THEMA: Im Südwesten Namibias, März 2009
05 Feb 2010 18:33 #128564
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  • lilytrotter am 05 Feb 2010 18:33
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Äähm …Topobär,
wir müssen uns als unwissend outen, kannten den Sänger bisher nicht einmal per Namen. Das ist nun anders! Der macht ja gute Texte.
Für uns war es bisher nur ein ganz feiner Witz.
LG lilytrotter


Weiter geht's:



Dienstag
Morgens rufen wieder die Paviane. Wir stehen an einem dieser sauber ausgewaschenen, jungfräulichen Flussbetten, die uns auf dieser Reise als so eindrucksvolle Erfahrung begleiten. Es ist einfach zu schön. Eine kleine Wanderung das Flusstal rauf, tausende Kaulquappen zappeln in den Kolks. Wir entdecken, dass hier an den entfernten Felswänden ein Dreifach-Echo entsteht und rufen Echo-Wörter. Einige bunte Bodenschrecken sitzen um uns herum.





Nach einem gemütlichen Frühstück geht’s mittags weiter. Seit gestern Mittag haben wir keine Leute gesehen und kein Fahrzeug, echt dünn besiedelt, diese Gegend.
Das mit dem "fehlenden" Verkehr klärt sich, als wir bei Witpütz auf die C13 stoßen. Zwei große Schilder blockieren unsere Straße. Als wir sie umfahren, lesen wir auf der Vorderseite: Road closed. Serious washaways. – Aha!
Also, nie auf nicht vorhandene Schilder verlassen … im Norden standen keine – vielleicht, weil wir über eine intakte Nebenstrecke gekommen sind und die Einheimischen sowieso Bescheid wissen. Keine Ahnung.
Und nebenbei haben wir verloren gegangenes Wissen aufgefrischt: - Auf der Karte eingezeichnete ‚Orte’ sind oft keine, sonder nur eine Farm, auch eine nicht mehr bewirtschaftete Farm. In der Versorgung für mehrere Tage autark zu sein ist immer von Vorteil.
C13, nach Süden. Feiner Asphalt! Und Verkehr! Schwerlaster mit Zink, – fürs nächste Containerschiff in Lüderitz.
Sehen Strauße und 2 Sekretäre. Natürlich 2, sie sind immer paarweise unterwegs.
Haalt!! Da blüht was!
Ein ganzes Gebiet mit rosa- weißen Lilien, nein, Amaryllis: Ammocharis coranica. „… carries a round inflorenscence of dark pink, tubular blossoms… contains certain alkaloids. Grows in open, sandy woodland over the whole lowerveld. … has a tumbleweed fruiting head which break off and cartwheels away in the wind.” Genauso isses. Hmm. Tumbleweeds. - Wir erinnern ‚Fat Freddies Cat’: „Tumbleweeds are dangerous…?“ bezweifelte der ignorante Kiffer und jagte mit seiner Klapperkiste rollende Tumbleweeds auf dem Highway. Irgendwann klemmte eine der trockenen Kugeln unter seinem heißen Auspuff und die Kiste ging in Flammen auf. - Tumbleweeds are dangerous!




Ein kurzes Stück später, wieder Halt: Blühende Kakteen, Adenium namaquanum. Wahnsinn, diese morbiden altrosa Blüten ‚auf dem Kopf’!


Wenn das so weitergeht, kommen wir auch bei bestem Asphalt nicht schnell vorwärts.
Wir passieren den Abzweig zu ‚Skorpion Zinc Mining’: Die Mine, die regelmäßig schwere Zinklaster auf die Straße spuckt, die dann libanesische Containerschiffe, mit russischem Kapitän und deutschem Eigner, beladen...
Ca. 10 km danach linker Hand weit ab ‚Namuskluft Campsite’.

