THEMA: Namibia 2022 - Camping-Premiere unterm Sternenzelt
06 Nov 2022 14:05 #654798
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Hallo ihr Lieben,

im September waren wir zum vierten Mal in Namibia. Es war eine Reise, die Bekanntes, aber auch viel Neues mit sich brachte. Erstmals bereisten wir einen unserer absoluten Sehnsuchtsorte als Quartett mit Freunden. Und erstmals waren wir als Camper unterwegs. Im Bushcamper, um genau zu sein.



Wie es nach all den Jahren dazu kam? Wenn ich das so genau wüsste. Es war wohl buchstäblich eine Schnapsidee. Denn an einem geselligen - und im Zuge dessen auch etwas feucht-fröhlichen - Abend mit unseren Freunden Sandra und Christoph ploppte die Idee auf, das uns noch unbekannte Kaokoveld zu bereisen. Schließlich hatte mich das Forum immer wieder mit Berichten angefüttert und dazu animiert, diesen einsamen Landstrich einmal selbst zu sehen.

Unseren Freunden war der Gedanke sehr sympathisch, dass sich diese verwegene Idee nur als Camper umsetzen lässt. Sind sie doch Camper durch und durch. Anders als wir, die grundsätzlich beim Gedanken an Zeltstangen, Gemeinschafts-Waschhäuser und mögliche Insekteninvasionen zumindest mal mit einer gehörigen Portion Skepsis gesegnet sind.

Namibrand


Wir ließen uns dennoch darauf ein, Versuch macht schließlich kluch, auch wenn wir das Kaokoveld relativ schnell wieder ins Land der Ideen verbannten. Wir trauten es uns fahrerisch schlichtweg nicht zu, und ich bin auch im Nachhinein sehr im Reinen mit dieser Entscheidung.

Es blieb aber beim Reiseziel Namibia, das für die anderen beiden Neuland war, und beim Campen; Neuland für uns. Wir hatten ohnehin zwischendurch andere Unterkünfte mit eingeplant, wie in Swakopmund beispielsweise aus Klimagründen. Zudem behielt ich mir vor, im Fall der Fälle auf eine feste Unterkunft umzuschwenken, sollte es mir zuviel werden und logistisch möglich sein.

Sonnenuntergang beim Etendeka Walk


Blieb die Frage nach der Route, an deren Ausgestaltung ich mich mit Feuereifer machte. Sie sollte im Großen und Ganzen klassische Höhepunkte (wie das Sossusvlei) für unsere Newbies, Neues auch für uns und vor allem Destinationen umfassen, die allein Campern vorbehalten sind (wie Mirabib) - ein weiser Rat unserer Forumsfreundin Ingrid (franzicke :kiss:).

Kurz nach Sonnenaufgang im Dead Vlei


Camping in Mirabib


Auch mochten wir uns vom Kaokoveld nicht ganz verabschieden und bauten es in einer "Light-Version" mit ein. Der Etosha-Nationalpark war gesetzt, denn wir wollten alle Vier auch unbedingt Tiere sehen.





Blutschnabelweber-Wolke im Etosha


Sandra und Christoph nickten mein Pamphlet ab, auch die Agentur unseres Vertrauens hatte keinerlei Bedenken und machte sich dann an die Buchung. Und so sah die dreiwöchige Tour aus:

4. - 24. September 2022:

1 Windhoek, Casa Piccolo
2 Namibrand Nature Reserve, Family Hideout, Campsite Venus
1 Sesriem Campsite
1 Mirabib
2 Swakopmund, Meike's Guesthouse
1 Spitzkoppe Campsite
1 Palmwag Campsite
2 Etendeka Walking Trail
2 Khowarib Campsite
2 Epupa Falls, Epupa Camp
1 Olifantrus Camp, Etosha
2 Okaukuejo, Waterhole Chalet
2 Onguma Bush Camp
1 Waterberg Plateau Campsite

Thomas geht Bikkie ma latsche beim Etendeka Walk


Ich würde mich freuen, wenn ihr uns virtuell auf unserem kleinen Abenteuer begleitet, das schon morgen richtig beginnt. Denn so der "Corona"-Gott will, sitzen wir Ende Dezember im Flieger auf dem Weg nach Südafrika und holen die Reise nach, die wir schon zweimal verschieben mussten. Bis dahin muss das namibische Dachzelt also wieder eingeklappt sein und der Reisebericht beendet.

Liebe Grüße und bis hoffentlich demnächst,
Betti

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07 Nov 2022 15:53 #654894
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4./5. September: Auf in den Süden

Am 4. September steige ich mit steifen Gliedern aus dem Flieger und blinzle in die gerade aufgehende namibische Sonne. Der Flug mit Eurowings Discovery war mäßig komfortabel, aber immerhin direkt und ohne Turbulenzen, trotzdem habe ich wohl nicht mehr als zwei Stunden Schlaf abbekommen. Unten auf dem Rollfeld nimmt mich Sandra in die Arme, die deutlich frischer aussieht. Sie und Christoph haben Meilen investiert und sind Business geflogen, wir waren mit diesem Kniff etwas zu spät dran und gescheitert. Egal. Mir kommen fast die Tränen. Wir sind tatsächlich da. Vor allem in Corona- und überhaupt Krisenzeiten haben wir schmerzlich lernen müssen, dass das alles andere als selbstverständlich ist.

Wir haben als Neu-Camper mehr Gepäck als sonst, umso blöder, dass ein Teil unserer Taschen nicht mitgekommen zu sein scheint. Zumindest offenbart die freundliche Dame am Gepäckband auf Nachfrage, dass jetzt Sense sei. Das ist nun echt nervig. Wir überlegen noch, wie wir das wohl am nächsten Tag regeln können, wenn wir eigentlich schon unterwegs zum Namibrand sein wollen. Doch dann läuft das Gepäckband unverhofft erneut an und bringt unsere Siebensachen. Uff, Glück gehabt! Mehr jedenfalls als ein junges Paar, das ebenso wie wir von Bushlore abgeholt wird. Ihr Gepäck fehlt tatsächlich und sie tun mir leid, machen sie sich doch ebensolche Gedanken wie wir noch kurz zuvor.

