THEMA: Namibia und Botswana
17 Sep 2019 23:19 #568026
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  • Luigi15 am 17 Sep 2019 23:19
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Tag 5 – 13. Juli 2019

Einen wunderschönen guten Morgen – brrrrr, draußen ist es heute wieder richtig kalt, das Thermometer zeigt einen Wert knapp über dem Gefrierpunkt; eigentlich sollte man im Bett bleiben – doch dazu haben wir die weite Reise hierher sicher nicht unternommen?! Oder doch?
Als uns Bravo gestern abends darüber informiert hatte, dass wir den heutigen Tag gemeinsam mit einem spanischen Pärchen bestreiten sollten (die zwei weiteren Personen, die noch in der Lodge anwesend waren, hatten sich ohnehin schon dazu entscheiden, am Vormittag mit dem Quadbike durch die Dünen zu rasen – ein absoluter Unfug aus meiner Sicht, in einem Nationalpark derartiges zuzulassen), hielt sich die Begeisterung in Grenzen. Nicht, dass wir etwas gegen Mitreisende hätten, doch die beiden hatten uns anvertraut, dass sie die Tage in der Lodge von Freunden zu ihrer Hochzeit geschenkt bekommen hätten. Wir konnten uns überhaupt nicht vorstellen, dass die beiden so wie wir zeitig am Morgen zu einem Ausflug aufbrechen würden. Dementsprechend protestierte ich auch sofort, als Bravo uns als Abfahrtszeit „10:00 Uhr“ angekündigt hatte… So nicht! Bravo ging daraufhin zum Manager und kam mit der frohen Kunde retour, dass wir alleine mit ihm unterwegs sein dürften. Das war eine weise Entscheidung, denn wie sich am Abend herausstellen sollte, hatten die beiden die Lodge den ganzen Tag nicht verlassen…
Wir kletterten bereits um 6:30 Uhr aus den Federn. Die Wärmflasche, die gestern während des Abendessens ins Bett gelegt worden war, hatte immer noch eine angenehme Temperatur. Um 7:00 war das Frühstück angesetzt und bereits um 7:30 Uhr stand Bravo mit dem Auto startklar vor dem Restaurant. Weniger später ging es los.
Durch den dichten Nebel fuhren wir parallel zum Hoarusib Rivier ins Landesinnere. Da es erst langsam zu dämmern begann, konnten wir die erste halbe Stunde kaum etwas erkennen. Erst später begann sich der Nebel langsam zu heben, die umgebende Berglandschaft des Kaokoveldes tauchte auf – wie von Geisterhand wurde ein Vorhang zur Seite geschoben… – einfach magisch.







Bravo fuhr mit uns auf eine kleine Kuppe, von der aus man einen großartigen Rundblick genießen konnte. Diese Landschaft des Kaokovelds ist so abweisend, gleichzeitig zieht sie mich magisch an. Für mich gibt es eigentlich keinen Teil Namibias, den ich mehr als Synonym für dieses Land auswählen würde.









Wir stoppten immer wieder und Bravo erklärte uns einige der hier vorkommenden Pflanzen, darunter auch die „namibische Myrrhe“, commiphora wildii, aus deren Harz die Ovahimba seit Jahrhunderten ihr natürliches Parfum gewinnen.



Erst bei genauerem Hinsehen fiel unser Blick auf eine Ödlandschrecke, die kaum von den Kieseln der Umgebung zu unterscheiden war.







Zwischen den Hügeln tummelte sich ein einsamer Oryx.



Wir fuhren nun weiter nach Purros, wo die Berge der Umgebung nun bereits voll vom weichen Morgenlicht beschienen waren. Unser Guide Bravo stammt aus Purros und hatte hier seine Kindheit verbracht. Dementsprechend wollte er uns möglichst viel von dieser wunderbaren Gegend zeigen. Zunächst ging es auf einen kurzen Abstecher zur Okahirongo Elephant Lodge, die auf einem Hügel direkt oberhalb des Hoarusib Riviers thront. Da keine Gäste in der Lodge anwesend waren und Bravo offenbar alle Angestellten persönlich kannte, konnten wir uns kurz umsehen. Die Lodge hinterlässt zumindest architektonisch einen hervorragenden Eindruck.









