THEMA: Ein bisschen Hummeldumm und viel Hufgetrappel
20 Sep 2013 22:57 #305113
  • ontrail
  • ontrails Avatar
  • Beiträge: 74
  • Dank erhalten: 232
  • ontrail am 20 Sep 2013 22:57
  • ontrails Avatar
Hallo!

Im Januar 2013 habe ich meinen Flug gebucht - und danach (und auch davor schon) Stunden um Stunden hier im Forum verbracht und Reiseberichte verschlungen. Auch wenn ich, da ich keine Selbstfahrer-Tour gemacht habe, keine konkreten Tipps brauchte, war es einfach faszinierend und die Vorfreude stieg bei jedem neuen Post den ich hier entdeckte. Zudem gaben die allgemeinen Infos einen guten Eindruck auf was ich mich da eingelassen hatte und worauf ich achten sollte. Wahnsinnig tolle Fotos steigerten mein Reisefieber. Daher soll es nun losgehen mit meinem Reisebericht. Ich hoffe ihr mögt ihn lesen und er ist, trotz "anderer" Reise, trotzdem interessant und vielleicht ja auch hilfreich für andere Alleinreisende.

Nun aber los!

1. Prolog


Allein nach Afrika - warum denn das?

Reisefreudig war ich schon immer. Da ich Single bin, steht schon mal kein Partner zur Verfügung, der mitkommt. Nicht weiter schlimm, doch für die Idee von Afrika konnte ich auch niemanden meiner Freunde und Bekannten begeistern. Zu weit, zu teuer, zu heiß. Und warum ich dahin wollte? Keine Ahnung, vielleicht habe ich als Kind zuviel "Serengeti darf nicht sterben" gesehen. Jedenfall habe ich Dokus über Afrika immer verschlungen, und immer gesagt: ich fahr da mal hin. Dank festem Job ist es in den letzten Jahren möglich gewesen, mir einige Reiseträume zu erfüllen. Und nachdem ich allein nach Island gefahren bin, war klar: Dann fahre ich eben auch allein nach Afrika. Warum niemand mitkommen wollte, hatte aber noch einen speziellen Grund: Als begeisterte Reiterin verknüpfe ich Reisen gern mit Pferden. Und schwupps, war klar: Ich will Giraffen sehen - vom Pferderücken aus. Bei einem auf Reiterreisen spezialisierten Veranstalter habe ich dann einen Trail-Ritt in Namibia gefunden. Eine Reit-Safari in Botswana ist leider unerschwinglich. Und nachdem ich mich dafür entschieden hatte (bereits vor einem Jahr), war klar: Wenn ich schon da runterfliege (und das ist ja auch nicht gerade günstig), will ich noch mehr sehen. So begann meine Zeit im Internet, wo ich mich informierte (auch hier), mir schließlich einen Safari-Anbieter suchte, der das im Programm hatte was ich unbedingt noch sehen wollte und dessen Termine zeitlich zum Ritt passten. Der Flug war auch fix gebucht - und im Januar 2013 war "meine" persönliche Afrika-Traumreise fix und fertig gebucht. Mir blieb nur noch ganz viel Zeit der Vorfreude, mehr als genug Zeit, mir über Ausrüstung und Klamotten Gedanken zu machen und Dinge zu besorgen. Ach ja, und dann gab es einen Schock-Moment: Air Namibia war plötzlich in den "Schlagzeilen", zumindest hier im Forum. Flüge wurden gestrichen, Zwischenlandungen in Angola (wo ich nicht hin wollte), eingelegt. Ich geriet in Panik, recherchierte stundenlang nach den neuesten Infos, registrierte mich hier. Irgendwann dachte ich dann "ok, du fliegst erst Ende August. Bis dahin..." Und ja, bis dahin hatte sich alles normalisiert. Da ich leider auch unter Flugangst leide, war ich ganz froh, dass es noch die alten Maschinen war, weil - so meine Logik - die Piloten diese Dinger wenigsten gut kennen und nicht mit neuer Technik konfrontiert sind (der Absturz in San Francisco kurz vorher war da nämlich noch sehr präsent bei mir :( )

Und damit ihr wisst, bei wem ihr da mitfahrt (aber Achtung, ich bin zwar allein gestartet, habe dann aber wunderbare Begleitung bekommen, könnte also eng werden), hier schon mal ein Foto von mir - in voller Safari-Montur (aufgenommen beim Drive auf Naa'nkuse, dazu später mehr) .



Liebe Grüße, Uta


Reisebericht:
Ein bisschen Hummeldumm und viel Hufgetrappel
www.namibia-forum.ch...el-hufgetrappel.html

Letzte Änderung: 24 Okt 2013 22:56 von ontrail.
Der Administrator hat öffentliche Schreibrechte deaktiviert.
Folgende Benutzer bedankten sich: Armin, Hanne, engelstrompete, Topobär, piscator, baobab2, estefe, Lil, Kathy_loves_Africa, Nane42 und weitere 9
21 Sep 2013 00:00 #305114
  • ontrail
  • ontrails Avatar
  • Beiträge: 74
  • Dank erhalten: 232
  • ontrail am 20 Sep 2013 22:57
  • ontrails Avatar
24.8. Anreise

Am morgen um 10 Uhr geht es los, per Bahn von Norddeutschland zum Frankfurter Flughafen. Ich schwitze in der Jeans und der Fleecejacke, die nicht in den Koffer sollten. An dem geht prompt auf dem Weg zum Bahnhof eine der vier Rollen kaputt, so dass ich ihn künftig immer anheben und auf den hinteren Rollen ziehen muss. Uff. Die Bahnfahrt verläuft ohne Probleme, und mit reichlich Zeitpuffer komme ich am Flughafen an. Der Check-in-Schalter ist noch nicht mal offen. Ich bin völlig fertig, habe das Gefühl einen Infekt auszubrüten. Letztlich war es dann doch nur das Reisefieber, denn kaum bin ich da, ist das rumkränkeln wie weggeblasen. Nach dem Einchecken stärke ich mich nochmal beim goldenen M, dann warte ich am Gate. Draußen ist es nun auch trübe. Ich habe einen 2erPlatz für mich allein, so merkt auch niemand, wie ich beim Start die Lehnen umkralle. Meine Reiselust passt leider gar nicht zu meiner Flugangst... Dann gibt es Essen, und danach rolle ich mich irgendwie auf den zwei Sitzen zusammen, um etwas zu schlafen. Etwas neidisch bin ich auf die Reisenden, die geistesgegenwärtig die leeren Vierer-Reihen okkupiert haben und sich dort lang hinlegen. Irgendwann nachts rüttelt es mal etwas, aber ich schlafe doch ein wenig. Nach dem Frühstück beginnt der Landeanflug. Es ist dunkel draußen, und ich stelle fest: Da unten ist offenbar nichts. Keine Lichter zu sehen. Nur ein paar entdecke ich, vereinzelt. Die Vorfreude steigt: Die Weite des Landes offenbart sich in diesem dunklen Nichts.