Bei Bushlore auf dem Hof in Windhoek herrscht rege Betriebsamkeit. Die Flotte an Dach- und Bushcampern ist beeindruckend groß, unsere beiden Autos stehen direkt vorne - ein Landcruiser für Sandra und Christoph und ein Hilux Double Cab für uns, den ich deshalb ausgesucht hatte, weil er mir in seinen Dimensionen zum Fahren sympathischer erschien; wohlwissend, dass der Landcruiser größer und entsprechend zum "Wohnen" komfortabler sein würde.

Der Landcruiser von Sandra und Christoph, hier in Mirabib.


Dem ganzen Papierkram folgt die Einweisung ins Auto, für uns alles Neuland und mindestens am Rande einer Überforderung. Ich versuche die Dinge herauszufiltern, die keine Rolle für uns spielen dürften. Wie das Handling des furchteinflößenden Highjacks oder die Handhabung der Borddusche, die schwer an Gardena erinnert, denn so richtig offroad werden wir ja nicht unterwegs sein. Aber auch mit den restlichen Informationen haben wir nach einer beinahe schlaflosen Nacht noch mehr als genug zu kämpfen. Wir filmen vorsorglich häppchenweise mit dem Handy mit, im Grundsatz eine gute Idee, doch als wir später tatsächlich einmal etwas nachschauen wollen, finden wir das entsprechende Video in dem Wust kaum wieder.

Immerhin: Auf den ersten Blick kann ich mich mit meinem neuen Teilzeit-Zuhause durchaus anfreunden, es scheint alles da und durchdacht zu sein. Umständlich kommt mir nur die Heckklappe vor, mit ihren vielen merkwürdigen Schließmechanismen, für die Leiter, für die Halterung des Reserverads, für sie selbst. Als ich versuche, sie von innen zuzuziehen, kippe ich fast nach vorne heraus, denn trotz meiner langen Arme kann ich den weit vor und über mir schwebenden Griff kaum erreichen und auch die Strippe nicht, an der ein Metallstab baumelt, der zum Verschließen von innen in ein Loch am Boden bugsiert werden muss. Die Klappe ist zudem nicht nur schwer, sondern auch schwergängig. Kurzum: Wir werden keine Freunde, dieses hydraulische Monstrum und ich, das ahne ich schon jetzt.

Die Heckklappe, ein ungelöstes Rätsel der Menschheit. Thomas ist am Waterberg trotzdem guter Dinge.


Schließlich rollen wir dennoch guten Mutes vom Hof und zur Casa Piccolo, die auch deswegen empfehlenswert ist, weil wir auf dem großen, umzäunten Gelände problemlos hin- und herpacken können. Ganze Wagenladungen müssen nach unserem Besuch in der Maerua Mall, die sonntags erfreulich lange geöffnet hat, verstaut werden. Als extrem praktisch entpuppt sich dabei eine große Ikea-Tasche, in der wir das Feuerholz lagern, ein weiterer guter Tipp von Ingrid. Wir haben einen Kühlschrank zur Verfügung, die anderen beiden zwei, und ich versuche zumindest, die Dinge insgesamt so zu ordnen, dass sie ein System ergeben. Was vor allem in den ersten Tagen nur leidlich gelingt, in denen wir bedauerlich viel Zeit mit Suchen verbringen.

In der Casa Piccolo bekommen wir das vakuumierte Fleisch, das wir vor der Abreise bei der Klein Windhoek Schlachterei vorbestellt hatten. Sehr praktisch! Die nette Dame an der Rezeption drückt mir außerdem einen Voucher in die Hand, die lokale Agentur hatte darum gebeten. Er hinterlässt bei mir Fragezeichen, ich ahne aber, dass er für Mirabib gedacht ist - wenn auch nur für ein Auto und explizit ohne Übernachtung. Auf Nachfrage rät die Agentur, in Sesriem noch einmal abzuklären, wie weit wir mit diesem Permit wohl kommen.

Am Abend gehen wir bei Joe's Beerhouse essen, das über einen eigenen Taxiservice verfügt und - obwohl ein beliebter Klassiker - für uns beim vierten Besuch in Windhoek eine Premiere ist. Viel falsch macht man hier wohl nicht, die Auswahl ist groß und auch geschmacklich akzeptabel. Das Interieur des verschachtelten Areals dagegen verknüpfe ich weniger mit Attributen wie "urig", "rustikal" oder "originell", sondern vielmehr mit dem Impuls, hier mal richtig auszumisten. Es ist eben wie bei allem im Leben: Die Geschmäcker sind verschieden.

Satt und vom Flug geschlaucht kippen wir schließlich relativ früh ins Bett, denn es geht auch früh wieder raus. Immerhin haben wir am nächsten Tag eine rund 470 Kilometer lange Fahrt zum Namibrand vor uns, spätestens gegen 8.30 Uhr wollen wir los.

Destination Namibrand Nature Reserve - eine Landschaft zum Niederknien




Nach dem guten Frühstück klettern wir in die Autos, und ich bin aufgeregt - endlich geht es richtig los! Ich drehe den Schlüssel im Zündschloss und ... Nichts! Kein Mucks. Die erste Enttäuschung ist grenzenlos.

Also wieder raus aus dem Auto. Eine erste Analyse ergibt: Wir haben nichts falsch gemacht, auch kein Licht angelassen oder etwas in der Art (was die Mitarbeiter der Casa Piccolo übrigens abends auch noch einmal abschließend überprüfen). Wir überlegen hin und her und Thomas hat die Eingebung, für den Start auf die zweite Batterie umzuswitchen, die unter anderem den Kühlschrank füttert. Der Wagen springt problemlos an. Ich möchte allerdings nicht schon am ersten Tag mit einer unbrauchbaren Batterie durch die Gegend eiern, und so rufen wir Bushlore an. Die reagieren prompt und schicken einen Mitarbeiter vorbei, der die Batterie austauscht. Fortan werden wir keinerlei Probleme mehr haben.

