PROLOG
Wir haben alles in trockenen Tüchern. Die Buchungen sind gemacht, die Permits sind ausgedruckt, das SAT-Phone kommt wie versprochen ein paar Tage vor dem Abflug an und alle Überweisungen sind getätigt.
Und dann kommt er endlich, der Tag auf den wir gewartet haben:
„Zwei Gewerkschaften kündigen an Discover Airlines zu bestreiken!“
Na endlich, irgendwie lief auch alles zu glatt bisher. So ein Mist. Natürlich wird sich kurz nach der Ankündigung dann darauf geeinigt, dass man genau in unserer Abflugwoche streikt. Erst nur bis Freitag, aber das verlängert man bis Sonntag.
- wir bangen - wir zittern - wir hoffen -
Ich spekuliere darauf, dass im speziellen Windhoek
keine gute strategische Entscheidung ist abzusagen. Immerhin muss man dann ja auch Leute zurückholen und hat gleich doppelt das Problem sehr ungünstiger und eher teurer Ausgleichsoptionen. Da sind andere Langstrecken in Richtung New York zum Beispiel doch deutlich leichter zu ersetzen.
Immer erst um 19 Uhr des Vorabends wird der Flugplan des Folgetages bekanntgegeben und so schauen wir ge- und etwas angespannt auf den Ticker am Donnerstag Abend.
Es ändert sich nix, das sollte ein gutes Zeichen sein und so ist es auch.
Wir fahren am Freitag nach der Arbeit direkt los, die Koffer sind tatsächlich mal vorgepackt und nach knapp 3 Stunden stehen wir in Frankfurt am Flughafen.
Die Schalter sind zwar besetzt, aber anscheinend nicht offen. So sitzen zwei Damen dort, aber alles wartet. Mara hat irgendwo was von Self-CheckIn inkl. Kofferabgabe gelesen. Da gehen wir hin, drucken unseren BoardingPass und bekommen dann zu hören, dass unsere Art Taschen sich bei diesem Kofferband immer verfangen und wir wieder zum Schalter müssten.
Nicht so schnell… wir haben ja solche Straps dabei, damit können wir die Angestellten dort überzeugen, dass wir alles Gebamsel so verzurrt kriegen, dass auch unsere Taschen klappen werden und so sind wir dann doch zügiger in Richtung Gate unterwegs. Schnell durch die Sicherheitskontrolle und dann…
„Wo das Warten schon wie im Fluge vergeht. Willkommen im Paradies, dem Gate C13.“
So oder so ähnlich stelle ich mir das Werbeprospekt vor, nur dass es in seinem Flyerständer schon seit 30 Jahren unberührt steht und seitdem zustaubt, unbeachtet und nur noch eine vage Erinnerung an bessere Tage. Der leere Weg dorthin hätte einen schon Skepsis lehren müssen.
Trostlos ist, im Vergleich, ein Begriff von Schönheit und Lebensfreude. Hier ist echt der Hund begraben. Ein Eckkiosk macht gerade auf, für ca. 30 Minuten, damit sich die paar Fluggäste irgendwas kaufen können. Wir holen uns jeder einen CurryWrap und einen Joghurt mit Fruchttoping, was zum einen
# ziemlich semi ist
# zum anderen unser „Wir essen einfach was am Flughafen!" darstellt.
ABER, ich will nicht nur meckern.
DENN, es gibt ja auch einen Lichtblick hier. Wir sind nämlich schon im
SAFARIMODUS. Immer mal wieder gibt es Mäuse zu entdecken, die hier deutlich zahlreicher im Terminal unterwegs als Flughafenangestellte. Das ist immerhin ein schönes Thema um sich mit der arg gelangweilten Kioskbetreiberin zu unterhalten und so lernen wir die Gepflogenheiten der hiesigen Mäusebelegschaft und hören vom steten Kampf:
„Kiosk gegen Maus!“
DISCOVER AIRLINES
So, hier hole ich nicht lange aus. Ich weiß, viele haben Probleme mit Discover in den letzten Wochen und uns hätte es auch fast erwischt, aber
der Service, das Personal und die Freundlichkeit an Bord waren bei uns 1A. Da kann man nix sagen und nicht meckern. Ein bequemes Kissen ist am Platz, man hat eine warme Decke und es lief auf dem Flug alles reibungslos.