25.8. Windhoek

Es ist frisch, als wir übers Rollfeld laufen. Die Koffer kommen auch rasch. Die Einreise-Beamtin stempelt mich zack zack ab. Kaum durch die Tür durch, entdecke ich einen Herrn, der ein Schild mit meinem Namen hochhält. Der Fahrer, den ich übers Hostel gebucht hat, und der mich vom Flughafen zur Unterkunft bringen soll. Ich folge ihm zu einem etwas ramponiert aussehenden Auto. Kaum sitze ich drin, verschwindet er, angeblich um Parkticket zu zahlen. Erst 15 min später kommt er zurück, mit einem jungen Franzosen im Schlepptau, der offenbar mit zum Hostel soll. Dann fahren wir los. Ich genieße jeden Augenblick, und sage mir immer wieder "du bist da, du bist in Afrika". Die weite Landschaft, die ersten Paviane...um kurz vor sieben sind wir am Chameleon Hostel. Der Fahrer lässt uns rein, ich registriere die vergitterte Pforte und den hohen Zaun. Das gehört eben dazu. Leider ist die Rezeption noch nicht besetzt, und frierend und übermüdet sitze ich etwa 45 min in der Lobby und warte. Dann checke ich ein und werde sehr freundlich begrüßt. Mein Einzelzimmer mit Gemeinschaftsbad ist schon frei. Es ist ein eher dunkles Loch mit einem Waschbecken in einem Gang.



Egal, es ist sauber, Handtücher liegen bereit. Die ganze Anlage wirkt gepflegt, es gibt auch Zimmer mit höherem Standard und En-suite-Bad.



Die Duschen und Toiletten nebenan sind neu gestaltet mit Steinen und Metalltüren, alles ok. Ich hatte bei diesem Preis (23Euro) wirklich mit dem schlimmsten gerechnet. In der offenen Küche gibt es Frühstück für alle. Ich mache mir einen Instant-Kaffee, esse Cereals mit Quark und Toast, beobachte die anderen Gäste.



Wie zu erwarten, junge Backpacker. Aber ich fühle mich wohl und jung genug. Der einzige Unterschied: Backpacker von heute reisen offenbar alle mit Laptop. Ich habe keinen dabei. Es gibt W-Lan, doch ich lasse mein Smartphone stecken und falle erstmal zwei Stunden ins Bett. Nach einer erfrischenden Dusche frage ich an der Rezeption nach, was mit meiner City-Tour ist, die ich gebucht hatte. Es herrscht Verwirrung, dann kommt raus, dass sie nicht stattfindet, da ich die einzige bin, die eine machen wollte. Bin etwas enttäuscht. Zurück im Zimmer, scrolle ich auf dem Smartphone durch meine Mails und finde eine Nachricht von Carsten Möhle, den ich im Zuge der Vorbereitungen auch mal kontaktiert hatte. Ich rufe an und frage, ob es heute noch eine Tour gibt. Carsten persönlich ist dran und ja, es gibt eine Tour, mit drei anderen Leuten, ich kann gern mitkommen. Ich soll um 15 Uhr abgeholt werden. Bis dahin ist noch etwas Zeit, und ich beschließe, in die Stadt zu gehen. Ich frage an der Rezeption nach dem nächsten Supermarkt, mir wird der Weg zum Wernhill Park erklärt - eigentlich nur die Haupstraße runter. Auf meine Frage hin, ob es sicher ist, wird mir geraten, keine Tasche mitzunehmen. Mit etwas Geld in der Hosentasche laufe ich also los. Das ständige Angehupe durch die Taxis ignoriere ich. Da ich auf der falschen Straßenseite bin, verfehle ich den Eingang zur Maill und frage schließlich jemanden. Der junge Mann im Anzug begleitet mich bis zum Pick'n Pay in der Mall, fragt nach meinen Plänen und will schließlich meine Nummer haben. ooops. Ich lächle ihn an und sage dass mein Handy hier nicht funktioniert. Er notiert mir seine Nummer und seinen Namen, falls ich "lost in Windhoek" wäre. Danach kaufe ich ein bisschen Obst, was zu trinken und Instant-Nudeln sowie ein paar Snacks. Über die Post Street laufe ich zurück. Da Sonntag ist, ist nicht viel los. Zurück im Hostel, verspeise ich zum mittag den Fertig-Salat und den Bagel. Wenig später werde ich abgeholt. Carsten steht mit dem offenen Landrover vor der Tür. Eine Frau sitzt schon drin. Wir brausen durch halb Windhoek und holen noch ein Pärchen ab. Dann geht es los. Am klotzigen Präsidenten-Palast vorbei auf einen Hügel mit tollem Blick über die Stadt. Der Landi rumpelt über die mehr als holprige Piste, ein Heidenspaß.









Danach geht es durch die City, vorbei an der Alten Feste, der Christuskirche und der "Kaffeemaschine", dem neuen Unabhängigkeitsgebäude. Carsten erklärt viel und lebhaft, wir lachen viel.





Nach einem weiteren Stop auf einem Hügel, wo Carsten uns die Aloe-Pflanzen zeigt, düsen wir Richtung Katutura. War es in der City heute ruhig, ist es hier sehr lebendig. Das scheint das wahre Windhoek zu sein, wo die Menschen eben leben. Wir wundern uns über die genaue Verteilung der Branchen - eine Straße voll mit Bars, eine mit Friseuren, die andere mit Auto-Werkstätten und Car-Washs - und die lange Hans-Dietrich-Genscher-Straße. Carsten hält natürlich an dem Schild, auf dem das "s" in Genscher fehlt.