Gegen Zehn starten wir den zweiten Anlauf und düsen über die B1 nach Kalkrand und dann nach Maltahöhe. Als wir von Asphalt auf Gravel wechseln, reduzieren wir den Reifendruck, immer beeindruckender werden Landschaft und Fahrt.

Christoph bei der Arbeit :)






Unverhofft schön ist die Gegend beim Tsarispass, die wir so gar nicht auf der Rechnung hatten.



Immer wieder legen wir Stopps ein und bleiben dabei allein auf weiter Flur. Kein anderes Auto begegnet uns auf dieser uns bis dato noch unbekannten Strecke.





Die Sonne steht schon tief, als wir ins Namibrand Nature Reserve abbiegen.





Auf dem Weg zum Farmhaus, wo wir 2015 die grandiose Tok-Tokkie-Wanderung begonnen hatten, sehen wir schon Zebras, Strauße und Löffelhunde. Mein Herz schlägt Purzelbäume.





Am Farmhaus checken wir ein und buchen direkt für den nächsten Nachmittag einen rund vierstündigen Scenic Drive, und es ist ein Glücksfall, dass uns der Guide vorsorglich ein kleines Stück in Richtung unserer Campsite begleitet. Denn - und das ist mir aufrichtig peinlich - ich schaffe es, mich im einzigen etwas größeren Sandhaufen festzufahren, den es auf dem Weg zur Campsite gibt (weshalb 4x4 für das Erreichen von Venus und Jupiter auch empfohlen ist). Traurig, aber wahr: Ich bin eine versierte Fahrerin, aber ich kann einfach keinen Sand. :pinch:

Mit ein paar Handgriffen bugsiert der Guide das Auto aus der Verwehung (ich schaue genau hin und lerne!), dann sind wir da. Wie schön es hier ist! Ein herrlich ruhiger, einsamer Platz inmitten der roten Sanddünen.

Bild vom nächsten Tag


Wir sind spät dran und so geht leider schon kurz nach unserer Ankunft die Sonne unter. Thomas und ich nehmen uns fest vor, am nächsten Morgen dabei zu sein, wenn sie wieder auftaucht. Nach einem üppigen BBQ krabble ich erstmals nach oben in unser Dachzelt. Sind erst einmal alle Gliedmaßen sortiert, liegt es sich gar nicht so schlecht, und so bellen mich die Geckos vielstimmig und früh in den Schlaf.

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08 Nov 2022 19:49 #655013
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6. September: Düne rauf, Düne runter

Kurz vor Sonnenaufgang sind wir tatsächlich wach, den Wecker hätten wir fast nicht gebraucht. Der Himmel leuchtet eindrucksvoll durch die Fensternetze, und die wunderbaren Farben scheuchen uns aus den Federn. Es war eine von insgesamt nur zwei kalten Nächten auf dieser Reise, die frisch gereinigten Bushlore-Schlafsäcke tun aber ausreichend ihren Dienst und vorsorglich hatten wir noch eine Decke dabei, die ebenfalls zum Einsatz kam.

Beim Umziehen schlottere ich allerdings ganz schön vor mich hin, zumal ich am Vorabend nicht gleich die Sachen für den nächsten Morgen zurechtgelegt habe. Ein Kardinalfehler. Bibbernd fahnde ich im Lichtkegel der Stirnlampe nach meinem dicken Kapuzenpulli, den ich ganz bestimmt mitgenommen habe. Er liegt ganz unten in der Tasche vergraben. Natürlich.



Weil rätselhafterweise nichts von unseren Sachen an dem Ort ist, wo ich sie vermute, brauche ich viel länger als gedacht, um überhaupt auch nur angezogen zu sein. Die Sonne wartet jedoch nicht und so wird die angedachte Katzenwäsche auf später verschoben. Ist ja eigentlich auch egal, ob man verlottert...

Die anderen beiden schlafen noch und wir versuchen, so leise wie möglich zu sein. Die Heckklappe hat allerdings ihren eigenen Kopf und fabriziert beim Öffnen stets ein durchdringendes "Klong", wenn sie oben angekommen ist und ein Metallbügel schwungvoll (und auch zweckfrei) umschlägt. In der Stille klingt das wie ein Donnerschlag. Da hilft nun auch kein guter Schlaf.

Einer der Vorzüge der Venus-Campsite ist eine große Düne direkt nebenan.



Sie ist mit ihrem weiten Blick wie gemacht für Sonnenauf- und -untergänge. Als wir hinaufstapfen, sind die Sandwellen noch unberührt und es tut uns beinahe leid, sie zu zerstören. Schon am nächsten Morgen hat aber der Wind sein Werk getan und unsere Spuren verwischt, als hätte es sie nie gegeben.



Unser Hausberg, im Hintergrund die Campsite Orion (in einer Linie hinter mir). Sie ist noch weiter entfernt, als es hier aussieht. Man bekommt von den Nachbarn absolut nichts mit.


Oben angekommen, sind Licht und Ausblick überwältigend.





Wir müssen gar nicht groß drüber reden. Es ist klar, dass wir noch weitergehen. Diese grandiose Landschaft, die sich vor uns ausbreitet, zu Fuß erobern wollen. Zumindest einen Teil davon.



Wir laufen unseren "Hausberg" hinunter, durch ein kleines Dünental und dann die nächste Düne wieder hinauf. Und dann noch eine und noch eine. Was für ein Privileg, solch einen Ort für sich zu haben. Wenigstens für eine kleine Weile. Wir versuchen die vielen kleinen und größeren Tierspuren im Sand zu lesen, was uns manchmal, aber nicht immer gelingt.





