodge einige Vögel fotografiert werden. Insgesammt war das Wildlife im Luango enttäuschend.

Am Folgetag ging es wieder mit einem Affenzahn 700km zurück nach Libreville. Ein Elefant und ein Ducker sind so schnell vor dem heranrasenden Auto geflüchtet, das davon keine Bilder möglich waren.

Dann ging es für einen Tag in den Pongara Nationalpark. Der liegt gegenüber einer Flussmündung nicht weit von der Hauptstadt entfernt. Das Boot geht aber erst um 9 Uhr. Vor Augen hatte ich einen Touristen-Ausflugskahn, der jeden Tag um 9 Uhr fährt. Weit gefehlt. Es war ein Angler-Speed-Boot mit dickem Außenborder. Paul bestand darauf, dass wir unser komplettes Gepäck mit an Bord nehmen, obwohl wir die nächste Nacht im Zug nach Lope verbringen werden. Mit einem Affenzahn fegte das Boot über die Bucht.
Dabei hüpfte es von Wellenkamm zu Wellenkamm.
Passierte die Anlegestellen der Lodges am anderen Ufer. Dann ging es auf dem Atlantik die Küste entlang. Bucht um Bucht, Lodge um Lodge flogen vorbei. Durch die Gischt und die Schläge des Bootes auf den Wellenkämmen waren Fotos währen der Fahrt unmöglich. Nach gut einer Stunde hielten wir an einer Lodge. Der Kapitän ankerte vor der Küste. Das Boot schaukelte in den Wellen. Dann tauchte von der Lodge her ein Schwimmer mit einem Kinderschlauchboot auf. Darauf lag ein Plastikfass. Ich dachte da an noch nichts Böses. Vielleicht waren wir so eine Art Postschiff wie bei den Hurtigrouten in Norwegen. Das Plastikfass wurde an Bord geholt. Wenig später verschwinden darin Axel's Fotorucksack und meine Fototasche. Schnell packte ich noch meine D300+500er in einen wasserdichten Beutel und dann wurde es ernst. Schwuppdiwupp saßen Axel und ich im Kinderschlauchboot. Das Schlauchboot tanzte wie wild auf den Wellen. Mit den Händen krallte ich mich am Rand fest. Mit den Beinen klammerte ich meine Kamera fest. Der Arsch war schon nass. Die Füße ebenfalls. Das Wasser strudelte
um meine Kamera im Platikbeute. Dann haben uns starke Hände durch die Brandung an Land gezogen. Ein großer Brecher spülte uns an Land. Dann musste das Aussteigen ganz schnell gehen, bevor der nächste Brecher kommt. Danach konnten wir verfolgen, wie die Plastiktonne mit unseren weiteren Fotogeraffel, sowie unsere ungeschützten Wäscherucksäcke ebenfalls auf das kleine Schlauchboot verladen wurden und durch die Brandung an Land gezogen wurden. Beim Gedanken an die Fotoausrüstung bleibt das Herz stehen. Aber irgendwie ist alles gut gegangen.
Im Nationalpark angekommen, ist die Lodge überrascht, das hier zwei Naturfotografen mit großen Tüten kommen, um Tiere zu fotografieren. Sie wurde nur informiert, dass zwei Touristen zum Mittagessen kommen. Schnell wurde ein Guide organisiert und wir haben eine mehrstündige Wanderung.
Im Wald bin ich bis an die Knie im Schlamm versunken ...
... Schuhe und Hose waren sowieso schon nass.
In der Savanne geht es über Rasenbuckelpiste und dann durch
den Tiefsand am Strand entlang.
Die mitgenommenen Getränkevorräte nehmen rapide ab.
Eine Mordsschinderei. Als Belohnung gibt es ein paar Bilder
von einen Bienenfresser, der viel zu weit weg ist.
Gesehen haben wir wenig. Es sind nur wenige Fotos entstanden. Gelohnt hat sich der Aufwand nicht. Das Essen – Languste! – war superlecker und hat die Reise gelohnt. Dafür aber Gepäck und Fotoausrüstung derartige Risiken auszusetzen ist aber irgendwie hirnverbrannt. Warum hat niemand etwas vorher gesagt? Nach dem Essen ging es wieder per Schlauchbootshuttle zurück zum Boot. Diesmal konnten Rucksack und Fotoausrüstung durch einen Zusätzlichen Müllbeutelschutz besser geschützt werden. Beim Transport hat Axel zwei große Brecher abbekommen und wurde dabei durchnässt. Ich hatte etwas mehr Glück und bin glimpflich davongekommen. Das Umsteigen auf ein tanzendes Mini-Schlauchboot in einem ebenfalls tanzenden Boot auf dem Atlantik ist auch eine kitzlige Angelegenheit. Dann haben wir wieder mit hoher Geschwindigkeit die Atlantikwellen durchpflügt und es ging zurück nach Libreville.

