Kapitel 2: Zweierlei Geflecktes
Wie so oft, wenn wir unterwegs sind, werde ich auch heute vor dem Rest der Familie wach und schleiche mich mit der Kamera bewaffnet zu Sonnenaufgang aus unserem Häuschen.
Mein erster Weg führt mich zur Wasserstelle am Haupthaus, die ich verwaist vorfinde. Am Pool steht dagegen ein kapitaler Zebu-Bulle, der von meiner Anwesenheit fast ebenso überrascht ist wie ich von seiner.
Ich nutze die frühmorgendliche Einsamkeit, um die Bäume und Sträucher nach interessantem Federvieh abzusuchen. Einige Exemplare lassen sich dann auch trotz dichten Wirrwarrs des Geästs und standhafter Weigerung, mehr als einen Sekundenbruchteil stillzuhalten, fotografisch einfangen.
Crimson-breasted shrike - Rotbauchwürger
Great Rufous Sparrow – Rotbrauner Sperling
Amethyst Sunbird (f) - Amethystglanzköpfchen
Red-eyed Bulbul - Maskenbülbül
Red-billed Quelea -Blutschnabelweber
African masked weaver – Maskenweber
Pririt Batis - Priritschnäpper
Bald kommen einige der Ridgebacks dazu und vorbei ist es mit meiner Ruhe. Gern hätte ich eine scheue Elephant Shrew fotografiert – das lassen die Hunde aber leider nicht zu…
Während ich so über das Gelände streiche, begegne ich irgendwann auch unserem Gastgeber, den wir am Vortag noch gar nicht zu Gesicht bekommen haben. Freundlich wie ich bin, bilde ich mir ein, dass er mir zugenickt hat. Das wird er bestimmt auch getan haben… Vielleicht hat er mich aber auch einfach komplett ignoriert. Jedenfalls lässt mich die Situation etwas irritiert zurück.
Als ich zurück zu unserem Haus gehe, verfolgen mich die Hunde mal wieder auf Schritt und Tritt. Unsere Villa liegt auf einem durch einen Zaun abgetrennten Areal, das man durch eine Pforte, die laut Beschilderung stets geschlossen bleiben soll, betreten werden kann. Selbstredend schlüpfen die Hunde mit mir durch die Öffnung. Wer sollte diese Riesenviecher auch daran hindern? Ich jedenfalls nicht…

Dies wird jedoch späterhin zu einer Begegnung mit der Seniorchefin führen, die mich zur Rede stellen und mir vorwerfen wird, dass ich durch meine Unachtsamkeit zwei Rüden in Kontakt gebracht hätte, die einander nicht tolerieren würden. Mir war natürlich nicht bekannt, dass es hier zwei Ridgeback-Rüden gibt, die getrennt gehalten werden und so weise ich darauf hin, dass am Zaun keine „Wir müssen leider draußen bleiben“-Information zu finden war und ich nur die grummelige Replik erhalte, was sie denn sonst noch alles ausschildern sollten…
Ich versuche mich von diesen Eindrücken zu befreien und die Vorzüge der Gästefarm gemeinsam mit der Familie zu genießen. Die Ausblicke sind wunderbar, das übrige Personal ist sehr freundlich und das Frühstück, das wir bald gemeinsam einnehmen, ist landestypisch lecker.
Die Morgenstunden verbringen wir gemeinsam und mehr oder weniger faulenzend auf dem Farmgelände. Einen Aufstieg zum kleinen Waterberg beginnen wir kurz, brechen ihn aber wegen der bereits am frühen Tag großen Hitze und des generellen Mangels an Schatten schnell wieder ab.
Für den Nachmittag haben wir eine Farmrundfahrt mit Besuch des Cheetah Conservation Funds gebucht, die sich zu unserer Freude als Privattour herausstellt.
Gemeinsam mit einem Fahrer und einer jungen Führerin besteigen wir einen offenen Landcruiser, der uns über das riesige Farmgelände gen Norden zum Nachbargrundstück des CCF kutschieren wird. Die Fahrt dauert eine gute Dreiviertelstunde und führt uns durch dichten Busch und an mehreren Wasserstellen für die Rinder vorbei. Da die Hitze des Tages enorm ist und wir auch recht schnell unterwegs sind, ist die Hinfahrt kein lohnenswerter Gamedrive. Trotzdem ist es schön, sich den Wind um die Nase wehen zu lassen und die Blicke in die vorbeiziehende Landschaft und auf das Massiv des Waterbergs zu genießen.
Farmerhumor
Leider wird unserer Kleinen kurz vor Erreichen des CCF übel und sie muss sich letztendlich übergeben…

