THEMA: Geht in die Living Museum!
29 Dez 2011 10:05 #217790
  • tokoloshe
  • tokoloshes Avatar
  • Beiträge: 66
  • Dank erhalten: 6
  • tokoloshe am 29 Dez 2011 10:05
  • tokoloshes Avatar
Hi,
Da ich nun schon seid 2 Jahren in Namibia lebe, wollte ich mich auch mal zu diesem Thema aueussern.
Bisher konnte ich es vermeiden in ein "traditionelles Himbadorf" zu gehen (ich konnte auch meine Eltern davon ueberzeugen dies nicht zu tun :) ).
Warum? So interessant ich traditionelle Lebensweisen auch finde, finde ich dieses ganze Theater mit den Gastgeschenken als Bezahlung unecht und inszeniert. Wie schon vorher bemerkt, sind die Hinba auch nicht dumm und verstehen es inzwischen ihre "Goodies" gegen Alkohol einzutauschen.
In diesem Sinne ist ein Living Museum ehrlicher, da dort der Museumscharakter im Vordergurnd sthet und keine Echtheit vorgespielt wird und den "Akteuren" mehr Wuerde zugestanden wird.
Wie Gerd finde ich auch Opuwo toll. Ich kann traditionelle Kultur in ihrem Uebergang zur Moderne Beobachten ohne diesen Zoocharakter zu haben. Eine traditionell gekleidete Himbafrau, welche gerade am Cellphone spricht finde ich 10x authentischer als irgendeine Geschenkeuebergabe, bei der die Himbas mal schnell vorher ihre Handys verstecken um etwas authentischer zu sein. Ebenso freute ich mich (und meine Besucher) sehr darueber, einen traditionell gekleideten Himba auf seinem Moped durch Ruacana fahren zu sehen.