Wir haben sogar sehr wenig des Bord-Entertainments genutzt und richtig gut schlafen können. Naja, unterbrochen von einem ca. 103-jährigen Italiener der nachts um 3 Uhr plötzlich neben unserer Reihe stand und lautstark mit seinen Bekannten debattierte die direkt vor uns saßen. Wahrscheinlich hat er nur gefragt ob sie bisher einen ruhigen Flug hatten, aber das hört sich auf Italienisch für unsere Ohren ja gerne wie ein Streitgespräch an und ich denke mal, er selber hörte nicht mehr so gut, also muss man eben lauter reden.
Es war für uns der Start in unsere italienischen Wochen. Das haben wir nur jetzt noch nicht gewusst.
Das ist doch nett! (ich meine, da ist nen Elefant drauf, damit haben die uns schon)
AUF NAMIBIANISCHEM BODEN
Wir sind da und dank unserer taktisch guten Reihe sehr weit hinten im Flieger
(#41) sind wir aus selbigem auch früh raus. Damit gewinnen wir zwar nicht das Rennen zur Immigration, aber wir befinden uns ganz gut im ersten Drittel. Damit geht es relativ fix durch die Kontrolle, keine doofen Rückfragen, kein Guten Morgen, kein Willkommen… nein diesmal gibt es einfach nur höfliches Schweigen und wir werden beide ohne ein einziges Wort weitergeschickt.
NA GUT, dann eben nicht, man kennt es ja nicht anders.
ANDERS aber ist dann das breite Lächeln, als wir
(ja, die Koffer waren auch sehr früh da) Festus in der Reihe der Fahrer entdecken. Ihn kennen wir schon von den letzten Jahren und auch er erkennt uns als wir uns nähern… irgendwie klar, es hat sich rumgesprochen, dass Mr. HARIBO heute landet und damit recht wahrscheinlich eine neue „Lieferung“ mit im Gepäck ist.
Naja, wo er Recht hat, hat er recht.
Wir sind als Erste da, warten aber noch auf eine Gruppe aus weiteren 6 Personen. Sehr gut, dann haben wir Zeit erstmal Kaffee für uns und Festus zu besorgen. Der Kaffeeladen ist sehr zu empfehlen, guter Cappuccino, ordentlicher Preis und dann quatschen wir ein wenig und wecken unsere Lebensgeister.
Mara findet direkt wieder den taktisch günstigen ATM in der Halle, an dem nie eine lange Schlange steht, daran hatte ich mich gar nicht mehr erinnert. Top, so kommen wir ohne Wartezeit an einen ziemlichen Batzen NAM-Dollar, weil wir im Kaokoveld eher etwas mehr Bares in Reserve haben wollen.
*SAFETY FIRST* - ein wichtiges Motto dieser Reise
Kaum zurück gesellt sich auch die Gruppe zu uns. Sie fahren eine Tour durch Botswana, sind 4x4 erfahren und machen öfter Offroad, bzw. 4x4 Touren zusammen. Wo genau es nach Botswana hingeht, da herrscht etwas Verwirrung. Die Route haben sie sich zusammenstellen lassen, aber die genauen Unterkünfte sind noch nicht präsent, wohl aber der grobe Streckenverlauf. Auf jeden Fall eine spaßige und gutgelaunte Truppe, die ob ihrer Erfahrung auch wenig unterwegs schocken kann.
SAFARI CAR
Es fühlt sich einfach ein wenig wie nach Hause kommen an. Landen wir in Windhoek, wir könnten uns nicht vorstellen hier vorbei zu fahren und irgendwo anders einen Bakkie für die nächsten Wochen zu übernehmen. Wir freuen uns riesig wieder hier zu sein und die herzliche Umarmung zur Begrüßung von Kimi lässt uns endgültig ankommen und in den Urlaubsmodus schalten. Auch Rike sieht uns und kommt direkt zur Begrüßung rüber. Es ist einfach super herzig.