Rosh Pinah, aufstrebende Minenstadt. Wir fahren zum einkaufen hinein, was uns eine engagierte Polizeikontrolle durch einen sehr eifrigen kleinen Polizisten beschert. – Alles fein? - Ja. - Wunderbar. – Ein freundliches: Bye, bye.
Wir dürfen einkaufen gehen. In punkto Spar bin ich den Buren immer dankbar: Ein riesiger, perfekt ausgestatteter Supermarkt. Einer bleibt im Wagen und hat es mit den kleinen Belagerern ziemlich schwer. Sie halten lange durch, bevor sie endlich Leine ziehen. Ausgestattet mit Brot, Knoblauchbutter, Tiefkühl Grilled Fish und Prawns und frischer kalter Milch geht’s ab nach Süden. - Namibia hat gute Frisch-Milch! Lecker! Ein Liter geht immer direkt in unsere Kehlen.

Gleich hinter der Stadt hört der perfekte Asphalt auf. Gravel, 'n bissl corrugated...
Am National Park Gate angekommen, stehen auch hier zwei große Schilder: Road closed. Serious washaways.
– Naja. Augen haben wir ja schon im Kopf und des Lesens sind wir auch mächtig, aber die Leute von Klein Aus Vista haben uns gesagt die Brücke sei „repaired“. - und soo schlimm kann die Strecke nicht sein. Wir fahren ja aufmerksam und wenn’s nicht geht, drehen wir halt wieder um, …und vielleicht sind die Schilder ja nicht mehr aktuell …und … zum Glück liegt da einer am Gate. Wir fragen. – Doch, man könne fahren, … aber über die Brücke? - Das wisse er nicht …

Wir wollen erst mal nach der weggespülten Fähre schauen und fahren in Richtung ‚Pontoon’. Nach einigen Kilometern, ein nagelneues Gate: Toiletten, Info-Häuschen, usw., aber geschlossen, unbesetzt. Grenzgebiet … wir haben keine Lust auf noch eine unnötige und nervige Kontrolle heute, wenn wir weiter fahren, - kostet alles nur Zeit. Und so wichtig ist uns die weggeschwemmte Fähre dann nun auch wieder nicht. Wir wollen lieber zusehen, dass wir zum und über den Fish River kommen. Also zurück. Der Nette am Gate öffnet uns den Schlagbaum.
Oh, je. - Bei der Weiterfahrt sehen wir, warum die Straße gesperrt ist. Gefährliche washouts. Wir sind schwer beeindruckt: Bis zu 2 Meter tiefe Canyons queren die C13. Im Dunkeln oder bei zu schneller und unachtsamen Fahrt, lebensgefährlich!! Es gibt jeweils eine brauchbare Umfahrung.





Der Oranje fließt breit und rauschend, er führt richtig Hochwasser. Von der anderen Uferseite grüßt das Richtersveld.
An einer weiteren stark ausgewaschenen Stelle, kurz vorm Fish River kommt uns ein Fahrzeug entgegen. - Juchuu! Gegenverkehr! Kurz aufkeimende Hoffnung: Ein Entgegenkommender von der anderen Seite, die Brücke ist O.K.
Er fährt dicht neben uns. Kurze, freundliche Begrüßung:
- Where are you coming from?!
- - From Rosh Pinah.
- Didn’t you see my signs?? Zwei goldbekronte Spitzen auf den Schneidezähnen blinken uns freundlich an.
Oh, oh! …„my signs“, … ein schlechtes Zeichen! Ein "Offizieller" in Zivil. Er am Steuer, auf dem Armaturenbrett ein stark benutztes Zeiss Fernglas, Kind daneben, Frau mit Kindern im Fond. Immer schön freundlich und vorsichtig. Lieber sehr überlegt auf unangenehme Fragen antworten.
- - There was somebody at the gate, who opened …
- Where are you heading to?
- - We want to go to Ais-Ais.
- It’s not possible! You cannot pass the bridge! I’ve just been there, I’m the warden of this region."
Au, Backe, peinlich: Schön einsichtig sein.
- - Wie weit es denn noch sei, bis zu Brücke? Und... ob wir denn, wo wir nun schon mal hier sind, bis dorthin fahren dürften, die Brücke und den Fluss ansehen, Fotos machen und dann umkehren?
– Er überlegt: Ja, das dürften wir.
Wir bedanken uns. Freundliche Verabschiedung.



