Filmreif
Die Spitzkoppe war schon lange mein Sehnsuchtsort. Die Eindrücke und Fotos, die mich immer bezaubert hatten, übten eine magische Anziehungskraft auf mich aus. Warum genau, weiß ich nicht. Aber sie war unleugbar da.
Eine der drängendsten Fragen war die nach der Unterkunft. Die Anmietung eines Dachcampers für nur eine Nacht hätte schon aus Kostengründen keinerlei Sinn ergeben. Ich liebäugelte damit, einfach im Auto zu schlafen. Oder in einer der schlichten Cabanas, die auf dem Gelände angeboten wurden. Noch während ich die Möglichkeiten gegeneinander abwog, erfuhr ich hier im Forum vom geplanten Bau der Spitzkoppen Lodge. Alles klar. Da wollten wir hin!
Mit hohen Erwartungen ist es so eine Sache. Oft hält die Realität nicht stand. Ich war also gespannt. Ich hatte - ebenfalls hier im Forum - von beängstigenden Überfällen auf dem Weg dorthin gelesen, die allerdings schon eine Weile zurückliegen. Tatsächlich begegnet uns bis auf den Gerader nichts und niemand. Wir kommen wunderbar voran, zumal neben viel Asphalt nur 40 Kilometer Schotterpiste vor uns liegen.
Das imposante Felsmassiv ist schon von Weitem sichtbar, immer näher rückt die Silhouette. Sie wirkt vertraut. Wir steigen aus, und die Magie hält an.
Wir lassen die Abzweigung zum Village und zur Campsite links liegen, auf nun etwas rumpliger Straße geht es noch ein paar Kilometer weiter nordwärts um das Gelände herum, bis wir vor dem Eingangstor zur Lodge stehen. Dahinter führt der Weg durch eine rote, karge, stille Landschaft, in die ich mich sofort verliebe.
Es ist Mittag und brüllend heiß, wir parken das Auto im Schatten und werden per Golfcart zu unserem Chalet in Zeltoptik bugsiert. Die Hauptgebäude der Lodge mit Rezeption, Speiseraum und kleinem Pool sind in die Felsen gebaut, ...
... während die Häuschen etwas entfernt mit weitem Blick großzügig verteilt in einer Ebene liegen. Beides ist über lange Holzstege miteinander verbunden.
Alles wirkt gepflegt und noch ziemlich neu, erst drei Jahre zuvor wurde die Lodge eröffnet.
Auch das Interieur ist freundlich und trifft unseren Geschmack. Wir sind schwer beeindruckt und wissen sofort: Hier werden wir uns wohlfühlen!
Wir setzen uns mit einem kühlen Getränk auf die Veranda und genießen die Stille, die von Zeit zu Zeit von einem leisen Surren durchbrochen wird. Nach einigem Rätselraten mache ich eine Videokamera auf den Felsen neben uns als Verursacher des ungewohnten Geräuschs aus. Als störend empfinden wir es nicht, und trotz aller Gedanken an George Orwell beruhigt mich diese Vorsichtsmaßnahme sogar.
Zimmer mit Aussicht: Blick von unserer Veranda auf die Spitzkoppe
Am frühen Nachmittag ist es mit meinem Sitzfleisch vorbei und ich scheuche Thomas aus dem Haus.
In der Bildmitte unser Zuhause für die nächsten zwei Tage, ich glaube, Nummer 8
Die Umgebung mit den spektakulären Felsformationen ist wunderschön, die Kulisse wirkt surreal und wie im Film.
Diese Vorzüge haben wenig überraschend schon andere vor mir erkannt. Das Gelände ist ein beliebter Drehort, und vor einigen Jahren zählten auch Zebras zu den Statisten. Nach Drehschluss wurden sie dort belassen. Ich denke, sie haben kein schlechtes Leben hier, gehe aber zunächst davon aus, dass die Herde nach und nach kleiner und dann aussterben wird. Doch die Population ist intakt. So kam erst im vergangenen Jahr ein Fohlen zur Welt, das dann aber leider im Wasser ertrank
(die genauen Umstände habe ich nicht erfragt). Die Belegschaft war darüber sehr traurig, freut sich aber nun auf neuerlichen Nachwuchs, denn wieder ist eine der Stuten trächtig.
Wir erkunden das Gelände und haben einen Heidenspaß daran, auf die Felsen zu klettern, ...
... am späteren Nachmittag zieht es uns auf die andere Seite des Areals. Gleich bei der Ankunft haben wir uns einen Schlüssel für das Tor geben lassen, das Campground und das noch einsamere Lodgelände, das nur den Übernachtungsgästen der Lodge vorbehalten ist, direkt miteinander verbindet. Wir können ihn für die Dauer unseres Aufenthalts behalten. Nur wenige Minuten benötigen wir auf diese Weise für den Weg, der geradewegs zum Felsenbogen führt. Toll!
Das Campinggelände ist zerfahrener als die Lodge-Seite, was logisch ist, weil unter anderem Wege zu den Stellplätzen führen müssen, aber ebenfalls großartig. Wir fahren zunächst der Nase nach und schauen uns um, ...
... bevor es zum berühmten "Rockarch" geht.
Bis Sonnenuntergang ist es noch eine Weile hin, doch zwei Mitglieder einer Foto-Reisegruppe aus Slowenien haben sich bereits ein Plätzchen unterhalb des Bogens gesichert. Thomas gesellt sich dazu.
Wir saugen die Atmosphäre und die friedliche Stimmung auf - was zumindest bis kurz vor Sonnenuntergang wunderbar gelingt.
Dann rücken mehrere Gruppen an. Sie entern den Felsenbogen. Ohne Rücksicht auf Verluste. Eine Horde "Next Topmodels" nebst peinlichen Posen und - zumal auf ungewohntem Terrain - manch wackeligem "Walk". Wir schwanken zwischen Fremdscham und Faszination, Ärger und Amüsement. Die Gefühlslage des Slowenen ist klarer: Er ist stinksauer; und verliert vollends die Fassung, als eine der Gruppen den direkt angrenzenden Felsen dauerhaft belagert. Vergeblich bitten wir die Sonnenanbeter, ihren Aktionsradius etwas weiter nach oben oder nach links zu verlagern, was problemlos möglich wäre. Keine Reaktion. Da ist nun nix zu machen. Wir hatten im Vorfeld schon fast mit solchen Szenen gerechnet, bleiben möglichst locker und suchen das Weite.
Hier gibt es so viele schöne Plätze. Und schließlich erglühen die Granitfelsen in den letzten Sonnenstrahlen, wie ich es mir immer ausgemalt hatte.
Als das Spektakel vorbei ist, fahren wir zurück zum Tor, ...
... und gehen dann auf direktem Weg ins schöne Restaurant zum sehr guten Abendessen. Die Atmosphäre ist wunderbar unverkrampft, was nicht zuletzt an den sympathischen Mitarbeitern liegt, die zu großen Teilen aus dem nahe gelegenen Village stammen. Eine junge Frau ist besonders aufgeweckt und neugierig. Wir kommen ins Quatschen, und noch heute haben wir von Zeit zu Zeit Kontakt.
Pappsatt und hundemüde laufen wir die wenigen Minuten über den Steg zu unserer schmucken Behausung, dann kippe ich ins Bett und schlafe wie ein Baby. Was gut ist, denn es wird eine kurze Nacht. Schon lange vor Sonnenaufgang ist sie vorbei.