@Ingrid, Danke für Dein Lob, freut mich wenn ich etwas von dem was ich durch das Forum bekommen habe, wieder zurückgeben kann.
- und weiter gehts - dem Ende entgegen:
02.06
Ziel Namibrand Family Hideout:
Um 0530 ist Tagwache, oder zumindestens quälen wir uns nach der halbdurchwachten Nacht aus dem Bett. Wir holen die vereinbarten Lunchpakete ab und um 0610 tasten sich unsere Scheinwerfer durch die Sand erfüllte Nacht. Immer wieder reduziert sich die Sichtweise auf wenige Meter. Wir sind definitv die ersten beim Shuttle Parkplatz zum Soussusvlei. Ein fahles Licht umgibt uns. Wenn wir die Strecke bis zur Big Mama Dune nicht schon vor zwei Jahren gefahren wären, hätte ich mich nicht getraut los zufahren. Absolut alle Spuren waren verweht, nicht mal eine Idee von dem Track war zu sehen. Nur die Route am T4A Navi und meine Erinnerung gaben mir Zuversicht. Also Allrad rein und los gehts. Teilweise wusste ich trotzdem nicht wo es weitergeht und war einige Male kurz davor mich festzufahren. Um uns tobte der Sand - ein wahrer Hexenkessel. Und da wollen wir dann aussteigen und auf die Big Mama Dune gehen? Naja. (Leider ist die GoPro in den letzten Tagen den heldenhaften Hitzetod gestorben und an die Osmo hat keiner gedacht, daher gibt es kein Filmmaterial davon)
Wir gelangen tatsächlich bis zum Parkplatz an der BigMama Dune und verlassen unsere schützende Kapsel. Die Kameras mitzunehmen ist undenkbar. Wenn überhaupt müssen ein paar Smartphone Photos reichen. Langsam wird es heller, aber es ist kein warmes Licht. Ich komme mir vor wie Frodo in Herr der Ringe in Mordor. Keine Wärme durch die Sonne, nur schwaches kraftloses Licht. Am Anstieg auf dem Dünenkamm, peitscht mir der Wind den Sand gegen meine nackten Waden, wie mit einem Sandstrahlgebläse. Das Gefühl kenne ich schon von diversen Atlantikküsten, aber das ist nichts im Vergleich zu jetzt. Nach 3/4 des Weges zur Dünenspitze geben wir auf und drehen wieder um. Nicht zuletzt darum, weil es links der Düne sehr steil direkt zum mit Wasser gefüllten Sossusvlei hinunter geht. Und der Wind derartig heftig daher kommt, das wir Mühe haben das Gleichgewicht zu halten. Wo wir letztes Mal mit Freude hinuntergelaufen sind, erscheint uns der Hang heute viel steiler und vor allem würden wir unten gleich ins Wasser purzeln.
Wieder in unserem schützenden Habitat angelangt, fahren wir zum Deadvlei Parkplatz zurück, wo sich mittlerweile schon weitere Fahrzeuge eingefunden haben.
Der Weg zum Deadvlei ist bei weitem weniger heftig, erstaunlich viele Leute sind unterwegs. Viel zu spät wird mir bewusst, das genau jetzt die FFP2 Masken ideal wären. So begnüge ich mich damit ab und zu einen tiefen Luftzug durch den Kragen meiner Vliesjacke zu nehmen und ansonsten eher flacher zu atmen. Was leichter gesagt als getan ist, durch den Sand zu stapfen ist ja auch herausfordernd. Mittlerweile ist die Sonne schon ein wenig höher gestiegen und entfaltet nun auch Kraft und Licht. Nun zeigen sich auch endlich die vom Wind gepeitschten Dünen in ihrer ganzen Pracht - wenn man dafür noch ein Auge hat.
Wir fahren noch mal zum Soussusvlei See - hier unten ist es jetzt ziemlich windstill - und umrunden diesen gemächlich. Wie doch die Gegensätze sind. 2019 hatten wir prachtvolles Wetter und alles war staubtrocken. Es war kaum vorstellbar das hier manchmal auch Wasser sein kann. Nun, Sandstürme und dafür eine große Wasserfläche.
Den Zeit Vorteil am Morgen konnten wir zwar nicht in dem Sinne nutzen, aber es war trotzdem ein intensives Erlebnis, vor allem als Erster die Spur durch die Sandverwehungen zu ziehen.
