THEMA: Windhoek - Katatura-Rundfahrt
07 Mai 2005 22:55 #4655
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  • BikeAfrica am 07 Mai 2005 22:55
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... hier noch kurz meine bescheidene Meinung ...

Ich selbst war auch schon in Katutura, weil ich wie Joli der Meinung bin, man muß auch die Probleme eines Landes kennenlernen, wenn man ein Land kennenlernen will.

Ich versuche aber auch stets, mich in die Lage der anderen Seite zu versetzen und da käme ich mir vor wie ein Zootier, wenn da eine Reisegruppe vor meine Hütte gekarrt würde und alle wie die Geisteskranken fotografieren. Insofern kann ich Friedels Meinung prima nachvollziehen und für mich kam eine geführte Tour nicht in Frage.

Ich selbst war denn auch alleine und ohne Reisegruppe in Katutura unterwegs und habe zu meiner Überraschung ausgerechnet dort einige der nettesten Menschen kennengelernt, die mir in Namibia begegnet sind und habe mich mit ihnen ganz normal unterhalten können. Wenn ich der Meinung war, mein Gesprächspartner wäre einverstanden, habe ich gefragt, ob ich ein Foto als Erinerung machen darf, bevor ich die Kamera aus einer Plastiktüte herausholte. Die Fotos habe ich im Jahr darauf teilweise bei den abgelichteten Personen persönlich vorbei gebracht und sie haben sich riesig gefreut.

Die Momente und Erlebnisse in Katutura waren für mich sehr wichtig, aber bei einer geführten Tour wäre es nicht vergleichbar gewesen.

Gruß
Wolfgang
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07 Mai 2005 23:40 #4656
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  • BikeAfrica am 07 Mai 2005 22:55
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Wenn ich die Reaktionen auf mein Posting von Fr 06 Mai 2005 23:09 Uhr lese, fürchte ich, ich habe mein Posting etwas zu scharf formuliert. Außerdem ist es natürlich durchaus möglich, dass diese Touren bei den Touristen eher dem Rassismus entgegenwirken. Übrigens kann ich die Angestellte, die in ihrer Blechhütte woht, obwohl sie sich etwas besseres leisten könnte, gut verstehen. Es hat sehr große Vorzüge in einem kleinen Haus in äußeren Loctions, die früher den Farbigen vorbehalten ware, zu leben. Man lebt im Ort ind geht zm Schlafen ins Haus. Wer in der City wohnt, oder in Gegenden, die von Weißen und/oder für Weiße gebaut wurden, der lebt im Haus. Zum einen ist das Klima in Nambia eher dazu geeignet, im Freien zu leben, zum anderen lebt man in seinem Haus vergleichsweise einsam. Es ist erstaunlich, zu erleben, wie viele Wohnungen es gibt, die nur etwa 15 Quadratmeter haben ohne wirklich eng zu sein. Allerdings haben wir uns doch bald eine Wohnung mit eigeneKüche, Toilette und Bad gesucht.

Die Reaktionen bei den Bewohnern, die da besichtigt werden, sind meist nicht Hass (kommt aber auch vor). Aber angenehm ist vielen Leuten das nicht. Man kann sich dort auch nicht gut vorstellen, warum die Leute herkommen und was die Touristen bei den Touren erzählt bekommen. Ich habe mal im Fernsehen eine Reportage über sowas gesehen und habe es mir sehr interessiert angesehen.

Der Vergleich mit Barcelona hinkt etwas. Die einzelnen Locations sind teilweise weitgehend geschlossene Gesellschaften. Die Besichtigungtouren gehen quasi durch das Wohnzimmer der Bewohner.
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08 Mai 2005 00:59 #4661
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  • BikeAfrica am 07 Mai 2005 22:55
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Die einzelnen Locations sind teilweise weitgehend geschlossene Gesellschaften. Die Besichtigungtouren gehen quasi durch das Wohnzimmer der Bewohner.

Zur Zeiten der Apartheid war ich nur selten in einem Township, nur wenige Male und immer nur sehr kurz. Es hiess immer nur, die wollen dort keine Weissen, und für Weisse alleine sei es zu gefährlich.

Gleichzeitig wurde den Weissen aber immer vogeworfen, sie wüssten nicht wie die (damals Sogenannten) Nicht-Weissen leben würden.

Vielleicht hätte man damals schon viel aggressiver dafür "werben" sollen, dass Weisse sich vor Ort selber davon überzeugen konnten in welchen Zuständen sie ihre schwarz Mitbürger abgedrängt hatten.

Meine letzte "wieder nur kurze" Townshiptour war vor drei Jahren zusammen mit weissen Einheimischen. Sie wollten mir zeigen, dass trotz neuer Verwaltung und Machtstrukturen die Müllberge nicht kleiner und die Strassen noch immer nicht besser geworden sind. Sicher war das jetzt nicht repräsentativ.

Aber wie auch immer solche Touren empfunden werden - ist es sicher einfach auch eine Sache der subjektiven Wahrnehmung - und zwar für beide Seiten: Die einen fühlen sich wie im Zoo, andere finden es gut, dass sich Touristen auch für die Lebensumstände in den Townships interessieren.

