THEMA: Reisebericht Tsaobis, Wüstenquell, Tsondab, Kanaan
05 Nov 2012 15:37 #261621
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  • Champagner am 05 Nov 2012 15:37
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Hallo Jens-Uwe,

weiterhin ist dein Bericht für mich ein sprachliches Highlight - und die Fotos sprechen für sich! Ich gestehe, dass ich, die ja selber (leider) recht verschwenderisch mit Smileys umgeht, jeden bewundert, der alleine durch die Sprache sich anschaulich auszudrücken vermag!

Danke für die Einführung in die Astronomie - das macht Lust auf mehr!
Zur Geologie: Bruchkanten lesen, nein, dazu ist das alles zu lange her! Auch wenn ich ein Kind des südwestdeutschen Schichtstufenlandes und quasi im Schieferbruch aufgewachsen bin, habe ich das Thema nach dem Studium (leider) nicht ernsthaft weiterverfolgt.

Zu den Quarzeinschlüssen: es gibt dazu ein Buch, aber ob das was für Namibia taugt? Eher nicht vermutlich....

www.bodeverlag.de/sh...fff4d4fee1b6dd7e1034

Bin gespannt wie es bei euch, die nicht aussehen als ob sie helfen können, weitergeht!

LG Bele
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05 Nov 2012 15:49 #261623
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  • estefe am 05 Nov 2012 15:49
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Hallo Jens-Uwe!
Vielen, vielen Dank für die ausführliche Erläuterung und die Tipps. Natürlich hast Du Recht - wir sind bei Neumondzeit in Namibia u.z. ganz genau Bagatelle/Campsite und fahren danach für eine Woche in den KTP. Ich freue mich schon sehr auf den Sternenhimmel!!!
Gib mir doch bitte noch einen Tipp, welche Bücher ich anschaffen sollte.
Nochmals Danke und LG Edith
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05 Nov 2012 18:40 #261649
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  • piscator am 05 Nov 2012 18:40
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Hallo Jens-Uwe und @ Bele:
Zu den „Quarzen“, wie sie auf Bild 5637 zu sehen sind:
Es handelt sich um einen kleinen Pegmatitgang. Eine Erklärung, zusammengestellt aus verschiedenen Quellen:

Weite Flächen des mittleren Namibias bestehen aus ehemaligen Sedimentgesteinen, die vor rund 500 Mio. Jahren unter hohem Druck und hoher Temperatur verformt wurden und dabei, je nach Ausgangsmaterial, in Quarzite, Schiefer, Gneise und Marmore umkristallisiert wurden. Teilweise kam es zur Schmelze und Bildung granitischer Magmen, welche sich als helle, homogene Granite verfestigten. Besonders grobkörnige Varietäten dieser Granite, die vorzugsweise in Form von Gängen auftreten, werden Pegmatite genannt. Sie sind besonders verbreitet im Gebiet um Karibib und Usakos und wurden zur Gewinnung von Schmucksteinen (Turmaline, Berylle oder Topase), Industriemineralien (Glimmer, Feldspäte) oder Metallen (Lithium, Zinn, Beryllium) abgebaut.
Bei den Einschlüssen in Quarz handelt es sich tatsächlich um Einschlüsse im Querz selbst (Gangquarz oder Christalle).Bei Beles Quelle sieht man z.B. einen Quarzkfristall mit nadelförmigen Einschlüssen aus dem Mineral Rutil (Rutilquarz)

Herzlicher, erwartungsvoller Gruß von Reinhard
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05 Nov 2012 22:18 #261682
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  • JUKoehler am 05 Nov 2012 22:18
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Ihr kennt das ja alle.
Kaum wird es am Abend dunkel und das Abendbrot ist beendet, beginnt das ligamentum gastropalpebrae zu zotteln…
Sorry, ich bin in Fachlatein verfallen. Also, vor nicht allzu langer Zeit lüfteten Britische Mediziner das Geheimnis der plötzlichen Müdigkeit nach gutem Essen. Sie entdeckten, dass es da ein dünnes, aber gleichwohl straffes Band (lat. ligamentum) gibt, das am Magengrund (lat. gaster) beginnt und am oberen Augenlid (lat. palpebra) endet. Folgt nun der gefüllte Magen der Schwerkraft, setzt sich dieser Impuls durch das gestraffte Ligamentum bis zu den oberen Augenlidern fort und sorgt so für das genannte Phänomen. Das ist die Erklärung dafür, dass wir Reisenden in Namibia alle kurz nach Sonnenuntergang im Zelt verschwinden und früh wach sind.