Der Tankwart sagt uns später das der Ostwind normalerweise erst später kommt, aber nach drei Tagen ist er immer vorbei. Und vor einigen Jahren hatte es mal so viel Wasser das man gar nicht bis zum Sossusvlei fahren konnte. So ist das eben mit der Natur, eigentlich sind wir froh das wir neben den Bilderbuch Dünen nun auch die rauhere Seite erleben durften.
Für uns geht es weiter zum Namibrand Family Hideout. Die Gegend ist nun durchwegs von Farmen geprägt, dauernd Zäune neben der Strasse. Einige Oryx Herden die gemächlich auf den Wiesen liegen. Keinerlei Hütten mehr von Locals. Aber was sind schon Locals hier? Wir diskutieren wie hoch der Bodenbesitzanteil der Weissen hier wohl ist. Und ob sich die Kolonialzeit über den Bodenbesitz wohl immer noch erhalten hat. Mangels Fakten kommen wir aber nicht weiter. Jedenfalls ist es augenscheinlich das südlich von Windhoek (die Gebiete die wir gesehen haben) alles in weisser Hand zu sein scheint.
Die Namibrand Family Hideout Campsite Jupiter hat es nicht leicht, mich in ihren Bann zu ziehen. Der Wind weht auch hier kräftig und trägt den Sand überall hin wo man ihn nicht haben will. Die seitlichen Planen die man in der Luxury Campsite herunterlassen kann, helfen eher psychologisch als praktisch.
Im gesamten Namibrand Park darf man sich nicht frei bewegen, aber ein kurzer 4x4 Drive ist ausgeschildert und darf auch selbst befahren werden. Zum Sonnenuntergang ist dieser wunderschön, tolle Gras-, Sandstimmungen mit malerischen Bäumen. Aber keine sichtbaren Tiere.
Als die Sonne untergeht wird der Wind eher noch stärker und kälter. Was wir in Sesriem vermieden haben - bei Sturm im Dachzelt zu schlafen, hier muss es sein. Die Dusche die uns nach dem ganzen Sand hochwillkommen wäre, ist nicht mal lauwarm. Wir merken uns: eine schlechte Solargeheizte Dusche ist allemal noch schlechter als ein normaler Donkey.
Auch das Campfire bietet nur symbolische Wärme. Wir verkochen unsere restlichen Vorräte im Potje und machen das Beste daraus, unterstützt von einigen flüssigen stimmungsaufhellenden Stimulantien.
03.06
Namibrand:
Die Nacht ist kalt und unruhig, das erste Mal das wir alle Öffnungen im Dachzelt geschlossen haben. So verschlafen wir auch den Sonnenaufgang. Der Morgendrive zeigt uns drei Oryx und wenig Kleingevögel. (Die von der Reception angebotenen GameDrives - alle Tiere wären im Norden des Parks - können uns auch nicht locken).
Ich überlege ernsthaft weiterzufahren und noch wo anders eine Nacht zuzubringen, aber meine Frau redet mir das aus.
So verbringe ich den Vormittag in der einigermaßen winddichten Fahrerkabine und schreibe Tagebuch. Ich bin so vertieft das ich nicht bemerke das sich meine Frau unterdessen aufmacht zu Fuß die Gegend zu erkunden.
Als sie gegen Mittag wieder zurück kommt, erzählt sie mir das sie sich beinahe verirrt hat, ohne Wasser unterwegs und beinahe in die falsche Richtung weitergegangen - in den Park hinein - wäre. Ich hätte nicht mal gewusst wo suchen, die Spuren wären auch bald verweht gewesen. Aber letzten Endes hat doch der natürliche Orientierungssinn obsiegt.
Wir haben noch soviel Holz übrig das ich das Campfire schon zu Mittag starte. In der Sonne ist es dann doch wieder warm. Jemand kommt vorbei und fragt uns ob alles ok ist, dreht ohne nennenswerten Erfolg ein bisschen am Solar Heater herum und ist wieder weg. Überraschenderweise lässt der Wind gegen Abend nach und es wird komplett ruhig.
Zum Abendessen gibt es das letzte Stück Fleisch ein Beef Fillet von KWS das wir mittlerweile seit 4 Wochen - gefroren - spazieren fahren. (schmeckt hervorragend) Dazu die letzten Rotweinreste. Das ist vermutlich dieses mal der erste Sonnenuntergang den wir stressfrei ohne Kameras und Tagesziel verbringen.
Paradoxerweise sind wir mitten in einem Tierpark und haben doch hier von allen Locations am wenigstens Tiere gesehen. Aber wir nehmen es gelassen, bei all den vielen Erlebnissen die wir schon hatten sind wir eigentlich froh, langsam wieder runterzukommen.
- ein bisschen Fortsetzung folg noch ...