THEMA: Energie-Problem in Namibia
26 Jan 2016 08:06 #416497
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  • Alex_Muc am 26 Jan 2016 08:06
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Guido. schrieb:
Alex_Muc schrieb:
sowohl Solar- als auch Wind (auch im Khomashochland) wären meiner Meinung nach in Namibia hervorragend nutzbar.
Das weit verbreitete Denkschema Viel Sonne in Namibia = Solarkraftwerk super, ist ein bisschen zu simpel.


Beste Grüße

Guido

Hallo Guido,

nicht nur, aber auch. Solar bietet sich an für Lastzeiten tagsüber (Klimaanlagen, ..), Wind ist sehr viel vorhanden und sehr konstant. Dazu noch Gas (Kudu-Gasfeld), evtl. Gezeitenkraftwerke.. da wäre viel zu machen. Aber das Kapital müsste vorhanden sein... die Investionen sind eben enorm hoch. Und gegen Solar spricht jetzt die Sonne in Namibia auch nicht..
Gruß
Alex
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26 Jan 2016 09:29 #416501
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  • Guido. am 26 Jan 2016 09:29
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Hallo,

das Problem liegt weniger darin, den nominalen Strombedarf pro Tag zu decken. Das Problem liegt darin, den Strombedarf zur Spitzenlast zu decken. Die liegt am Abend und da liefert Photovoltaik nix. Tagsüber Klimaanlagen mit PV-Strom zu betreiben, ist ökologisch vorteilhaft, löst aber die Energieprobleme des Landes nicht. Man müsste den tagsüber generierten PV-Strom dann entweder speichern können oder die PV-Erzeugungskapazitäten noch mal in alternativer Technik vorhalten. Speichern in Batterien ist teuer. Speichern in Pumpspeicherkraftwerken ist häufig nicht möglich, weil die sonnreichsten Länder fast immer aride Länder mit kaum Wasser sind. Und noch mal die gleichen Kapazitäten z.B. mit einem flexiblen Gaskraftwerk vorzuhalten, ist auch zu teuer.

Die solarthermische Verstromung, wie sie beim Desertec-Projekt in Nordafrika mal in gigantischem Ausmaß geplant war, könnte da attraktiver sein, weil sich Wärme billig speichern lässt und sich so mit Sonnenenergie 24 Stunden am Tag Strom erzeugen lässt. Aber da kenne ich keine genauen Zahlen. Ein ganz anderer Schnack ist es übrigens, wenn wir über Insellösungen sprechen, z.B. nicht an das Stromnetz angeschlossene Lodges, Farmen, Dörfer. Da halte ich Photovoltaik+Batterien für geeignet.

Bei Windenergie würde ich auch größeres Potential sehen. Deren Verfügbarkeit ist auch nicht zu 100% planbar, aber die fällt anders als Photovoltaik jedenfalls nicht planmäßig jeden Tag zur Lastspitze komplett weg. Im Moment kommt noch erschwerend hinzu, dass bei den aktuellen Öl-/Gaspreisen Investitionen in alternative Energiequellen extrem unattraktiv sind (ebenso wie Elektroautos). Ob es diese Preise noch 2 Wochen oder noch 10 Jahre gibt, kann kein Mensch seriös vorher sagen.

Beste Grüße

Guido
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26 Jan 2016 17:35 #416589
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  • Steinböckchen am 26 Jan 2016 17:35
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Hallo,
zuerst ein Beispiel hier aus der Gegend im Rehoboth District, wie man betreffs Energie am Bedarf vorbei-bauen kann.
Es geht um Nabasib, eine kleine Ansiedelung bestehend aus einer Schule (120 Schüler), einem Wohnheim und wenigen Häuschen/ Hütten. Die Schule hatte bereits eine Solar Anlage, gesponsort von umliegenden Gästefarmen. Nun gab es vor ein paar Jahren ein Projekt, bei dem jede Schule in Namibia Strom haben sollte. Es wurde also eine Stromleitung von Rietoog nach Nabasib gelegt, ca. 35 km. Eine weitere Insel- Solaranlage für vielleicht sogar weniger Kosten wäre viel sinnvoller gewesen. Dazu kommt, dass ab und zu doch mal der Strom ausfällt.
Potentielle Verbraucher an der Strecke gibt es nicht wirklich, vor allem wegen der Anschlusskosten ist es nicht erschwinglich. Anschluss von ca. 100.000N$ und monatliche Wartungskosten von N$1.400 ! Dann noch die Kosten für den Strom selbst. Hier wäre eine Inselanlage DIE Alternative gewesen.