Dies wird einen Schatten auf den weiteren Tag werfen, da sie in Folge ziemlich schlapp bleiben wird und wir Sorge haben, sie zur ausreichenden Aufnahme von Flüssigkeit zu bewegen…
Durch diesen Zwischenfall kommen wir etwas verspätet an den Gehegen der Geparde auf dem Gelände des CCF an und verpassen eine einführende Erläuterung der Stiftung. Zum Glück können wir jedoch noch die „Botschafter“-Geparde bei ihrem Mittagsmahl beobachten.
Im Anschluss an die Fütterung besteigen wir ein Gamedrive-Fahrzeug des CCF und werden in ein recht weitläufiges Gehege gefahren, in dem drei Gepardendamen, die nicht wieder ausgewildert werden können, ein neues Zuhause gefunden haben. Lange dauert es nicht, bis wir sie nacheinander aufgespürt haben. Alle drei Katzen liegen im Schatten verschiedener Bäume und verdösen die Tageshitze. Wer will es ihnen verübeln.

Wir halten jeweils ganz nah an den Tieren und erhalten Informationen über ihre Schicksale und die Arbeit des CCF.
Überhaupt sind die Erzählungen des CCF-Guides das Interessanteste an der Tour, die vom fotografischen Standpunkt aus gesehen wegen der Zäune und der ungünstigen Perspektiven von schräg oben nicht so viel bietet. Wir erfahren viel über seine Perspektive bezüglich des Spannungsfelds, in dem sich Naturschützer, staatliche Akteure, Großgrundbesitzer und Kleinbauern in Bezug auf den nachhaltigen Umgang mit Natur und Tierwelt befinden. Einiges davon holt uns aus der bequemen Safari-Ferienblase heraus und lässt uns nachdenklich werden. Das ist sehr wertvoll.
Nachdem wir im Café des CCF noch eine Stärkung einnehmen konnten und unsere Kleine zum Glück wenigstens etwas Eis aus lokaler Ziegenmilchherstellung, das tatsächlich sehr lecker ist, gekostet hat, machen wir uns auf den Rückweg zur Gästefarm.
Dieser wird uns über die „kleine Serengeti“ führen – eine Offenlandschaft am Fuße des Waterbergs.
Bereits auf dem Weg dorthin begegnen uns eine Riesentrappe
und – welch Überraschung! – ein junger Leopard, der neben der Pad im Schatten eines Termitenhügels den Tag verdöst. Mit dieser Sichtung hätten wir hier im Leben nicht gerechnet: Unser erster Leopard auf Farmland! Einige Minuten lässt er sich unsere Beobachtung gefallen, dann zieht er sich ins hohe Gras zurück. Und wir sind glücklich.
Die Rundfahrt führt uns bald über schöne Grasebenen, die von kleineren Buschgruppen strukturiert werden. Im Hintergrund stets das Waterbergplateau. Im Licht des späten Nachmittags ist das eine sehr schöne Szenerie.
Noch schöner wird es dadurch, dass wir hier recht viel Wild beobachten können. Giraffen lassen sich nah des Weges sehen und auch Steinböckchen haben recht wenig Scheu.
white-browed sparrow-weaver – Mahaliweber
Andere Hornträger aber – seien es Oryx, Eland oder Springbock – sind äußerst auf Abstand bedacht und verhalten sich anders als in Etosha und Co. Wir erklären uns dies auch damit, dass auf dem Farmland gejagt wird.
Einem Schakal kommen wir da schon wesentlich näher.
Und als wir schließlich den Rückweg zur Farm antreten und an dem „Leoparden-Termitenhügel“ vorbeikommen, trauen wir unseren Augen kaum. Der junge Leopard ist wieder da und er hat noch ein etwas kleineres Geschwisterchen mitgebracht.

Beide Katzen liegen entspannt im hohen Gras und wir beobachten uns wechselseitig höchst interessiert, bis das Licht des Tages schwindet und wir uns beeilen müssen, zurück zur Unterkunft zu kommen.
Wegen dieser wunderbaren Begegnung findet die Rückfahrt fast durchweg in der Dunkelheit statt. Ab und an rennt ein Oryx im Scheinwerferlicht über die Pad, mehr passiert nicht mehr.
Zurück auf der Farm werden wird bereits von den anderen Gästen sehnsüchtig erwartet, denn das Abendessen wird erst eröffnet, wenn alle Mitessenden anwesend sind…
Wieder ist alles sehr lecker und die Gespräche am Tisch sind nett. Leider mag unsere Kleine noch immer nicht so richtig essen…
Abgesehen davon sind wir mit unserem ersten vollen Tag dieser Reise sehr glücklich: So eine Leopardensichtung ganz zu Beginn hat eine überraschend entspannende Wirkung auf den subjektiven Sichtungsdruck.
Am nächsten Tag geht es weiter
- mit einem ungeplanten Stopp in Otjiwarongo,
- vielen Kilometern auf Teerstraßen
- und einem schönen Tagesausklang am Okavango.