Wie dem auch sei, ich bin jedenfalls auf meinen Namibiareisen auch ohne Wecker meist deutlich vor Sonnenaufgang ziemlich wach und schleiche dann gerne mit der Kamera bewaffnet um die Felsen. So auch an diesem Morgen und ich erkenne, wo wir eigentlich angekommen sind.
Unsere Campsite „Aussicht“ verdient ihren Namen zu Recht. Das Auge wandert am fernen Horizont von Ost über Nord bis weit nach Südwest - eine flache Grasfläche. Hin und wieder von rötlichen Sandsteinhügeln und Sträuchern unterbrochen. Besonders am südlichen Horizont erhebt sich ein ferner schroffer Gebirgszug. Im Osten hängt eine Wolkenfront, die somit einen klassischen Sonnenaufgang zwischen Gebirgszügen verhindert.







Etwa 50 Meter entfernt finden wir zwei Duschen mit heiß Wasser und WC. Zwischen den Felsen gibt es windgeschütze Plätze. Wir ziehen in die schattige Caverne an unserem Auto (im Bild ganz links).





Biste in der Caverne drin, kannst´e stehen. Willst´e rein, musst´e Dich bücken. Hälst´e Dich nicht an dieses Gesetz, gibt´s horizontale Platzwunden an der Birne… Rums, und mir fällt just in diesem Moment ein, dass "rodrigo" vorgestern auch auf der Campsite „Aussicht“ war und ich gestern bei ihm eine frische Platzwunde an der hohen Stirn erkannte.

Während des Frühstücks sehen wir eine kleine Herde Springböcke an uns vorüberziehen, hören das froschähnliche Quaken der Ludwigstrappe und freuen uns auf die heutige selfdrive-Expedition in den östlichen und südlichen Teil von Wüstenquell.
Schnell ist das Zelt eingeklappt, und schon lassen wir uns langsam durch die Gegend treiben. Wir entdecken die hoch zwischen den Felsen gerade erst errichteten, aber noch nicht vermieteten Bergchalets, die sich an die Felsen schmiegen. Auf deren luftigen Terrasse sitzend wandert unser Auge, einem Adlerblick gleichend weit über das wunderbare Gelände. Im Chalet sehen wir anstatt der hinteren Wand den großen Felsen, an dem das Chalet lehnt – urig! Es erinnert mich an das Eagels Nest von Klein Aus Vista.

Burkhart wandert zu Fuß weiter, ich folge ihm in einem weiten Bogen bis zum „Labyrinth“. Zunächst eine unscheinbare Granitkante, an der ich empor klettere. Nach einigen Minuten auf einem Plateau stehend erkenne ich zahlreiche kleine Furchen, die dann rasch zu immer tieferen Schluchten zusammenlaufen und dann sind da plötzlich diese ulkigen wabenförmigen Auswaschungen. Noch habe ich überhaupt keine Ahnung, was das ist – habe ich so ähnlich allerdings schon auf Island gesehen.


Island 2008 (sorry, hoffe, dass das in einem Nam-Forum ausnahmsweise durch geht)


Völlig fasziniert von diesen Formen gebe ich mich nun dankbar den Mustern hin, sehe Figuren darin und bin froh, sowas Schönes zu erleben. Erst am Abend werde ich erfahren, was das alles ist.





Nach einiger Zeit kommt Burkhart - meist fliegend - auch am Labyrinth an.



Staunend sehen wir in der Nähe eine kleine Oase mit üppigem Grün, vielen laut zwitschernden bunten Vögeln in hohen Bäumen. Hier wird sich wohl eine Quelle verbergen.
Nun fahren wir eine ganze Weile, weil wir den Adlerkopf finden wollen, der die Homepage von Oliver & Verena so prachtvoll in der Abendsonne krönt. Auf dem Wege zotteln zwei Warzenschweinfamilien mit hoch erhobenen Antennen wie ferngesteuert durch das Gras – immer wieder schön anzusehen.