Noch etwas zum Energiebedarf außerhalb der Solarzeiten. Ich bin Ingenieur noch aus der DDR Zeit. Damals hatten wir auch Probleme mit der Energie. Nachts war der Strom jedoch wesentlich billiger. Wir haben für eine Molkerei (Spitzenzeiten am Tage, vormittags) ein Sole-Becken (wie ein Swimmingpool in einer Halle) als Energiespeicher gebaut. Die Sole wurde Nachts mit Kältemaschiene abgekühlt und dann konnte man die Kälteenergie am Tage nutzen und brauchte nur eine normale Pumpe. Ich möchte nur darstellen, dass es auch andere Formen der Energiespeicherung gibt, auch in Größenordnungen für Industrien geeignet. Ob es in so einem riesigen Land wie Namibia sinnvoll ist jede Hütte am Stromnetz zu haben glaube ich nicht. Auch verschwinden die alten Farm Kühler immer mehr. Die beruhen auf Verdunstungskühlung, ideal hier in Namibia. Kaum ist Strom da, werden Kühlschränke angeschafft. Man macht sich damit immer mehr abhängig. Es ist jedoch schon ein Fortschritt, dass nun endlich die gesetzlichen Grundlagen für eine Stromeinspeisung geschaffen ist und man sieht ja auch schon eine direkte Reaktion.
Elektro-Warmwasserbereiter müssten hier verboten werden, sind aber überall vorhanden.
Abends, also zu den Spitzenzeiten gibt es hier recht starken Wind. Eine Photovoltaik-Wind-Kombination würde da schon helfen. Ich betreibe so etwas im kleinen hier selbst.
In den Städten hier in Namibia wird Energie regelrecht "verbraten". Viele Wohnungen werden "incl. Strom und Wasser" vermietet. Es gibt also keinen Unterzähler für den Verbrauch des Mieters. Folge ist im Winter kommen die Leite nach der Arbeit Hause, schalten einige Heizspiralen an (oft bei offenem Fenster) und dann wird mit dem Elektrokocher losgelegt. Da kommen schnell ein paar kW pro Wohnung zusammen. Gespart wird nicht, kostet ja das Gleiche. (bezieht sich auch auf Wasser) Unterzähler würden da schon viel bewirken.Das alles ist nicht die Lösung für Namibias Energieproblem, kann aber etwas zur Lösung beitragen.
Es gibt sooo viele Möglichkeiten, man muss nur den Mut haben von den ausgelatschten Wegen wegzukommen. Dabei geht es nicht immer nur um Geld wie man im obigen Beispiel Nabasib sieht.
Viele Grüße aus dem sonnigen und etwas windigen Süden
Karsten
Letzte Änderung: 26 Jan 2016 17:39 von Steinböckchen. Begründung: Text verloren gegangen
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26 Jan 2016 19:44 #416604
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  • WaWi am 26 Jan 2016 19:44
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Liebe Kollegen im Forum,

durch Zufall bin ich während der Vorbereitung meiner nächsten Namibia-Reise auf dieses Thema gestoßen, das mich - beruflich und privat - anspricht.

Nach einigen Jahren Erfahrung im südlichen Afrika (Botswana, Namibia, Sambia, Südafrika) in der Zusammenarbeit mit Partnern aus Industrie, Hochschulen und Ministerien im Energiebereich möchte ich nur kurz ein paar Statements aus meiner Perspektive machen:
- Strommangel ist im ganzen südlichen Afrika ein lange Zeit vernachlässigtes, noch heute weitgehend ungelöstes Problem. Die Standardantwort der Administration ist Load Shedding, was naturgemäß alle Bereiche des Lebens massiv beeinträchtigt. In Sambia zum Beispiel ist das Thema innerhalb ganz kurzer Zeit zu einer nationalen Aufgabe geworden, die Möglichkeiten der Erneuerbaren Energien werden dort nun endlich erstmals ernsthaft erwogen.
- Die klimatischen Voraussetzungen in all diesen Ländern sind "traumhaft". Das gilt vor allem für Solarenergie-, aber auch für Windenergie-Nutzung, letzteres vor allem in Namibia und Südafrika. An manchen Stellen sind selbst attraktive Bioenergie-Optionen verfügbar.
- Aus meiner Sicht scheitert eine schnellere Erschließung der riesigen erneuerbaren Ressourcen im wesentlichen an der unflexiblen, rigiden Regulierung von Stromerzeugung und -verteilung, die in all diesen Ländern zentralisiert und staatlich dirigiert sind. Die staatlichen Unternehmen, z.B. NamPower, agieren aber leider sehr konventionell, in dem sie in der sog. entwickelten Welt gemachte Fehler bevorzugt kopieren und neue Entwicklungen nicht anerkennen.
- Würden diese Länder einen Strommarkt anbieten, der private Initiative und Investition gesichert ermöglicht, dann stünden Investoren Schlange. In Namibia wurde damit gerade der Anfang gemacht - leider erst nach einigen Jahren Diskussion.
- Erneuerbare Energien können gerade dort ihre Stärken ausspielen, wo es eben noch keine umfangreiche Netzinfrastruktur gibt (dort sind heftige Investitionen bereits erfolgt und müssen sich erst "bezahlt" machen), also fast schon in idealer Weise in den ländlichen Regionen der häufig nur dünn besiedelten Ländern des südlichen Afrika.