Ich kann mich daran erinnern, in einem Artikel gelesen zu haben, dass die Mitarbeiter des Damara-Museums von San eingelernt wurden. Ich finde es etwas fragwuerdig wenn die Damaras nun aus Mangel an eigenen Ueberlieferungen traditionelles San-Leben vorfueren. Aber vielleicht habe ich das ja auch falsch verstanden und die LCFN kann mich aufklaeren.
Gruesse,
tokoloshe
Der Administrator hat öffentliche Schreibrechte deaktiviert.
29 Dez 2011 10:14 #217791
  • tokoloshe
  • tokoloshes Avatar
  • Beiträge: 66
  • Dank erhalten: 6
  • tokoloshe am 29 Dez 2011 10:05
  • tokoloshes Avatar
Ach ja, was ich noch bezueglich "einlesen" in die kulturen Namibias sagen wollte:
Ich fand das Buch "Die Voelker Namibias" von Johan S. Malan sehr gut (gibts auf deutsch und englisch. Das Buch gibt es in jeder richtigen Namibischen Buchhandlung (nicht CMA)und uebrs Internet auch in D.
Es gibt eine gute eine gute Einfuehrung in die traditionellen Lebensweissen der Namibischen Voelker. Es ist schon etwas aelter (wurde wohl noch zu Apartheidszeiten geschrieben und auch in der 3. Auflage von 2005 hat sich nicht viel geaendert.
Zu den Namibischen Voelkern gibt es sonst ausser Bildbaenden nicht viel Literatur, speziell zu den Damara ist mir bisher ausser einem Uralten extrem teuren Buch ("the Bergdamara") nicht viel aufgefallen. Wenn da noch jemand Tipps hat, bitte melden.
Gruesse,
Tokoloshe
Der Administrator hat öffentliche Schreibrechte deaktiviert.
29 Dez 2011 13:47 #217806
  • Burschi
  • Burschis Avatar
  • "Es irrt der Mensch, solang er strebt!"
  • Beiträge: 4008
  • Dank erhalten: 5772
  • Burschi am 29 Dez 2011 13:47
  • Burschis Avatar
Hallo tokoloshe,
was die Ähnlichkeit des Living Museum der Damara mit dem der San anbetrifft, magst du durchaus Recht haben. Beide Erklärungen zu verschiedenen Stationen, wie z.B. das Feuermachen oder die Schmuckherstellkung sind nahezu identisch. Trotzdem gibt es ein paar Unterschiede, wie z.B. in den Tänzen und Gesängen und auch einige Stationen, wie z.B. das traditionelle Löcherspiel (weiß nicht, wie es richtig heißt) oder die Bearbeitung von Leder.
Insgesamt bin ich aber der Meinung, dass man beide besuchen sollte. Sebastian hat schon ein paar gute Argumente dazu genannt. Schließlich wird nur auf diesem Weg ein Teil der ursprünglichen Kultur erhalten.
In Deutschland haben wir ja auch Ähnliches: Heimatabende in Nordfriesland genauso wie in Oberbayern und auch hier tragen z.B. Trachtenvereine dazu bei Kulturgut zu erhalten. Auch wenn ich kein Fan davon bin, sehe ich darin eine wichtige Funktion, denn wenn man ausschließlich bei der Unterhaltung auf Discos setzt, wird verschiedenes der Kultur und eigenen Identität bald verloren gehen und das wäre insgesamt in Deutschland genauso schade wie in Namibia. Also schließe ich mich dem Aufruf an und erweitere ihn auch noch, indem ich anregen möchte, auch die Museen in Namibia zu besuchen und zwar nicht nur in Swakopmund und Tsumeb, sondern auch in anderen Orten, wie z.B. in Grootfontein, wo ein selten besuchtes aber sehr ordentliches Museum ist, in dem man auch einiges z.B. über die Himba-Kultur lernen kann.
Gruß:
Burschi
20x Namibia, 6x Botswana, 6x Südafrika, 4x Simbabwe, 2x Sambia, 1x Tansania, 2x Kenia, 1x Mauritius
Der Administrator hat öffentliche Schreibrechte deaktiviert.
23 Mai 2017 10:09 #475917
  • lilytrotter
  • lilytrotters Avatar
  • Beiträge: 4057
  • Dank erhalten: 4502
  • lilytrotter am 23 Mai 2017 10:09
  • lilytrotters Avatar
Hier eine Ergänzung:
Vor einem halben Jahr eröffnete das Living Museum der Ovahimba im Kaokoveld.

www.namibia-forum.ch....html?start=6#454672

Gern nehme ich das zum Anlass, mich zu wiederholen: Wenn ihr etwas von der Kultur der Ethnien erleben und lernen wollt: Geht in die Living Museum!
Neben der wichtigen Funktion des Erhaltes der historischen Grundlagen der eigenen Kultur geben sie der jeweiligen Gemeinschaft die Gelegenheit Geld zu verdienen.

Diese Museumsdörfer schützen die privaten Bereiche der Himba und decken einen touristischen Bedarf mit dem das Land ja auch wirbt. Man stelle sich nur vor, Touristen-Busladungen würden sich in Zukunft an kleinsten Hüttenansammlungen in abgelegenen Teilen des Kaokoveldes ergießen...

Die Menschen arbeiten in den Living Museum zum Geld verdienen und zur Darstellung ihrer Kultur und zum fotografiert-werden. Ganz einfach, - machen wir in unserem Museumsdorf hier in Deutschland genauso (allerdings ehrenamtlich). Und wir sind auf tausenden von Handys und Fotos abgebildet. Das gleiche Prinzip. Und beide Seiten sind zufrieden, die Touristen und die Museumsdörfler.

