THEMA: Geschichten aus Afrika - wer macht mit?
08 Okt 2018 20:15 #534840
  • loeffel
  • loeffels Avatar
  • Beiträge: 1322
  • Dank erhalten: 3902
  • loeffel am 08 Okt 2018 20:15
  • loeffels Avatar
Hallo Laura, hallo alle :) .
Ich denke mal es ist OK, wenn ich aus meinem Reisebericht 2018 zitiere, so geschehen am 1.Mai 2018:

"
Jetzt sind wir also unterwegs ins Owamboland (ich bleibe der Einfachheit halber bei diesem Begriff).
Für einen ersten Zwischenstopp fahren wir über die C41 und D3612 an Tsandi vorbei nach Outapi.
Unser Interesse dort gilt dem größten Baobab Namibias, dem Ombalantu-Baobab. Mit einem Alter von rund 800 Jahren, 28m Höhe und über 20m Umfang gehört er zu den ältesten und größten Baobabs Afrikas.
Dank unserer Vorrecherche inklusive GPS-Koordinaten finden wir den Baum auch sofort, er liegt unweit des südlichen Ortseingangs.
Dummerweise ist aber das Tor ge- und verschlossen, das komplette Heritage Centre wirkt wie ausgestorben. Was nun ?
OK, ich steige mal aus und schaue, ob ich jemanden finde, den ich fragen kann, Beate wartet „mal kurz“ im Auto. Dabei lande ich unweit des Heritage Centres mitten in einem kunterbunten trubeligen Straßenmarkt und frage nach einem freundlichen „Walelepo meme“ kurzerhand die erstbeste Verkäuferin. Ja, da muß sie auch fragen gehen, ich soll doch bitte „mal kurz“ auf ihren Stand aufpassen !!!
Und schon bin ich der wohl erste weiße Second-Hand Klamotten-Marktverkäufer in Outapi seit der namibischen Unabhängigkeit. So zumindest fühle ich mich und so interpretiere ich auch die Blicke der Umstehenden und der Passanten. Diese Mischung aus amüsiertem ungläubigen Staunen, Irritation, Verwirrung ist unbeschreiblich. So amüsiert ich selbst auch von der Situation bin, etwas (sehr) unwohl fühle ich mich doch in meiner Rolle als Markthändler auf einem schwarzafrikanischen Markt. Denn natürlich bin ich hier der einzige Weiße weit und breit. Oh Mann, hoffentlich kommt die Verkäuferin bald wieder und hoffentlich will jetzt keiner was kaufen … Als Berater in Owambo-Second-Hand-Modefragen bin ich gänzlich ungeeignet. Meine Befürchtungen sind aber wohl unbegründet, denn ich glaube keiner wäre hier auf die Idee gekommen, bei diesem komischen weißen Mann irgendwas zu kaufen ...
Nach einer gefühlten Ewigkeit – wohl so 15 Minuten – ist die Verkäuferin zurück und beendet meine Karriere als Second-Hand-Klamotten-Marktverkäufer. In der Hand hält sie einen Zettel mit einer Telefonnummer. Da soll ich anrufen. Oder ich gebe ihr mein Handy und sie ruft für mich an. Gesagt, getan. Aber es geht keiner ran. Hmm. Wir kommen zu dem Schluß, daß das Centre wohl wegen des Public Holiday geschlossen ist – heute ist der 1. Mai.
Ein dickes „Tangi“ und noch ein wenig Smalltalk mit der netten hilfsbereiten Verkäuferin und einigen doch ziemlich neugierigen Umstehenden, dann verabschiede ich mich von allen und gehe zurück zum Auto, wo Beate inzwischen ihren Walkman ausgepackt hat.
Ich muss erst mal durchatmen, erzähle Beate von meinem Multikultiabenteuer und dann lachen wir uns erst mal schlapp.
"
LG Stefan

Die Reise unseres Lebens: Antarktis 2018/19
Unsere Reiseberichte
Letzte Änderung: 08 Okt 2018 20:15 von loeffel.
Der Administrator hat öffentliche Schreibrechte deaktiviert.
Folgende Benutzer bedankten sich: Inka, freshy, Logi, Tessi, Netti59, Flash2010
08 Okt 2018 20:33 #534844
  • GinaChris
  • GinaChriss Avatar
  • Beiträge: 4643
  • Dank erhalten: 9595
  • GinaChris am 08 Okt 2018 20:33
  • GinaChriss Avatar
Schönen Abend allen!