Danach geht es über eine Schotterpiste auf den Gorengeab-Dam, wo wir den wunderschönen Sonnenuntergang erleben, mein erster in Afrika. Ich strahle vor mich hin und bin schon überwältigt von den Eindrücken.



Plötzlich kommt über die Schotterpiste eine Horde barfüßiger Kinder angerannt. Keine Frage, sie wollen zu uns. Die Kids entern den Landrover und dürfen mit zurück nach Katutura fahren. Ihre"more speed" Rufe, gemischt mit ihrer Klicksprache, das Gewusel im fahrenden Auto, ihr Lachen: Die Kleinen werden zu meinem persönlichen Highlight der Tour.










An den Hütten lassen wir sie raus, und in der Dämmerung düsen wir zurück nach Windhoek. Carsten bringt mich zum Hostel. ich bereite mir in der Küche die Fertig-Pasta zu, komme am Tisch mit amerikanischen Studenten ins Gespräch, die hier Forschungsarbeiten machen oder auf Rundreise sind. Ich spüle noch ab und falle ins Bett. Trotz musik und Gelächter, die von der Bar zu hören sind, schlafe ich rasch ein.


Reisebericht:
Ein bisschen Hummeldumm und viel Hufgetrappel
www.namibia-forum.ch...el-hufgetrappel.html

Letzte Änderung: 24 Okt 2013 22:57 von ontrail.
Der Administrator hat öffentliche Schreibrechte deaktiviert.
Folgende Benutzer bedankten sich: Pascalinah, Armin, Hanne, Tanja, engelstrompete, Topobär, piscator, baobab2, estefe, Lil und weitere 13
21 Sep 2013 18:03 #305201
  • ontrail
  • ontrails Avatar
  • Beiträge: 74
  • Dank erhalten: 232
  • ontrail am 20 Sep 2013 22:57
  • ontrails Avatar
26.8. (Herero's Day), Windhoek, Naa'nkuse

Ich wache schon um 6 auf. Draußen ist schon was los. Bis 7 wälze ich mich noch im Bett rum. Ist ja Urlaub, aber ich weiß, dass auch der Rest der Reise von frühem Aufstehen geprägt sein werden. So ist das eben in Namibia - ein Wissen, das ich mir auch hier im Forum angelesen habe ;)
Nehme mir wieder was vom Frühstücksbuffett. Die Auswahl ist natürlich minimal, aber für ein Hostel finde ich es absolut toll, dass es überhaupt was gibt. Ich setze mich etwas an den winzigen Pool, schreibe Tagebuch und hole dann meine Sachen aus dem Zimmer. Denn ab heute beginnt die Safari, und da muss ich, obwohl es heute nur einen Tagesausflug gibt, nochmal das Zimmer wechseln. Das Safari-Paket beinhaltet wohl eine etwas bessere Kategorie. Ich habe die 7-Days-Namibian-Highlights Tour gebucht und auch angegeben, dass ich mir das DZ mit jemand teilen würde, um Kosten zu sparen. Keine Ahnung, ob das eine gute Idee war. Die Safari wird auch von Chameleon durchgeführt, daher hatte ich auch das Hostel als Ankunfstübernachtung gewählt. Diee Touren gibt es als Camping-Touren (noch günstiger) und mit Unterkünften. Es heißt viel Namibia für wenig Geld. Da es mir wichtiger war, bestimmte Dinge zu sehen als tolle Unterkünfte zu haben, hatte ich die Tour gebucht. In der Hoffnung, dass ich auch auf nette Leute treffe. Denn immerhin habe auch ich bei Bekanntgabe meiner Reisepläne prompt das "Hummeldumm" Buch geschenkt bekommen. Jaja, die Gruppendynamik...da ich mich aber für anpassungsfähig halte (und mir mein Handyempfang seit gestern auch völlig schnuppe ist) hoffe ich mal das Beste....

Ich lasse den Koffer und Rucksack in der Lobby und gehe dann ins Safari-Büro. um mit Selma, mit der ich mir im Vorfeld auch gemailt hatte, die Formalien zu klären. Ich muss noch so einen Wisch unterschreiben, dass ich auf eigene Verantwortung mitfahre, werde nochmal gefragt ob ich besondere Bedürfnisse habe (nein---ich nicht, aber der Rest der Gruppe...dazu später mehr) und will dann mit Kreditkarte bezahlen. Dann kommt ein typischer Uta-Moment: Sie ist weg...ich muss gestehen, ich bin manchmal ein totaler Schussel, und suche immer irgendwas...und in jedem Urlaub bleiben Dinge buchstäblich auf der Strecke....aber die Kreditkarte???? Mein Herz rast, ich wühle in meiner Handtasche, düse in die Lobby, klappe dort den Riesen-Koffer auf, durchwühle meinen Rucksack. Sie ist weg. Selma meint, ich soll einfach später nochmal kommen und überlegen, wo die Karte sein könnte und nochmal in Ruhe die Taschen durchgucken. Mir rast der Puls. Nochmal alle Taschen durchgucken. Dann der Gedanke: Ok, ich hatte sie im Safe im Zimmer gelassen. Aber da habe ich vorhin alles rausgeholt....Trotzdem hole ich mir nochmal den Schlüssel. Das Zimmer wurde aber in der Zwischenzeit gereinigt...ich stürze zum kleinen Safe, der ja nun offensteht. Da es so dunkel ist im Zimmer sehe ich nichts, meine Hand tastet rum. Nichts. Dann wühle ich das dünne Tuch beiseite, was da unten drin liegt...und da drunter liegt, ganz still und stumm, die Kreditkarte. Puuhhhh, mir poltern die Steine vom Herzen.... und ja, es wird die einzige Suche in diesem Urlaub bleiben..... ;)

Also zahle ich meine 11500 dollar bei Selma - da ist alles inklusive bis auf Getränke. Ein fairer Preis für die Tour, auch im Nachhinein.
Dann mit Robin, einem der Amis von gestern, nochmal zu Fuß zur Mall. Nochmal Wasser, Snack etc. Robin sucht noch eine Plastik-Reissverschluss-Tasche, die wir dann außerhalb in einem Krusch-Laden bei einem Inder (?) finden. Zurück ins Hostel. Kann nun mein neues Zimmer beziehen. "Kudu" ist groß und geräumig, mit Bad und Dusche im Raum. Heute nacht bin ich noch allein, da andere nur 6 Tage gebucht haben ohne den heutigen Ausflug, so dass ich erst morgen erfahre, ob und mit wem ich mir dann die Zimmer teile.





