Am frühen Nachmittag erreichten wir den Hoarusib im Puros Canyon. Entgegen einem Schild, welches uns den Weg in einem großen Bogen wies, wendeten wir wieder, denn so hatten wir den Einstieg nicht in Erinnerung. Kurz hinter dem Schoemanns Camp führte die Pad nun durch hohe Tamarisken, tiefen Sand und fiesen Bulldust. Unser Auto war innerhalb kürzester Zeit weiß bepudert. Dann öffnete sich der Blick, und wir fuhren zwischen den steilen Felswänden durch Sand und Steine. Zunächst waren wir etwas enttäuscht, dass der Hoarusib dieses Jahr hier überhaupt kein Wasser führte. So ist das eben mit der Erwartungshaltung. Im Gegensatz zu unseren früheren Besuchen war der Untergrund knochentrocken und staubte auf jedem Meter. Daher hielten wir auch vergeblich Ausschau nach Waffenkiebitzen, Regenpfeifern und Libellen.
Das änderte sich aber nach einigen Kilometern. Plötzlich floss uns Wasser entgegen. Zunächst ein dünnes Rinnsal, dann immer breitere Bäche. Nun war die Umgebung wie gewohnt. Immer wieder kreuzten wir das Wasser. Zunächst war es ein großer Spaß, mit Schwung durch die Pfützen zu brausen.
Foto von Bele
Foto von Matthias
Ein Stückchen hinter dem Felsenengpass liefen wir wieder ein wenig umher.
Auch die bereits vermissten kleinen Freunde konnten wir bald entdecken.
Als die Furten dann aber immer tiefer und matschiger wurden, verging uns der Übermut, und wir schauten, wie wir die jeweilige Durchquerung meistern konnten, ohne unser Fahrzeug im Modder zu betonieren. In der Regel war der Untergrund fest, aber einige Passagen waren schlammig und tiefer als erwartet. Der Matsch spritzte uns bis an die Scheiben, als wir mit ausreichend Schwung durch die Tümpel fuhren. Ohne Probleme durchquerten wir alle tieferen Stellen. Manchmal lief Ruth zu Fuß voraus.
Foto von Matthias
Foto von Matthias
Das Wasser im Hoarusib lockte auch einige Vögel an, die uns von nun an begleiteten. Wir sahen viele Dreiband-Regenpfeifer, Nilgänse, Bergschmätzer, Waffenkiebitze und einen Graureiher.
Dreibandregenpfeifer
Immer wieder kamen wir an Rinderherden vorbei. Ab und an lag auch eine verendete Kuh herum. Die erste entdeckte Ruth, unmittelbar nachdem sie durch das Wasser gewatet war, um die Tiefe und den Untergrund zu testen. Sie rümpfte etwas die Nase bei der Vorstellung, aus Versehen in die wabbeligen, felligen Überreste zu steigen und war glücklich, davon verschont zu bleiben. Insgesamt zählten wir sieben tote Rinder und fragten uns, woran sie wohl verendet waren. An Wassermangel wohl kaum, denn davon gab es mittlerweile genug.
Als wir den Canyon verließen und uns Puros näherten, sahen wir zwei Elefanten, einen Bullen gefolgt von einem Jungtier. Sie kamen genau auf uns zu.
Um ihnen nicht im Weg zu stehen, fuhren wir ein Stückchen weiter und beobachteten die beiden, wie sie zielstrebig Richtung Quelle, von der wir gerade kamen, davonschritten. Der kleine Kerl musste sich ganz schön beeilen, um mit seinem großen Freund Schritt halten zu können.
Es war schwer, sich von den beiden loszureißen, und wir freuten uns sehr, noch einmal das Glück zu haben, auf Elefanten zu treffen. Danach setzten wir unsere Fahrt zum Camp fort, kamen allerdings nicht sehr weit. Zwei weitere Elefanten spazierten sehr entspannt aus dem Dornengestrüpp auf die Ebene. Diese peilten jedoch ein anders Ziel an.
Nicht bei allen löst der Anblick von Wüstenelefanten wohl eine solche Begeisterung aus wie bei uns.
Während die Insassen dieses Safari-Fahrzeuges nur wenig Interesse zeigten, hielten wir erneut und warteten, bis die beiden Dickhäuter friedlich an uns vorübergezogen waren.
Bei der Community Campsite checkten wir ein und ruhten uns aus. Es war sehr schön warm.