An der Brücke angekommen, sehen wir das Schlamassel: Beide Brückenzufahrten sind weggespült. Die westliche Auffahrt/Ex-Straße zur Betonbrücke besteht aus einer langen Strecke schöner dicker, rund geschliffener Steine, Fußball-groß. Brücke selbst ist O.K. Pah! „Bridge repaired!“ Die war überhaupt nicht kaputt! Was haben die in Aus uns für einen Stuss erzählt. Man könnte eine brauchbare Rampe bauen, um auf die Brücke zu fahren. Aber wozu? Ab Ende Brückenkopf hat der Fisch River die Straße auf 50 Meter in einen tiefen rauschenden Fluss verwandelt. Imposant. Aus die Maus.
Bei all der Faszination macht sich jetzt endgültig Enttäuschung breit, kein Gamchab Tal. Ach, das ist uns sowieso nicht mehr wichtig, wir hatten in den letzten Tagen mehr als ausreichende Gelände-Fahr-Erlebnisse. Aber die Ai-Ais Buchung ist nun auch noch hin, sie wäre heute Nacht: Das traumhafte Baden in dem warmen Pool, nachts mit Beleuchtung … das nette Tal, die schönen Akazien am Ufer eines rauschenden Fish River …
Wir beraten ohne Tochter, denn die würde gerne nur noch stehen, sie kommt auch schon nicht mehr mit auf die Brücke. Die verkappte Abenteuerlust ihrer Eltern ist ihr zuviel. Beratungs-Ergebnis: Zurückfahren, bis nach dem Gate, in Ruhe Abendessen (Ein gutes Essen vor harter Arbeit…) und dann Start zu einer Nachtfahrt: - 550 km, im großen Bogen, um schließlich wieder (fast) hier unten zu landen, nur auf der anderen Flussseite, in Ai-Ais. Es gibt hier im Süden relativ wenig Großwild, das einem vors Auto springen könnte und abends ist die Rosh Pinah Strecke > N kaum befahren und später ist auf der Strecke Aus - Keemannshop auch nix mehr los. Wir werden fahren, soweit wir kommen und unsere Große kann, bis zum Schlafen, auf ruhiger Asphaltstraße ihr Deutsch Referat weiterschreiben …
Zurück, in schönstem Abendlicht am Oranje entlang in zügiger Fahrt, der Fluss scheint noch stärker zu rauschen und noch höher zu sein, als auf der Hinfahrt.

Nach dem Gate gibt es mit Rosmarin u. Knoblauch marinierten Grillfisch, Kartoffelbrei und Spinat. John kommt vorbeigefahren, er kommt aus der Stadt, diesmal seine Frau im Fond mit Notebook. - Guten Appetit. Ach, ihr habt eine Tochter? What’s your name? – Ob es in Ordnung ist, dass wir hier stehen, es ist ja noch NP Gebiet. - Your are welcome, you can stay here. Er sei ja in der Nähe, sein Haus ist dort, gegenüber von seinem Office. - Vielen Dank, sehr nett, nach dem Essen fahren wir noch nach Aus … Bye, bye.
Es ist schon längst dunkel, als wir nach einem guten, entspannenden Essen los fahren. Ab Posh Pinah vorzüglich markierte Asphaltstraße (Kurven mit Katzenaugen, die Gegenrichtung sogar in rot!), das macht das Fahren leicht. Sehr wenig Verkehr, auch auf der B4. Mäuse sind die einzigen Tiere, die wir auf der nächtlichen Straße sehen. Dann endlich der Abzweig Ai-Ais. Und dann, gleich direkt hinter dem Abzweig Hotel Seeheim: Road closed. Oh, nee, - es soll nicht sein!
Es ist halb eins, die Luft ist raus, wir sind hundemüde und stellen uns hinter das Schild auf den breiten Seitenstreifen zwischen Gravelroad und Zaun. Der aufkommende angenehme Wind vertreibt die Mücken. Ein Drink glättet die Nerven, morgen früh sehen wir weiter. Beim Einschlafen fällt mir ein: Löwenfluss! Immer, wenn sie vom Naute Damm Wasser ablassen müssen, ist diese Strecke gesperrt und man fährt dann direkt über den Damm! Mit neuer Hoffnung schlafen wir ein. Ich möchte doch so gerne nach Ai-Ais und den Fish River Canyon mit Wasser sehen! Außerdem, wer weiß, ob wir mit unserer Tochter hier überhaupt je wieder herkommen und irgendwie wollen wir ihr auch die Großartigkeiten dieser Welt zeigen. Dafür fährt man auch mal gerne 500 km am Tag/in der Nacht mit unserer geliebten lahmen alten Schüssel… Der Wahnsinn hat uns gepackt.
Gruß lilytrotter