Wir können uns kaum sattsehen an den Farben und Formen. Längst ist es warm geworden. Als sich hinter der höchsten Düne eine weite Ebene erstreckt, laufen wir im großen Bogen zurück.



Zurück an der Campsite, bereiten Sandra und Christoph schon emsig das Frühstück. Es gibt leckeres Rührei und danach im campsiteeigenen Bad eine warme Dusche. Ein riesiger Gecko schaut zu. Der darf das.

Sandra will ein wenig wandern, und wir gehen noch einmal mit. Diesmal in die andere Richtung. Das sanfte Morgenlicht ist weg, doch es ist erneut ein schöner Spaziergang. Und ein interessanter dazu. Wir treffen viele kleine Wüstenbewohner.







Als wir zurückkommen, ist Christoph beim Lesen im Campingstuhl eingenickt. Eigentlich eine gute Idee. Wir klettern ins obere Stockwerk und schlafen uns endgültig die Batterien wieder voll.



Um 15 Uhr kommt pünktlich der Guide. Wir bleiben mit ihm ein Quintett, und ich freue mich darauf, mehr von der Landschaft zu sehen, die wir uns bei der Tok-Tokkie-Wanderung nur zu einem kleinen Teil erschließen konnten.

Es macht riesig Spaß, sich durch die Gegend gondeln zu lassen. Der Fahrtwind vertreibt die Hitze des Tages. Wir sehen nicht so viele Tiere wie am Vorabend bei unserer Ankunft, aber die farbenfrohe Landschaft ist atemberaubend schön und überraschend abwechslungsreich.







Mal geht es die Dünen hinauf, dann hinunter. An einem der höchsten Punkte halten wir an und steigen aus. Ein Höhepunkt - buchstäblich.





Dann geht es steil hinunter. Fühlt sich fast an wie freier Fall. Doch unser Fahrer kennt das Gelände wie seine Westentasche, man merkt es deutlich.



Unten liegt eine gigantische Ebene. Wieder ist die Landschaft ganz anders. Und glatt wie ein Spiegel. Der Horizont scheint manchmal endlos.



Wieder halten wir auf einer Düne an, die Sonne geht unter. Nach fast vier Stunden endet unsere Tour, wir haben jede Minute genossen.





Zurück an der Campsite lockt uns das letzte Licht des Tages noch einmal in die Dünen, die uns in alle Richtungen umgeben.



Ich setze mich in den warmen Sand und lausche dem Konzert der Geckos. Der Himmel glüht. Es ist ein perfekter Moment.

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12 Nov 2022 22:06 #655395
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7. September: Ein toller Tag und ein saublöder Abend

Wieder sind Thomas und ich früh auf den Beinen und beobachten die Farbwechsel des Himmels, die schlichtweg magisch sind. Dieses fast schon unwirkliche Leuchten begleitet uns auf der gesamten Reise und ist von Bele in ihrem Reisebericht ebenfalls mehrfach erwähnt und auch erläutert worden. :)



Es setzt jeweils deutlich vor Sonnenauf- und nach Sonnenuntergang ein. Erst rund eine halbe Stunde später zeigt sich auch an diesem Morgen dann tatsächlich die Sonne.



Als wir noch etwas schlaftrunken erneut unseren Hausberg erklimmen, schließt sich uns Christoph an, der die beiden Spaziergänge am Vortag ausgelassen hatte.



Wieder wandern wir durch die friedliche Dünenlandschaft, auf den Spuren eines Oryx, das uns ein wenig skeptisch beäugt, als wir da so ungebeten durch sein Wohnzimmer marschieren. In der Ferne haben sich die Camper von "Orion" in den Sand ihres viel kleineren Hausbergs gesetzt und genießen ebenfalls die Morgenstunden.





Die Wanderung fällt deutlich kürzer aus als am Vortag, denn um 10 Uhr müssen wir dieses herrliche Fleckchen Erde verlassen haben.



Nach dem Frühstück waschen wir ab, verstauen unseren Krimskrams und fahren über eine kleine Schleife, die auch an der Zufahrt zur Campsite Jupiter vorbeiführt, erst zum Farmhaus und dann zur Ausfahrt. Die Jupiter-Campsite haben wir nicht wirklich einsehen können, sie ist aber der jüngste der drei Plätze und wohl mit einem größeren Holzdeck sowie Ladestationen für Akkus ausgestattet.

Nur 125 Kilometer sind es bis Sesriem, Thomas und ich sind die Strecke schon mehrfach gefahren und mögen die pastellfarbene Landschaft, die sich zu beiden Seiten erstreckt.



Wir haben viel Zeit und leisten unterwegs einer Straußenfamilie eine Weile Gesellschaft.







Trotzdem sind wir schon mittags in Sesriem, die Sonne knallt vom Himmel. In dieser Hitze zieht uns noch nichts zur Campsite, was also tun? Mir fällt die alteingesessene Sossusvlei Lodge ein. Einst bedeutete die Lage direkt am Hauptgate zum Namib Naukluft Park die Pole Position, mittlerweile gibt es zwei Lodges innerhalb der Parkgrenzen, die einen früheren Start in Richtung der Sterndünen möglich machen.

Wie erhofft dürfen wir uns im Restaurant nach Herzenslust am Buffet bedienen (15 Euro p.P.), und es schmeckt richtig gut.



Dann checken wir an der Rezeption von NWR ein, bekommen einen Stellplatz und lüften mithilfe der netten Dame am Desk das Rätsel um das Permit, das wir in Windhoek erhalten hatten. Es ist für Mirabib gedacht, allerdings vollkommen unzureichend und so werten wir für zwei Autos inklusive Übernachtung auf. Kontrolliert wird später in Mirabib allerdings nicht.

Die Sesriem Campsite besitzt den Charme eines staatlichen Campingplatzes, also gar keinen, aber das wussten wir vorher. Nach der Idylle von Namibrand ist diese staubige und mit Stellplätzen übersäte Einöde dennoch ein kleiner Kulturschock.