Und dann ist er plötzlich da. Von Ferne eigentlich nur einer der vielen rötlichen Sandsteinerhebungen. Aber ab einem bestimmten Winkel siehst Du unzweifelhaft, dass hier ein mächtiger Adler mit weiten Schwingen gerade abheben will.




Und wieder entdecken wir diese eigenartigen Auswaschungen am Felsen. Erinnerst Du Dich an die Kleckerburgen, die Du als Kind an der See mit dem nassen Sand gemacht hast? Weißt Du noch, wie das abfließende Wasser dann Rinnen in den Sand gespült hat? So ähnlich sieht das hier am Adlerfelsen auch aus.


Fortsetzung kommt gleich (ich bekomme immer nur 9 Fotos in einem Abschnitt hochgeladen)....
Anhang:
Letzte Änderung: 05 Nov 2012 22:30 von JUKoehler.
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05 Nov 2012 22:21 #261683
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  • JUKoehler am 05 Nov 2012 22:18
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.... da bin ich wieder:

Wir sind weit im Osten an die Farmgrenze gekommen und folgen der nun ruppiger werdenden Farmpad nach Süden. Das Gelände wird felsiger und die kleinen Canyons tiefer. Ein großer Straushahn begleitet uns eine ganze Weile, ehe er in den angrenzenden Namib-Naukluft Park flüchtet. Auf der Karte von „piscator“ finden wir den Namen einer Erhebung „Honigberg“ – ulkiger Name, warum Honigberg. Am Abend werden wir auch das wissen.
Das Gelände wird immer schroffer und wir verlassen immer wieder das Auto für kleine Wanderungen. Wir stellen schon jetzt fest, dass das Gelände von Wüstenquell deutlich vielfältiger ist, als wir es zunächst eingeschätzt haben und werden diese Feststellung – ebenfalls am Abend – nochmals deutlich aufstocken müssen. Wieder entdecken wir tief grüne Oasen, Quellen und klettern schließlich mit dem Auto im felsigen, nassen Flußbett einige Meter steil aufwärts. Klar macht das Spaß!

Nach gut 5 Stunden kommen wir an das Farmhaus. Oliver will nun mit uns und einigen weiteren Gästen, die am Farmhaus wohnen eine Farmrundfahrt machen.
Leute, das ist wirklich ein „must to do“! Oliver sprüht regelrecht vor Begeisterung als er uns so viel interessantes zu Geologie, Geschichte und Gegenwart über diese vielseitige Farm erzählt.

Ich freue mich, dass die Fahrt nun zunächst in den Süden, dann aber hauptsächlich in den Westen der Farm geht – da waren Burkhart und ich nämlich nicht hingekommen. Und siehe da, alles wird nochmal ganz anders.

Aber zuerst halten wir am „Honigberg“. Tatsache, der hat was mit Honig zu tun. Am Fuße ist eine vielleicht 8-10 Meter große Höhle. Hier gibt es offenbar Klippschliefer aber auch Bienennester. Das ist den früheren Menschen auch nicht entgangen. Sie legten einige Holzstämme in einer Ecke des Felsens an und kletterten an ihnen bis zu den Honigwaben der Bienen. Die heute noch stehenden Stämme sind wohl über 100 Jahre alt – so Oliver.



Ganz in der Nähe halten wir und laufen ein paar Meter zu einer hohen Höhle. Hier sehen wir wieder diese ulkigen Waben in den Felsen und erfahren endlich, wie sie zustande kommen.
Pietra tafunata (= durchlöcherter Stein) im Korsischen, Tafoni Erosion in unserer Sprache ist der Name dieser lustigen, zuweilen auch sehr fragilen Strukturen. Letztlich entstehen sie in Sand- oder Granitgestein durch Verwitterungsprozesse, die von innen nach außen heraus ablaufen. „Kernverwitterung“ ist der Fachbegriff, der den Prozess beschreibt. Ja, Reisen bildet und schon geht es weiter. Nach nur wenigen Minuten wieder eine ganz andere Landschaft. Ich bin an eine Alm oder ein flaches Tal am Plose in Südtirol erinnert. Gerade noch ruppig und schroff, nun lieblich und sanft.







Wieder eine Oase mit Quelle, ein hoher Schilfgürtel drum herum.