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Letzte Änderung: 22 Apr 2016 10:51 von lilytrotter.
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05 Feb 2010 18:52 #128565
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Mittwoch
Bei Sonnenaufgang los. Unsere Große kann weiterschlafen.
Gut, dass wir so dicht an der Straße geblieben sind, hinter uns geht’s bergab. Fahren an unserer Schlafstelle über kleine, weiß blühende Geranien (Geranium aculeolatum?). Alles ist hier voll davon. Sie verströmen einen wunderbaren Duft, Zitronengeranien-ähnlich, nur noch intensiver, sehr lecker. Meine Nase jubiliert.

Ein Personentransport-Lorry - mit Leuten hinten drin, brettert an uns vorbei, man grüßt sich. Er düst die Road-Closed-Strecke entlang nach Süden. Wir überlegen kurz: Nee, nee. Wer weiß, wo die hinwollen. Die Gegend ist weit …
Im schönen Morgenlicht über den Naute Damm, er ist bis zum Rand gefüllt! Nachts ist das braune Gate wohl geschlossen, da hätten wir heute Nacht vielleicht sowieso gar nicht fahren können? Unten an der T-Kreuzung ein Blick in Richtung Löwenfluss: Er führt Wasser, es fährt gerade ein Fahrzeug durch die Furt …

Weiter nach Süden. Vereinzelt kommen andere Touristenfahrzeuge entgegen.
Vorbei am alten Laster des Canyon Roadhouse. Irgendwann endlich geht es hinunter nach Ai-Ais. Dass es so sehr bergab geht, hatte ich natürlich auch vergessen. Geschafft! - Der ganze lange Weg zum ‚Gelobten Land’ …
Bitte? - Unten in Ai-Ais erleben wir unser blaues Wunder in Form zweier bunter Plastik-Schwimmbecken: Das Gelände ist eine einzige Baustelle. Das ist nicht witzig, das müssen die bei der Buchung aber sagen. NRW hat fully charged! 400 N$: 3P/Nacht/Auto. Ein bisschen unverschämt ist das schon. Wir besichtigen das Gelände: Es wird sicher mal sehr schön, - wenn es fertig ist, … 3 Sterne sind schon jetzt am Hotel … Lediglich die Tankstelle, ein provisorisches Office und ein Ablution-Block sind schon funktionsfähig, einige Bush-Tents zum Übernachten stehen in Reih und Glied, ebenso reihenweise Stuhlgestelle und es gibt, - ich lach mich tot, - die beiden blauen Plastik-Pools, Marke Baumarkt mit - kaltem!!! Wasser. Die heiße Quelle quillt so vor sich hin, müsste es nicht überlaufen? Wo geht denn das Wasser hin? Wo zapfen sie es ab, wieso nehmen sie es nicht für die Pools? Ich fass es nicht. Afrika.

Wir suchen uns etwas abseits einen Picknickplatz, direkt am rauschenden Fish River, natürlich unter der größten und schönsten Akazie des Areals, ein Fever Tree oder Gelbrinden-Akazie. Sie hat diesen von mir so geliebten hellgrünen Stamm, das lässt sie so zart und verwundbar erscheinen. In Elefantengegend wäre sie sicher die Nachspeise ... Vor uns, am Ufer baumeln Webervogelnester (Masked Weaver), über uns füttert ein Bulbul-Pärchen seine beiden Jungen, eine Bachstelze stelzt um uns herum.

Wir genießen einen halben Tag Ruhe, spätes Frühstück, lesen, Mittag essen (die leckeren King Prawns), flirrendes Licht durch die zartgrünen Äste, - irgendwie sind wir ein bisschen müde … Der Fish River ist währenddessen wieder gestiegen, sie scheinen immer wieder Wasser ablassen zu müssen.