Immerhin: Unsere großzügige Campsite liegt ganz am Ende des Geländes und somit einigermaßen ruhig unter einem riesigen Kameldornbaum. Das Waschhaus ist allerdings einen kleinen Fußmarsch entfernt und ohnehin alles andere als ein Schmuckstück. Für eine Nacht wird es gehen. Direkt nebenan befindet sich aber die Sesriem Oshana Campsite mit jeweils privater Dusche und Toilette. Diese Alternative war an mir vorbeigegangen, wir hätten sie vermutlich wegen der eigenen Ablutions zumindest sehr eng in Betracht gezogen. Allerdings gibt es dort keine Bäume.

Entscheidend bei der Auswahl der Campsite war indes vor allem die Lage innerhalb der Parkgrenzen, denn dadurch darf man eine Stunde eher ins Sossusvlei fahren und auch eine Stunde länger bleiben. Und das "innere Gate" ist nur zwei, drei Minuten entfernt. Kurzum: Alles in allem sind wir guter Dinge.

Weil Thomas und ich schon zweimal im Sossusvlei waren, möchten wir diesmal die Zeit für Dinge nutzen, die zwar nie ganz oben auf der Bucket-List standen, wir aber schon immer einmal machen wollten. Am Sesriem Canyon zum Beispiel sind wir (aus Richtung Sossus Dune Lodge) schon mehrfach vorbeigefahren, aber wir waren noch nie darin. Während die anderen beiden zur Düne 45 aufbrechen, machen wir uns also auf den kurzen Weg zur 30 Meter tiefen und drei Kilometer langen Schlucht, die der Tsauchab über Millionen von Jahren in das Gestein gefräst hat.



Allein sind wir hier nicht. Zumindest nicht am Anfang. Doch weil sich offenbar die meisten am Nachmittag auf den Rückweg von ihrem Tagesausflug ins Sossusvlei machen, sind wir irgendwann fast unter uns und genießen die Stille an diesem tiefer gelegten Ort. Natürlich gibt es spektakulärere Canyons, aber er ist für uns den Abstecher allemal wert.





Unser eigentliches Ziel ist an diesem Nachmittag aber die Elim-Düne, die nur 1,5 Kilometer von unserer Campsite entfernt in der Nähe des Parkeingangs liegt. Benannt wurde sie nach der Farm, die sich einst hier befand. Wir waren noch nie dort. Ruckzuck sind wir da, rollen auf den Parkplatz und machen uns auf den Weg nach oben. Der ist nicht so trivial wie ich dachte, denn die Strecke zieht sich. Das hatten wir deutlich unterschätzt.

Hinten links im Bild Sesriem


120 Meter ist die Elim-Düne nur hoch. Doch anders als bei den Sterndünen gibt es nicht den einen, klar erkennbaren höchsten Punkt, sondern auch immer wieder kleine Täler. Weit kann es nicht mehr sein, denken wir mehrfach. Doch dann türmen sich wieder neue Sandhaufen vor uns auf. Wir zweifeln, ob wir es überhaupt zeitlich bis ganz oben schaffen. Das Gate wartet nicht auf uns.







Doch wir beißen uns durch. Und das lohnt sich. Je tiefer die Sonne sinkt, desto kräftiger werden die Orangetöne.



Die Elim-Düne ist anders als die Sterndünen mit Gras bewachsen.


Mit jedem Meter wird der Blick weiter, ändert sich die Perspektive. Und irgendwann haben wir es tatsächlich geschafft - wir sind oben. Eine kleine Gruppe junger Spanier hat es sich schon im Sand bequem gemacht, die Stimmung ist entspannt. Und wir genießen die Aussicht.





Eine Viertelstunde bleiben wir, dann machen wir uns an den Abstieg. Der geht ganz leicht. Mit Siebenmeilenstiefeln pflügen wir durch den tiefen Sand.



Zurück am Auto grinsen wir uns an. Das war eine richtig gute Aktion!

An der Gabelung zur Hauptstrecke, die rechts ins Sossusvlei und links zum Gate führt, halten wir noch einmal an. Der Sonnenuntergang ist spektakulär. Und auch das Konzert der Geckos (Video folgt in einem späteren Kapitel).



Wir treffen Sandra und Christoph vor dem NWR-Restaurant, gutes Timing! Burger und Pommes sind nicht spektakulär, machen aber satt. Ich trinke literweise Limo.

Die Dusche in den Waschräumen ist nicht schmuck, aber bitter nötig. Wir wollen früh ins Bett und noch vor Sonnenaufgang in Richtung Sossusvlei. Aber - der Hilux hat eine andere Idee. Schon am Vorabend hatten wir den Metallstift, mit dem die Heckklappe (etwas dilettantenhaft) von innen verschlossen wird, nur mit allergrößter Mühe in das dafür vorgesehene Loch am Boden gerammt.

Nun aber passen die beiden Öffnungen so gar nicht mehr aufeinander. Wir fummeln, wir fluchen - vergebens. Weiter als einen Zentimeter kriegen wir den Stab nicht rein. "Drin?", fragt Thomas hoffnungsvoll von oben. "Drin!" vermelde ich, wenn auch mit Zweifeln. Und schon zieht die schwere Klappe den Stift wieder raus. "Pfffffffffft", macht die Hydraulik. "KLONG!" antwortet kurz darauf der Metallbügel. Es ist zum Verrücktwerden.

Ich angle erneut nach dem Stift. Versuche, nicht nach vorne herauszupurzeln. Wurschtele Minuten um Minute herum. Schlage mir Kopf und Beine an. Und klettere schließlich verhalten optimistisch nach oben. Mission erfüllt - vielleicht.