Stimmt Pallas, bei den vielen negativen Nachrichten hier, egal ob es um Namibia, oder ein anderes Land im südlichen Afrika geht, ist dieser thread bestens dazu geeignet, die positiven Erlebnisse hervorzuheben, insbesondere jene, die man mit den Menschen in diesen Regionen teilen darf.

Deshalb möchte ich euch unsere Brot-Geschichte erzählen.

Wir waren unterwegs von Antons Mwandi View ins Linyanti camp, als wir etwa auf halber Strecke auf ein hängengebliebenes Fahrzeug der Savute Lodge trafen. Die Insassen allesamt Angestellte der Lodge, die unterwegs zu ihren Familien waren, um ein paar Tage Freizeit mit ihren Lieben zu verbringen. Ein Reifen ihres Wagens war platt, ein Ersatzrad vorhanden, aber kein Radschlüssel. Ob wir damit aushelfen könnten? Klar können wir das, es dauert nur ein wenig, weil unser Radschlüssel ja beim restlichen Werkzeug, in der hinteren Sitzbank ist, die erst von sämtlichem Kram befreit werden musste, um ans Objekt der Begierde zu gelangen. Nachdem also Rucksäcke, Decken, Ferngläser, Jacken, ect., zu einem ansehnlichen Berg neben dem Auto aufgetürmt waren, die Sitzbank sichtbar wurde, Chris diese hochgeklappt hatte und mit seinem Kopf für längere Zeit darin verschwunden war, stellte er ernüchtert fest, dass hier kein Radschlüssel sei. Nun, so ein Mietwagen ja noch viele weitere Klappen und Türchen hinter denen er sich verbergen konnte. Unter den mittlerweile belustigten Augen der Savute Mitarbeiter, stellten wir unseren Wagen quasi auf den Kopf, mit dem Ergebnis, hier ist kein Radschlüssel. Was wenn wir selbst eine Reifenpanne mitten im Nirgendwo gehabt hätten… eine üble Vorstellung!

Aber die Savute Leute hatten eine Idee: da sei doch diese neue Lodge, hier irgendwo, in etwa 10 km Entfernung; die haben sicher einen Radschlüssel. Also, all unser Zeug wieder auf die Rückbank gewuchtet, einen der Gruppe dazugequetscht, und los gings durch den Busch zur neuen Lodge. Etwa eine Stunde später, waren wir samt geborgtem Radschlüssel wieder retour bei der restlichen Gruppe, die bereits das Ersatzrad montiert hatte, weil eine andere helfende Hand vorbeigekommen war, und sogar einen Radschlüssel dabei hatte. Unter großem Palaver, wurden wir ob unseres „selbstlosen Einsatzes“ für die Besorgung eines Radschlüssels von den Savute Lodge Mitarbeitern mit dem Versprechen verabschiedet, dass, wann immer wir in Savuti ein Problem hätten, sie für uns da wären. Das war nett, wirklich nett, aber wann und warum sollten wir in Savuti ein Problem haben, dachten wir…

Drei Tage später bezogen wir unsere campsite in Savuti. Für den nächsten Tag wollte ich uns ein paar Scheiben unseres selbstgebackenen Brotes belegen, doch es war schimmlig geworden. Die Frage nach Brot im camp shop war leider negativ. Aber, wir waren doch in Savuti! Also auf zur Lodge und dort unser Glück versuchen. Wir wurden herzlich begrüßt, erhielten eine Lodgeführung, und trugen dann unsere Bitte um vier Scheiben käuflich zu erwerbendes Brot vor. Nun, das sein nicht möglich meinte Nethi, die Chefköchin, und verschwand in die Küche, um gleich darauf mit einem folienumwickelten Päckchen zurückzukommen. Das wäre die Notlösung, wir sollten nach 16:00 wiederkommen, meinte sie augenzwinkernd. Wir bedankten uns, und versprachen zur vereinbarten Zeit zurück zu sein. Im Auto öffnete ich das Päckchen. Es enthielt vier Scheiben Brot. Was also sollte uns um 16:00 erwarten?

Wie versprochen waren wir am späten Nachmittag zurück in der Savute Lodge. Der Manager meinte, dass uns Nethi bereits erwarten würde. Freudenstrahlend kam sie mit einem Riesenpaket aus ihrer Küche geeilt. „Wenn wir hier unverhofft von jemandem Hilfe bekommen, dann stehen wir ein Leben lang, dankbar in seiner Schuld“, sagte Nethi, und drückte mir das warme Paket in die Hand. Wir mussten versprechen, wann immer wir in der Gegend wären, die Savute Lodge wieder zu besuchen.

