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Nach dem Essen tuckerten wir gemütlich weiter die menschen- und autoleere D 707 weiter. Das erste Auto, was wir auf der Strecke sahen, war ca. 40 Kilometer hinter Betta ein am Straßenrand parkender Land Rover … mit zwei platten Reifen auf der linken Seite und einem ratlosen südafrikanischen Ehepaar danebenstehend.
In ihrem Fall hatte eine falsche kleine Steinplatte im falschen Winkel in der falschen Geschwindigkeit erwischt beide Reifen samt Felgen im wahrsten Sinne des Wortes geschrottet
. Die beiden hatten noch das Glück, dass sie nicht allzu schnell unterwegs waren und das Auto kontrolliert zum Stehen bekommen haben … aber die Reifen … die waren hinüber. Sowas von. Und es gab nur noch einen heilen Reservereifen im Wagen … der zweite war ihnen nämlich auch schon kaputt gegangen.
Und – um das Ganze noch schlimmer zu machen: Die Reifen, das wussten die beiden, gab es in ganz Namibia nur in Windhoek und Swakopmund zu kaufen, weil es irgendeine spezielle Reifengröße war…
Mittlerweile war es kurz nach 13 Uhr … in vier Stunden würde die Sonne untergehen… die beiden waren zwar mit voller Campingausstattung unterwegs, aber das Campen hatten sie sich dann doch anders vorgestellt.
Wir beratschlagten uns kurz: Unser Ziel, die Farm Kanaan war noch gut 20 Kilometer entfernt – wir versprachen dorthin zu fahren und Hilfe – welcher Art auch immer – zu organisieren.
Den Rest des Weges legten wir dann nicht mehr ganz so flott zurück … die beiden aufgeschlitzten Reifen hatten einen nachdrücklichen Eindruck hinterlassen … und so kann… okay, eigentlich muss man es sagen
: Wir schlichen die letzten Kilometer auf der D707 bis zur Farm dahin, paranoid auf der Suche nach heimtückischen Steinen, die unserer Peggy nach den Reifen trachteten…
Auf der Farm-Pad angekommen begrüßte uns erst einmal die riesigste Herde Oryx, die ich bislang gesehen habe, in der Ferne und wir holperten die letzten Kilometer zu unserem Ziel.
Ich befürchte, der arme Hermi, der die Farm sein Eigen nennt, muss geglaubt haben, zwei leicht durchgeknallte Touritanten überfallen ihn da
. Denn zum einen blieben wir mal wieder beim Aussteigen mit dem Ellbogen an der Hupe hängen und taten unsere Ankunft damit reichlich lautstark kund
, zum Anderen erzählten wir dem Armen gleich von zwei aufgeschlitzten Reifen und dass wir ihn eigentlich schon zur Rettung verplant hatten … irgendwie zumindest…
Doch Hermi behielt die Ruhe. Zuerst einmal wurden wir herzlich willkommen geheißen, durften ausladen und unser Zimmer aussuchen (wir waren an diesem Tag die einzigsten Gäste und hatten insofern freie Auswahl).
Kanaan ist eine reine Gästefarm ohne Viehbetrieb und Hermi hat das alte Farmhaus in liebevoller Arbeit wunderschön verkünstelt hergerichtet. Und es gab zwei Kater
… nach fast zwei Wochen auf Katzenentzug, endlich wieder etwas zum Knuddeln (…die Löwen im Etosha durfte ich auf Anweisung von Gabi ja nicht hinterm Öhrchen zu kraulen…
). Ein wirklich schöner Ort, nicht nur das alte Farmhaus, sondern auch das Drumherum…
Aber zum Verweilen hatten wir erst einmal keine Zeit. Während wir uns kurz frisch machten, gab Hermi kurz dem anwesenden Camper-Paar Bescheid, dass die abendliche Farmrundfahrt an diesem Tag später anfangen würde und evtl. auch ganz ausfallen würde, holte dann seinen Landrover aus der Garage, verzog schmerzhaft das Gesicht als wir ihm erzählten, um was für ein Auto mit welchen Reifen es sich beim verunglückten Fahrzeug handelte, schmiß trotzdem ein paar Reifen aus seiner Sammlung ins Auto und verlud zum Schluss uns auch noch hinein. Und los ging’s…
Autofahren mit Hermi zählt definitiv zu einem Highlight dieses Urlaubs, denn das war einfach nur cool
. Hermi kennt sein Auto, Hermi kennt seine Pad und Hermi kann’s einfach. Und so flogen wir gefühlterweise über die Pad und genossen die Fahrt und Hermis Erzählungen.