Dann esse ich wieder einen Salat und einen Bagel, diesmal garniert mit leckerem Frischkäse. Dann ist es schon so weit, wir treffen uns zur "Big Cat Experience", ein Ausflug zur Naa'nkuse Foundation. Ich weiß, dass ist mehr Zoo als Safari. Trotzdem freue ich mich, gehe ja auch zu Hause gern mal in den Wildpark. Und hier passt immerhin auch die Umgebung zum Tier. Wir, das sind außer mir noch Melissa, eine Australierin, etwas älter als ich, zwei Freundinnen aus den USA, Poonam und Christina, etwa Mitte zwanzig, und Devyn, ebenfalls Amerikaner und etwas jünger als ich. Ich überlege noch, ob Melissa nicht doch meine Zimmerpartnerin sein könnte, aber sie hat EZ gebucht. Mit einem kleinen Bus geht es dann nach Naa'nkuse. Erst Richtung Flughafen, dann links auf (meine erste) Schotterpiste nach Naa'nkuse. Die Lobby dort in ihrer modernen Stein-Holz Optik ist schon beeindruckend, und ein großes Foto weist darauf hin, dass auch Brad Pitt und Angelina Jolie samt Kids schon hier waren. Wir müssen noch eine Weile warten und dürfen uns an der Tee/Kaffee-Bar bedienen.








Dann geht es, zusammen mit einem Haufen anderer Gäste, auf zwei offene Safari-Wagen. Ich muss grinsen, endlich sitze ich in so einem Ding (siehe auch Foto im Prolog). Dann geht es los durchs Gelände zur Fütterungstour.




Erste Station ist bei "Lucky", einer dreibeinigen Gepardin, die aufgrund ihrer Behinderung nicht ausgewildert und wohl auch nicht vergesellschaftet werden kann. Für ein Stück Fleisch kommt sie herbei und lässt sich auch nett fotografieren. Ich finde diese Katzen faszinierend, doch Luckys Humpeln versetzt mir einen Stich.






Der zweite Stopp ist am Pavian-Gehege. Sieht aus wie ein etwas runtergekommener Spielplatz. Volunteers laufen rund um den Zaun und werfen Futter-Körner rüber.






Dann geht es zu Fuß weiter zu den Karakalen - und wir dürfen mit ins Gehege! Ich bin begeistert. Zwar laufen die beiden Jungs teilweise etwas hospitalistisch am Zaun entlang, aber sie umrunden auch unsere Gruppe, streichen wie jede Katze um unsere Beine und lassen sich streicheln. Vor lauter Kontaktaufnahme verpeile ich es, mal richtig schöne Fotos von den Tieren zu machen. Die eher unbekannten Karakale fand ich schon immer sehr faszinierend, und ihnen hier so nahe zu kommen ist toll.






Danach geht es mit den Wagen weiter zu dem Wildhunde-Rudel. Für mich als Fan von "Hundkatzemaus", der Tiersendung auf Vox, quasi alte Bekannte. Dr. Wolf lässt grüßen. Den Bericht darüber hatte ich gebannt angeschaut, und nun die Tiere zu sehen, die ich nur aus dem TV kannte, ist toll. Zwei Mitarbeiter werfen von einer erhöhten Plattform ein komplettes totes Warzenschwein ins Gehege, auf das sich das Rudel stürzt. Ihr typischen Winseln und Quietschen zu hören, begeistert mich. Innerhalb kürzester Zeit ist das Schwein an der Bauchseite blutig offen und ausgeweidet. Ich frage mich, wie die Kiddies der mitfahrenden Familie das wohl finden?! Ich jedenfalls freue mich, diese Tiere live zu sehen.
FRAGE: Ich habe auch ein Video der Fütterung, kann ich das hier hochladen?









Weiter geht es zum Leopardengehege. Ein Männchen und ein Weibchen warten auf das Abendessen. Es ist zwar ein Gehege und eine Art Vorführung, aber es ist trotzdem schön, diese Tiere in ihrer quasi natürlichen Umgebung zu sehen, ganz dicht hinter den Maschen des Zauns. Sie sind größer als ich dachte, im heimischen Zoo, wo sie meist eh regungslos irgendwo oben liegen, war mir das nie so bewusst. Und dann das laute Schnurren und dunkle Fauchen, als das Fleisch nicht schnell genug geflogen kommt...





Zum Abschluss geht es zu den Löwen, klar, das Highlight der "Show". Ich finde sie zwar auch beeindruckend, aber ich war ja nach Karakalen und Wildhunden schon happy. Clarence, das Männchen, hebt zu einem gewaltigen Sprung 2m vor mir ab um das geworfene Stück Fleisch in der Luft zu fangen. Wooaaah! Sieht zwar nach einstudiertem Kunststück aus, aber eigentlich könnte er ja auch, wie die beiden Damen, warten, bis es vor seiner Nase im Sand landet. Ein Video gibt es davon auch, evtl kann ich das mal hier hochladen.





Im Sonneuntergang geht es zurück zum Hauptgebäude, wo Philipp, unser Fahrer, schon wartet. Schnell geht es zurück nach Windhoek ins Hostel. Mache mir ein dick belegtes Sandwich und einen Tee, quatsche noch ein bisschen mit den anderen von gestern. Ich bin hundemüde und gehe um ca. 21 Uhr ins sehr gemütliche Bett.



Reisebericht:
Ein bisschen Hummeldumm und viel Hufgetrappel
www.namibia-forum.ch...el-hufgetrappel.html

Letzte Änderung: 21 Sep 2013 20:09 von ontrail.
Der Administrator hat öffentliche Schreibrechte deaktiviert.
Folgende Benutzer bedankten sich: Armin, Hanne, Topobär, baobab2, Lil, Nane42, Geysir, Logi, TiaRosario, Sabra und weitere 1
22 Sep 2013 01:30 #305246
  • ontrail
  • ontrails Avatar
  • Beiträge: 74
  • Dank erhalten: 232
  • ontrail am 20 Sep 2013 22:57
  • ontrails Avatar
28.8. Mittwoch, Etosha, Etosha Village Lodge

Der Wecker klingelt um 5.35. Nach einer Katzenwäsche treffen wir uns alle um 6 am Bus, zum frühmorgendlichen Game-Drive vorm Frühstück. Wir sehen aber nur eine Hyäne aus einiger Entfernung und ein paar Giraffen. Francois fährt mehrere Wasserlöcher an, aber sie sind alle leer. Als wir auf dem Rückweg sind, huscht etwa 200m vor uns etwas über die Straße. Ein Leopard! Es reicht aber nur für ein verschwommeness Bild im Gebüsch.


















