Fortsetzung 26.07.2018
Teil 2: Die Abgabe
Um die Fahrzeit vom Etosha NP zur Gästefarm Wildacker vor allem für die Kinder nicht länger als nötig werden zu lassen, entschließen wir uns über die geteerten Straßen zu fahren, was uns zwar langweiliger, aber besser planbar erscheint. Wir nehmen also die B1 in Richtung Tsumeb und kommen gut und zügig voran.
In der Nähe von Tsuneb werden wir dann von einem jungen Polizisten herausgewunken. In solch einer Situation geht der Puls schonmal ein wenig nach oben – kommen doch sofort Erinnerungen an Berichte von „Fake-Polizisten-Überfällen“ in den Kopf.
Der junge Mann fordert mich auf auszusteigen, dabei ist es nicht ganz einfach, ihn zu verstehen. Anders als wir es bei Verkehrskontrollen in vergangenen Jahren erlebt haben, spricht der Beamte hier nicht sehr viel Englisch.
Er macht mir klar, dass ich anscheinend an einem Stopp-Schild nicht vollständig gehalten haben soll. Dabei betont er immer wieder, dass ich mich nicht aufregen soll – was ich aber überhaupt nicht tue. Nichts läge mir in einer solchen Situation ferner…
Meine Frau und die Kinder bleiben im Auto, während ich den Polizisten mit mulmigem Gefühl zu seinem Wagen begleite (immer hoffend, dass er wirklich allein ist und alles mit rechten Dingen zugeht) und er mir die Höhe des Bußgeldes auf einer Liste präsentiert. Als ich ihm mitteile, dass wir einen solchen Betrag derzeit nicht in bar dabeihaben und frage, ob wir nach Tsuneb fahren sollen, fragt er, nachdem er durchaus drohend festgestellt hat, dass wir bestimmt nicht mit ihm zur Wache fahren wollten („that would be another story…“) wie viel Geld wir denn jetzt hätten – ich solle doch mal im Auto nachschauen und ihm dann einen angemessenen Betrag meiner Wahl in geschlossener Hand wieder zum Polizeiwagen bringen – er macht sogar die kaschierende Handhaltung vor.
Ich bin in dieser Situation alles andere als selbstsicher und gehe eingeschüchtert wie ferngesteuert zum Auto zurück, um Geld zu holen, das ich dann auftragsgemäß zu dem jungen Mann zurückbringe.
Natürlich gibt es keine Quittung. Nur die lapidare Bemerkung: „Remember – I helped you“ wird mir mit auf den Weg gegeben.
Alles in allem war das ein Erlebnis, das ich nicht noch einmal haben muss und das uns die nächsten Stunden noch nicht wieder loslassen will. Wenn ich mich jetzt daran erinnere, ärgere ich mich natürlich, dass ich nicht auf eine Fahrt zur Wache bestanden habe – aber an Ort und Stelle war ich einfach viel zu verunsichert und überfordert – auch wegen unserer beiden Kinder an Bord.
Mit weichen Knien wird die Fahrt gen Grootfontein fortgesetzt. Nach einem kurzen Tankstopp folgen wir der B8 für weitere 110 Kilometer, um dann rechts auf die D3016 abzubiegen, der wir weitere 25 Kilometer folgen, um zu den Farmtoren zu gelangen.
Die Farmzufahrt ist in der Hitze des Nachmittags pulverig-sandig und so sind wir über unseren Landcruiser an dieser Stelle sehr froh. Es gibt Momente, in denen wir auf der engen Zufahrt eher schwimmen als fahren.
Gegen 16 Uhr erreichen wir die Gästefarm und werden freundlich empfangen. Heute sind wir die einzigen Gäste und können das sehr gepflegte Areal ganz in Ruhe erkunden. Für einen Gamedrive über das Farmgelände fehlt uns heute die Kraft.
Unser Family-Chalet ist ein Traum über zwei Stockwerke.
Die Kinder lieben vor allem die obere Etage mit ihrem Ausblick auf den Wassertank. Hier sind zwei große Sessel aufgestellt, auf denen sie im Laufe des ausklingenden Nachmittags eine Lesung veranstalten werden – unsere Große liest ihre Lieblingspassagen aus Cornelia Funkes „Die wilden Hühner auf Klassenfahrt“. Für uns Zuhörende sind von den Kindern sogar Platzkärtchen vorbereitet worden.
Neben diesem kulturellen Höhepunkt sehen wir immer wieder einigen Antilopen dabei zu, wie sie zur nahen Wasserstelle kommen. Die Kinder genießen die Anwesenheit von zahlreichen zutraulichen Farmhunden – besonders der schneeweiße Welpe Olaf, der taub zur Welt gekommen ist, hat es ihnen angetan.
Und so vergeht die Zeit wie im Fluge bis zum Abendessen, das wir mit der neuen Managerfamilie gemeinsam einnehmen. Das Essen ist gute Hausmannskost – es gibt z.B. panierte Elen-Schnitzel – und sehr kindgerecht. Wir führen interessante Gespräche über homeschooling und auch über die Jagd auf dem Farmgelände.
Dann zieht es uns ins Bett. Leider wollen die Kinder nicht in ihrer Etage schlafen, da sie eine recht große Huntsman Spider unter dem Reetdach entdeckt haben. Und so schlafen wir alle vier gemeinsam im gar nicht so breiten Doppelbett (s.o.) unter dem riesigen Moskitonetz. Wegen der herumschwirrenden Mücken (sie scheinen im nahen Wassertank zu brüten) in der Hütte, finden wir das am Ende gar nicht so schlecht.
Morgen geht es dann weiter gen Divundu und der Caprivi-Teil der Reise kann endlich wirklich beginnen.