Am Nachmittag fahren wir wieder nach Norden, zum Fish River Canyon. Ein erster Blick in den Canyon, unten fließt der Fluss. Er fließt und es ist schön, das zu sehen. Die Vorstellung dass er viel Wasser führt, ist total spannend, - es dann tatsächlich zu sehen, nicht mehr wirklich, denn es ist ja sehr weit nach unten (ca. 2 Kilometer?), bis zum Fish River. Das entfernte braune „Flüsschen“ da unten ist von hier oben irgendwie garnicht imposant. Um so mehr die Canyon-Landschaft im schönsten Abendlicht und leichten Dunst, atemberaubend. Zufrieden genießen wir unseren Sundowner am Canyonrand.





Die Hobas Campsite ist vollkommen von Kasuarinen, Akazien und Palmen bestanden. Angenehme Atmosphäre, schlicht und gepflegt, sie ist gut besucht und ganz nach unserem Geschmack.
Wir haben viel zu erledigen, die Neuzeit fordert ihr Opfer: Runterladen, sichern, formatieren. Das Programm muckt mit der neuen Kamera, so’n Stress… Abendessen.

Geraume Zeit beobachten wir, wie ein jungen Blondschopf, etwas verstört im Zick-Zack auf der Campsite herumläuft, irgendwann spricht sie uns an: - Sie findet ihr Auto nicht (ihr weißer Sedan steht 10 Meter hinter uns, auf der Nachbar-Site …). Schwedin, aus Kapstadt, 2 Monate Reisezeit, will mit ihrem Freund und Freunden nach Mozambique, Malawi, usw. Auto mit Freund in der Werkstatt. Währenddessen macht sie mit ihren Freundinnen Sightseeing. - Wo denn eigentlich der Canyon sei … - Oh, so weit? - Hmm. Niedliches Mädel. Wir hoffen für sie, dass die Jungens einen etwas besseren Orientierungssinn haben, sonst kommen sie in Malawi nie an …

Wir sind ziemlich alle und fallen bald ins Bett.
Gruß lilytrotter


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Walvisbay boomt
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07 Feb 2010 22:09 #128866
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Donnerstag
Bei Sonnenaufgang fahren wir wieder zum Canyon, den Canyonrand entlang nach Süden, Abzweig auf die 4x4 Strecke kurz vor ‚SulfurSpring’. Nette Strecke. An ihrem Ende: Schöne „Schichtlandschaft“ im Dunst.







Auf dem Rückweg bergauf sogar die Untersetzung benutzt, dann schnüffelt der Cruiser ganz fein nach oben, ohne mit Steinchen zu schmeißen... Noch die Schwefelquelle gesucht, finden sie aber nicht, dafür aber eine Pflanze, deren Blätter nach Zitronen-Salbei riechen und eine kleine Eidechse. Zurück auf halber Strecke unser Frühstücksplatz: Einer von den Plätzen, wie wir sie lieben, weshalb wir so gerne so reisen, wie wir reisen. Ein spätes ausgedehntes Frühstück, unter uns eine Flussschleife des Fish River. Cappuccino und getoastete Brötchen, Ei, Smoked Beef, Feigenmarmelade. So ein exklusives Plätzchen. Wunderbar, das ist der Lohn für die anstrengende Fahrerei und zu wenig Schlaf.


Anschließend, kleines Räumen. Reifenkontrolle, die walken ganz schön im steinigen Gelände, - ein bisschen aufpumpen und dabei den kleinen Kompressor killen.
Auf dem Rückweg noch kurz auf der netten Campsite gehalten. Kurze Erfrischung im kleinen Pool, die Baumkronen bilden ein Schattendach und verbreiten ein zauberhaftes Licht.

