THEMA: Quo vadis, kulturelles Erbe/Kolonialerbe?
27 Aug 2013 12:37 #301880
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  • rhh64 am 27 Aug 2013 12:37
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Ob die Statue, wie Christian meint, "vernichtet" werden soll, wage ich zu bezweifeln. Pohamba spricht von "removed" (würde ich als "abbauen" übersetzen) und bietet indirekt an, die Statue nach Deutschland zu überführen. Das lässt darauf schließen, dass man nicht an ein "Einschmelzen" denkt.

Quelle Namibian:

"This monument is a symbol of victory on the side of the Germans. This monument means 'we have defeated them'. The horse rider must be removed," Pohamba stated, adding that the government would not have any objections if the statue is to be taken back to Germany.

"If they want to take it back to Germany it is also fine, we will not have any objections," the President said.

allafrica.com/stories/201308270601.html

Das ist "Politiker-Kommunikation" und soll meiner Meinung nach heißen "weg damit - und wohin danach, darüber können wir reden"
Beste Grüße

rhh64
Letzte Änderung: 27 Aug 2013 12:42 von rhh64.
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27 Aug 2013 13:14 #301884
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  • Guido. am 27 Aug 2013 13:14
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Hallo Werner,
wernerbauer schrieb:
Gouverneur Dr. Theodor Seitz, bei der Einweihungsfeier des Reiterdenkmals am 27. Januar 1912: „Den Toten zur Ehre ist dieses Denkmal gesetzt, den Lebenden zum Ansporn, zu erhalten und auszubauen, was in einem schweren Kampfe von aufopfernder Vaterlandsliebe errungen wurde (...) Der eherne Reiter der Schutztruppe, der von dieser Stelle aus in das Land blickt, verkündet der Welt, daß wir hier die Herren sind und bleiben werden."

Wenn Du suchst, findest Du wahrscheinlich noch rassistischere zeitgenössische Kommentare, nur finde ich das als Argument etwas dünn. Seitz hat das Reiterdenkmal nicht initiiert. Es wurde vor seiner Amtszeit angeleiert. Das war eindeutig als Denkmal für die Gefallenen gedacht, die Eröffnung fiel nun zufällig in die Amtszeit von Seitz. Dieser war anscheinend - wie so viele damals - ein Rassist und hat das Denkmal in seiner Eröffnungsrede eher als Herrschaftssymbol kommentiert. Statt so einen Kommentar zum Maßstab zu machen, würde ich mich bei der Interpretation doch eher an die Inschrift halten. Wenn es der Maßstab ist, welche Kommentare oder welche Nutzung Gebäude oder Denkmäler zeitweise erfahren haben, dann sollten wir in Deutschland z.B. Siegessäule und Brandenburger Tor in Berlin schnellstens wegsprengen, die von den Nazi intensivst als Symbole in ihrem Sinne verwendet wurden. Einen Weg den Deutschland übrigens häufig geht und der meines Erachtens viel besser als Abriss ist: Man ergänzt Monumente mit fragwürdiger Historie durch Infotafeln, die bei der geschichtlichen Einordnung helfen.
wernerbauer schrieb:
PS 1: Bitte um einen link betr. die beabsichtigte Vernichtung des Reiterdenkmals.

Von Vernichtung war nicht explizit die Rede, wohl aber davon, dass es weg muss.
“This monument is a symbol of victory on the side of the Germans. This monument means ‘we have defeated them’. The horse rider must be removed,” Pohamba stated, adding that the government would not have any objections if the statue is to be taken back to Germany.
www.namibian.com.na/...ge_type=story_detail

Ansonsten wie gesagt: Das man das Reiterdenkmal weg haben will, kann ich irgendwo noch nachvollziehen. In Verbindung mit anderen Maßnahmen erscheint mir das alles schon ein bisschen fragwürdig. Vor 3-4 Jahren gab es in Namibia einen großen Wirbel um das Reiterdenkmal und dessen Verschiebung. Pohamba war da schon seit mehr als 5 Jahren Präsident. Warum ist ihm da nicht eingefallen, dass das Denkmal weg muss und nicht an anderer Stelle wieder aufgebaut werden darf? Warum jetzt diese neuen Prioritäten? Und ich kann nicht beurteilen, wie repräsentativ diese Umfrage hier ist, aber es gibt zumindest Indizien, dass die SWAPO-Regierung damit erneut gegen die Bevölkerungsmehrheit handelt - wie auch bei der mutmaßlich immer noch verfolgten Umbenennung von Lüderitz:
www.az.com.na/lokale...begeistert.91342.php