Paul bringt uns dann direkt zum Bahnhof. Dort werden zwei Gepäckträger angeheuert, die unsere Rucksäcke mit Plastikfolie einwickeln und beschriften. Die sollten dann auch auf uns aufpassen. Während Paul schnell die Heimreise angetreten hat. Für das Gepäck waren 2400 CFA Transportkosten und nochmal 2000 CFA für die Gepäckträger fällig. Das Hauptgepäck musste dann im Gepäckwagen reisen. Nach mehreren Stunden Warterei, mehrfache Prüfung von Fahrkarte, Pass und Visum durften wir den Wagen erster Klasse besteigen. Der Zug war sehr komfortable. Die Klimaanlage zeigte ihr ganzes Können und so reisten wir in einer rollenden Tiefkühltruhe durch das nächtliche Gabun. Einschlafen durften wir nicht, mussten wir doch am richtigen Bahnhof aussteigen. Dummerweise hält der Zug auch an Stationen, an denen kein Halt vorgesehen ist. Die Lok steht am Bahnhofsgebäude. Dann folgen der Generator- und die Gepäckwagen. Der Wagen erster Klasse steht bereits in der Dunkelheit. Die Bahnhofsnamen sieht man erst, wenn der Zug bereits wieder losgefahren ist. Gegenüber dem Fahrplan hat der Zug auch schon über eine Stunde Verspätung eingefahren. Bei jedem Halt springen wir auf und wollen aussteigen, aber es ist noch nicht Lope. Nach zwei Uhr morgens kommen wir an. Besteigen einen offenen Geländewagen. 4 Weitere Touristen werden noch zu einen anderen Hotel gebracht und gegen 3 Uhr sind wir im Hotel Lope.

Am folgenden Vormittag ist keine Pirschfahrt für uns gebucht. Aber wir können um 07:30 eine Erste Tour durch die Savanne unternehmen. Außer einen Schlammbadenden Büffel in großer Entfernung gibt es aber keine Tiere zu sehen.

Die Nachmittagspirschfahrt soll um 16 Uhr beginnen. Wir müssen uns das Auto mit zwei Französinnen, 3 Chinesen und ihren Privatguide teilen. Um 16:15 geht es endlich los. Dann holt der Fahrerguide noch seinen Guidekumpel ab. Dann geht es zum Gate des Lope Nationalparks. Dort muss sich jeder in ein Buch eintragen. Um 16:40 geht es endlich los. Immerhin sehen wir eine Herde Büffel, ein paar Elefanten, ein Affen und als es schon viel zu dunkel war noch ein paar Büffel. Die Fluchtdistanz ist sehr groß (mehrere 100m). Lange Brennweite, bei einsetzender Dunkelheit mit einer Horde von Leuten im Auto und jede Menge Geschaukel machen das Fotografieren zum Roulettespiel. Dann verliert ein Chinese noch seinen Objektivdeckel. Da wird ein Teil der Strecke rückwärts abgefahren, um blöden Deckel zu suchen :silly:

Fortsetzung folgt.

