TAG 5: Polentswa – und huch Bitterpan?
Nachdem wir am morgen alles nach Tierspuren abgesucht haben, waren wir beruhigt. Keine Katzen im Camp, alles ganz still geblieben. Wir machten uns sofort wieder zu einem Gamedrive auf. Unser Frühstück war nun auf Ouma Breakfast Rusks, gestippt in Milch, zusammengeschrumpft, was aber irgendwie cool und lecker war. Wir fuhren nun alle Wasserlöcher auf dem Weg nach Nossob an und wieder erlebten wir das gleiche Spiel wie am Vortag – keine Löwen, keine Leoparden, keine Geparden und auch nichts, was auf deren Anwesenheit schließen ließe. Ungefähr zwanzig Kilometer vor Nossob ging es dann los, überall auf dem weichen Sand der Hauptstrasse waren Löwenspuren zu sehen. Es gibt sie hier also wirklich, nur wie würden wir sie finden? Dann schrie meine Frau plötzlich: Löwen! Löwen! Und tatsächlich, direkt neben uns im Gebüsch gingen vier Löwen. Ich bremste und bemerkte, dass wir kurz vor dem Wasserloch Cubitje Quab waren.
Ich positionierte schnell unseren Toyota am Wasserloch und da kamen sie auch schon. Eine Mutter mit drei Jungtieren von ca. 1 Jahr (würde ich so schätzen). Wir konnten zusammen mit noch einem anderen Fahrzeug die Löwenfamilie für ca. eine halbe Stunde beobachten, bevor sie Richtung Nossob Ebene im Gebüsch verschwanden. Wir strahlten nun und freuten uns über viele tolle Fotos, die wir von den Löwen machen konnten. Was für ein tolles Erlebnis! Aufgeregt und glücklich über die Sichtung fuhren wir nach Nossob. Nun wollten wir erst einmal unsere Vorräte auffüllen, endlich Feuerholz besorgen und ich wusste, nun würde endlich alles so, wie ich es mir erhofft hatte.
In Nossob warfen wir einen Blick auf das Sighting Board und stellten fest, dass überall südlich von Polentswa Löwen gesichtet wurden. Nossob, Bitterpan, Urikaruus und bei Mata Mata. Wir fingen an zu überlegen, ob wir nicht doch unsere Route ein wenig anpassen sollten und zugunsten von vermeintlichen Tiersichtungen schneller richtung Süden zu reisen. Wir erklärten also unseren Wunsch dem Camp Manager und fragten ihn, was er uns raten würde und ob es überhaupt möglich sei, etwas umzubuchen. Es war möglich! Er zählte verschiedenste Alternativen auf und merkte sofort, dass wir aufgrund der sich auftuenden Möglichkeiten nur noch mehr verwirrt waren. Bitterpan sagte er, do Bitterpan tonight. Ich wusste, was er meinte und erinnerte mich an viele tolle Berichte über die Wildernesscamps. Ich erklärte meiner Frau kurz, was uns erwarten würde und irgendwie schien diese Option genau das Richtige für uns „wanna be Adventurers“ zu sein. Hey, wir sind immer noch unfenced und mitten unter wilden Tieren, aber wir haben einen Ranger und brauchen nicht ganz so große Sorgen haben. Und ein bisschen mehr convenient wird es auch sein. Wir buchten also und waren sehr erleichtert. Der Camp Manager riet uns dazu, den Luftdruck zu reduzieren und ich dachte mir, na endlich kann ich das auch noch mal in Ruhe ausprobieren. Auf dem Weg durch das Camp zur Ausfahrt auf die 4x4 Anfahrt stoppte uns ein Südafrikaner und fragte uns, ob es für uns nach Bitterpan geht. Als wir dies bejahten, kam er überhaupt nicht mehr aus dem Schwärmen über diesen „absolute magnificent and wonderful place“. Und Löwen wären seit einigen Tagen Dauergäste im Camp und würden jede Nacht ein lautstarkes Brüllkonzert geben. Ok, ist ja gut, mehr schien jetzt nicht mehr zu gehen! Der Camp Manager entließ uns auf die Piste und wow, mit gesenktem Reifendruck fuhr es sich fast wie auf Teer. Es war eine unglaublich schöne Anfahrt durch ein Meer von roten Dünen. So hatte ich mir den Park vorgestellt. Unsere Vorfreude stieg, als ungefähr fünf Kilometer vor dem Camp frische Löwenspuren direkt auf dem Weg auftauchten und geradewegs bis zwanzig Meter vor das Camp verliefen. Der im Camp ansässige Ranger erklärte uns kurz die Spielregeln des Camps und teilte uns mit, dass heute nur noch ein weiteres Pärchen im Camp sei. Es war toll, das Camp war wirklich wunderschön hergerichtet, der Ausblick auf die Salzpfanne einzigartig und das kleine Zimmer mit den beiden Einzelbetten (ok, Abzug in der B-Note) war urgemütlich.