Zurück auf unserer campsite öffneten wir das Paket. Wir konnten unseren Augen kaum trauen, als wir das riesige, frisch gebackene, duftende Brot von Nethi ausgepackt hatten. Natürlich haben wir mit der Verkostung nicht bis zum nächsten Tag warten können!

Und ja, wir würden wieder anhalten um zu helfen, denn es gibt viel mehr Nethis im südlichen Afrika, als man, ob der negativen Berichte hier, zu glauben vermag!

Gruß Gina


Der Administrator hat öffentliche Schreibrechte deaktiviert.
Folgende Benutzer bedankten sich: kalachee, Inka, Topobär, freshy, speed66, Logi, Tessi, Elsa, Netti59, sphinx und weitere 2
09 Okt 2018 07:39 #534873
  • Flash2010
  • Flash2010s Avatar
  • Beiträge: 1373
  • Dank erhalten: 3951
  • Flash2010 am 09 Okt 2018 07:39
  • Flash2010s Avatar
Guten Morgen allerseits,

toll, dass sich der Thread langsam füllt! Genau solche Geschichten meinte ich - wow :woohoo: Ich lese sie mit sehr großer Freude!

Und ihr habt Recht, das ist mir auch erst danach eingefallen, dass man generell das Forum mal mit mehr positiven Ereignissen füllen sollte, wo so viele negative Meldungen über Überfälle auftauchen :(

LG
Laura
I will always have a bit of namibian sand in my shoes!

Linksammlung zu den letzten Reiseberichten und Filmen
Aktuell: Reisebericht Kenia 2023
Der Administrator hat öffentliche Schreibrechte deaktiviert.
09 Okt 2018 15:29 #534935
  • Flash2010
  • Flash2010s Avatar
  • Beiträge: 1373
  • Dank erhalten: 3951
  • Flash2010 am 09 Okt 2018 07:39
  • Flash2010s Avatar
Ich mache mal weiter mit einer Geschichte, die mich dieses Jahr nach dem Urlaub sehr berührt hat. Ein paar haben es noch als eine Art Nachruf in meinem Bericht gelesen, aber dieser war zu dem Zeitpunkt lange zu Ende geschrieben, daher vielleicht für viele noch neu :)

_____________________________________________________________________________________

Eine bestimmte Situation unserer letzten Etosha Tour im Juni 2018 lässt uns so schnell nicht vergessen, wie grausam die Natur sein kann.

Am Vortag durften wir bei Rietfontein zwei Löwenmänner in den Büschen an einem Riss beobachten und hofften nun, sie an diesem Nachmittag wieder dort anzutreffen. Tatsächlich hatten wir Glück und sie waren samt ihrer Beute noch an Ort und Stelle. Viele Schakale wuselten herum und wir konnten jetzt deutlich erkennen, dass es sich im einen Zebra-Riss handelte. Immer wieder wechselten die beiden Paschas ihre Fressposition und zeigten sich kurz für ein Foto.

Nach einiger Zeit erhob sich neben ihnen eine Löwin, die langsam Richtung Wasser trottete. "Du meine Güte", dachten wir uns, "die muss mächtig vollgefressen sein!". Sie bewegte sich in der Tat sehr langsam und hatte nicht den typischen Anmut für eine starke, gesunde Löwin. Selbst mit vollgefressenem Bauch müsste sie beweglicher sein. Als sie fast das Wasserloch erreicht hatte, flüchteten dutzende Zebras auf der gegenüberliegenden Seite mit großer Ehrfurcht. Verständlich, Löwen sind nun mal ihre größten Feinde.





Als die Löwin allerdings nach rechts abdrehte, mussten wir feststellen, dass es für die Zebras absolut keinen Grund zur Panik gab. Die Arme war furchtbar entstellt und würde wahrscheinlich in ihrem Leben kein Tier mehr jagen können. Ihr Anblick stimmte uns auf der Stelle traurig. Die Vermutung lag nahe, dass dies das Werk von Hyänen gewesen sein könnte, die ihre Gegner meist von hinten attackieren. In diesem Moment wünschten wir ihr viel Kraft und dass sie sich nicht mehr lange quälen muss.