Wir schlafen ein. Glücklich vom Tag, genervt vom Abend. Dann, nach etwa einer Stunde: "Pfffffffffft." Und: "KLONG!" Thomas, im Naturell eher friedfertig, brüllt rum: "Ich hol' jetzt die Axt." Die liegt im Staufach unter uns. Weil ich weder weiß, was er damit will, noch, wie zurechnungsfähig er aktuell ist, klettere ich schnell nach unten. Komme ihm zuvor. "Braucht ihr Hilfe?", fragt Sandra von nebenan. "Uns ist nicht zu helfen", antworte ich. Und meine das auch so.

Wieder Gefummel, Gefluche und die Hoffnung, dass das Teil auch ohne nächtlichen Einsatz einer Axt irgendwie hält. Um Mitternacht dann endlich: Mission completed. Halleluja! Aber warum, warum, warum verdammt nochmal nicht gleich so???

Letzte Änderung: 13 Nov 2022 10:18 von Beatnick.
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15 Nov 2022 19:03 #655597
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8. September: Vom Sand zum Felsen und ins Nichts

Trotz der unruhigen Nacht bin ich in überraschend guter Verfassung, als uns der Wecker aus dem Schlaf reißt. Wir freuen uns einfach auf den Tag - wie auf jeden Tag unserer Reisen. Mit der Stirnlampe auf dem Kopf mache ich mich auf den Weg ins Waschhaus, wo einige Mitcamper einen ziemlichen Saustall hinterlassen haben. Die Katzenwäsche kostet mich eine kleine Überwindung.

Sandra und Christoph haben Tee und Kaffee gezaubert, essen werden wir später. Auch auf den Campsites um uns herum herrscht schon rege Betriebsamkeit, ein Auto nach dem anderen macht sich auf den Weg zum "inneren Gate", das deutlich vor Sonnenaufgang öffnet. Ein klarer Standortvorteil.



Ganz pünktlich schaffen wir es nicht, doch alles in allem sind wir gut organisiert und rollen mit nur zehnminütiger Verspätung am geöffneten Schlagbaum vorbei. Unterwegs kündigt das Leuchten den Tag an und schließlich steigt die Sonne über den Horizont.





Wir waren schon mehrfach im Sossusvlei und fotografieren wohl auch deshalb auf der rund 60 Kilometer langen Strecke kaum, was uns aber erst im Nachhinein auffällt.



Als die Teerstraße endet, stellen wir uns auf den Parkplatz. Bei unserer Premiere viele Jahre zuvor waren wir auf den letzten Kilometern steckengeblieben, eine unliebsame Erfahrung, die mir Fahrten durch Tiefsand nachhaltig verleidet hat. Bei den darauffolgenden Besuchen waren wir organisiert unterwegs, diesmal wollen wir erstmals den Shuttle nutzen, der in regelmäßigen Abständen zwischen Deadvlei, Sossusvlei und 4×4-Parkplatz hin und her fährt. Er steht tatsächlich schon bereit, sehr unkompliziert wechseln wir hinüber und fahren direkt los, bezahlt wird erst nach der Rückkehr.

Wir schlingern durch die außergewöhnliche Dünenlandschaft, befreien unterwegs einen steckengebliebenen Touristen aus seiner misslichen Lage, klettern schließlich aus dem Wagen und machen uns zu Fuß auf die letzten 20 Minuten ins Deadvlei.



Mit einem Guide der Sossus Dune Lodge waren wir schon einmal richtig früh dran und weit vor Sonnenaufgang im Vlei. Das war diesmal zeitlich schon allein aufgrund der Öffnungszeiten des Gates nicht möglich. Die ganz große Licht-Schatten-Show gibt es somit nicht und auch nicht das Privileg, ganz allein in der berühmten Pfanne zu sein.







Dennoch sind wir noch weit vor den Massen und können uns auf die Magie dieses Ortes ungestört einlassen.



Wir wandern von Baum zu Baum und sind wie immer beeindruckt von den Kunstwerken der Natur. Ein Aufpasser ist da, schade, dass das nötig ist, beim letzten Mal war er mir zumindest nicht aufgefallen.

Sandra und Christoph bei ihrer Deadvlei-Premiere


Sandra und Christoph wollen noch ins Sossusvlei und laufen zurück zum Shuttle, Thomas und ich sind wieder bei der Rubrik "Was wir schon immer einmal machen wollten".



Noch nie sind wir auf den Big Daddy gestiegen. Das werden wir auch diesmal nicht tun, denn dafür bräuchten wir mehr Zeit, schließlich haben wir noch knapp 230 Kilometer Strecke nach Mirabib vor uns. Aber zumindest rauf auf den Dünenkamm wollen wir und von oben hinunter ins Deadvlei blicken. Auch das ist eine Premiere.

Um von Beginn an den leichteren Weg über den Dünenkamm zu nehmen, müssten wir ziemlich weit in Richtung Parkplatz zurücklaufen.



Wir kürzen also ab, wie schon einige andere vor uns. Fußspuren an der Flanke zeugen davon. Eine Strecke von vielleicht 20 Metern müssen wir überwinden. Doch die hat es in sich. Es geht steil bergauf, im tiefen Sand versinken wir bis über die Knöchel und rutschen bei jedem Schritt auch wieder ein gutes Stückchen abwärts. Puh, ist das anstrengend!



Als wir den Dünenkamm erreicht haben, geht es dann ganz leicht.



Begeistert balancieren wir ihn entlang, rechts und links geht es steil hinunter und wir müssen uns mehrfach daran erinnern, dass ein Sturz in den weichen Sand folgenlos bliebe. Das Gefühl sagt etwas anderes: Vorsicht, hier ist es steil und hoch!



Blick zurück in Richtung Sossusvlei. Wer genau hinschaut, kann hinten die mit Wasser gefüllte Pfanne entdecken.


Wir laufen parallel zum Deadvlei bis ganz an sein Ende, dann biegen wir in einen ausgeprägten Trampelpfad ab, der uns in einem weiten Bogen über die steile Flanke hinunterführt ins grelle Weiß der Pfanne.



