Bootstour Teil 2
Kurz vor Sonnenuntergang beobachteten wir lange eine Herde Elefanten, die am Wasser stand. Zwei Bullen kämpften ein bisschen miteinander. Weitere Tiere kamen zum Trinken. Es war eine schöne Szene.
Später sahen wir auf einem Busch einen Klaftschnabel, der seine Beute noch im Schlund stecken hatte. Er würgte, aber sein Abendessen bewegte sich weder vor noch zurück. Ein paar Zweige weiter saß ein Graueisvogel, der ebenfalls einen für ihn recht großen Fisch stolz im Schnabel hielt. Wir standen lange bei den beiden, da sie irgendwie nicht in der Lage waren, mit den großen Brocken davonzufliegen. Beim Klaftschnabel waren wir uns nicht sicher, ob er die späte Rache des Krebses tatsächlich überlebt hat, oder einfach irgendwann mit seiner Beute gemeinsam erschöpft vom Ast gekippt ist.
Die Sonne begann schon unterzugehen, und Ruth fing an, sich Sorgen zu machen, ob sich Dan womöglich ein wenig mit der Zeit verkalkuliert habe. Wir waren nach unserer Einschätzung recht weit vom Camp entfernt und hatten noch einen weiten Rückweg vor uns.
Trotzdem war das Farbenspiel am Himmel zusammen mit ein paar Wolken über dieser Landschaft von Wasserarmen, kleinen Inseln, Hügeln und vereinzelten Bäumen traumhaft schön und einfach unbeschreiblich. Gegenüber ging bereits der Vollmond auf.
Dann machten wir uns auf den Rückweg. Nach einiger Zeit bremste Dan unser Boot sehr abrupt, und es ertönte ein lautes „Shit“. Das ist ein Wort, welches bei einer geführten Bootstour in diesem Tonfall nicht so wahnsinnig weit oben auf der Wunschliste der gern gehörten Ausrufe eine Guides steht. Ruth war alarmiert, Uwe gelassen, Dan ebenfalls. Er zeigte auf eine Gruppe Hippos, die den Kanal vor uns versperrte. Die sei sonst eigentlich nicht dort, das wäre nun aber wirklich schlecht. Mmmmh?! Was tun? Wir parkten in einiger Entfernung und warteten. Worauf? Darauf, dass die Hippos an Land marschierten und uns durchlassen würden? Das taten sie nicht. Dafür stiegen Uwe und Dan aus und marschierten auf dem Inselchen herum. Sie schossen hier und da ein Foto, allesamt von miserabler Qualität, denn es war mittlerweile schon sehr dämmrig.
Als sie wieder aufs Boot geklettert waren, entschloss sich Dan, die Weiterfahrt zu wagen. Die Hippos waren zwar immer noch in dem relativ schmalen Kanal versammelt, aber wir konnten hier ja schlecht übernachten. Wir bekamen die Anweisung, uns gut festzuhalten, denn Dan wollte möglichst schnell an der Gruppe vorbei. Ein leicht mulmiges Gefühl hatten wir schon, als er den Motor anwarf, aber der Plan war gefasst, und er hätte wegen uns auch klappen können, wegen der Hippos allerdings nicht. Als wir schon aufatmeten, wurde das Boot wieder gestoppt. Da waren doch tatsächlich noch zwei weitere Kolosse aufgetaucht, nachdem wir schon gedacht hatten, an allen Tieren vorbei zu sein. Das war nun aber wirklich nicht schön. Acht Hippos hinter uns, zwei vor uns, wir dazwischen. Es ging weder vor, noch zurück. Ruth war sofort in Hab-Acht-Stellung und sah sich schon mal um, wie weit das Ufer wohl entfernt wäre. Ob sie es mit einem großen Sprung bis dorthin schaffen würde? Und was dann? Im Papyrus festkrallen oder doch an der Steilwand emporklettern? Die Geschichte von dem aggressiven Bullen, der das Kanu in der Mitte durchgebissen hatte, klopfte leise im Hinterstübchen an. Das sympathische Tier wäre doch sicherlich kein Mitglied dieser lieben Hippofamilie, oder doch?
Nun begann Dan mit einem Paddel auf das Wasser zu schlagen. Er wollte die Hippos vertreiben
, und wir hofften, dass er auch genau wusste, was er da tat. Als eines der zwei Hippos abtauchte, ging es in einem Affenzahn an dem letzten Kanalversperrer vorbei. Ohne uns noch einmal umzudrehen und zu schauen, was die Flusspferde von dieser Aktion hielten, setzten wir unseren Weg fort. Mittlerweile war es völlig dunkel. Allerdings schien das Mondlicht auf die Wasseroberfläche und verlieh den Pflanzen am Ufer ein ganz spezielles, silbern schimmerndes Aussehen. Es herrschte eine beinahe mystische Stimmung, die Ruth wegen der Hippos aber nicht uneingeschränkt genießen konnte.
Vor dem letzten Stück stieg Dan wieder aus, um uns durch die seichten und engen Passagen zu ziehen. Auch tagsüber musste er mehrfach das festgefahrene Boot verlassen, um es zu befreien. Seine Silberlinge hat er sich für diese Tour sicher hart verdient.
Komischerweise war Ruths Bedarf an Abenteuern für den heutigen Tag gedeckt, und sie weigerte sich, im Dunkeln das Boot zu verlassen und wieder zu laufen. Zur besseren Gewichtsverteilung bat uns Dan, ganz vorne auf dem Boot Platz zu nehmen. Das taten wir auch, und als sich Ruth zu weit über den Rand beugte, machte es „Platsch“, und ihre Sonnenbrille verschwand im kohlpechrabenschwarzen Wasser. Ups!
Kein Problem. Dan, ohnehin bis zur Badehose nass, begann, nach dem verlorenen Stück zu tauchen. Obwohl Ruth auf die Brille verzichten wollte (selbst schuld!), kletterte nun auch Uwe von Bord. Er konnte den armen Dan ja schlecht alleine zwischen den Krokodilen plantschen lassen. Na großartig, das konnte doch nicht wahr sein! Die beiden Männer schoben das Boot ein wenig vor und zurück, tasteten abwechselnd mit Händen und Füßen den sandigen Boden ab, und nach einiger Zeit hielt Uwe triumphierend die Brille in der Hand. Der Held! Nun aber schnell zurück ins Boot! Nein, weit gefehlt! War der Herr nun schon im Wasser, konnte er auch gleich schieben oder ziehen helfen. Mit doppelter Kraft wurde also die Strecke durch den Kanal gemeistert, und Uwe war es ein Rätsel, wie Dan das bisher alleine geschafft hatte. Auch so war es noch wahnsinnig anstrengend. Uwe hielt im kalten Wasser tapfer durch bis zu der Stelle, an der Dan meinte, er solle jetzt mal lieber wieder ins Boot gehen, denn hier gebe es tatsächlich sehr viele Krokodile. Aber was denn mit ihm wäre? Berufsrisiko! Oh je! Ob sich Dan wohl vorstellen kann, dass wir auch nicht miterleben möchten, wie unserem Guide ein Bein abgebissen wird?
Ziemlich spät erreichten wir das Camp, duschten und machten Feuer. Auf der Nachbarcampsite waren am Nachmittag Kevin und Angela angekommen, mit denen wir uns vor der Reise über das Forum verabredet hatten. So wurde es bei Impalasteaks, Knoblauchbrot, Salat und Wein ein geselliger Abend am Feuer, bei dem wir uns viel zu erzählen hatten.