Tag 9: 16.10.2012 – Nicht unser Tag Heute
Dabei beginnt er eigentlich sehr schön!
Wir verlassen die Brandberg White Lady Campsite auf einem Two Spoor Weg Richtung Norden.
Der Weg führt uns an einer Farm vorbei auf eine schöne Hochebene.
Es gibt die ein oder andere tiefsandige Stelle.
Wir kommen von der „Rückseite“ nach Madisa , und fahren dort auf die D2612.
Unser heutiges Ziel ist die Fahrt durch den Upper Huab.
Achtung, ab jetzt wird es textlastig.
11.00 Uhr
Weil wir noch etwas aus dem Auto benötigen, halten wir gegenüber der Einfahrt zum Upper Huab Trail an.
Doch was für ein Schock!
Die Hecktür lässt sich nicht mehr öffnen. Es hat den Anschein, dass sie sich von innen verriegelt hat.
In der Nähe steht eine „Big 3“ Abfalltonne.
Diese haben einen Metallgestell, damit sie entleert werden können. Jürgen fährt unseren Landy rückwärts bis knapp an die Tonne. Dann klappen wir das Dachzelt auf. Nun klettert er mit Hilfe des Metallgestells auf den Ersatzreifen, öffnet die Reisverschlüsse und klettert durch das nun offene “Fenster“ des Dachzeltes in den Innenraum.
Das Schloss hängt nur noch an einer Schraube.
Jürgen gelingt es die Tür zu öffnen und repariert nun das Schloss so, dass es sowohl von innen als auch von außen butterleicht zu öffnen ist. (Gut wenn man einen Mann hat, der technisch versiert ist).
Für diese Aktion benötigen wir 1 Std.
(Der Feinschliff der Türreparatur erfolgt später in Camp Aussicht)
Ca 12.00 Uhr
Endlich können wir in Upper Huab fahren.
Anfangs ist der Weg sehr breit und geschottert, wirklich einfach zu fahren.
Dann kommen wir an einen wunderschönen Platz. Ruhig fast paradiesisch. Umgeben von Bergen ein kleiner See.
Während wir das erst mal genießen, schaue ich schon mal nach einer Furt zur Durchquerung der Wasserpassage. Und werde fündig.
Der Untergrund ist fest und wir kommen gut durch. Das gleiche Spiel wiederholt sich noch 4-5 mal.
Nun wird die Wegführung allerdings etwas undurchsichtig. Wir fahren verschiedene Trails, kehren um, suchen nach anderen Trails.
Letztendlich stehen wir vor einer Durchfahrt, die etwas „tricky“ aussieht, heißt die Ausfahrt ist schon ziemlich verfahren und schlammig.
Da das Wasser, wenn man die trübe Brühe so nennen kann, aber nicht sehr tief ist, wagen wir die Durchfahrt …. und bleiben stecken !!!
Es ist 13.30 Uhr - also noch genügend Zeit, um uns aus dem Schlamassel zu befreien.
- Wir versuchen es mit der Untersetzung -- ohne Erfolg
- Dann buddeln wir in ca 20 m Entfernung ein etwa 1,50 m tiefen und 1 m im Durchmesser breites Loch in den Sand. Eine Sisyphusarbeit, da der Sand vom Rand immer wieder nachrutscht.
Wir rollen gemeinsam einen schweren Stein die Anhöhe hoch bis zu dem Loch
Dann rollen wir den Ersatzreifen hoch und lassen ihn in die Mitte fallen. Befestigen das Seil der Winch an dem Reifen, legen den schweren Stein darauf, füllen wieder alles mit Sand auf und verfestigen es mit unseren Füßen.
Nun starten wir die Winch - Ergebnis: ganz langsam kommen Stein und Ersatzrad aus dem Sand. Das Fahrzeug bewegt sich keinen mm.
- Als nächstes buddeln wir den Schlamm unter dem Auto weg. Doch dieses sitzt in der Mitte auf. Abgerutscht in eine tiefe Fahrspur.
16.15 Uhr
Wir brauchen Hilfe, denn hier kommen wir alleine nicht mehr raus.
Ich schaue mal zufällig auf die Uhr des Handys und wir stellen fest, es ist Samstag 16.30 Uhr.
Na Prima!
Mittels Satphone erreichen wir Bianca von Savanna.
Sie will nachschauen, wen sie in der Umgebung findet, der uns noch heute hier rausholen kann und will dann nochmals zurückrufen.
Worst case scenario wäre – eine Nacht hier im Dachzelt zu übernachten.
Wir setzen uns zur kurzen Erholung in unser Fahrzeug.