Neben obigen, grundlegenden "Behinderungen" der verstärkten Verbreitung erneuerbarer Energien gibt es aber noch eine Reihe "operativer" Probleme, die beispielsweise im NEED-Projekt (www.need-project.org) adressiert werden.

Das nächste Meeting dieser Projektgruppe findet Mitte März in Windhoek statt - Interessierte sind mehr als willkommen, sich aktiv einzubringen!

Das war jetzt nur eine ganz kurze, spontane Rückmeldung - ich freue mich über jede Art von (konstruktivem) Feedback, gerne auch über den Kontakt auf der NEED-Website.

In gut 2 Wochen werde ich wieder einmal die Gelegenheit nutzen und 4 Wochen lang mit offenen Augen durch Namibia reisen.

Herzliche Grüße an alle Teilnehmer im Forum, insbesondere an diejenigen, die aus Namibia selbst berichten

Wilfried
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22 Apr 2016 19:25 #428768
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Hallo,

gerade lief auf 3Sat/Nano ein Bericht über das im Februar 2016 ans Netz gegangene Solarkraftwerk Noor in Ouarzazate im Süden Marokkos auf solarthermischer Basis. Hier der Livestream über den marokkanischen Solarplan und seine sozialen Folgen.
www.3sat.de/mediathek/?mode=play&obj=58589
www.3sat.de/mediathek/?mode=play&obj=58590
Salz speichert Hitze für bis zu sechs Nachstunden

Mit wenigen Ausnahmen brennt die Sonne in Ouarzazate auf rund 1500 Meter Meereshöhe 365 Tage im Jahr vom Himmel. Das Kraftwerk steht im Zentrum des Solarfeldes. Dort wird mit dem heißen Öl Wasser erhitzt und Dampf erzeugt. Dieser treibt eine von Siemens konzipierte Turbine an, die Strom ins Netz speist. „Und das nicht nur am Tag, sondern auch Abends, wenn der Bedarf besonders hoch ist“, sagt Bayed. Denn das Öl erhitzt nicht nur Wasser, sondern bei Bedarf auch ein spezielles Salz, geliefert von der BASF, das die Hitze bis zu sechs Stunden speichert.
Quelle: Stuttgarter Zeitung

Zeit Online

Sehr vielversprechend. Hat jede Menge Arbeitsplätze (auch in der Zulieferindustrie und sogar einen Studiengang Erneuerbare Energien geschaffen und es sind weitere Blöcke geplant.

@Elvira, vielleicht hast du in Nairobi die Möglichkeit diesen sehr interessanten Bericht in der Mediathek zu schauen.

Herzliche Grüße
Marina
Das Morgen gehört demjenigen, der sich heute darauf vorbereitet. Afrikanische Weisheit

www.butterblume-in-afrika.de
Letzte Änderung: 23 Apr 2016 09:36 von Butterblume. Begründung: Ergänzung
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13 Nov 2020 11:06 #598612
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Heute in der AZ

Stromeinspeisung jetzt erwünscht www.az.com.na/nachri...erwnscht-2020-11-13/

...Jahrelang hatte sich die Stadt schwer damit getan, ihren Einwohnern zu erlauben, die aus Solaranlagen gewonnene Energie ins städtische Versorgungsnetz einzuspeisen....Mittlerweile hat die Stadt erkannt, dass sie mit diesem indirekten Stromeinkauf nicht nur zusätzliche Stromversorgung gewinnt, sondern dass sie dabei obendrein Geld beziehungsweise Bargeldreserven verdient...


LG
Logi
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