Wenig später fuhren wir mit dem Jeep weiter in das Flusstal, wo sich auch die Community Campsite und die Bush Lodge befinden. Die Landschaft ist plötzlich sehr üppig, ein Eindruck, der u.a. durch den dichten „Zahnbürstenbaum“ (salvadora persica) hervorgerufen wird, der überall wuchert. Dazwischen sind immer wieder auch Makalani Palmen eingestreut. Auf einem der Büsche beobachteten wir einen ganzen Schwarm von Mausvögeln.









Wir verließen das Rivier aber bald wieder, denn Bravo wollte mit uns auf einen weiteren Aussichtshügel fahren. Der Blick auf die umliegende Landschaft war atemberaubend. Unter uns sahen wir das grüne Band des unterirdischen Flusslaufes. Die satten Farben stachen umso mehr ins Auge, als die Umgebung völlig ausgedörrt vor uns lag. Das Rivier des Hoarusib Flusses war es auch, das wir in weiterer Folge genauer kennenlernten wollten. Mit einer Tasse Cafe in der Hand ließen wir die Eindrücke auf uns wirken, sahen Oryx-Antilopen und Strauße vor der großartigen Kulisse durchziehen.















Nach der kurzen Pause ging es wieder hinunter in das Flusstal, um diesem zunächst in nördlicher Richtung zu folgen. Bravo hatte uns versprochen, dass er heute noch eine Überraschung für uns bereithalten würde. Wir waren natürlich sehr gespannt. Zunächst hielt er bei einigen Hirten an, die an einer Wasserstelle saßen, an der immer wieder Herden von Ziegen zum Trinken ankamen.







Irgendwie wirkte diese Stelle wie ein Kommunikationszentrum auf uns, denn wild gestikulierend zeigten die beiden Männer in alle Richtungen. Die Herero-Frau saß dagegen nur stoisch daneben. Leider waren inzwischen die Lichtverhältnisse zum Fotografieren bereits etwas schwierig, denn die Sonne stand schon sehr hoch. Das musste ich auch erkennen, als wir nach unserer Weiterfahrt an einer Herde Giraffen vorbeikamen. Die Tiere fraßen genüsslich an den Akazien. Erst bei genauerem Hinsehen entdeckten wir den juvenilen Weißbürzel Singhabicht (danke Konni!), der ebenfalls in den Akazien Schutz gesucht hatte.





Bravo fuhr fast in Schlangenlinien durch das Rivier, immer wieder umkurvte er ganze Baumgruppen. Plötzlich wirkte auch er aufgeregt, mit einem verschmitzten Lächeln zeigte er auf ein großes Loch im Boden, rundherum war frisch ausgeworfener Sand zu sehen. Ich dachte sofort an den Bau eines Erdferkels – ein Tier, das ich überhaupt erst einmal (und das aus großer Entfernung) gesehen hatte. Doch falsch gedacht. Es dauerte nicht lange und ein Kapfuchs tauchte auf. Wir waren total begeistert, mit dieser Sichtung hatten wir so überhaupt nicht gerechnet. Es sollte aber noch besser werden, denn es kam ein zweites Tier mit Beute im Maul hinter einem der umliegenden Büsche hervor. Genüsslich wurde der Gecko (?) verzehrt…









Nachdem wir einige Zeit mit den beiden Füchsen verbracht hatten, die abwechselnd immer wieder auch im Bau verschwanden, fuhren wir weiter durch das Flusstal. Bravo erklärte uns, dass er auf der Suche nach Wüstenelefanten sei. Natürlich sahen wir die Exkremente dieser Tiere überall im Tal verteilt – wie könnte man die gigantischen Haufen auch übersehen. Mehrfach stoppte unser Guide, stieg aus und prüfte die Konsistenz. Er erklärte uns genau, woran man erkennen könnte, wie alt die Kothaufen wären. Es verging vielleicht eine halbe Stunde, wir hatten Purros doch schon relativ weit hinter uns gelassen, dann war es soweit, wir sahen die gigantischen Tiere… Es war nicht das erste Mal, dass wir Wüstenelefanten sahen, wir hatten sie bereits bei früheren Reise auch selbst aufgespürt – dennoch ist es ein erhebendes Gefühl. Bravo versuchte das Auto bestmöglich abzustellen, um die Tiere nicht unnötig zu stressen. Hier einige der Bilder, die dabei entstanden sind…

