Wir halten und klettern ziemlich steil an einem Hang die etwa 80 Meter hoch. Auf dem Kamm umwandern wir dieses Tal und blinzeln in die nun schon tief stehende Sonne. Wieder werde ich an die Alpen erinnert als ich das rote Leuchten der schroffen Bergspitzen um uns herum sehe – ´Alpenglühen´denke ich noch.
Ach, hätte ich hier mehr Zeit, so interessant sind die vielen verschiedenen Mineralien, die wir hier überall und in vielen Farben schillernd sehen. Immer wieder großartige Aussichten, die eigentlich zum Verweilen ermahnen. Doch zügig klettert, rutscht, springt und fällt beinahe unsere kleine Gruppe, oft staunend und in Schweigen vertieft über den zerklüfteten Kamm. Nun noch 100 Meter in einer Rinne nach unten, in ein trockenes Flußbett hinein. Moment einmal, was ist das? Da schlängelt doch etwas durch den Sand?!

Wasser, es fließt leise gurgelnd ein Bächlein in irgendein Tal. Das ist nicht zu fassen. Du stehst in einer der trockensten Wüsten dieser Erde und staunst vor dem Plätschern eines Baches. Hallo! Es ist Trockenzeit, Dürre !
Dieser Bach fließt ganzjährig mit 4.000 Litern je Stunde. Das Wasser schmeckt ein bisschen salzig, kann aber gut getrunken werden – mach ich natürlich auch.



Nun noch 30 Minuten Bach aufwärts, wir durchdringen einen kleinen üppigen Vegetationsstreifen und sind bald wieder am Ausgangspunkt. Mehrere Zecken meinen auf meiner Hose sitzend, dass sie nun das große Los gezogen haben. ´Nicht mit mir´ denke ich noch und kicke sie in hohem Bogen zurück in ihren Dschungel.

Das Salz im Mund wird nun mit dem fälligen sundowner weggespült – was für ein toller Tag.
Auf dem Heimweg sehen wir frische Leopardenspuren und kurz darauf einen frischen Zebrariss. Schnell bricht die Nacht herein, die Abendkühle findet mich hoch oben auf dem Bock sitzend und streicht über die Haut. Zufrieden sehen wir noch vor dem letzten Licht des Tages die Silhouetten einiger Zebras auf einem nahen Hügel. Und da ist sie wieder – die Zufriedenheit nach einem beglückenden Tag in Afrika.

Rasch finden wir wieder unseren Aussichtsfelsen, werfen die Kocher an, blinzeln wieder ins Firmament und können es einfach nicht lassen, das Fotografieren.


Sieh nur, wie weit sich der Mars seit gestern bewegt hat...

Die letzte Aktion des Tages ist, unseren Plan zu ändern – herrlich, diese Freiheit zu haben. Wir werden vor Sonnenaufgang starten, mit Sonnenaufgang am Bahnhof sein, über die Mondlandschaft und Swakopriver nach Swakopmund rollen um dort ein Teleobjektiv und eine CF-Card im Atlantik zu versenken. Wenn wir das geschafft haben wollen wir am Abend auf Tsondab Valley den Sonnenuntergang sehen. Nicht zu schaffen? Wahnsinn? Wir werden sehen!

Jens-Uwe
Letzte Änderung: 05 Nov 2012 22:38 von JUKoehler.
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05 Nov 2012 22:51 #261686
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#Reinhard #Bele, herzlichen Dank für Eure Erklärungen und Hinweise. Ganz früher sagte meine Mutter mal: "Internet mach blöde" Ihr habt bewiesen, dass sie nicht vollumfänglich Recht damit hatte - dieses Forum ist so toll!

#Edith, wegen der Astrobuch-Empfehlung schaue ich mal nach und melde mich dann. Eine einfache Sternkarte (z.B. Hermann-Michael Hahn, Gerhard Weiland. Drehbare Kosmos - Sternkarte für den nördlichen und südlichen Sternhimmel ISBN: 978-3-440-12418-5, kostet ca. 15,- Euro) ist sehr hilfreich, wenn Du Dich orientieren willst. Hast Du ein Smartphone? Dann kann ich Dir auch einige ganz brauchbare Apps empfehlen.
Letzte Änderung: 05 Nov 2012 22:51 von JUKoehler.
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