Gruss Bernd
Äthiopien, Benin, Botswana, Elfenbeinküste, Eritrea, Gabun, Gambia, Ghana, Guinea, Kenia (2x), Madagaskar, Malawi, Marokko, Mauretanien, Namibia, Niger, Ruanda, Sambia, Senegal, Simbabwe (2x), Sudan, Tansania (3x), Togo, Tschad, Uganda (2x)

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22 Jun 2012 14:45 #240292
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  • Jambotessy am 22 Jun 2012 14:45
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Hallo Kiboko,

vielen Dank für deinen Bericht!!!

Gabun ist ja nicht gerade ein typisches "Touristenland" und wurde in früheren Zeiten wohl nicht umsonst "das Grab der Europäer" genannt :) Dir ist es aber doch wohl gelungen ;) und ich freue mich auf die Fortsetzung deines Berichtes.

Grüße Jambotessy
Nur im Vorwärtsgehen gelangt man ans Ende der Reise.
(Sprichwort der Ovambo)

1x Togo + Benin (mit TUI), 1x Ruanda + Zaire ( mit Explorer Reisen), 3x Kenia (in Eigenregie mit dem Bodenzelt), 19 x südl. Afrika (in Eigenregie Namibia, Botswana, Zimbabwe, Sambia, Südafrika/ 17x mit dem Dachzelt und 2x ohne Dachzelt)
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22 Jun 2012 14:59 #240295
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  • janet am 22 Jun 2012 14:59
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Hallo Bernd,

ich lach mich hier grad schlapp wobei ich weiss dass Dir in den Situationen sicher nicht zum Lachen war :woohoo: ... aber so im Nachhinein .... *g* Hach ja, so kaum ferquentierte Reiseziele sind schon was Besonderes *an Sao Tomé denkt* :laugh:

Ich bin auch schon gespannt wie es weitergeht und auf die Pics auch ^^

Grüssle
janet
Reisebericht: 3 Wochen Namibia 2009 - "suchen und finden *g*"

Reisebericht Sao Tomé 2011

Diskutiere niemals mit einem Idioten. Er zieht dich auf sein Niveau herab und schlägt dich dort durch Erfahrung!
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22 Jun 2012 18:53 #240319
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  • kobra2 am 22 Jun 2012 18:53
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Hallo Bernd,

willkommen zurück. Hätte noch Stunden so weiterlesen können..B) So lustig es einem rüberkommt - so bescheiden mag man sich in der Situation fühlen. Willkommen im touristischem Neuland..

Auch wenns nicht immer spaßig zuging, bitte weiterschreiben und ein paar Fotos wären schön.

Gruß und schönen Abend noch :silly:

Uli
Das Leben wird nicht gemessen an der Zahl unserer Atemzüge, sondern an den Orten und Momenten, die uns den Atem rauben.
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22 Jun 2012 19:11 #240321
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  • ANNICK am 22 Jun 2012 19:11
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Hallo Bernd,

Ich lache mich auch kaputt. Ich kann mir die verschiedene Szenen genauestens vorstellen!B)

Freunde von uns arbeiten in Libreville. Wenn sie uns besuchen, erzählen sie uns immer wieder über das Land......:whistle:

Wenn Du nicht viele Tiere abfotografiert hast, gibt es wenigstens einige Kloschüssel???:P

Freue mich schon auf die Fortsetzung und kann mir schon denken was da noch so kommen wird, hihi!!!:silly:

Liebe Grüsse
Annick
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23 Jun 2012 06:31 #240346
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  • baobab2 am 23 Jun 2012 06:31
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Hallo Bernd,

vielen Dank für diesen sehr spannenden Bericht. Ich hoffe, eine Fortsetzung folgt bald. Im Gegensatz zu meinen Vorrednern fand ich das gar nicht komisch, womit ich meine, dass ich eher mitgelitten, als mich amüsiert habe. Dass du aber gleich nach der Rückkehr angefangen hast darüber zu berichten, zeigt wie tief beeindruckt und aufgewühlt du von dem Erlebten bist. Insofern war die Reise eine wichtige Erfahrung und andere Leute, die mutig genug sind, sich in wenig bekannte Gefilde zu begeben, wissen schon mal, worauf sie sich einstellen können.
LG Ina
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