Zurück im Camp, gehen wir zum Frühstück ins Restaurant. Das Bufett ist gut bestückt, ich lasse mir zudem ein frisches Omelett zubereiten mit Schinken, Salami, Paprika und Tomaten drin. Dann holen wir unser Gepäck aus dem Zimmer und bringen es zum Bus. Um 10 Uhr starten wir. Wir sehen viele Zebras und Antilopen.






Dann fahren wir raus zum Look-Out in der Etosha Pfanne. Das ist mal viel Nichts. Wir probieren verschieden Fotos aus, unter anderem ein Jumping-Group Picture. Francois bekommt von jedem von uns eine Kamera und wir hüpfen somit acht Mal in die Höhe – Sporteinlage. Leider ist auf meinem Bild vom Sprung nichts zu sehen, wir holen alle gerade erst Schwung. Aber die Gruppendynamik ist danach einfach super. Wir lachen über uns selber, alle machen mit.
















Dann geht es noch einmal ins Camp, wo wir den Lunch einnehmen. Einige freche Vögel, Galnzstare und auch ein Rotschnabel-Toko, versuchen, etwas zu stibitzen.








Es gibt Salat, dazu Reissalat mit Thunfisch, Brot mit Wurst bzw. Käse. Wir spülen. Während Francois den Truck startklar macht, haben wir frei. Wir gehen zum Pool, wo wir die Füße reinhängen. Im Shop erstehe ich ein paar Postkarten, Wasser und gönne mir eine Wassereis. Dann fahren wir los. Erst sehen wir nicht viel, an einem Wasserloch dann aber eine Herde Elefanten, Zebras und eine trinkende Giraffe. An einem anderen stehen mehrer Antilopenarten, die nach und nach zum Trinken kommen, ua Kudus. Ich bitte Francois zu warten, bis auch die Kudus ans Wasser kommen. Francosi spornt die Tiere an, als wären es Models: "Come on Baby, hold that pose, give me some more drama, beautiful"...usw.








Das tut er zwar, doch dann drängt er zum Aufbruch. Wir wollen doch Löwen sehen, fragt er. Alle wollen, ich frage mich ob und woher er weiß wo wirklich welche sind. Dann düst er los, fast eine Stunde durch den Park. Dabei hält er sich glaube ich nicht an Geschwindigkeits-Regeln. Jedenfalls rumpelt es so arg, dass auch unser offenes Dach mit einem lauten Knall zufliegt.Ich frage mich, ob die oder der Löwe wirklich dort sind, wo wir hinwollen - und auf uns warten. Am Olifantsbad halten wir, und mit uns ca. 10 andere Autos. Was ein Auflauf. Am Wasser ist aber auch einiges los, eine Herde Elefanten planscht rum.












Während wir fotografieren, starrt Francois durchs Fernglas und fragt dann, ob wir „ihn“ sehen. Teleobjektive werden ausgefahren, ich hole mein kleines Fernglas raus. Unter irgendeinem Baum…ich sehe erst nichts, bis ich den richtigen Baum im Visier habe. Tatsache, dort liegt ein Löwe, aber mit dem Rücken zu uns und sehr weit weg. Wir sollen uns setzen, Francois parkt um. Wieder aufstehen, tatsächlich sieht man ihn etwas besser, aber immer noch weit weg. Hm. Dafür kommt die Elefantenherde in Bewegung, geht vom Wasserloch weg, zieht auf ihrem Pfad am Löwen vorbei.




Nur ein imposanter Bulle bleibt am Wasser zurück. Und dann hebt der Löwe plötzlich den Kopf und steht auf.







Er läuft Richtung Wasser, über die offene Fläche. Das Klicken der Fotoapparate ist fast schon ohrenbetäubend.


Auch der Bulle setzt sich in Bewegung, und die beiden laufen aneinander vorbei (Die Begegnung gibt es nur auf Video). Dann dreht sich der Bulle plötzlich um und kommt direkt auf die Autos zu. Ich halte die Luft an, kann seine Schritte hören. Erst kurz vorm Parkplatz dreht er ab, folgt der Herde in den Busch.





Der Löwe, ein junges Männchen, läuft weiter zum Wasser, trinkt kurz und brüllt zwei Mal. Hinter unserem Bus stehen Kuh-Antilopen. Sie wollten wohl nach den Elefanten ans Wasser, aber nun müssen Sie weiter warten. Der Löwe lässt sich nämlich im Schatten des Betonsockels der Wasserpumpe nieder, wieder mit dem Rücken zu uns.





Danach müssen wir aber los. Im Camp Okaukuejo machen wir halt, Francois muss tanken. Wir entern den Shop und fotografieren dann die bezaubernden Webervögel-Nester im Baum davor.







Die Sonne sinkt schon wieder. Eine Giraffe präsentiert sich im Abendlicht, ein Oryx kratzt sich mit seinem horn (dafür ist es also da, genüsslich im Fell, dann halten wir an einem trockenen Wasserloch für den Sonnenuntergang. Tiere sind leider keine da, nur ein Schakal in der Ferne.






Wir verlassen den Park, um kurz dahinter ins Etosha Village zu fahren. Die Rezeption sieht sehr schick aus, es gibt sogar einen Begrüßungsdrink. Wir sind alle aus dem Häuschen, mit einer so schicken Unterkunft hat keiner gerechnet. Leider haben wir nicht viel davon, weil es nun schon dunkel ist und wir morgen wieder früh los müssen. Wir laufen durch den Restaurant-Bereich, wo ein riesiges, vielversprechendes Bufett lockt. Aber wir denken noch, dass Francois wieder für uns kocht. Über kleine Wege geht es zu den Unterkünften. Natasha und ich sind aus dem Häuschen: Es sind Bilderbuch-Lodge-Zelte, erhöht gebaut, mit einer Art Kraal-Zaun drumrum. Neben der Terrasse ist eine kleine Küchenzeile, die Treppen hoch, und man steht quasi im halboffenen Badezimmer, die Dusche ist ein halbrunder Anbau, auch die Toilette ist luftig. Wir sperren das Zelt auf, auch innen schön eingerichtet. Vor dem Bett die Zeltwand lässt sich öffnen, so dass man mit Blick auf den Busch darin liegen könnte. In den Genuß kommen wir aber nicht, die Zeit reicht nicht. Es wird noch dunkel sein morgen früh.






