Ach, was habe ich hier in den letzten Monaten für schöne Reiseberichte gelesen. Gerade in Zeiten eigener Reiseplanung sind sie besonders anregend, tröstend, informativ und auch ein bisschen quälend, weil sie die eigene Ungeduld verstärken können. Gerade diese Phase der Ungeduld mit Rückwärtszählen der Tage die mit dem wieder und immer wieder Ein- und Ausräumen der Reisetasche wegen Übergewicht einhergehen und schließlich mit der Fahrt zum Abflughafen enden, sind es, in denen ich Eure Reiseberichte so gerne lese.
Nun bin ich seit genau zwei Wochen wieder in meinem Alltag angekommen, die Fotos sind gesichtet, sortiert und in einer kleinen Galerie zusammengestellt. Die Reise war wieder wunderbar, aber gerade diese Nacharbeit genieße ich besonders, weil nun auch die Ruhe und Gelassenheit da ist, mit der Du dir nochmal Vieles durch den Kopf gehen lassen kannst. Und siehe da, es ergeben sich Fragen, die auf einer nächsten Reise beantwortet werden wollen.
Ha, da biste auf einmal wieder vor der der nächsten Reise…
Aber ehe es damit konkret wird, will ich Euch noch von der Oktoberreise berichten und den Leser, der gerade seine eigene Reise plant ein bisschen von den Qualen zurückgeben, die ich noch vor einigen Wochen selber ertragen musste.
Einige von Euch wissen, dass mich der südliche Sternenhimmel schon eine ganze Weile tief in seinen Bann gezogen hat. So kam es, dass ich mir vor 3 Jahren auf der Farm Kanaan im Süden Namibias ein Teleskop für die so genannte Deep-Sky-Fotografie fest installiert habe. Wegen des Tag-Nachtrhythmus kann man zu einem Zeitpunkt des Jahres allenfalls 50% aller Sternbilder sehen. Will man auch die anderen 50% beobachten, muss man 6 Monate später nochmal an den Standort. So kommt es, dass ich bereits Anfang Mai 2012 einmal dort war und jetzt Ende Oktober den zweiten Teil meiner Beobachtungen machen wollte.
Da Namibia aber viel mehr als diese extrem guten astronomischen Highlights zu bieten hat, reise ich immer in der Woche vor Neumond quer durch´s Land ehe ich am Teleskop bin. Auf der letzten Reise begleitete mich mein Schwager Burkhart aus Berlin. Für ihn ist das seine erste Afrikareise. Seine letzte große Aktion war eine 6-monatige Reise von Berlin nach Kleinasien – mit einem Tretroller! (
LINK ).
Unsere Route, die dieses mal kaum vorgeplant war und sich oft aus der Situation heraus entwickelte:
Windhoek – Tsaobis – Wüstenquelle – Swakopmund – Tsondab Valley – Farm Kanaan – Lüderitz / Diaz Point – Klein Aus – Helmeringhausen – Bagatelle – Etango Ranch.
Wir trafen zufällig mehrere Fomis, was immer sehr schön war! Über die Begegnung mit RODRIGO werde ich etwas ausführlicher berichten, weil "wir überhaupt nicht so aussehen"
Im Mai 2012 stieß ich zufällig auf den 4 Stunden westlich von Windhoek gelegenen, aber offiziell geschlossenen Tsaobis Leopard Nature Park. Dort fand mich zu meiner Schande mein Freund Ralf P. mit dem ich eigentlich einen Tag zuvor auf einer benachbarten Farm verabredet war. (Aber das ist eine andere Geschichte). Von ihm erfuhr ich dann, dass Tsaobis Leopard Nature Park verstaatlicht und gerade neu aufgebaut wird. Ralf würde das Management übernehmen und am 01.09.2012 soll der Park offiziell eröffnet werden.
Na, das wollte ich mir natürlich nichtg entgehen lassen und so sollte das unser erstes Etappenziel sein.
Aber Stop!
Erst kommt da ja die Geschichte mit dem Auto.
Schon seit einigen Jahren miete ich meine Autos bei Berti Ham von Savanna Car Hire Windhoek. Das hat sich seinerzeit so ergeben, weil ich für meine astronomischen Geräte im Feld immer ein paar kleine elektronische Veränderungen am Auto zur Stromversorgung brauche, die ich hier völlig problemlos bekomme.
Wie immer, habe ich mir einen Toyota Hilux Doppelkabiner mit Dachzelt gemietet. Nach Erledigung der Formalitäten staunte ich aber nicht schlecht, dass ich ein nagelneues Modell mit Alu-Aufbauten bekommen habe. Ich hatte vor einiger Zeit davon gelesen und nun steht er mit hochgeklapptem Dachzelt und offenen Seitenklappen vor mir… Berti konnte seinen Stolz kaum verbergen.
Bereits jetzt erahne ich, dass dieses Fahrzeug von Funktionalität, Komfort und Erlebnis bestimmt zwischen Wohnmobil und 4x4 mit rooftent einzuordnen ist. Diese Ahnung wird im Laufe der folgenden 14 Tage immer und immer wieder bestätigt.
Klein Aus (Campsite #3)
Burkhart macht Kaffee
Das Dach lässt sich nach Lösen von zwei Schellen mit einem leichten Schubs spielend leicht nach oben ausklappen und durch einfaches Ziehen an einer Lasche ebenso einfach wieder einklappen. Das dauert allenfalls 2-3 Sekunden und ist völlig staubfrei erledigt. Alle Fächer sind hervorragend staubdicht gebaut.
