THEMA: 50 Tage NamBots - Sept. - Okt. 2009
22 Nov 2009 10:49 #121450
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  • DocHoliday am 22 Nov 2009 10:49
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Jetzt habe ich es endlich geschafft, Deinen Bericht zu lesen.

Sehr schön! Interessant geschrieben und gute Bilder. Besonders die Gewitterbilder vom Sossusvlei haben es mir angetan.

Bis ins Damaraland sind wir ja (bis auf den Fish River Canyon) eine ganz ähnlich Route gefahren und haben uns teilweise nur um 4 oder 5 Tage verpasst.

Bin gespannt, wie es bei Euch weiter ging.
Gruß

Dirk
Letzte Änderung: 22 Nov 2009 10:49 von DocHoliday.
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22 Nov 2009 15:12 #121467
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Montag, 21. September 2009 / Camp Aussicht (Himba-Tour)
Um 06:45h reisst uns der Wecker aus dem Schlaf; Marius erwartet uns um 07:30h vor dem Haus. Dort steht auch schon ein alter Landrover und nach ein paar Worten mit den Arbeitern, welche sich langsam auf den Weg zum Haus machen, geht es los.

Wir besuchen zwei Himbadörfer: das eine wir von einer Schar Frauen und einem einzigen, älteren Mann bewohnt, welcher die Rinder hütet. Im Moment ist noch ein weiterer Mann da, aber in westlicher Kleidung. Er hat zwar eine Frau mit Kindern hier, lebt aber in Windhoek und kommt nur ab und zu zu Besuch.

Wir gehen durch das Dorf, schauen den Frauen bei ihrem Handwerk und ihren täglichen Verrichtungen zu und Marius übersetzt ab und zu eine Frage. Dann werden wir in die Hütte der Dorfpatriarchin hineingebeten, welche Ruth mit den hiesigen Kosmetik-Gepflogenheiten vertraut macht. Währenddessen haben die jüngeren Frauen draussen ihre Handwerkserzeugnisse ausgebreitet, welche wir gebührend bewundern und wo wir auch das eine oder andere Souvenir kaufen.

Beim Abschied übergibt Marius den Frauen die extra mitgebrachten Vorräte: Maismehl, andere Lebensmittel und sonstige Dinge, die sie gebrauchen können. Er bezahlt damit unseren Besuch im Dorf.

Das zweite Dorf ist etwas weiter von der Strasse entfernt und wird von einer alten, 82-jährigen Frau und ihrem Nachwuchs bewohnt. Hier gibt es keine Männer mehr, nur Frauen und zahlreiche Kinder, welche in die tägliche Arbeit eingespannt werden (Mais mahlen, Buttermilch herstellen, u.a.m.). Auch hier verteilt Marius zum Abschied einen grossen Sack Maismehl, den die jungen Frauen fast nicht tragen können, und andere Gegenstände des täglichen Bedarfs. Einer der grösseren Jungen zieht glücklich mit einem Schwert von dannen, das ihm Marius aus einem alten Eisenband geschmiedet hat.

Auf unsere Frage nach den fehlenden Männern erklärt Marius das Problem so: Für die Knaben herrscht obligatorische Schulpflicht – mit allen Zwängen, die dazugehören (i.e. westliche Kleider, traditionelle Locken abschneiden, etc.). Meistens sind diese Schulen dann noch weit weg vom Dorf und die Jungs wenn überhaupt nur am Wochenende zuhause. Kein Wunder, dass sie später keine Lust mehr auf ihr ursprüngliches Leben haben. Der eine oder andere, wie der Mann im ersten Dorf, hat noch eine Frau hier, lebt und arbeitet aber selber in Windhoek oder sonst wo und kommt nur ab und zu für ein Wochende nach Hause, an welchem er dann seine Frau ein weiteres Mal schwängert. Auf einen Mann kommen ca. acht Frauen. Auf unsere Frage, woher denn die vielen Kinder kommen, gibt Marius die lakonische Antwort: Männerbesuche, vor allem Herero aus den Nachbardörfern.