Wir ruckeln wieder die Betten auseinander, dann gehe ich duschen. Fühlt sich gut an nach dem Etosha-Staub. Während Natasha duscht, trinke ich schon mal ein Savannah aus der Bar. Ein Schrei ertönt, denke an einen Pavian. Als Natasha ins Zimmer kommt, erfahre ich dass sie es war. Irgendwas habe sie am Rücken „angeflattert“ beim Duschen. Da ihr Schrei im ganzen Camp zu hören war, wird abends noch viel darüber gelacht. Wir vermuten, dass es eine Fledermaus war. Wir treffen uns alle an der Bar. Ich war fest der Meinung, dass wir von Francois bekocht werden und nur gegen Aufpreis im Restaurant gegessen wird. Doch nun ist davon keine Rede. Wir bekommen einen Tisch und stellen uns am Bufett an. Wie das geregelt wurde, weiß ich bis heute nicht. Am Grill kann man sich aus Schüsseln Gemüse und Fleisch (Game) auf seinen auffüllen und eine Sauce aussuchen. Das wird dann vom Teller auf die Grillplatte gegeben und von den eifrigen Mitarbeitern angebraten, dazu gibt es Nudeln. Ich lasse mir dann noch ein extra Stück Gnu grillen. Es schmeckt alles fantastisch, die Stimmung am Tisch ist fröhlich. Dann noch mal ans Bufett für Dessert. Kaffee, dazu ein dicker Windbeutel und ein Türmchen aus Vanille-Creme. Wir kommen mit Francois ins Gespräch, erfahren sein Alter (25) und dass seine Mutter auf der Suche nach einer Frau für ihn ist. Vor der hochzeit müsse er dann noch einen Bullen schlachten. Er hat auch schon einen Song in petto, den er auf seiner Hochzeit singen will. Er singt uns kurz vor, und es klingt richtig gut. Danach gehen wir kurz in die Lobby, wo es gratis W-Lan gibt. Ich logge mich kurz mit meinem Smartphone ein und schicke Grüße aus Afrika in die Welt. Um etwa 21.30 geht es ins Bett.


Reisebericht:
Ein bisschen Hummeldumm und viel Hufgetrappel
www.namibia-forum.ch...el-hufgetrappel.html

Letzte Änderung: 28 Sep 2013 00:57 von ontrail.
Der Administrator hat öffentliche Schreibrechte deaktiviert.
Folgende Benutzer bedankten sich: Armin, Hanne, engelstrompete, Topobär, piscator, baobab2, Lil, Champagner, Auxo, Nane42 und weitere 4
22 Sep 2013 23:23 #305397
  • ontrail
  • ontrails Avatar
  • Beiträge: 74
  • Dank erhalten: 232
  • ontrail am 20 Sep 2013 22:57
  • ontrails Avatar
29.8. Donnerstag, Fahrt nach Swakopmund, Hotel a la mer

Wir müssen um 5.15 aufstehen. Um 6 steht ein Angestellter vor der Tür. Er sammelt uns alle ein, um uns dann zum Zelt von Francois zu führen. Ob die Angst hatten, dass wir uns auf dem Gelände verlaufen? Ich bin mir sicher, dass der arme Kerl auch länger hätte schlafen können. Irgendwie denkt natürlich auch niemand von uns Afrika-Neulingen und Budget-Reisenden daran, ihm ein Trinkgeld zu geben. Francois hat an seinem Zelt schon den großen Tisch fürs Frühstück gedeckt, wie immer mit Tischdecke. Auf dem Grill lodern Flammen, im Kessel kocht heißes Wasser. Allein das verströmt eine Atmosphäre, die uns alle verzaubert. Und die mich auch kommende Woche begleiten wird – ein Detail, was für mich aber nun zu Afrika dazugehört. Kessel auf offenem Feuer…..seufz.













Wir frühstücken, Sandwich, Müsli, frische Orangen. Dann wird es ernst: Natasha hat gestern mit Francois über ukrainische Küche gesprochen (sie hat dort ihre Wurzeln). So kam die Sprache auf Coleslaw, den sie lecker findet und oft selbst macht. Tja, irgendwoher hat Francois Weißkohl und Karotten. Und daraus soll Natasha nun Coleslaw machen. Lachend helfen wir alle. Doch wie sich zeigt, sind wir zwar alle gestandene Frauen und teilweise sehr intelligente Wesen, die zb zum Theme Mikrobiologie promovieren – aber wie schält man eine Möhre? Einen Sparschäler gibt es nicht, und Natasha gibt zu, immer fertig kleingehäckselten Kohl zu kaufen. Nun ja, gemeinsam schälen und schnippeln wir alles kurz und klein. Dann spülen wir noch, alles wieder ab in die Kisten, die Taschen verstaut. 7 Uhr ist Abfahrt. An der Rezeption warten. Francois kommt wieder, er hat noch in Restaurant-Küche Öl für den Coleslaw abfüllen lassen. Wir fahren Richtung Khorixas, biegen ab Richtung Uis. Heute stehen die „Eingeborenen-Encounter“ auf dem Programm. Menschen-Zoo? Ich weiß immer nicht so recht was ich davon halten soll. Aber spannend finde ich es schon. Und den Schotten im Kilt samt Dudelsack fotografiere ich ja auch, gegen einen Obolus. Also mal sehen. Irgendwo auf dem Weg halten wir an der Straße, wo Holzverschläge stehen und Herero-Frauen Sachen verkaufen. Wir purzeln alle raus, der zweite Chameleon-Bus hält auch. Etwas unsicher verteilen wir uns. Schnell ist das Prinzip klar: Man kauft was und darf dafür Foto machen. Ok. Da ich eh noch keine Souvenirs geshoppt habe, warum also nicht hier? Kaufe ein Püppchen und fotografiere die Frau in Tracht. Frage sie nach der deutschen Singer-Nähmaschine, an der sie arbeitet und erfahre, dass das gute Stück schon 70 Jahre in Familienbesitz ist.