Ein intaktes Löwenrudel hätte sie vermutlich verstoßen, aber hier waren nur die beiden Paschas ihre Begleitung, was auf eine sehr merkwürdige und außergewöhnliche Konstellation deutete.

Am nächsten Morgen machten wir uns wieder auf den Weg nach Rietfontein und waren gespannt, was uns dort an diesem kalten Morgen erwarten würde. Eine einzelne Hyäne verschwand gerade in die Büsche als wir ankamen, aber von den Löwen war zunächst keine Spur. Einzig zwei Schakale löschten ihren Durst.

Einige Zeit verging, bis sich plötzlich etwas im Gras bewegte. Es war die Löwin von gestern! Und sie hat die Nacht überstanden! Was für eine Kämpferin. Man sah ihr an, dass sie noch immer unheimliche Schmerzen durchleiden muss. Auch wenn wir großes Mitleid mit ihr hatten, war uns bewusst, dass dies der Kreis des Lebens ist und zur Natur gehört.







Ihre Begleiter entdeckten wir kurz darauf und wunderten uns wirklich, dass sie noch bei ihr blieben. Die Konstellation der drei wurde nunmehr noch merkwürdiger, denn die beiden Paschas sahen nicht unbedingt aus wie Brüder oder als wären sie im selben Alter. Es kann natürlich auch sein, dass der stärkere der beiden viel mehr Testosteron produzierte und daher eine stärkere und dunklere Mähne aufweisen konnte.





Als die beiden Paschas sich langsam in die Büsche verzogen und die Löwin wieder flach im Gras lag, rissen wir uns los und fuhren weiter. Aber nicht ohne der tapferen Löwin noch einmal zu gedenken.

____________________________________________________________________________________________________


Fast vier Monate sind seit dieser Begegnung nun vergangen und ich konnte eine wunderbare Entdeckung im Social Media Bereich machen! She did it! Sie lebt! Tatsächlich wurde ich auf diesen Post der Userin tinelorentz aufmerksam:



Ich kommentierte den Post und erhielt prompt die Nachricht, dass dieses Bild im Juli an einem Wasserloch entstand. Leider konnte sie sich nicht mehr an den Namen des Wasserlochs erinnern, allerdings sei diese Löwin in Begleitung zweier Paschas gewesen, von denen einer deutlich stärker war als der andere! Diese Antwort machte mich so glücklich! Wir hätten nie gedacht, dass die Löwin diese Verletzungen übersteht. Ich bekam weitere Bilder, auf denen meiner Meinung nach zu sehen ist, dass sie wohl an ihrem rechten Hinterbein genäht wurde, wo vorher noch ein großes Loch klaffte.





Sie hat ihre zweite Chance und die gönne ich ihr von Herzen! Ich bin mir zwar unsicher, ob sie jemals wieder richtig jagen kann, da bestimmt der Muskel verletzt wurde, aber mit ihren beiden Männern dürfte sie gut über die Runden kommen! Ich drücke ihr die Daumen!

_________________________________________________________________________________

Ich darf die Instagram Bilder verwenden.


LG
Laura
I will always have a bit of namibian sand in my shoes!

Linksammlung zu den letzten Reiseberichten und Filmen
Aktuell: Reisebericht Kenia 2023
Letzte Änderung: 09 Okt 2018 15:35 von Flash2010.
Der Administrator hat öffentliche Schreibrechte deaktiviert.
Folgende Benutzer bedankten sich: Goldmull, Inka, Topobär, freshy, Logi, Sorimuc, Tessi, loeffel, Gromi, Netti59 und weitere 3
10 Okt 2018 11:18 #535056
  • freshy
  • freshys Avatar
  • Beiträge: 3591
  • Dank erhalten: 5179
  • freshy am 10 Okt 2018 11:18
  • freshys Avatar
Ein Erlebnis unserer ersten Namibiareise schlummert seit Jahren in meiner "Schublade". Heute sehe ich zwar ein paar Dinge mit anderen Augen (z.B., dass der Gecko aus dem Schlaf gezerrt wurde), aber ich würde gerne noch einmal diese Tour unternehmen. Leider wurde die Tour in diesem Jahr kurzfristig abgesagt, weil der Guide auf Reise ging.