Auf der Weiterfahrt durch den Busch zeigt uns Marius noch verschiedene andere Dinge, die wir zum Teil schon kennen, zum Teil aber auch nicht. So z.B. eine Pflanze, die erst blüht, wenn man sie ca. 4 Stunden ins Wasser einlegt, und aus deren Blätter ein Tee gemacht werden kann, der gut gegen Kopfschmerzen sein soll. Einige grosse Termitenhügel und gleich auch viel Wissenswertes zu den Termiten. Er scheut sich auch nicht, einen kleineren Termitenhügel umzukippen und uns dessen Inneres zu zeigen; selbstverständlich nicht,ohne ihn nachher fein säuberlich wieder an seinen Platz zu stellen.

Zwischendurch werden ein paar Strausse verfolgt oder Elefanten gesucht. Und das übliche Picknick darf auch nicht fehlen, auch wenn die Sandwiches ausschliesslich mit Tomaten und Zwiebeln belegt sind – für Ruth’s Verdauung nicht unbedingt förderlich, für Fabian’s Geschmack ebenfalls nicht. Nach dem Lunch führt uns Marius noch in ein ausgetrocknetes Flussbett hinunter zu einem mineralienhaltiger Fels, den die Tiere ablecken und sich so ihre Vitamine holen. Wir verzichten ausnahmsweise darauf, aber Marius lässt uns nicht ohne das unverzichtbare „The Eggi Family was here“-Bild gehen.

Auf dem weiteren Rückweg kommen wir noch an einem Herero-Dorf vorbei, wo ich es endlich schaffe, auch einmal eine Herero-Frau zu fotografieren. Von Camp Aussicht weggefahren sind wir westwärts Richtung Strasse; zurück kommen wir kurz nach Mittag aus südöstlicher Richtung. Marius lädt uns ein, Schatten und kühle Getränke beim oder im Haus zu suchen, wenn uns danach gelüstet. Und für das Nachtessen erwartet er uns um 19:15h.

Wir richten uns erst mal wieder auf dem Camping ein, waschen ab, gestört durch eine Schar Bienen und lesen resp. fotografieren die Vögel, die sich am Wasserhahn verlustieren. Gegen 14:30h nehmen wir Marius’ Angebot in Anspruch, belegen seine Terrasse mit Beschlag und schreiben Tagebuch, lesen, fotografieren. Als Wolken aufziehen und es etwas kühler wird, gehen wir wieder hoch, nehmen den Sundowner und ziehen wärmere Sachen an. Um 19.15h werden wir zum Nachtessen erwartet.

Der Tisch ist für fünf Personen gedeckt, Colin hilft in der Küche beim den Vorbereitungen. Das Bobotie mit Kürbismus und Salat schmeckt, die Guave-Creme zum Nachtisch überfordert Ruth und Fabian beinahe. Während des Essens wird auf deutsch und englisch diskutiert.

Marius empfiehlt uns, den Kunene bleiben zu lassen und stattdessen auf die Campsite von Hobatere zu fahren. Die ganze Region wurde durch die Grenzziehung der Strasse entlang relativ willkürlich von der Etoscha abgegrenzt, gehört aber eigentlich dazu und hat entsprechend viele Tiere vorzuweisen. Zudem haben wir nachher nur noch 60km bis Kamanjab.

Ueber das Schweizer Taschenmesser, das wir ihm schenken, freut er sich sehr und verspricht, es werde kaum je herumliegen und ihn immer an uns erinnern. Gut, dann ist das erste Messer schon mal so vergeben, wie gedacht!

Ca. um 21:00h verabschieden wir uns, weil wir merken, dass die Herren langsam zu Bett gehen möchten. Marius verspricht, am Morgen noch vorbeizuschauen, bevor er wegfährt.

Um Mitternacht beginnt es etwas zu regnen, aber nur schwach, zumindest bei uns, und es hört auch bald wieder auf. Gegen drei Uhr morgens sieht man von der Feuersbrunst nichts mehr: dort hat es offenbar etwas mehr geregnet.

Dienstag, 22. September 2009 / Camp Aussicht - Hobatere
Ob lärmig oder nicht: wenn es in Namibia hell wird, erwachen wir. Und da es hier gegen 07:00h hell wird, stehen wir auch immer entsprechend früh auf. Ausserdem gehen wir ja auch immer früh zu Bett – wird nach den Ferien schwierig werden, sich wieder umzugewöhnen!