Ich denke, es soll jeder für sich selbst entscheiden, ob er solche "Townshiptouren" macht oder nicht. Entscheidend ist dann auch, dass die Bewohner auch am Umsatz der Touren in irgendeiner Form beteiligt werden.
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09 Mai 2005 10:52 #4686
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  • BikeAfrica am 07 Mai 2005 22:55
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Sehr interessante Beiträge....

Aus eigener Erfahrung ( zwar nicht Katutura) kann ich sagen, daß individuelle (oder geführte) Besuche dazu geeignet sind, tiefe Eindrücke zu vermitteln, sich wirklich zu informieren und auch Kontakt(e) zu den Menschen herzustellen. Auch die Bewohner sehen das in der Regel positiv, weil sie merken, es besteht "Interesse" an ihrem Leben/ihren Lebensumständen. Und Namibia besteht nicht nur aus Lodges und Landschaften sondern auch aus den Einwohnern.

Genau das Gegenteil stellen diese leidigen Bustouren da.

Mein Onkel war vor ein paar Jahren mit einer (Bus-) Reisegruppe (Alter 45-70) in Nam unterwegs und zur Stadtrundfahrt gehörte wohl auch eine Fahrt durch Katutura.
In Verbindung mit meinen Namibia Reisen haben wir uns schon öfter über diese "Besichtigung" unterhalten. Er sagte, er und ein paar andere hatten bei dieser Fahrt eher ein ungutes Gefühl, weil die Blicke der Einwohner sehr vielsagend waren und die Umstände beklemmend. Viele Leute jedoch verhielten sich wirklich wie im Zoo und gafften, kommentierten (diese typische Urlaubs-Witzigkeiten, bei denen der Erzähler meist zuerst oder alleine lacht oder oberschlaue Anmerkungen) und fotografierten auf Teufel komm raus. Der Bus hielt nur ein einziges Mal an, um an einer "Bäckerei" (muß so eine befeuerte Tonne gewesen sein) etwas zu kaufen....und nur der Reiseleiter stieg dazu aus. Die meisten Mitreisenden aßen dieses Stückchen oder Brötchen nicht und haben es verschwinden lassen. Die Erklärungen des Reiseleiters waren allgemeiner Art und gingen nicht über das hinaus, was auch in einem guten Reiseführer steht. Diese Tour war Bestandteil der Reise und wurde wie z.B. die Robbenkolonie eben "abgehakt". Für manche Leute, sagt er, habe er sich wirklich geschämt. Da er behindert ist und auf diese Art Reisen angewiesen ist, kennt er solche Situationen mit Mitreisenden bei Gruppenreisen aber zu genüge.

Hier hat Friedel vollkommen recht. Diese (solche) Touren dienen nicht zur Verständigung oder zum wirklichen Kennenlernen der Menschen/ Umstände/ Situationen. Es gibt überall auf der Welt aber genügend Reiseveranstalter, die so etwas trotzdem als Besichtigungsbaustein durchführen.

Man stelle sich nur vor, große klimatisierte Busse mit schwarzen, weißen, gelben, roten oder blauen Touristen hinter getönten Scheiben würden regelmäßig durch das eigene Wohngebiet fahren und alles fotografiern.....
Oder man stelle sich vor, es kommt jemand an den Jägerzaun heran und beginnt ein freundliches Gespräch zur Information.....

Mir wäre in jedem Fall die zweite Variante lieber!

Thomas
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09 Mai 2005 11:11 #4687
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  • BikeAfrica am 07 Mai 2005 22:55
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Hallo Thomas,
sehe ich genau so wie Du. Es gibt nun allerdings Sprachbarrieren und Wissenslöcher. Und da kann ein verständiger Reiseleiter sehr viel tun, damit aus Unkenntnis keine Abneigung wird. Ich erinnere mich noch sehr gut an meine erste Großbus-Stadtrundfahrt durch Soweto - das war schon erschreckend und ist mir deutlicher in Erinnerung geblieben als all die Schönheiten dieses Landes; wir haben dann Ähnliches nochmal in einem fast privaten Rahmen gemacht - Führung durch den Bürgermeister. Was für ein Unterschied. Aber der Grat zwischen "Armut-Gaffen" und "Interesse für andere Lebensformen" ist sehr schmal. Ich weiß nicht, ob ich da immer auf der "richtigen" Seite bleibe - trotz besten Bemühens.
Gruß Joli
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09 Mai 2005 15:11 #4693
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  • BikeAfrica am 07 Mai 2005 22:55
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Eine solche Touristenfahrt durch Katutura, Mondesa und aähnliches blieb mir erspart, weil ich Freunde in allen Möglichen Stadtteilen habe. Ganz neben bei - ich finde es auch interessant durch Klein Windhoek, Pioneerspark, Khomasdaal und andere - weil das nicht minder uninteressant ist !!! - auch in deutschen Städten möchte ich so vielseitige Eindrücke wie möglich bekommen.

Wenn diese "township tours" aber von lokalen Führern angeboten werden, wie zum Beispiel bei Nacobta, dann ist das sicherlich vertretenswert. Die Massen werden gebündelt, die Menschen kennen den Führer und umgekehrt.

Viele Arme in Katutura gehen mit ihrer Armut ganz anders um als europäische Gemüter es sich vorstellen. Wenn ein lokaler Guide seine Heimat zeigt, ist das längst nicht so anrüchig wie Gasts (zurecht kritisierte) Schilderung
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