20.09.2017
Es ist brütend heiß, der Schweiß läuft mir von allen Körperteilen, die mit irgendetwas in Berührung kommen Gerade eben ist eine Windhose durch das Camp von Urikaruus gefegt und hat einen kurzen Moment der Erleichterung, vermischt mit etwas Sand, gebracht – ansonsten ist kein Lufthauch zu spüren. Direkt vor mir sehe ich das Wasserloch, das wesentlich näher ist als das in Kieliekrankie – ein einsames Gnu macht sich gerade dorthin auf, es ist ihm nicht zu verdenken bei der Hitze.
Tag zwei ohne Verbindung zur Außenwelt – ich bin erstaunt, wie leicht mir das doch fällt. Die Vorstellung, dass meine Freunde und Kollegen die Tage Hulapalu-singend und Biertrinkend auf der Wiesn verbringen, ist leicht surreal. Hier im KTP hat sich bereits eine kleine Routine eingeschlichen: bis gegen Mittag sind wir auf Pirschfahrt unterwegs, dann fahren wir unser jeweils gebuchtes Camp an und machen dort Mittagspause. Der Reisebericht kann aktualisiert werden, das Buch weiter gelesen, und Kniffel spielen ist auch immer nett (vor allem, da ich momentan einen guten Lauf habe). Dazwischen hüpft auch immer das ein oder andere große oder kleinere Tierchen vor meine Linse, die griffbereit neben mir auf dem Tisch liegt. Marc testet schon mal die Betten und döst eine Runde.
Auch gestern Abend waren wir noch zwei Stündchen unterwegs, sind noch bis zum Wasserloch Kamqua gefahren, da dort vormittags Geparden gelagert hatten. Das Licht ist wundervoll, ich könnte alle zwei Meter anhalten und irgendwas fotografieren, dann würden wir die Strecke aber niemals bis Sonnenuntergang schaffen.
Wir treffen unter anderem auf eine kleine Gruppe Giraffen, die sich beiderseits der Pad zum Abendessen versammelt hat – die Tiere sind mächtiger als man denkt, wenn man direkt neben ihnen steht. Auch drei Schakale laufen uns über den Weg und machen sich gen Sonnenuntergang durch das Flussbett davon.
Zurück in unserem Camp wird Feuer gemacht und das Abendessen vorbereitet. Aus Wolfgangs Vorrat entscheiden wir uns heute für Zebrafilet, dazu gibt’s Bratkartoffeln mit Zwiebeln und einen leckeren Weißwein. Sobald es dunkel wird, tauchen einige zusätzliche Gäste auf unserer Terrasse auf. Manche fliegen bevorzugt um unsere Köpfe, oder auch gern mit einem ekligen Geräusch gegen die Fensterscheibe, und man will gar nicht so genau wissen, was das jetzt eigentlich ist
Andere, nämlich kleine Eidechsen und Geckos, huschen die ganze Zeit von einer Ecke der Terrasse in die andere, und da wir nicht wissen möchten, wie stabil diese kleinen Zeitgenossen sind, müssen wir höllisch aufpassen, nicht aus Versehen auf eins drauf zu treten. Wenigstens die Mäuse scheinen sich schlafen gelegt zu haben, oder sie treiben sich zumindest woanders rum. Die Tür zum Schlafraum wird auf jeden Fall immer akribisch geschlossen gehalten.
Bereits gegen neun Uhr liegen wir ins den Betten und sind schnell eingeschlafen.
Der Wecker klingelt heute um sechs, wollen wir doch so früh wie möglich in den Park fahren. Da wir noch Öl brauchen (gestern hat uns Willem netterweise welches ausgeliehen) und auch unsere Wasservorräte wieder aufgestockt werden sollten, entscheiden wir uns für die Runde unten um Twee Rivieren.
Bereits kurz nach der Abzweigung rufe ich das erste Mal „Stopp!“. Oben auf dem Dünenkamm hält eine Löwe Ausschau – statt aber auf unserer Seite die Düne hinab zu schreiten, verschwindet er lieber dahinter und ward nicht mehr gesehen, also weiter. Kurz vor Monro hat Marc dann ein wirklich gutes Auge: ein einzelner Gepard sitzt in einiger Entfernung und blickt sich aufmerksam um. Wir suchen die Gegend ab und finden rasch ein zweites Tier im Schatten eines nahen Baumes.