Runter geht wie immer problemlos, aber rauf... Uns kommen zwei ältere Herren entgegen, mit hochroten Köpfen und dick vermummt zum Schutz vor der Sonne, die auch um kurz nach Neun schon heiß vom Himmel brennt. Sie sind auf allen Vieren unterwegs, um überhaupt im tiefen Sand vorwärtszukommen, schnaufen bedenklich und der Weg ist noch weit. Ich kann mir kaum vorstellen, dass sie oben angelangt sind. Merke: Immer über den Grat auf die Düne.

Links im Bild der Trampelpfad. Aus dieser Perspektive ist kaum zu glauben, wie unfassbar fordernd es ist, über die Flanke auf den Dünenkamm zu gelangen.


Quer durch die Pfanne schlendern wir zurück zum Parkplatz am Deadvlei, wo der Shuttle kurz darauf hält. Das läuft nun wirklich wie geschmiert. Der Wagen hält noch am Sossusvlei, wo immer noch Wasser in der Pfanne steht, wir hatten es schon von oben gesehen. Ein ungewohnter Anblick. Dann verabschieden wir uns vom Sossusvlei, wer weiß, vielleicht gibt es ein Wiedersehen. Es hängt vor allem davon ab, wie sich die Dinge dort entwickeln.





Unsere Reisegefährten sehen wir mittags wie verabredet im NWR-Bistro in Sesriem wieder, wir brunchen und tanken noch, dann fahren wir auf der C19 und später C14 nach Mirabib.



Thomas und ich sind diese Strecke erst einmal nach Swakopmund gefahren, und wir hatten vergessen, wie schön sie ist. Wir lassen Solitaire links liegen, halten aber andernorts immer wieder an.





Die Weite weicht einer hügeligen Landschaft, wie aus dem Auenland, nur nicht so grün, und ich nehme mir fest vor, beim nächsten Mal im Valley of 1.000 Hills eine Übernachtung einzuplanen. Dann die Schroffheit des Kuiseb Canyons, die Straße hat deutlich weniger Wellblech als bei unserem Namibia-Debüt 2012 und ich kann die Fahrt so richtig genießen.







Schließlich biegen wir nach links ab. Noch 30 Kilometer. Weder ist die Piste so rau wie erwartet, noch umgibt uns staubig-graues Einerlei. Rechts und links wogt goldenes Gras. Die Regenzeit war wohl auch hier ergiebig.



Von Weitem schon sehen wir Mirabib. Fahren gebannt darauf zu. Ein riesiger Felsbrocken mitten in der Wüste. Wie es dort wohl sein wird?

Bild vom nächsten Morgen. Am Nachmittag hat man bei der Anfahrt Gegenlicht.


Bei den Stellplätzen haben wir die Qual der Wahl, denn wir sind in dieser Nacht alleine hier. Am Ende wird es die etwas erhöhte Fläche inmitten der Felsen mit weitem Blick über die Namib und in Richtung Sonnenaufgang.

Eine Kulisse wie im Film: Zwei markante Felsen schweben über unseren Stellplätzen. Ich habe sie "die Wächter" genannt. So ganz allein sind wir also nicht.


Die Nachmittagssonne steht unterdessen schon tief. Und kaum haben wir unsere endgültige Parkposition erreicht, macht sich Thomas ans Werk. Doch schon als er die Axt aus dem Aufbau kramen will, steht er vor dem nächsten Problem: Unterwegs ist eine der Schrauben verlorengegangen, an denen die Leiter befestigt ist. Als wir sie herunterklappen, hängt sie auf der rechten Seite frei in der Luft - und gefühlt nur noch am seidenen Faden. Noch können wir sie benutzen, doch lange halten wird das nicht. Hoffentlich aber bis Swakopmund. Dort muss dann eine Lösung her.

Ich klettere lieber in den Felsen herum, als Thomas mit der Axt als Hammer den Metallstift in den Rahmen drischt. Was sich als ebenso unkonventionelle wie erfolgreiche Maßnahme entpuppt: Die beiden Löcher sind nun so geweitet, dass sie wieder aufeinanderpassen und die Klappe ohne großen Aufwand verlässlich schließt.



Mein erster Streifzug ergibt eine überwältigende Bestandsaufnahme: Wir sind in einer Kulisse wie im Film. Und das nicht nur sprichwörtlich. Im Klassiker "2011: Odyssee im Weltraum" von Stanley Kubrick (1968) beginnt an diesem Ort das Leben auf unserem Planeten.



Wenn auch ein karges Leben, aber das haben wir ja so gewollt. Und uns vorbereitet. Zum ersten (und einzigen) Mal kommt das Porta Potti zum Einsatz.

Am Abend sitzen wir am Feuer, Christoph ist im Weltmeister-Grillmodus und über uns leuchten die Sterne. Wir sind weit weg von jeder Zivilisation, und das ist einfach wunderbar.





Hier gibt es nichts - und doch so viel. Absolute Stille zum Beispiel. Und weil ich ihr so gerne zuhöre, mache ich mich allein auf die Socken und wandere eine Weile um den Felsen herum. Keine Tiere, noch nicht einmal Geckos, keine Insekten - nichts. Wer Einsamkeit sucht, wird sie hier finden. Stadtmensch durch und durch, ist sie mir erst nicht geheuer. Doch dann genieße ich sie uneingeschränkt. Auch, weil mich die vielen Eindrücke der vergangenen Tage fast erschlagen.



In der Nacht werde ich immer wieder wach. Nicht wegen der doofen Klappe. Sondern weil ich es will. Sie ist einfach zu schön. Mild, windstill, der kugelrunde Mond strahlt fast wie eine Sonne und so hell, man könnte in seinem Licht spielend über die Felsen klettern. Aber das haben wir uns erst für den Morgen vorgenommen.