Weiterfahrt nach Grünau, unser Diesel ist knapp. Kürzester Weg, die Hauptverbindung vom Canyon nach Osten, Gravel Pad ist gut. Schöne Gegend. Toll im Abendlicht. Grüne Graslandschaften, so viele unterschiedliche Gräser! Wollsackverwitterungen in der Art des Erongo Gebirges um Ameib. Kontrastreich: Das Zusammenspiel aus klassischer Gras-Savanne und gelb blühender Blumenwiesen mit aberMillionen Daisies vor kugeligen Granitfelsen. Ganz Namibia ist grün, so grün, wie man es sich gar nicht vorstellen kann, wenn man es nicht selbst gesehen hat, denn es ist ein so enormer Unterschied zu den sonstigen Namibia-Bildern in der Trockenzeit.


Grünau, Tankstelle, 17.30 Uhr: Wir tanken die letzten paar Lieter Diesel. Während bei uns noch Fenster geputzt werden stehen schon mehrere Fahrzeuge an der Zapfsäule und gucken in die Röhre. Der Diesel ist tatsächlich alle! Das hätte uns noch gefehlt, dass wir hier hängen bleiben.

40 km vor Mariental, 22.40 Uhr. Es knallt, der Wagen schlingert etwas. Mein Held hält ihn gut auf Spur und bremst gemäßigt, ein Glück. Nicht auszudenken, was hätte passieren können, wenn er das Auto nicht gehalten hätte, denn ich hatte mich gerade abgeschnallt, um eine Wasserflasche aus dem Kühlschrank zu greifen und unsere Tochter schläft hinten quer hinter der Rückbank. Das Reifengummi schlägt bei jeder Umdrehung laut in den Radkasten. Dann stehen wir. Warnblinker. Hänge mich aus dem Fenster: Es raucht und stinkt hinten rechts. Damit es besser abkühlt fahren wir noch langsam einige Umdrehungen.
Da stehen wir nun, wie belämmert, an der B1 mit Schwerlastverkehr. Fahren den Wagen so weit es geht vom Fahrbahnrand, so haben wir immerhin 2 Meter bis zum Asphalt... Stellen in 50 Metern Entfernung das Warndreieck auf und fangen an, stur vor uns hin zu arbeiten. Was könnten wir auch sonst tun, weinen? Ja, ich am liebsten! Den Einfüllstutzen zum Zusatztank hat’s abgerissen, der Radkasten ist zerfetzt. Der Dreckfänger ist natürlich weg. Wer weiß, wo der hingeflogen ist. Den suchen wir später, wenn wir fertig sind, mit Scheinwerferlicht.

Das Arbeiten geht problemlos. Ätzend sind die 30 Tonner, die mit hoher Geschwindigkeit vorbeidonnern, aber sie sind rücksichtsvoll, hupen und gehen immer auf die Fahrbahnmitte. Eigentlich ist es uns hier viel zu gefährlich, aber wir stehen nun mal hier (erkenne ich schon leicht fatalistische Tendenzen?). Am frühen Abend wäre es viel schlimmer, denn dann gäbe es reichlich Gegenverkehr, was ihre Ausweichmanöver auf die Fahrbahnmitte unmöglich machen würde. Nach 30 Minuten ist es geschafft, - der ganze Tüddelkram mit dem Werkzeug verbraucht einfach Zeit, denn es ist ja weit weg gepackt, weil man es selten braucht. - Zum Glück.
Schließlich drehen wir um, fahren ein Stückchen zurück, Warndreieck einsammeln und den ‚Schlappen’ suchen - und tatsächlich, er liegt noch auf der Straße.
Das Adrenalin ist hoch, wir sind nicht mehr müde. Fahren weiter bis Mariental, Tankstelle. Und keinen Meter mehr. Sind ausgepowert, müssten ja morgen früh sowieso hierher zurück und den Ersatzreifen aufziehen lassen. Schlafen an der Tankstelle, direkt an der Kreuzung in Mariental! Ist uns soo egal. Es ist halb Eins. Uns stört nix mehr!