Bravo rutschte schon unruhig auf seinem Sitz herum, schließlich drängte er uns aufzubrechen. Wir waren relativ weit in den Norden gefahren, um die Elefanten zu finden. Die Tiere ziehen im Flusstal auf und ab, es ist also nie sicher, wo genau man auf sie treffen würde. Uns war es egal, wir waren froh, sie gesehen zu haben. Die Fahrt wurde nun etwas flotter wieder in südliche Richtung fortgesetzt. Unweit nördlich von Purros stoppte unser Guide das Fahrzeug, stellte einen Tisch und Sessel auf, breitete ein weißes Tischtuch aus und stellte mitgebrachte Schüsseln mit Salaten, gebratenen Hühnchen und weiteren Köstlichkeiten darauf – etwas dekadent, wie ich meine…
Nach der Mittagspause, die eigentlich schon als Nachmittagsjause durchgegangen wäre, fuhren wir durch das Hoarusib Rivier wieder zurück zur Küste. Ich hätte nie gedacht, dass trotz aller Trockenheit, die das ganze Land so sehr im Griff hat, so viel Wasser im Hoarusib Tal zu sehen sein würde. Teils waren die Rinderherden, die im Tal südwestlich von Purros weideten, von sattem Grün umgeben. Gleichzeitig waren aber auch erstaunlich viele Tiere dort versammelt – versprengt und ohne jegliche Hirten trafen wir Rinder aber auch noch im bedeutend trockeneren Mündungsbereich an. Wir waren aber auch schockiert darüber, wie viele Kadaver – teilweise sogar im Wasser – lagen. Immer wieder passierten wir die stinkenden Reste, für die sich offenbar niemand zuständig fühlte.
Bele hat in ihrem Reisebericht sehr gut ausgeführt, weshalb es gerade hier im Bereich des Purros Canyons auch bei größter Trockenheit ausreichend Wasser gibt – dem ist nichts hinzuzufügen…







Blendet man die toten Kühe aus, dann sind wir hier in einer wahren Traumlandschaft unterwegs. Die Farben im Licht des Nachmittags werden von Kilometer zu Kilometer intensiver – ich kann mich kaum noch zurückhalten. Bravo läuft schon etwas unrund, weil ich ihn dauernd stoppe. Hier einige Eindrücke unserer Fahrt durch die Canyonlandschaft am Hoarusib.









Weiter Richtung Küste gelangten wir schließlich in die Landschaft der „Claycastle“. Hier wurden in einigen der Seitentäler des Hoarusib gigantische Massen an Lehm abgelagert. Die grauen bis leuchtend weißen Tone bilden einen starken Kontrast zum umliegenden schwarzen bis rötlich-braunen Lavagestein und verleihen der Landschaft einen fast magischen Touch. Meine Kamera kommt kaum mehr zur Ruhe. Überall wo wir stoppen, versuche ich etwas höher hinauf zu klettern, um mir einen noch besseren Überblick zu verschaffen.















Da sich auch der schönste Tag einmal zu Ende neigt, nähern auch wir uns wieder der Lodge. Die Sanddünen, die überall entlang der Skelettküste anzutreffen sind, gewinnen mehr und mehr die Oberhand. Gewaltige Sandmassen sind zwischen einzelnen Felsen eingelagert, noch einmal – zum wiederholten Mal an diesem Tag – wechselt das Landschaftsbild.