Die Wüste lebt

Wer als Tourist nach Namibia fliegt, träumt von den „Big 5“: Elefanten, Nashörner, Löwen, Leoparden, Giraffen. Das kleine Unternehmen „Namibia Desert Adventures“ in Swakopmund wirbt mit „Experience The Little 5!“ Die beliebte Tour haben wir von Deutschland aus gebucht.
Douglas, Christopher Nels Mitarbeiter, holt uns morgens an der Rezeption zur Exkursion in den Wüstengürtel zwischen Swakopmund und Walvis Baai ab.
Nach zähem Kampf von Umweltschützern, zu denen Chris, wie er sich vorstellt, zählt, ist die Wüste entlang der namibischen Atlantikküste im Mai 2011 zum Dorob Nationalpark de-klariert worden. Dies hindert Quadfahrer jedoch nicht daran, weiterhin mit ihren Fahrzeugen Spuren in das heikle Ökosystem zu ziehen, die noch in hundert Jahren zu sehen sein wer-den. Chris zeigt uns Fotos und ist entsprechend sauer, aber er kann nicht viel dagegen aus-richten.
Der Mann ist ein Energiebündel und steckt uns mit seinem Enthusiasmus für „seine“ Wüste an. Fünf Stunden lang hält er uns mit ausgezeichneten Kenntnissen über ihre Bewohner und Pflanzen und die ökologischen Zusammenhänge in Atem. Wie er es schafft, aus dem fah-renden Auto heraus in zwanzig Metern Entfernung den Bau eines Skinks zu entdecken, wird allerdings sein Geheimnis bleiben.
Chris beginnt mit einer kurzweiligen Einführung über die Samen und Gräser, die vom Wind aus dem Hinterland und sogar aus der Kalahari herangeweht werden. Sie bleiben an den Dünen, an Büschen und Steinen hängen und tragen als Müsli (O-Ton Chris) zur Nahrung vieler Insekten bei, die wiederum auf dem Speiseplan anderer Tierarten stehen. Mindestens fünf von ihnen sollen wir auf unserer Tour kennenlernen.
Obwohl die Wüste ohne Regen auskommt, können Pflanzen wie der Dollarbusch überle-ben. Sie „trinken“ den Nebel, der nahezu beständig über der Atlantikküste liegt. Chris pflückt ein paar fleischige Blätter ab und zerquetscht sie. Grüner Saft quillt aus seiner Faust. Das sei die Milch zum Müsli, erläutert er. Auch heute Morgen bleibt der Himmel bleiern, die Temperaturen erfordern eine Vliesjacke mit Reisverschluss bis unters Kinn und werden im Laufe des Tages voraussichtlich nicht über 20°C steigen. Welch ein Unterschied zu dem extrem trockenen und heißen Klima im Landesinneren Namibias.
Uns fallen die Farben der Wüstenlandschaft auf. Ob aus beigem oder rotem Sand, die Dünen sehen aus, als hätte sie jemand mit schwarzem Zucker bestreut. Ein dicker Magnet, den Chris in den Sand setzt, bringt Klarheit. In Windeseile streben die schwarzen Sandkörner auf ihn zu, setzen sich fest und bilden schließlich einen dicken Pelz aus Eisenoxyd um den Magneten.
Chris buddelt am Abhang einer Düne, erster Fund: Ein White Lady Spider, höchst giftig, kullert das Gefälle hinunter. Wir bleiben in respektvollem Abstand.
Weiter geht’s. Der harmlose Skink, ähnlich unserer Blindschleiche, muss es sich gefallen lassen, dass wir ihn in die Hand nehmen und seine seidenglatte Haut streicheln, dann darf er seiner Wege schlängeln.
Das schönste Exemplar, das uns Chris präsentiert, ist ein Palmato Gecko. Er ist nachts aktiv und sichtlich irritiert, was mit ihm geschieht. Seine Haut schimmert pastellfarben hellblau, rosa, gelb, orange und ist fast durchsichtig. Man glaubt zu sehen, wie die Äderchen pulsieren. Das Bestechendste an ihm sind die großen schwarzen Augen, die er ab und zu abschleckt, da er keine Lider besitzt. Entzückt betrachten wir die Füßchen, die aussehen wie klitzekleine Schneeschuhe und verhindern, dass der Gecko im Sand einsinkt. Chris setzt ihn wieder vor seiner Wohnung ab, wo er sich in Windeseile eingräbt, um weiterzuschlafen.
Ganz schön aufgeweckt dagegen ist die Schaufelnasen Eidechse, deren Jagdzeit der Tag ist. Sie beißt sich an Chris’ Hand fest und lässt auch nicht los, als sie frei in der Luft baumelt.
Zwischendurch ist eine Pipipause angesagt. Nach kurzer Unterweisung über das richtige Wasserlassen in der Wüste werden wir hinter die Dünen geschickt. Auf keinen Fall dürfen Flächen „bewässert“ werden, auf denen Pflanzen ihr karges Dasein fristen. Die Leeseiten der Dünen sollen wir benutzen und – extra Appell an die Damen: „Bitte nur Lufttrocknung, kein Papier verbuddeln! Der Wind gräbt es wieder aus und treibt es durch die Landschaft, bis es irgendwo hängen bleibt.“
Für den nächsten Wüstenbewohner springt unser Guide mehrmals aus dem Jeep und wieder herein, legt zu Fuß lange Strecken zurück, bis er uns endlich heranwinkt. Dieses Reptil ist schlau und für uns beinahe unsichtbar. Doch Chris’ Argusaugen ist es nicht entgangen. Es dauert, bis wir die Stelle entdecken, wo hin und wieder eine kleine gespaltene Zunge aus dem Sand züngelt. Die Peringuey Otter hat uns mit ihren Augen, die wie ein Teleskop auf dem Kopf liegen und als einziger Körperteil aus dem Sand schauen, längst entdeckt. Blitzschnell schießt sie hervor, wir treten hastig zurück. Für das Gift der Schlange gibt es eine gute und eine schlechte Nachricht, beruhigt Chris. Die gute: Es ist nicht tödlich, die schlechte: Zwei Tage lang möchte man am liebsten sterben.
Das war Nummer Fünf, doch ein Wüstenbewohner fehlt noch, das Chamäleon. Sein richtiger Name: Namaqua Chamäleon. Nach ihm muss Chris nicht lange suchen. Wir haben den Verdacht, dass es Tag für Tag in seinem Busch sitzt und auf die Ration Schwarzkäferlarven wartet, die Chris züchtet. Dreimal schnellt seine Zunge heraus, kringelt sich um eine Larve und verspeist den Happen mit sichtlichem Genuss. Der handgroße Kerl hat sich einen ordentlichen Ranzen angefressen.
Damit ist der lehrreiche Teil der Exkursion beendet. Den Abschluss bildet eine wilde Fahrt durch die Dünen – nur auf vorgezeichneten Strecken, um das Ökosystem weitgehend zu schonen, wie unser Guide betont – dass uns hören und sehen vergeht.