Freitag
Morgens, 7.30 Uhr, neben wochenendlich WIMPY-frühstückenden Farmerfamilien aufgestanden. Wir schlafen zwar im Auto, aber das ist schon ein bisschen strange. Nutzen diesen fragwürdigen Umstand, um die uns alleinig interessierende Frage nach einer Reifenwerkstatt zu stellen: - We have a problem... - I have seen, sagt der Familienvater. Ist ja auch nicht zu übersehen, das zerfledderte Teil hinten am Auto.
Also dann, gleich der freundlichen Beschreibung des Farmers folgend, zu TrenTyre, denn heute gilt der Freitag wie Samstag, weil morgen Feiertag ist. Independence Day! Also nix wie hin. Sind die Ersten, ab- und aufziehen, geht wie geschmiert.
Gute Unterhaltung mit dem Chef-Mechaniker. Wir genießen diese Fachgespräche, sie sind immer sehr wertvoll, kostenlose Weiterbildung. Ratschlag: Lieber mit weniger Druck fahren, das schont das Auto. Besser öfter Reifen wechseln. Denn: Reifen kann man einfacher erneuern, als das Chassis! Gutes Argument. Beeindruckendes Argument. Werden wir uns merken.
Geld ist knapp, zur Bank, da ist gerade Stau, der Automat wird wohl gerade befüllt. Danach zurück zu WIMPY! Ausgiebig frühstücken mit allen Anderen, Schwarzen und Weißen, die hier dasselbe tun, heute am Freitag, der wie ein Samstag ist. Sehr lebendiger Platz. Interessant. Nett. Hätte nicht gedacht, dass ich es mal in so einem Laden nett finden würde.

Weiter nach Norden, 11.00 Uhr. Kaum sind wir aus der Stadt raus bemerken wir, dass der linke Rückspiegel ungewöhnlich vibriert. Ein bisschen gedreht und zack! – isser ab und klirrt auf die Fahrbahn. Reicht’s denn noch nicht? Wir halten an, sammeln den Scheiß von der Straße, pulen unseren alten Rückspiegel raus und fahren nun wieder mit eingeklebter Spiegelscherbe (hatten wir in Etosha schon mal, als ein auf die Piste ragender Ast den Spiegel atomisiert hatte). Ist eben doch nicht dasselbe, Zulieferer-Ersatzteil, China-Billigplastikscheiß. Hatte sich wohl jemand ein bisschen zu doll drangehängt und "schwups" – hinüber, das Teil.

Nun also weiter, bei S 23,5° passieren wir den ‚Tropic of Capricorn’, Wendekreis des Steinbocks. Obligatorischer Fotostopp, dann weiter zum Oanob Damm, Recreation Area. Ausspannen und essen und baden. Ursprünglich wollten wir hier mal übernachten, packen, räumen … Gute Sites, irgendwie ziemlich teuer, See ist randvoll, klares Wasser. Motorboote düsen umher für Wasserski und ‚fun and action’. Wir sind allerdings nicht besonders gut gelaunt. Nach essen und baden müssen wir endgültig das unabänderliche Ende der Reise anpeilen.
Die Strecke nach Windhoek ist landschaftlich reizvoll. Besonders hübsch die rosa blühenden Gräser im abendlichen Gegenlicht!
Im Dunkeln kommen wir an. Ausräumen und packen, duschen und das Auto für die nächsten 3 Monate "lagerfähig" machen. Es dauert ziemlich lange, bis wir alles fertig haben, spät ins Bett, - früh raus am
Samstag
Um 6.30 fahren wir zum Flughafen.
Die Lady, die die Bordkarten abreißt strahlt, als ich ihr „Have a nice Independence Day!“ wünsche. – Bye, bye, Namibia.
Den kleinen Schreihansel mit seiner Mami, der schon auf dem Hinflug allen Fluggästen den Schlaf und die Nerven raubte, haben wir dieses Mal direkt vor uns sitzen. – Grrmpf! – Aber es ist ja zum Glück ein Tagesflug … und ich habe mein Reisetagebuch, das ich noch nachtragen muss …

Und im August sind wir wieder da. Yippiie!
… und müssen dann erstmal den Kotflügel reparieren …

Das wars.

Zuhause angekommen schlafen wir uns erstmal aus.




Und übrigens:
Doris Lessing, Afrikanische Tragödie eignet sich nicht wirklich als Urlaubslektüre. Es beschreibt eine echte Tragödie, sehr deprimierend. Habs erst zu Hause gelesen.
Gruß lilytrotter


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Walvisbay boomt
Letzte Änderung: 22 Apr 2016 11:16 von lilytrotter.
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