Machtspiele am Wasserloch
Allerbester Dinge fahren wir um ca. 11 Uhr schließlich von Dolomite los, wir freuen uns an Zebras, Giraffen – für mich die afrikanischsten aller Tiere – und auch Vogelvieh.
Endlich komme ich auf die Idee, Helmut nach den langen Fahrtagen mal zu entlasten: Fahrerwechsel in Olifantrus. Um ca. 14.30 Uhr kommen wir am Wasserloch Ozonjuitji m’Bari an und sind ganz aus dem Häuschen über da hohe Tieraufkommen, aber irgendwie merkwürdig. Richtig große Herden und Gruppen stehen hier an, so recht geht aber keiner ans Wasser, außer dem grauen Riesen, der mit auffälligem Imponiergehabe mitten drin steht. Sein Kumpel ist schon ein Stück weiter.
Dann erst sehen wir den Grund für die angespannte Situation.
Zwei Löwen liegen ein Stück oberhalb, an einer weiteren Wasserstelle, sie machen auf ganz gechillt, wenn der Elefant in ihre Richtung kommt, gehen sie aber doch stiften. Nun beobachten wir ein großartiges Schauspiel.
Die beiden Halbstarken lümmeln an der oberen Wasserstelle, vom Elefanten bedrängt, verschwinden sie kurz um anschließend wieder genau ihre Position einzunehmen. Der Dicke steht im unteren Wasserloch und demonstriert statt dessen, wer der eigentliche Chef ist.
Unmengen von anderen Tieren in jeweils großen Gruppen scheinen sich durch die Anwesenheit der Elefanten sicher zu fühlen und suchen regelrecht ihre Nähe. Nur meine ängstlichen Zebras springen immer wieder auseinander und wirbeln Staub auf. Viel mutiger die Springböckchen, die sich ein Herz fassen und sich mit sehr geringer Distanz zu den Löwen ans Wasser trauen. Da nehmen auch die Zebras all ihren Mut zusammen und trauen sich endlich zu trinken.
Nach einer ganzen Weile verschwinden die Elefanten, die Löwen verlagern sich ans untere Wasserloch und haben die volle Kontrolle, meine Zebras sind ratlos und ziemlich sauer.
Die 2 - 3 anderen Fahrzeuge sind bereits weg, so langsam wollen wir auch weiter. Auch wenn es schwer fällt, sich hier loszureißen – ready to go. Ich dreh den Zündschlüssel, nichts tut sich.
Ausmachen, nochmal, nix! 10 Minuten warten, noch ein Versuch – gar nix. Helmut war mit Licht gefahren, darauf hatte ich überhaupt nicht geachtet, die Batterie war wohl schwach gewesen, jetzt ist sie definitiv leer. Und auch kein Telefonnetz, zum Glück ist das Sat-Phone geladen! Ein Anruf in Okaukuejo, schlechte Verbindung, ich wiederhole mehrmals den unaussprechlichen Namen des Wasserlochs, die Dame am anderen Ende scheint mich ansatzweise zu verstehen, sie will jemanden schicken, wir sind nicht überzeugt. Ein weiterer Versuch, das Fahrzeug zu starten bleibt erfolglos, aber nicht still. Plötzlich piepst und blinkt es, wir drücken wie wild alle Knöpfe, es piepst und blinkt weiter.
Mittelmäßig verzweifelt bleiben wir sitzen, öffnen ab und zu einen Türspalt für Durchzug. Von rechts kommt eine Elefantengruppe mit Jungtieren aufs Wasserloch zugestürmt. Hoffentlich stören sie sich nicht an dem Gepiepse, mir rutscht das Herz mal wieder einen Stock tiefer.
Und dann betritt der König die Bühne – zuerst schemenhaft bewegt er sich auf uns zu, geht direkt an uns vorbei, es ist wohl der Vater der beiden Halbstarken, über dessen Erscheinen so gar keine Freude aufkommt. Nach kurzem Gezänk drehte er wieder ab und machte es sich in unserer Nähe gemütlich. Immer noch piepst und blinkt es unaufhörlich. Und wir reichlich fassungslos.
Wir hatten uns seit dem Anruf in Okaukuejo eine Wartezeit von ca. 1/1.5 Stunden ausgerechnet – genau in diesem Zeitfenster, es ist 17.20 Uhr biegt ein Auto zum Wasserloch ein – es sind zwei Männer vom Ministry of Environment & Tourisms. Sie springen aus dem Auto, peilen die Lage, wir steigen ebenfalls aus, einer stellt sein Gewehr auf den Boden, sieht meinen erschrockenen Blick, lacht mich an mit den Worten:
„Don’t be afraid oft he lion.“
Dann öffnen wir die Kühlerhaube und fangen an zu fachsimpeln.