Bergschmätzer
Als Ruth duschte, raschelte es plötzlich in den umliegenden Büschen, und sie bekam Besuch von mehreren Kühen und ein paar Ziegen. Eine Kuh und zwei Ziegen eroberten die Dusche und begannen das Wasser zwischen ihren Füßen zu schlürfen, eine weitere Kuh steckte ihren Kopf durch den hinteren Bretterverschlag. Die armen Tiere schienen so wenig Wasser zu bekommen, dass ihnen das Seifenwasser ausgesprochen gut schmeckte. Nicht ohne eine gehörige Portion Mitgefühl schob Ruth Kuh und Ziegen wieder aus der Dusche, bevor die lange Kuhzunge ihr noch das Wasser von den Beinen schleckte. Dann rief sie nach Uwe, der sich als Türsteher im Eingang postierte und die aufdringlichen Duschpiraten abhalten sollte. Nun versuchten die Kühe von der Rückseite der Dusche durch die Büsche an ein paar Tropfen Wasser zu gelangen.
Dabei schubsten sie sich gegenseitig mit ihren behörnten Köpfen zur Seite und verhedderten sich in den eng wachsenden Zweigen. Ruth beeilte sich sehr mit der Haarspülung, um das Kuhchaos im Busch nicht weiter eskalieren zu lassen. Ihre Haarwäsche war daher auch nur wenig erfolgreich und der Schaum vielleicht nur so gerade eben ausgespült, so dass sie nach der Dusche ein ziemliches Vogelnest auf dem Kopf hatte.
Außerdem hatte sie den armen Tieren gegenüber ein so schlechtes Gewissen, dass sie zwei Spülbecken volllaufen ließ und den durstigen Gesellen eine Runde Wasser spendierte. Das wiederum war dann mit einem schlechten Gewissen gegenüber den Campingplatzbetreibern verbunden, die diese Idee bestimmt nicht für besonders gelungen halten würden.
Also lieber schnell verkrümeln. Ruth schnappte sich den Fotoapparat, um rund ums Camp ein paar Vögel zu jagen, während Uwe schon ein wenig am Reisebericht tippte.
Graulärmvogel
Rotstirn-Bartvogel
Maskenbülbül
Nacktohrdrossling
Wer sich die Aufnahmen der Vögel genauer angeschaut hat, kann verstehen, warum Ruth ab und an wieder laut fluchen musste. Obwohl sie sehr aufpasste, trat sie gleich zweimal in hinterhältig unter Sand verborgene lange Dornen, die sich gnadenlos durch ihre Crocs bohrten. Damit es auch gerecht zuging, einmal links und einmal rechts. Uwe hatte ja schon mehrfach geraten, auf solchen Plätzen lieber festes Schuhwerk mit ordentlicher Sohle anzuziehen. Aber wer macht das schon, wenn es ansonsten warm ist? Wie hatte Ruths Oma immer so schön gesagt: Wer nicht hören will, muss fühlen. Obwohl es nun eigentlich eh schon zu spät war, kehrte Ruth doch noch einmal zum Auto zurück und wechselte die Schuhe. Ob aber gleich die Uggs zweite Wahl hätten sein sollen, wäre dann wahrscheinlich noch zu diskutieren. Aber wer Trends setzen will, muss konsequent bleiben.
Nun viel besser ausgerüstet marschierte Ruth ein wenig aus dem Camp hinaus, um einen schönen Platz für den Sundowner zu suchen.
Im Nachhinein haben wir uns überlegt, dass auch das sicher nicht die klügste Idee war. Da man sich ja auskennt, spaziert man munter in der Gegend herum. Natürlich spähte Ruth in alle Richtungen, um nicht plötzlich von einem Elefanten überrascht zu werden. Aber kann man das Risiko tatsächlich so genau einschätzen, wie man sich das einbildet? Was wäre gewesen, wenn sich hinter den dichten Dornenbüschen auf dem kleinen Hügelchen ein seltener Wüstenlöwe ausgeruht hätte?
Diese Gedanken machte sich wahrscheinlich auch Uwe, als er nach einiger Zeit auf seine fragenden Rufe keine Antwort mehr bekam. Ebenfalls mit einem Fotoapparat bewaffnet machte er sich auf die Suche nach seinem verschollenen Fräulein. Da blieben nun die Möglichkeiten, den Löwen mit der Kamera zu erschlagen oder mit bloßen Händen zu erwürgen.
Als die Sonne untergegangen war, machten wir ein großes Feuer, grillten Wildfleisch, legten Kartoffeln in die Glut und aßen gemischten Salat. Auch Matthias fühlte sich zum Glück wieder besser und verputzte ein Stück Oryx mit Kartoffeln.
Da es den ganzen Abend über so angenehm warm war, saßen wir noch einige Zeit am Feuer und unterhielten uns. Im Dunkeln huschte noch mehrmals eine Ginsterkatze in einigem Abstand unter den Bäumen vorbei.
Kilometer: 129