Über eine leichte Leiter kannst Du im Innenraum stehen, der üppige Stauraum schluckt klaglos unsere zwei vollen Reisetascheninhalte. Die trotzdem immer noch gähnende Leere in den vielen anderen Fächern wird später mit unserem Proviant gefüllt werden.
In den drei beleuchteten Aussenfächern befinden sich zwei weitere Proviantkisten, die die sehr übersichtlich und sicher verstauten Küchenuntensilien sowie alles Braai-Zubehör einschließlich das später gekaufte Feuerholz aufnehmen.
Ein stabiler Alutisch ist clever zwischen Autodach und Alkove angebracht, mit einem Handgriff entnommen und aufgebaut.
Der eingebaute 80-Liter Wassertank wird durch einen Zulauf in einem Außenfach befüllt und mündet in einem Wasserhahn, der neben der Einstiegsluke angebracht ist. Der Innenraum ist mit mehreren LED-Lampen ausreichend ausgeleuchtet, ein an einem zweiten Akku angeschlossener Wandler liefert 220 Volt mit konstanter Leistung zum Aufladen von Akkus für Handy, Kamera, Laptop usw.
Selbst mein Schwager Burkhart mit seinen guten 185 cm Körperlänge hatte keine Mühe in seine Koje zu kommen. Abgesehen von einer stürmischen Nacht, in der kleine Kieselsteine horizontal durch die Luft flogen und das ganze Auto längsseits trafen (Camping auf Klein Aus) haben wir immer bestens geschlafen.
Eine weitere Besonderheit ist der hintere Bereich des Fahrgastraumes. Die hintere Sitzbank ist ausgebaut. Dafür steht hinter dem Fahrer der übliche Kühlschrank, der vom Beifahrer (bitte nur von dem) auch während der Fahrt bequem erreicht werden kann. Ich liebe kühles Zitronenwasser während der Fahrt auf staubiger Pad… Ansonsten ist dort jetzt viel Platz für das Tagesgepäck, Fotorucksack usw.
Obwohl dieses Auto etwas schwerer, als das bisherige Auto mit rooftent sein dürfte, habe ich einen durchschnittlichen Verbrauch von ca. 12 Litern/100km gemessen (80% Pad, 15% Asphalt, 5% offroad). Möglicherweise ist der Luftwiederstand durch die steife Bauweise des Daches günstiger als bei einem flatternden rooftent.
Sehr dankbar nahmen wir diese Überraschung an, bekamen das von Carsten Möhle besorgte und hier hinterlegte Permit für die Blutkoppe (Carsten, nochmals herzlichen Dank für diesen tollen Service) und starteten unseren 14-tages Einkauf in der nahen Maerua Mall, tauschten dort in der Wechselstube ziemlich günstig (dieser Tage gab es für einen Euro 11,57 N$) und waren dann auch schon auf Pad. Über die C28, und Bosua Pass kamen wir gut nach Westen und schwenkten dann auf der C32 nach Norden. Kurz bevor wir den Swakop River kreuzten, fuhren wir nach Westen auf die Farmpad des gerade neu eröffneten und umbenannten Tsaobis Nature Park Restcamp mit neuer Leitung.
Wow, hier hatte sich seit meinem zufälligen Besuch vor 6 Monaten einiges getan. Mehrere einfache Chalets, ein großer Pool und eine große reetgedeckte Terasse empfangen den Besucher. Wenig abseits der unter üppigem Grün herrlich schattige Camapground mit ca. sechs Stellplätzen. Die Sanitäreinrichtung ist einfach und sehr sauber.
Ralf zaubert mit seinem charmanten Personal ein leckeres Abendessen (Zebra) nach Hausmannsart. Bei einem kühlen Bier plaudern wir lange und genießen die Geräusche der Nacht. Na und wo sind die Sterne? Oh, es ist bewölkt. Wolken, die uns am nächsten Morgen sogar mit einer kurzen, aber kräftigen Dusche begrüßen.
Der Duft, der anschließend in meine Nase kriecht ist so intensiv und wunderbar, das ich noch lange daran denke.
Ralf holt uns zu einer großen und mehrstündigen Farmrundfahrt ab. Wir haben uns vor eingen Jahren auf der Zebra River Lodge kennengelernt. Damals zeigte er mir oberflächliche Stromatolithe – biogene Sandgesteine, die auf Zebra River Lodge besonders häufig vorkommen. Daher weiß er auch, dass mich derartige Dinge sehr interessieren.
Das Tsaobis Nature Park Restcamp ist ein Wander- und 4x4 Paradies mit vielen geologischen Besonderheiten. Viele an der Oberfläche liegende Gesteine und Formationen gehören zu der bis 650 Mio. Jahre alten Damara-Formation. Neben vielen Mineralien hat mich ein verstecktes Tal besonders fasziniert: das Python Valley. Als ich dann vor der etwa 8 Meter hohen Wand stand, war mir die Namensgebung klar.
Ralf P. Schneider zeigt uns das Pyton Valley
Carsten Möhle beschreibt diese Region mit „Ein Muss und Fest für Hobbygeologen und solche, die gerne Hobbygeologen werden wollen“ Recht hat er!
Ralf nennt das Tal "jurassic park" - passt wirklich !
Am Abend wandern wir lange durch das Swakop River, beobachten nicht ganz friedliche Paviane, die ihr Revier lautstark und mit kurzen Angriffen verteidigen und wir sind wirklich in Namibia angekommen.
Morgen besuchen wir den Arch Rock und die Farm Wüstenquell... bleib dran!