Bei den beiden Südafrikanern angekommen, bestätigte sich schon das Befürchtete. An den Reifen war wirklich nichts mehr zu retten, selbst kurzfristig ging da gar nichts mehr. Und andere Reifen gingen nicht drauf – auch übergangsweise nicht. Nach kurzer Überlegung versteckten wir den Land Rover der Südafrikaner etwas abseits der Straße unter einem großen Baum (das klingt jetzt leichter als es war, mit zwei Totalplatten 200m Auto bewegen ist keine Freude für Auge und Ohr
). Hermi schlug den beiden Südafrikanern dann vor die Nacht bei ihm zu verbringen, damit am nächsten Tag alles koordiniert werden könne. Die beiden waren darüber unglaublich dankbar – außer uns war in der Zwischenzeit wohl nur ein Motarradfahrer des Weges gekommen und die Aussicht auf schnelle Hilfe hatten sie eigentlich schon aufgegeben.
Also zurück zu Hermis Farm. Kaum angekommen, setzten die beiden sich mit ihren Bekannten in Lüderitz in Verbindung um mitzuteilen, dass sie feststeckten – nur um mitgeteilt zu bekommen, dass alles schon geregelt sei. Der Motarradfahrer hatte die Bekannten nämlich bereits verständigt und die hatten bereits einen Abschleppwagen organisiert, der in 3 Stunden da wäre.
Sowas nennt man dann wohl Überschneidung von Hilfeleistungen!
Aber irgendwie auch beruhigend zu wissen, dass in Namibia zwar etwas länger dauert, bis jemand vorbeikommt, wenn man Hilfe braucht – aber wenn einem dann mal jemand über den Weg läuft die Hilfstrefferquote derart hoch ist.
Also die zwei Südafrikaner zurück zu ihrem Auto gebracht! Gabi und ich beschlossen derweil am „Haus“ zu bleiben und bekamen – nachdem nun klar war, dass es heute keine Farmrundfahrt mehr geben würe - von Hermi den Tipp doch ein paar hundert Meter den nächsten Hügel hinaufzuwandern, von dort aus hätte man einen ganz netten Sonnenuntergangsstandort…
Öh ja … was man alles unter nett verstehen kann…
Auch wenn dir Farmrundfahrt an diesem Tag ausgefallen war, dass was wir bisher von der Farm Kanaan gesehen und hier erlebt hatten, machte definitiv gewaltig Lust auf mehr…
Denn eines war uns an diesem Abend schon sicher, als wir auf unserem Hügel saßen und den – auch recht passablen – Sonnenuntergang genossen: Dies hier war wirklich ein wunderschöner Fleck Erde.
Nachdem Hermi zurück kam, machte er sich sofort ans Abendessen. Und ich sag euch: Mann, war das lecker!
Nach zwei Tagen mittelmässiges Essen in kleinen Portionen in der Sossus Dune Lodge stürzten Gabi und ich – wahrscheinlich ganz und gar nicht ladylike
– auf das uns dargebotene Oryx-Curry samt Bei- und Nachspeißen und rollten nach dem leckeren Essens zur Sofaecke, wo wir uns noch lange mit Hermi unterhielten.
Zum Schluss durften wir uns für den kommenden Tag noch wünschen, was wir sehen wollten? Huh?
Im Angebot hatte Hermi Dünen, Berge, Köcherbäume, tote Bäume, lebendige Bäume und so weiter und so fort
… okaaaay….Nachdem er gar nicht locker ließ, wünschten wir uns also Köcherbäume, Dünen und einen Oryx.
Sollten wir kriegen – aber das und abermals noch viel mehr, gibt’s dann im nächsten Teil…
Liebe Grüße
Steffi