Zunächst passiert wenig, die beiden Tiere wechseln hin und wieder ihre Position und scheinen ansonsten faul zu sein – bis sich ein vorwitziger Schakal von hinten anschleicht. Wir sehen ihn schon eine Weile die Dünen herunterkommen, die Geparden tun so, als hätten sie ihn nicht bemerkt. Erst, als der Kleine schon vorbei ist, setzt ein Tier urplötzlich und ohne Vorwarnung zur Jagd an, das andere folgt mehr halbherzig. Dies hat zweierlei positive Effekte: einerseits sind die Tiere für kurze Zeit näher an der Straße und können gut abgelichtet werden, und zweitens kann der Schakal sich auf die andere Straßenseite retten und steht nun auch direkt neben unserem Auto.
Die Geparden ziehen sich wieder weiter ins Gelände zurück und wandern langsam gen Süden. Wir folgen ihnen so lange, bis sie sich schließlich unter einem Baum niederlassen und kaum mehr zu sehen sind. Ein einsames Oryx steuert zielsicher und offenbar unwissend auf den Baum der beiden zu und wir sind sehr gespannt, was passiert – naja, tatsächlich nicht allzu viel. Kurz vor dem Baum erschrickt das Oryx, sprintet kurz den Berg hoch, guckt dann in Alarmbereitschaft zu den Geparden, schnaubt am Ende gefühlt hochmütig und wandert weiter. Bis jetzt kam kein anderes Auto vorbei, mit dem wir unsere Entdeckung hätten teilen müssen – erst kurz bevor sich die beiden final unter dem Baum niederlassen, machen wir ein entgegenkommendes Pärchen auf unsere Sichtung aufmerksam, dann fahren wir weiter.
In Twee Rivieren erledigen wir kurz unsere Einkäufe, gönnen uns ein Eis zum Frühstück und fahren nun das Nossobtal wieder gen Norden hoch. Bereits kurz nach dem Camp sehen wir mehrere Fahrzeuge am Straßenrand stehen, und der Grund ist sehr ersichtlich. Nicht allzu weit weg liegt ein Löwenrudel, bestehend aus drei Männchen und zwei Weibchen mit einem frischen Riss unter einem Baum. Die Männchen scheinen noch recht jung zu sein – der Pascha liegt bereits voll gefressen im Schatten und dreht sich nur noch von rechts nach links. Der zweite in der Rangfolge macht sich gerade am Kadaver zu schaffen und verschwindet fast mit dem Kopf im Bauch dessen, was vor Kurzem wohl noch ein Gnu war. Eines der Weibchen versucht, auch etwas vom Festmahl ab zu bekommen, wird aber schnell zur Räson gebracht und am Ende sogar noch angepinkelt. So ein Assi, dieser Pascher – behandelt man so etwa Frauen?
Als alle gesättigt sind und ins Suppenkoma gefallen sind, setzen wir unseren Weg fort und nehmen beim Wasserloch Kij Kij die Verbindungsstraße zurück ins Auobtal.
Es wird immer heißer und Tiere werden Mangelware. Wir fahren eine ganze Weile, ohne überhaupt irgendwas zu sehen. Langsam drückt die Blase, und wir beschließen, am nächsten Picknickplatz eine Pause einzulegen. Kurz davor eine weitere Hammersichtung: ein gutes Stück entfernt liegt ein einsamer Gepard mit den Überresten eines Springbocks unter einem Baum. Für mehr als Beweisfotos reicht es leider nicht (tatsächlich ist das Tier so weit weg, dass wir uns nicht sicher sind, ob es ein Gepard oder ein Leopard ist; erst das Foto bringt hinterher die Tatsachen ans Licht) – und abwarten ist nicht drin, sonst würde ich platzen
Wir merken uns die Stelle und wollen abends nochmal herkommen. Bis dahin tut sich hoffentlich nicht allzu viel, und das Kätzchen macht einen ausgiebigen Mittagsschlaf.
Kurz nach der Pipipause und einem kleinen Snack erreichen wir gegen halb zwei Urikaruus, werden von Eric freundlich begrüßt und zu unserer Hütte gebracht. Diese sieht wirklich urig aus: der Küchenbereich mit der Aussichtsterrasse liegt in einem separaten Häuschen, und über ein paar Stufen erreicht man weiter oben das Schlaf- und Badehäuschen. Wir richten uns kurz ein und lassen uns dann erschöpft auf der Terrasse nieder – erstmal ein Kaffee, um wieder etwas in die Puschen zu kommen. Dann ist wie immer Relaxing angesagt, bevor es später wieder auf Game Drive geht.