In der Gemeinschaftsküche traf ich dann auf unsere beiden Mitbewohner. Nicky und Mickey aus Kapstadt. Entgegen meiner norddeutschen, unterkühlten Art, stellte ich mich höflich vor und wir kamen sofort ins Gespräch. Sie, passionierte Wildlifefotografin (lebt aber von Gelegenheitsjobs wie Fingernägel lackieren, Stickwaren verkaufen und lauter anderem wirren Zeug), er, erfolgreicher Bauunternehmer. Als wir erzählten, wie es uns bislang im Urlaub so ergangen ist, weckten wir die Elterninstinkte der beiden. Sie kamen seit über zehn Jahren jedes Jahr in den KTP für mindestens drei Wochen und fühlten sich nun berufen, uns zu zeigen, wie Urlaub denn hier richtig geht. Als erstes wurde geklärt, dass wir heute natürlich zu einem gemeinsamen Braii eingeladen sind und sie uns gern zeigen würden, wie im Bush gekocht wird. Dann berichteten sie von den nächtlichen Löwenbesuchen der letzten vier Tage und zeigten uns die entsprechenden Fotos. Unglaublich liebe und gastfreundliche Menschen die zwei. Nachdem wir den ganzen Nachmittag mit den beiden im Camp verbrachten und dabei zusahen, wie sehr sie in ihrem Element waren und ihre Zeit genossen, stieg meine Bewunderung für die zwei. Mickey kümmerte sich erst einmal um unser leibliches Wohl und servierte nach einiger Vorbereitungszeit die besten Dolmadakia (ich wusste vorher auch nicht, was es war; mit Reis gefüllte Weinblätter) die ich je gegessen hatte. Er nahm sich bei der Speisenzubereitung alle Zeit der Welt, fing an, ein Brot für den Folgetag am Lagerfeuer zuzubereiten und stellte schon einmal die ersten paar Sachen für das Dinner zum Garen bereit. Es sollte gefüllten Butternutkürbis, Sweet Corn und Frikadellen geben. Um es vorweg zu nehmen, alles war der absolute Hammer und wir verstanden nun endlich auch die Ratschläge der Fomis, immer zwei Tage an einer Stelle zu bleiben. So kann man mit Sicherheit die Ruhe der Umgebung viel besser genießen! Wir tranken Windhoek Lager zum Dinner und warteten angespannt auf die Löwen, die nach Nickis Meinung auf jeden Fall noch kommen würden, das versprach sie. Ich tauschte mich mit Mickey über die Einstellung der Südafrikaner zur Arbeit aus und erblasste vor Lebensweisheiten, die der sympathische Endfünfziger so aussprudelte. Er war so cool und relaxed und ich wollte mir diese Einstellung zum Leben ein wenig konservieren. Es war ein herrlicher Abend, der uns noch lange in Erinnerung bleiben sollte. Löwen kamen keine mehr. Wir gingen ins Bett und verabredeten mit den beiden, dass wenn jemand etwas von den Löwen hören sollte, er den anderen auf jeden Fall wecken würde. Wir schliefen so glücklich und friedlich in dieser Nacht, dass ich nicht weiß, ob uns jemand hätte wecken können.