Weiter geht es, immer am Brandberg entlang, der sich rechts etwas unwirklich aus der Ebene erhebt.



Irgendwo im Nirgendwo fährt Francois und auch der 2. Truck rechts ran, unter einen großen Baum. Fix werden Klapptische und Stühle rausgeholt, der Tisch gedeckt. Natasha füllt Essig zum Öl in die Plastikflasche sowie Salz und Pfeffer. Hüpfenderweise wird das Dressing geschüttelt, das Öl will nicht so richtig sich vermischen. Doch mit viel Körpereinsatz gelingt es, und der Coleslaw schmeckt richtig gut. Dazu gibt es noch Gurken-Tomaten Salat, der frisch geschnippelt wird, dazu Sandwiches.






Als Toilette dient das trockene sandige Flussbett, in das jeder mal ein Stück hochstapft und hinter irgendwelchen Büschen verschwindet. Aus der Ferne hat man uns erspäht. Eine Frau und ihre Kinder kommen schwerbepackt an und bauen Ruckzuck ihre Waren auf, in Reih und Glied hängen da nun Ketten und Mobiles. „Go and do your shopping“ fordert Francois uns auf. Ok, also wieder dasselbe Spiel: Kaufe eine Kette und fotografiere dann, der Rest der Gruppe auch.








Dann geht es weiter. Der nächste Stopp ist ein Stand mit Himba-Frauen. Ich bin etwas irritiert über die Zelte aus Plastikmüll, die in einiger Entfernung dazu stehen und offenbar ihre Behausungen sind. Dann wieder das gleiche Spiel: Armband kaufen, Fotos machen. Ich gebe zu, die Frauen sind interessante Motive. Ich hoffe nur dass diese Kultur auch um ihrer selbst willen und nicht nur als Touri-Attraktion überlebt.







Danach halten wir in Uis an der Tankstelle. Zur Toilette, 2 Dollar für die Aufpasserin, dann geht es weiter. Wir verlassen die bergige Gegend und eine gefühlte Ewigkeit fahren wir auf Sandpad durchs nichts. Immer geradeaus, bis da plötzlich ein Schild steht und dahinter das Meer. Wir biegen links ab, nach Süden. Fahren durch Hentjes Bay durch und halten dann an einem Schiffswrack. Als wir aussteigen, kriegen wir alle einen Kälteschock. Habe meine Fleecejacke im Bus, aber kurze Hose an. Es ist total diesig, windig, bewölkt und grau. Der perfekte Tag an der Nordsee….ich fühle mich wie auf Sylt. Irgendein Scherzkeks hat ein etwas grusliges Skeleton-Coast-„Schild“ aus undefinierbaren Knochen in den Sand gelegt. Durchgepustet flüchten wir alle schnell wieder in den Bus.








Fahren bis Swakopmund. Francois kurvt scheinbar etwas ziellos durch den Ort und macht uns auf alle Annehmlichkeiten der Zivilisation aufmerksam. „Oh, Kentucky Fried chicken, good, there is a Spar, you can go there, this is a good restaurant“. Der Sinn dieser Rundfahrt erschließt sich mir nicht ganz, da wir superwenig Zeit in Swakop haben und es mittlerweile schon später Nachmittag ist. Dann zum Hotel a la mer. Fahren auf den Hof, checken ein. Natasha und mein Zimmer ist leider unten und daher etwas dunkel. Die Steinwände sehen sicher ganz schick aus, doch da die Luft so feucht ist und so wenig Licht im Zimmer, wirkt es eher wie eine ungemütliche Höhle. Natasha nutzt sofort Strom zum Aufladen und WLan zum Facebooken.






Dann will sie unbedingt in die Stadt und einen richtigen Kaffetrinken. Ich laufe nur mit ihr zur nächsten Ecke, wo auch ein Supermarkt ist. Kaufe 5-Liter-Kanister Wasser und ein bisschen Schoki und Chips. Bringe die Sachen ins Zimmer und laufe dann runter zur Jetty. Der Wind bläst, ich fühle mich wirklich wie an der deutschen See. Kein Wunder, dass die Kolonialisten sich hier wohl gefühlt haben. Aber ich bin nicht deswegen nach Afrika geflogen, zu groß ist die Ähnlichkeit. Trotzdem verbringe ich einige Zeit auf der Jetty, fotografiere den Sonnenuntergang und genieße das Meer, das ja überall einfach immer wunderschön ist.






Dann Treffen zum Abendessen. Melissa und die beiden jungen Deutschen kommen nicht mit ins Restaurant, dass heute statt Francois’ Küche auf dem Programm steht. Es kostet extra, die beiden Studentinnen wollen sparen, Melissa ihre Ruhe. Wir anderen laufen also die wenigen Meter zum TUG direkt an der Jetty. Das um ein altes Schiff gebaute Restaurant hat schon Atmosphäre. Wir müssen noch an der Bar im „Schiffsbauch“ warten und stoßen schon mal mit einem Bier an, bevor wir den Tisch im oberen Stock beziehen. Ich gönne mir „Oryx Surf and Turf“, ein großes Oryx-Steak mit einer Riesen-Garnele und einem gefüllten „Squid“, dazu Pommes und etwas Salat. Schmeckt sehr gut, der Preis samt Bier ist auch annehmbar. Francois, der Sänger, wollte uns überreden, dass wir alle unsere Nationalhymnen singen. An der Aufgabe scheitern wir kläglich, ich kriege auch kaum den Text zusammen. So reden wir aber alle über unsere Herkunftsländer. Da Poonam zwar in den USA lebt, aber aus Indien stammt, auch Christina ukrainische Wurzeln hat etc wird es ein sehr interessantes Gespräch. Ich komme nicht umhin, nach meinem Versagen bei der Nationalhymne auch zu erklären, dass Deutsche sich eben aufgrund der Geschichte immer noch schwer tun mit nationalen Symbolen. Francois kriegt separate Rechnung, offenbar kriegt er Prozente weil er uns da reingelotst hat. Einige finden dieses Geklüngel unmöglich, ich denke mir nur, dass so eben das Business funktioniert und kenne das auch von anderen Reisen. Seine eingepackten Speise-Reste gibt er dann dem frierenden Parkplatz-Wächter. Um 22.30 geht es ins Bett.