Es beginnt bereits leicht zu dämmern, als wir voll bepackt mit unbeschreiblichen Eindrücken in der Shipwreck Lodge eintreffen. Wir machen uns frisch und schlendern vergnügt zur gemütlichen Lounge, wo wir vor dem Abendessen noch ein Glas Gin Tonic genießen. Das spanische Pärchen, das uns heute eigentlich begleiten sollte, spielt Schach, das amerikanisch-japanische Paar trägt genüsslich einen Tortenberg ab… Irgendwie sind wir hier im „falschen Film“ – obwohl wir so anders sind, geht es uns gut!! Ach ja: Vier Neue sind dazu gekommen, die sind aber hauptsächlich mit ihrem Handy beschäftigt, das WLAN der Lodge funktioniert ja prächtig. Uns ist aber ohnehin nicht nach Kommunikation zumute, wer schweigt, genießt…
Als Vorspeise gibt es heute Sushi, gefolgt von einem herrlichen Kabeljau-Filet. Abgerundet wurde das leckere Mahl durch einen Schoko-Kuchen; richtig: Die Kalorien des Schoko-Kuchens habe ich wieder gegen Flüssigkeit in Form vergorener Beeren getauscht…
Morgen wird es wieder richtig tierisch – wir folgen der Skelettküste Richtung Süden, um anschließend über das Springbokwater Gate und Palmwag zur Grootberg Lodge zu gelangen.
Letzte Änderung: 30 Jan 2022 13:12 von Luigi15.
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18 Sep 2019 00:24 #568029
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  • CuF am 18 Sep 2019 00:24
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Guten Abend bzw.Morgen, Peter,
Ich zitiere
am Vormittag mit dem Quadbike durch die Dünen zu rasen – ein absoluter Unfug aus meiner Sicht, in einem Nationalpark derartiges zuzulassen)
und kann dem nur zustimmen!
Du weckst schöne Erinnerungen, Deine Fotos sind geradezu genial und unsere Ansichten/Einsichten identisch B)
Mit herzlichem Dank grüßt
Friederike
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18 Sep 2019 00:33 #568030
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  • Luigi15 am 17 Sep 2019 23:19
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Danke, liebe Friederike, das war der größte Wahnsinn, den ich auf dieser Tour erlebt hatte... und natürlich super, dass dir die Bilder gefallen - ich werde mich weiter bemühen...
LG Peter
Letzte Änderung: 18 Sep 2019 00:34 von Luigi15.
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18 Sep 2019 07:45 #568044
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  • Daxiang am 18 Sep 2019 07:45
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Hi Peter,

deine tollen Bilder machen Lust auf mehr!

Deinen Schwarzmilan

halte ich für einen juvenilen Weißbürzel-Singhabicht (Pale Chanting-Goshawk)

LG Konni
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18 Sep 2019 07:47 #568046
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  • BMW am 18 Sep 2019 07:47
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Guten Morgen Peter,

der untere Hoarusib ab Schoeman westwärts hat mich schon lange interessiert.....danke für

Deinen entsprechenden Bericht und die Fotos. Also ihr seid am Morgen auf einer Piste nördlich

vom Hoarusib gefahren (kenne ich nicht) und abends dann im Flussbett zurück....ist das korrekt?

Warum nicht beide male im Flussbett?

lg......BMW
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18 Sep 2019 07:57 #568049
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  • Luigi15 am 17 Sep 2019 23:19
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Guten Morgen BMW, vielen Dank, dass du unseren Bericht verfolgst. Ja, es ist völlig korrekt, wir sind von der Lodge weg zunächst durch das Flussbett und sind diesem auf einer nördlich davon liegenden Piste ins Landesinnere gefolgt. Bravo hat uns erklärt, dass dies eine schnellere Variante wäre, auf dieser Piste würden immer die Arbeiter der Lodge ausgetauscht, wenn sie auf "Heimurlaub" nach Purros geschickt werden. Von Purros weg sind wir dann direkt im Hoarusib-Tal bis zur Lodge (sehr nahe der Mündung) gefahren!
Beste Grüße, Peter
Letzte Änderung: 18 Sep 2019 08:03 von Luigi15.
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