Der Administrator hat öffentliche Schreibrechte deaktiviert.
Folgende Benutzer bedankten sich: Inka, Logi, Tessi, sphinx, Flash2010, fiedlix
10 Okt 2018 11:28 #535060
  • Carinha
  • Carinhas Avatar
  • Beiträge: 448
  • Dank erhalten: 1613
  • Carinha am 10 Okt 2018 11:28
  • Carinhas Avatar
freshy schrieb:
Sie bleiben an den Dünen, an Büschen und Steinen hängen und tragen als Müsli (O-Ton Chris) zur Nahrung vieler Insekten bei, die wiederum auf dem Speiseplan anderer Tierarten stehen.

"Nobody wants to eat dry muesli every day" - das Zitat von Douglas ist bei uns bis heute ein geflügeltes Wort! :lol:
Next: 2024 / 3 Wochen: USA - Der Südwesten

Destinations:
2023 / 3 Wochen: Durban, St. Lucia, Sodwana Bay, Kosi Bay, Pongola GR, eSwatini, Kruger NP
2022 / 4 Wochen: VicFalls, Chobe, Zambesi-Region, Savuti, Moremi, Maun, Nxai Pan, Boteti, Khama Rhino, Tuli Block, Waterberg, JoBurg

Reiseberichte:
Auf vielseitigen Wunsch - Costa Rica 2019: namibia-forum.ch/for...html?start=30#551052
Kruger, Mapungubwe, Tuli Block 2017/18: namibia-forum.ch/for...botswana-2017-8.html
Gardenroute & KTP 2016: namibia-forum.ch/for...n-route-und-ktp.html
KwaZulu-Natal, Swaziland, Lesotho 2015: www.namibia-forum.ch...ho-afrika-zum-3.html
Kapstadt, Western Cape und Namibia 2014: www.namibia-forum.ch...t-dem-crueueser.html
Honeymoon Südafrika 2013 (Kurzbericht): www.namibia-forum.ch...mit-afrikavirus.html
Der Administrator hat öffentliche Schreibrechte deaktiviert.
Folgende Benutzer bedankten sich: freshy