Reisebericht:
Ein bisschen Hummeldumm und viel Hufgetrappel
www.namibia-forum.ch...el-hufgetrappel.html

Letzte Änderung: 23 Sep 2013 10:00 von ontrail.
Der Administrator hat öffentliche Schreibrechte deaktiviert.
Folgende Benutzer bedankten sich: Armin, Hanne, engelstrompete, Topobär, etosha-micha, piscator, baobab2, estefe, TanjaH, Lil und weitere 11
24 Sep 2013 21:30 #305716
  • ontrail
  • ontrails Avatar
  • Beiträge: 74
  • Dank erhalten: 232
  • ontrail am 20 Sep 2013 22:57
  • ontrails Avatar
Fortsetzung
Nun kommt noch ein Gast hinzu, Marie, eine Franko-Kanadierin. Die Fahrt wirkt daher erstmal ungewohnt, da es mit ihr, Abel, Kristy und Natalie doch um einiges voller ist. Muss auch zusehen, wo ich meinen Rucksack hinquetsche. Dann fahren wir ewig durchs nichts. Wirklich nichts. Doch bald schon (das after-Boarding-Beer bzw Coke fordern ihren Tribut) melden wir eine Toiletten-Pause an. Aber es gibt noch nicht mal Büsche wie bisher! Francois hält, als neben der Straße Sandhügel im Abstand von etwa 20m liegen, die offenbar zum Straßenbau verwendet werden oder wurden. Wir gehen dahinter in Deckung, nacheinander bei den nächsten beiden Haufen. Wobei Deckung relativ ist: Wenn die Gruppe am Bus einen nicht sehen kann, hat dafür derjenige freie Sicht, der von hinten auf der Straße kommt. Gottseidank ist der Verkehr hier ja mehr als dürftig. Wir erklimmen dann die Gegend des Kuiseb-Canyons. Das schroffe Gebirge ist schon eine Mondlandschaft. Am Foto-Stopp erzählt Abel die Geschichte der beiden deutschen Geologen, die sich im 2. WK hier versteckt haben. Das Buch steht schon auf meiner Nach-Namibia-Erinnerungs-Lektüre-Liste.






Auch wir machen einen wohl obligatorischen Tankstopp in Solitaire, und die pittoreske Anlage mit den Autowracks verleitet natürlich zum ausgiebigen Fotografieren. Apfelkuchen kaufe ich nicht, mir ist nach einem Cornetto-Eis aus dem Shop. Schokolade!!!! Das braucht Frau einfach manchmal.






Ein weitere Fotostopp wird natürlich am Wendekreis des Steinbocks eingelegt, für mich ganz witzig, da das mein Sternzeichen ist.



Auf der Fahrt sehen wir noch eine Herde Oryx, die vor uns die Pad überquert, und interessante Felsformationen.






Fast pünktlich zum Sonneuntergang erreichen wir das Desert Camp kurz vorm Eingang zum Sossusvlei Park. Die Anlage, im goldenen Abendlicht, schön vor einer Felskette gelegen, mit Blick in eine Ebene und dahinter Berge, finde ich wunderschön. Die festen Zelte mit gemauertem Bad und Terrasse sehen so aus, als könnte man es da gut eine Zeit aushalten. Ein Grill steht an jedem Zelt bereit plus Küchenzeile. Wir als Gruppe nutzen aber eine der beiden Gemeinschaftsküche, die links und rechts vom Pool stehen. Es ist eine reine Selbstversorger-Unterkunft. Wir knipsen im Abendlicht, was das Zeug hält. Afrika aus dem Prospekt.












Natasha duscht als Erstes, ich danach. Leider ist offenbar nicht genug warmes Wasser da, beim Haarewaschen wird es etwas kalt. Tja, und das ist auch das Motto des Abends. Nach dem Duschen ziehe ich (fast) alles an was ich habe, inklusive der langen Unterhose. Als ich die eingepackt hatte, fand ich das ja doch etwas komisch (hallo, ich wollte nach Afrika, nicht nach Island), aber nu weiß ich warum. Da ich nasse Haare habe und kein Föhn, schenkt Natasha mir ihre ausgediente Camping-Mütze, die schon mit in Botswana war. Der Boma-Essensbereich ist zwar wunderschön, aber die eisige Nacht samt kaltem Wind sind fies. Wir sehen alle aus wie bei einer Winter-Expedition, unsere beiden Guides kommen gar nicht erst aus der etwas wärmeren und vor allem windgeschtützten Küche raus. Es gibt gegrilltes Kudu und Würstchen, dazu Kartoffeln, Butternut in Alufolie und Gemüse-Sauce. Wie im Laufe des Tages quasi nebenbei rauskam, hat Kristy, eine der beiden „Neuen“ heute Geburtstag. Und ihr Freund hat wohl extra bei Chameleon angerufen und Kuchen geordert. So stellt Francois zwei aus Swakop mitgereiste Schwarzwälder-Kirsch-Torten-Berge auf den Tisch und wir singen alle Happy-Birthday. Der Kuchen ist supersüß, aber ein willkommenes Dessert. Wir überreden Francois, in Nama „Happy Birthday“ zu singen. Die Klicklaute sind mir bis heute ein Rätsel, obwohl er sie uns mehrfach vorgeführt hat.



Wir freuen uns dann alle aufs Spülen, weil das Wasser warm ist (!!!) und wir alle kalte Finger haben. Da es so eisig ist, verkrümeln sich schnell alle in die Zelte, auch wenn es da nicht wärmer ist, aber windstill. Wir kramen noch sämtliche Extra-Decken aus einer Kiste. –mit Mütze und 2 Hosen gehe ich ins Bett. Die drei Decken halten zwar warm, sind aber unglaublich schwer und ich fühle mich erdrückt. Wache nachts mehrmals auf, weil meine Nase so kalt geworden ist.


Reisebericht:
Ein bisschen Hummeldumm und viel Hufgetrappel
www.namibia-forum.ch...el-hufgetrappel.html

Letzte Änderung: 27 Sep 2013 20:55 von ontrail. Begründung: Textänderung
Der Administrator hat öffentliche Schreibrechte deaktiviert.
Folgende Benutzer bedankten sich: Armin, Tanja, Fritzi, engelstrompete, Topobär, etosha-micha, baobab2, Lil, namibiafieber, Fleur-de-Cap und weitere 8
Powered by Kunena Forum