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  • Beatnick am 06 Nov 2022 14:05
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9. September: Temperatursturz

Thomas und Christoph haben schon am Abend miteinander verabredet, dass sie mit Sonnenaufgang auf den Beinen sein und den Ausblick genießen wollen. Ich habe mir eigentlich vorgenommen, diesmal ein wenig länger auf der faulen Haut zu liegen als zuletzt, doch der Afrika-Rhythmus ist mir längst in Fleisch und Blut übergegangen.





Also steige ich mit nur leichter Verzögerung nach unten und durch die bereits geöffnete Luke nach draußen und brauche diesmal noch nicht einmal einen Pullover, so warm ist es.







Die Stille, die Weite und die Einsamkeit nehmen mich an diesem Morgen genau so gefangen wie am Abend zuvor. Wir stromern durch die Gegend und lassen die entspannte Morgenstimmung auf uns wirken, während die fleißige Sandra schon Kaffee aufsetzt.







Ich entdecke einen natürlichen Pfad, der ohne größere Kletteraktionen weiter nach oben führt, und nach dem Frühstück...



...machen wir Vier uns auf zu einer morgendlichen Exkursion auf diesem fremden Planeten. Anderes Leben entdecken wir nicht, auch nicht in den Nischen um den Felsen herum, wir sind also tatsächlich ganz allein an diesem Ort.



Wir steigen auf ein riesiges Plateau und sind sofort im Entdeckermodus. Fast eine Stunde lang lassen wir uns hier oben treiben, und können in alle Himmelsrichtungen schauen.







Die Weite der Namib, die sich zu unseren Füßen erstreckt, ist scheinbar grenzenlos. Wir schlendern umher und lassen die Kulisse auf uns wirken. Wir haben keine Eile und ohnehin jedes Gefühl für Zeit und Raum verloren. Es ist grandios.





Ich quatsche mit Sandra und sie hat Sorge, dass uns das Campen so gar nicht gefällt. Sie spürt, dass es uns immer wieder stresst. Doch gerade an diesem Ort kann ich sie beruhigen: Egal, was am Ende beim Fazit rauskommt, wir werden das Campen auf dieser Reise nicht bereuen. Schon allein, weil es uns hierher geführt hat. An einen Platz, den wir sonst nicht erleben würden.





Die Sonne steigt schnell höher, es ist Zeit zu gehen. Leider. Denn obwohl hier praktisch nichts ist, könnte ich auch noch gut bleiben. Zurück bei den Autos packen wir zusammen und fahren los.



Weit sind wir glücklicherweise noch nicht gekommen, als Thomas plötzlich sein Handy vermisst. Wir suchen im Auto. Finden es nicht. Echauffieren uns über die ewige Sucherei. Und fahren notgedrungen wieder zurück.

Der olle Murphy und ich, wir können nicht miteinander. Er hat mal wieder ganze Arbeit geleistet: Das Handy ist Thomas anscheinend aus der Tasche geplumpst und in den Sand gefallen, und wir sind überglücklich, als wir es am Boden entdecken. Doch dann sehen wir das Malheur: Beim Rückwärtsfahren auf dieser großen Fläche bin ich nun offenbar ausgerechnet über das kleine Teil gefahren. Die Abdeckung ist zerbrochen, aber - oh Wunder - das Handy funktioniert noch. Immerhin. Was wir dann später allerdings für so eine schnöde neue Oberfläche blechen müssen, verschlägt mir noch einmal kurzfristig die Sprache.

Knapp 180 Kilometer sind es bis Swakopmund, unserem Tagesziel. Wieder keine weite Strecke, und schon nach rund zwei Stunden taucht am Horizont Walvis Bay auf - verpackt in dichtem Nebel.



In dieses Schlamassel fahren wir nun hinein. Von jetzt auf gleich aus der gleißenden Wüstensonne in die dicke Suppe, die Temperatur stürzt um satte 20 Grad. Wir bekommen es deutlich zu spüren, als wir an der Lagune nach Wasservögeln Ausschau halten. Es sind auch einige Flamingos da, aber das Licht ist schlecht und ich friere wie ein Schneider. Schlotternd krame ich Pulli, Halstuch und Jacke raus, trotzdem zieht es uns schnell zurück ins warme Auto und auf die letzten 30 Kilometer nach Swakopmund.



Als wir an der Atlantikküste entlang rollen, staunen wir nicht schlecht. Zehn Jahre ist es her, dass wir hier waren, doch was ist nicht alles gebaut worden entlang des Küstenstreifens. Wir erkennen die Gegend kaum wieder. Auch Swakopmund ist gewachsen. Es ist, wie es ist, aber schön finden wir das nicht.

In Meike's Guesthouse werden wir nicht nur superfreundlich aufgenommen, sondern sehen auch unsere Freunde wieder, die eine halbe Stunde vor uns angekommen sind. Wir telefonieren mit Bushlore und bitten sie wegen der angeknacksten Leiter um Unterstützung. Am nächsten Tag soll jemand kommen und Abhilfe schaffen, auch am Landcruiser von Sandra und Christoph sind ein paar Kleinigkeiten zu tun.

Während die beiden zu einer kleinen Sightseeing-Tour in die Stadt aufbrechen, breiten Thomas und ich uns in unserem gemütlichen und abends sogar beheizten Zimmer genussvoll aus. Wir herrlich es ist, Platz zu haben. Ein richtiges Bett. Ein Bad. Und Türen, die sich widerstandslos öffnen und schließen, wann immer man es will. Im kleinen Garten zwitschern die Vögel.



Auf Empfehlung der durch und durch sympathischen Meike gehen wir abends im Farmhouse Deli an der Mole essen. Eine guter Tipp, auch für Vegetarier wie mich. Satt und bettschwer fahren wir mit dem Taxi zurück. Es ist kalt und es nieselt, kein Wetter für unsere Pläne am nächsten Tag. Denke ich und sinke ich in die weichen Kissen. Und dann bin ich auch schon weg.
Letzte Änderung: 17 Nov 2022 21:41 von Beatnick.
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