Beste Grüße

Guido
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27 Aug 2013 17:43 #301940
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  • wernerbauer am 27 Aug 2013 17:43
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Danke Guido und Entwarnung!
Mit dem Zitat wollte ich bloß daran erinnern, dass das Denkmal eben durch derartige Punzierung und Vereinnahmung durch Offizielle und unzählige Nachahmungstäter im Geist auch zum Symbol für diese Geisteshaltung wird bzw. von afrikanischer Opferseite folglich durchaus auch als Siegermonument gesehen werden kann und nicht bloß als Totengedenken. Das kann ich eben nachvollziehen, zumal ja für eine Erwähnung der afrikanischen Opfer ziemlich lange Gelegenheit gewesen wäre.
In der Quintessenz bin ich deiner Meinung und fände eine Vernichtung
(Christian hatte ausdrücklich Vernichtung geschrieben) des Reiterdenkmals für falsch und sinnlos. Für die Geschichtswahrnehmung wäre so ein Symbolakt auch in etwa so effektiv wie die unlängst berichtete Zerstörung einer Festplatte mit Snowden-NSA-Enthüllungen im Keller des M&G in London.
Den Persönlichkeitskult um Nujoma (u. a.) und seine politische Leistung sehe ich genauso kritisch wie du. Ansonsten halte ich aber so was wie die Äußerungen von Pohamba zum Thema halt für Politik- und Politikeralltägliches, einen großen Unterschied zu unserer eigenen täglichen Kost (insbesondere jetzt im Wahlkampf) kann ich persönlich nicht erkennen, bin aber zugegebenermaßen nicht emotional involviert. Bei Lüderitz musste er ja schon zurückrudern und das Reiterdenkmal wird vielleicht im Unabhängigkeitsmuseum landen.
Grüße Werner
Letzte Änderung: 27 Aug 2013 18:55 von wernerbauer. Begründung: Nachahmungstäter
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27 Aug 2013 17:53 #301942
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  • travelNAMIBIA am 27 Aug 2013 17:53
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Hi Guido & alle anderen,

abgesehen davon, dass Herr Staatspräsident Pohamba auch hier wieder seine Möglichkeiten überschätzt (genauso wenig wie Städte umbenennen darf er anerkannte Nationale Denkmäler entfernen lassen - noch zumindest), ist irgendwo sicherlich politische Kalkül (Wahljahr) dabei. Es wird nur auf Reaktionen der "Kolonialisten" gewartet. Warum z.B. wurde überall um die Alte Feste und das neue Museum vor Jahren bereits schönster Rasen gepflanzt, nur nicht um das Reiterdenkmal - weil man Reaktionen hervorrufen möchte... die bisher - leider für die Regierung - ausblieben. Noch vergangene Woche hatte einen Kulturbeauftrage der Regierung gesagt, dass der Reiter sogar vielleicht eines der neun Statuen direkt unter dem neuen Museum werden kann. Kommunikation ist halt nicht so die Stärke der dort oben...

Mir persönlich ist es wurscht ob das Denkmal nun in ein Museum in Deutschland oder vielleicht ins neue Windhoeker Stadtmuseum kommt (was ich nicht schlecht finden würde) oder ganz zerstört wird. Nur die Argumentation von Herrn Pohamba, es wäre ein Sieger-Denkmal ist sowas von "flach". Wer hat denn im Endeffekt "gesiegt"? Wer ist denn an der Regierung? Die Südwestafrikanische Volksorganisation... die sich übrigens selber weigert sich in Nampo umzubenennen ;-)

Sonnige Grüße aus Windhoek
Christian
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27 Aug 2013 18:41 #301945
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  • StephanM am 27 Aug 2013 18:41
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"die sich übrigens selber weigert sich in Nampo umzubenennen"
Christian, der war gut! :lol: :silly: :lol: :silly: :laugh: :P
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27 Aug 2013 20:27 #301971
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  • Guido. am 27 Aug 2013 13:14
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Hallo,
Stephan M schrieb:
"die sich übrigens selber weigert sich in Nampo umzubenennen"
Christian, der war gut! :lol: :silly: :lol: :silly: :laugh: :P

Christians Aussage hat aber durchaus einen ernsten Hintergrund. Diversen Firmen in Namibia, die einst Southwest/Südwest im Namen trugen, wurde seinerzeit nahegelegt, sich einen anderen Namen zuzulegen, weil das so eine koloniale Konnotation hat.

Wenn man historische Bezüge zur Kolonialzeit auslöschen will, dann hätte die regierende South West Africa People's Organization konsequenterweise mal bei sich selbst anfangen und sich in NamPO o.ä. umbenennen müssen. Hat man aber nicht. Die Partei rechtfertigt sich damit, dass der volle Name heute nicht mehr gilt und der heutige Parteiname nur noch im Akronym SWAPO besteht.

Beste Grüße

Guido
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