Zumindest mir geht es so, mit dem Augenblick, wenn wir auf das Gelände fahren, wird die Arbeit, zu Hause und der Stress abgeschaltet und ich bin da.
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Kimi schickt uns direkt zur Wagenübernahme. Das dauert ja nicht lange und so kann sie schnell die Unterlagen der Gruppe fertigmachen. Also zeigt uns Festus ein paar neue Details am Wagen und wir gehen in erster Linie fix durch, ob alles da ist. Den Wagen kennen wir, das geht jetzt alles sehr schnell. Meistens nur ein…
„Das ist ja so wie immer.“
Das Nicken wir dann ab und zwischendurch schauen wir auch das ein oder andere mal genauer hin. Kann ja nicht schaden auf Nummer sicher zu gehen.
Was neu ist, ist die Küche. Nicht mehr an der Seite integriert, sondern zum ausziehen und auch neu ist ein Kochfeld mit zwei Gasflächen. Es gibt auch weiterhin das Teil zum draufdrehen auf die Gasflasche, aber durch die zweite Option auch gleich eine zweite Flasche am Fahrzeug mit dran.
Soso… wir beäugen dieses Kochfeld mit Skepsis, das nimmt nur Platz weg!
Ebenso die Küche zum ausziehen hängt jetzt ins Canopy rein, wo sie vorher nur an der Seite über dem Kühlschrank praktisch keine Platz gekostet hat. Wir sind da erstmal nicht sonderlich begeistert von. ABER, wir haben ja gesagt wir testen auch mal was und Vincent
(der Besitzer) kommt dazu und erklärt uns, dass auch ihm ein paar Dinge nicht ganz gefallen, aber wir sollen einfach mal am Ende der Reise berichten, was wir davon halten. So haben wir ihn die letzten Jahre kennengelernt, immer am Tüfteln an den Autos und der Ausstattung. Ich glaube ganz zufrieden wird er nie sein.
Die Übergabe geht also fix, wir haben etwas Zeit und quatschen noch länger und sehr gut mit Vincent. Wir berichten über die Routenpläne und dass wir Pässe extra rausgelassen haben und er rät uns, so gut Tracks4Africa zum Navigieren ist, uns auch einfach mal treiben zu lassen und nicht zu strikt an der Route zu kleben.
Ein guter Tipp, den werden wir auch noch beherzigen.
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Irgendwie mache ich nie Fotos beim Ankommen, auch nicht mit dem Handy. Wir quatschen uns einfach fest, da sind wir recht gut drin.
Natürlich werden wieder kiloweise HARIBOs übergeben und auch ein paar Plüschis und Schlüsselanhänger etc. habe ich diesmal im Gepäck. Die Freude ist wie immer groß und einen kleinen Eigennutzen hat diese Tradition auch… ich packe meinen Koffer immer sehr effizient, damit viel Platz für den Süßkram bleibt. Über den Rest der Reise ist er dann schön leicht und ich habe Platz für Mitbringsel.
Ach doch, ein Foto machen wir doch immer, das darf nicht fehlen. 14.993km haben wir am Anfang der Reise auf der Uhr... es werden deutlich mehr als wir erwartet hätten.
Irgendwann müssen wir dann aber doch los, immerhin bleiben wir gar nicht in Windhoek, sondern fahren ja noch bis ins Erongo-Gebirge für die erste Nacht und eingekauft werden muss ja auch noch.
Also verabschieden wir uns, aber noch zuvor lassen es sich Vincent und Kimi nicht nehmen uns einen Sekt zu schenken, für den ersten Abend oder einfach zum anstoßen unter’m Sternenhimmel.
Wir sind etwas perplex und geplättet, freuen uns schon wieder riesig… diese Floskel wiederhole ich irgendwie dauernd… und rollen vom Hof.
Ich schaue nach links, ich schaue nach rechts und dann
setze ich den Scheibenwischer und auf geht es nach Windhoek.
VERDAMMT… jedes Mal.
Scheibenwischerblinken ist der allerletzte Beweis, dass wir wirklich wieder in Afrika sind.
Lieben Gruß,
Robin & Mara