8. November: Himmel über der Wüste
Die Nacht war erholsam, wenn auch ziemlich warm, und am nächsten Morgen hat sich mein Magen etwas beruhigt. Doch er bleibt spürbar in Kampflaune, und ich tue das, was ich in diesen Fällen immer tue: Ich esse nur noch das absolut Notwendigste.
Wir haben viel Zeit für die nicht allzu weite Strecke zum NamibRand Reserve, wo wir uns mittags beim Tok Tokkie Farmhaus einfinden sollen. Auf der legendären D707, die wir tatsächlich schon beim Durchfahren spektakulär finden, legen wir mehrere Stopps ein.
Ich hatte hin und her geplant und mir den Kopf zerbrochen, um einen Aufenthalt in den Tirasbergen in unsere Tour einzubauen, habe mich am Ende aber für den Tok Tokkie und gegen die D707 entschieden. Alles geht eben nicht, und Thomas hatte großen Wert auf einen längeren Aufenthalt im Etosha gelegt, wo er seinen 50. Geburtstag unbedingt auf einem Safaritruck verbringen wollte. Ein Antrag, dem ich leichten Herzens stattgeben konnte.
Bei unserer dritten Namibia-Reise, die bereits vollständig geplant ist, aber leider noch ohne absehbares Datum auskommen muss, wird die D707 dann aber eine zentrale Rolle spielen.
Wir gönnen uns den Schlenker zum Schloss Duwisib, das allerdings keinen tiefen Eindruck bei uns hinterlässt.
Gegen 14 Uhr erreichen wir das Farmhaus, werden herzlich empfangen und lernen bei Tee und Keksen (nicht für mich!) unsere Weggefährten kennen. Wir sind acht Gäste, unser Guide Sebastiaan gefällt uns mit seiner offenen, gelassenen Art sofort. Außer uns sind vier Schweizerinnen sowie ein Ehepaar aus England dabei. Wie groß die Herausforderung bei dieser Affenhitze wohl sein wird? Allen ist ein wenig mulmig - und mir im Magen sowieso.
Wir packen unser Gepäck um, nehmen nur das Notwendigste mit. Die Taschen werden mit einem Jeep zum jeweiligen Nachtlager gebracht, und auch wir werden um 16 Uhr per Auto zum Startpunkt der Wanderung gefahren. Die Landschaft mit ihren orangenen Dünen und den schroffen Bergen ist grandios, der Fahrtwind tut gut, doch dann wird es ernst - wir marschieren los.
Es geht direkt eine steile Düne hinauf, mir bleibt in diesem Glutofen fast die Luft weg und meine Knie wackeln - eine Folge der Zwangsdiät.
Sebastiaan legt sehr viele Stopps ein, erklärt die Geschichte des privaten Naturschutzgebietes, das einst heruntergewirtschaftetes Farmgelände war. Wir lesen Tierspuren, entdecken Echsen und Tok-Tokkie-Käfer, sehen Antilopen und Zebras. Vor allem aber checkt unser cleverer Guide ganz nebenbei die Belastbarkeit der Gruppe. Mein Eindruck: Wir sind keine Hochleistungssportler, aber an Aktivitäten gewöhnt und werden alle durchhalten.
Ich bemühe mich, direkt in den Fußspuren von Sebastiaan zu laufen, was im rutschigen Sand viel ausmacht. Wir kommen auf diesem ungewohnten Terrain immer besser in Tritt, sind aber heilfroh, als wir nach knapp zwei Stunden unser erstes Lager erreicht haben. Schwer zu sagen, wie weit wir an diesem Nachmittag gegangen sind, sicher nur ein paar Kilometer. Doch das Thema bei diesem Trail wird nicht die Entfernung, sondern vor allem die Hitze sein. Soviel wissen wir schon jetzt.
Unser Nachtlager am Fuße des Horseshoe, eines hufeisenförmigen Berges, ist ein wahres Wüsten-Paradies und auf seine Weise Luxus pur. Es gibt Betten, eine Schlafrolle mit richtigem Bettzeug, eine Dusche, zwei Toiletten, eine Küche, einen "Speisesaal" - und all das Open Air. Es ist ein Traum!
Blick rüber ins "Esszimmer"...
...und in die "Suiten".
Das Essen, das unsere sympathische Köchin Agnes launig serviert, ist köstlich; leider muss ich weitgehend passen. Es ist eine lustige Runde, mit Laternen geht's schließlich aufs "Zimmer". Das Bett ist urgemütlich, die Nacht mild, die Kulisse unbezahlbar. Beim Sound der bellenden Geckos bin ich schon fast eingeschlafen, als ich mich noch einmal zu Thomas drehe. Er starrt nach oben, ist fasziniert vom funkelnden Nachthimmel und den vielen Sternschnuppen. "Du musst schlafen", sage ich, "wir müssen früh raus." "Ich kann nicht", antwortet er: "Guck dir das doch mal an. Es ist einfach zu schön."