Als ich in den Seitenspiegel blicke … traue ich meinen Augen nicht … das steht ein Fahrzeug hinter uns.
„Das ging aber schnell mit der Hilfe“ war mein erster Gedanke.
Wir steigen aus – immer schön durch den Schlamm.
Es ist ein Fahrzeug der Doro Nawas Wilderness Lodge.
Und die fahren genau diese Strecke zum Sundowner mit ihren Gästen! Glück muss der Mensch haben.
Der Fahrerguide lässt seine Gäste aussteigen und will sein Fahrzeug durch eine andere Furt fahren und uns von vorne rausziehen.
Mein erster Gedanke:
Wie blöd waren wir denn, dass wir diese Furt nicht gesehen haben.
Er fährt also los …. und …. bleibt stecken.
Nun stecken wir hier mit 2 Autos fest.
Seine Gäste: eine Familie – der Vater so um die 60, mit 2 Töchtern, einem Schwiegersohn und 2 Kindern (7 und + 8 Jahre)
Zumindest die Frauen und die Kinder waren von diesem „Abenteuer“ sehr angetan und fanden es besser als die Sundownerfahrt.
Zwischenzeitlich meldet sich Bianca und ich teile ihr die Situation mit. Da nun Rettung von der Lodge angefordert wurde, versichere ich ihr mich bei ihr zu melden, sobald wir „gerettet“ sind.
18.00 Uhr
Die Rettungsmannschaft der Lodge kommt mit 2 Fahrzeugen.
Zuerst versuchen sie das Lodge-Fahrzeug rauszuziehen – ohne Erfolg.
Jetzt kommt der Hi-Lift Jack zum Einsatz, die beiden Hinterräder werden einzeln hochgebockt und Steine untergelegt – dann nach ca ½ Stunde ist das Fahrzeug frei.
18.30 Uhr
So langsam geht es Richtung Sonnenuntergang.
Der 1. Versuch uns rauszuziehen scheitert.
Auch hier der Einsatz des Hi-Lift Jacks und der Unterbau mit vielen Steinen.
Dann der Versuch uns mit 2 Fahrzeugen rauszuziehen.
Angesichts der fortgeschrittenen Zeit sind wir alle sehr gespannt.
Und siehe da, unser Fahrzeug bewegt sich. Unter dem Applaus der Anwesenden sind auch wir aus dem Schlamassel befreit und „gerettet“.
Es ist Punkt 19.00 Uhr.
Wir fahren ca. 100 m zurück zu einer trockenen Stelle und beschließen heute Nacht hier zu bleiben.
Natürlich gibt es ein dickes Trinkgeld für die Helfer!
Gemeinsam trinken wir noch ein kühles Bier auf diese Aktion und dann fahren unsere „Retter“ zurück.
Wir genehmigen uns jetzt erstmal eine ausgiebige Dusche, um uns von dem Schlamm zu befreien.
Anschließen kochen wir noch Nudeln mit Thunfisch-Tomaten-Soße und lassen uns müde und erschöpft von der vielen Buddelei in unsere Schlafsäcke im Dachzelt fallen.
Anmerkung:
Fantastisch ist, dass keiner der Helfer fragt: „Wie konntet ihr nur…..? „
Nein, die Situation ist so und dann wird geholfen.
Natürlich haben wir einen Fehler gemacht und die Situation falsch eingeschätzt – keine Frage.
Jedoch war diese Situation in keinster weise lebensbedrohend. Im schlimmsten Fall, hätten wir hier für 1 oder 2 Tage gestanden. Genügend Wasser und Essen hatten wir dabei.
Und so abseits von den beaten tracks waren wir gar nicht, wenn sogar Fahrzeuge einer Lodge diesen Weg nehmen.
Warum schildere ich dies:
Natürlich hätte ich diesen Teil einfach weglassen können.
Aber ich möchte insbesondere Neulinge auch dafür sensibilisieren, dass wenn man solche Strecken fährt,
a) so etwas passieren kann und
b) ein Sat Phone wichtig ist und unter Umständen lebensrettend ist.
Auch sind die Hinweise einiger Formis, die schwierige Strecken mit „easy“ beschreiben immer mit Vorsicht zu genießen.
Die Strecke, die gestern noch easy war, kann in 1, 2 oder mehreren Wochen eben nicht mehr easy sein.
Und zum Schluss:
Bitte keine besserwisserischen Kommentare.
Wir fahren schon seit vielen Jahren durch Namibia und das südl. Afrika und können Gefahren einschätzen.
Diese Fehler können passieren und wie wir gesehen haben nicht nur uns.