Die Vorstellung der/des schönen und glücklichen Wilden ist naiv, wir alle lassen uns allerdings gern damit füttern.
Ganz und gar nicht können wir der Vorstellung folgen, die von manchen Namibiern vertreten wird: Sie sind der festen Überzeugung, nur wenn die Himba weiter traditionell und wie bisher, unter gemäßer 'Betreuung' in einer Hierarchie leben, seien sie glücklich und geschützt. Wir haben schon Abende darüber diskutiert. Das sind verschiedene Lebenswelten.
Gern wird das Argument des letztlich unglücklichen „Naturkindes“, Verwahrlosung und Alkoholismus angeführt. Dazu bedarf es zwar keiner Bildung B) , allerdings ist es tatsächlich ein kritischer Moment, wenn sich ein Anspruchsdenken breit macht, dass Bildung eine Berechtigung zu besserem Leben innewohnt und nicht eine Option dafür ist und ein Wert an sich.
Aber diese Fehlhaltung ist auf der ganzen Welt ein Problem, dass sich verdrehte Ansprüche im Hirn festsetzen oder Dummköpfe sich für das schnelle Geld prostituieren. Dagegen ist kein Kraut gewachsen.
Wäre das behandelbar, wäre die Menschheit einen großen Schritt weiter.

Diese Living Museum sind ein großer Schritt in die richtige Richtung, denn durch das verdiente Geld wird auch eine bessere Bildungssituation geschaffen, mehr Bewusstsein für die Gesundheits- und Hygieneversorgung und letztlich auch für das Hinterfragen alter Traditionen, wie das Zähne-ausschlagen bei Mädchen und anderer Gräuel.

Gruß lilytrotter
Gruß lilytrotter


Always look on the bright side of life... :-)
Walvisbay boomt
Letzte Änderung: 23 Mai 2017 13:19 von lilytrotter.
Der Administrator hat öffentliche Schreibrechte deaktiviert.
Folgende Benutzer bedankten sich: Rocky, namibiafieber, freshy, chamäleon2011, Logi, Grosi, sphinx, Sasa, uli-rt, Olfri
24 Mai 2017 09:09 #476028
  • giraffenmog
  • giraffenmogs Avatar
  • [fc-user:630931]
  • Beiträge: 649
  • Dank erhalten: 350
  • giraffenmog am 24 Mai 2017 09:09
  • giraffenmogs Avatar
Danke, Lillytrotter für Deine gut auf den Punkt gebrachten Gedanken. Ich stimme jeden Satz zu, würde keinen streichen und keinen ergänzen wollen!
Der Administrator hat öffentliche Schreibrechte deaktiviert.
14 Feb 2024 15:49 #682421
  • Olfri
  • Olfris Avatar
  • Beiträge: 11
  • Olfri am 14 Feb 2024 15:49
  • Olfris Avatar
Spannende Diskussion, wenn auch schon Jahre alt - nichtsdestotrotz habe ich das gerne gelesen und kann folgende Annekdote einstreuen: Ich bin absoluter Laie und fahre Ende Mai zum zweiten Mal nach Namibia, diesmal um Urlaub mit der Familie zu machen - beim ersten Mal musste ich aufgrund des Todes meines Vaters zwischen Palmwag und Opuwo vor allem organisieren - und habe jetzt eine schöne Tour ausgearbeitet. Ich habe lange überlegt, ob es gut/sinnvoll/moralisch vertretbar ist, die Ovahimba zu besuchen, und war kurz davor, über die Opuwo Country Lodge den Besuch eines Dorfes der Ovahimba zu buchen - stolze 3280 NAD sollte das für 4 Personen kosten und 2-3 Stunden dauern. In der Beschreibung bin ich allerdings über folgenden Satz gestolpert: "After the excursion, a food gift will be presented to the Himba as a note of appreciation and for the warm welcome."

Wenn ich das richtig verstehe, kassiert die Lodge, wir Touris bezahlen für örtliche Verhältnisse ein Vermögen und dringen noch dazu in private Bereiche der Menschen ein?

Ich habe nicht gebucht. Wir werden stattdessen selbst zum Living Museum Ovahimba fahren.
Der Administrator hat öffentliche Schreibrechte deaktiviert.