Das übliche Ritual mit Frühstück und packen spielt sich ab. Zwischendurch kommt Marius noch vorbei, um sich zu verabschieden; er will, dass wir anständig bleiben, was wir ihm versprechen. Ausserdem macht er uns noch auf ein paar dicke Baobabs aufmerksam, an welchen wir kurz vor Opuwo noch vorbeifahren werden. Dann verfolgen wir mit Video- und Fotokamera noch einen Rotbauchwürger, welcher aber immer wieder abhaut, wenn wir schussbereit sind. Irgendwann geben wir’s auf; wir wollen ja heute noch bis Hobatere, aber nicht zu Fuss!

Gegen 09:00h begleichen wir unsere Schulden bei Colin und verabschieden uns auch von ihm. Fabian fährt auf die Hauptstrasse hinunter und gleich auch weiter bis Opuwo. Die Baobabs finden wir an der genannten Stelle; etwas später fahren wir durch das vom Buschfeuer versengte Gebiet. Flammen sehen wir keine mehr.

Opuwo ist, wie es der Reiseführer beschrieben hat: ein einstmals schönes, heute etwas heruntergekommenes Städtchen, mit besonderem Charme. Die Strassen wimmeln von Leuten jeglicher Couleur: Bettler, Schulkinder, junge Machos, Geschäftsleute und dazwischen viele Himbafrauen, erkenntlich an der traditionellen Aufmachung. Im Nachhinein bereue ich, dass ich meine Kamera in der Tasche gelassen habe.

Beim OK Supermarkt kaufen wir das Nötigste ein und müssen zum x-ten Mal erklären, dass wir keinen Schlüsselanhänger mit eingraviertem Namen wünschen. Dann fahre ich auf der nun asphaltierten Strasse ostwärts, Richtung Etosha und nach der Einmündung in die von Ruacana herkommende C35 südwärts. Die Strasse ist zumeist schnurgerade, die Fahrerei extrem eintönig; Abwechslung kommt nur von den immer wieder die Strasse versperrenden Rindern, Ziegen und Eseln, wobei letztere nicht einmal ausweichen, sondern einfach stehenbleiben.

Nach einer Weile übernimmt Ruth und Fabian und ich widmen uns unserem üblichen fliegenden Mittagessen: Schinken-Käse-Sandwich, während des Fahrens zubereitet.

Kurz vor Hobatere passieren wir die Veterinärkontrolle; der Kontrolleur erzählt, seine Schwester sei mit einem Schweizer verheiratet. Auf Ruth’s Frage, wo sie denn wohne, lautet die Antwort:“Amsterdam“.

Die Hobatere-Campsite ist sehr einfach und nicht umzäunt (wilde Tiere!) hat aber ein Wasserloch, an dem wir uns erst mal eine Stunde aufhalten, um einer Giraffe beim Trinken zuzusehen. Die Paviane, die sich ebenfalls dort aufhalten, machen Platz, bleiben aber ansonsten Gottseidank dort in der Nähe; auf dem Campingplatz sieht man nichts von ihnen.

Als nichts mehr weiter läuft, richten wir uns auf unserer Campsite ein. Fabian liest, ich schreibe Tagebuch und komme mir vor, wie in Australien: Plenty bloody flies!! Ruth geht noch einmal zum Ausguck, kommt aber relativ bald wieder zurück: erstens läuft nichts, zweitens macht eine inzwischen angekommene Gruppe von Franzosen beim Lookout Radau.

Da die Angestellten inzwischen eingeheizt und heisses Wasser zubereitet haben, geht sie unter die Freiluft-Dusche, und genau das mache ich jetzt auch: vielleicht hilft es ja gegen die Fliegen! Ist zwar ein grandioses Erlebnis, hat aber gegen die Fliegen überhaupt nichts genützt, im Gegenteil. Die Plage wird zeitweise so gross, dass ich mich mit meinem Buch ins Auto verziehe. Allerdings ist es dort viel zu heiss… Erst gegen Abend, als es etwas kühler wird, hört die Plage auf.

Ziemlich früh machen wir Nachtessen, um nachher wieder ans Wasserloch gehen zu können. Inzwischen hat sich der Campingplatz gefüllt: zusätzlich zu dem halben Dutzend Franzosen ist noch eine grosse Gruppe Spanier oder spanischsprechender Südamerikaner sind eingetroffen; alle machen ziemlich Radau und richten sich auf unserer Toilette häuslich ein. Auf der anderen Seite des Felsens – sehen wir allerdings erst am nächsten Morgen – hat sich noch ein Einzelgänger mit eigenem Guide eingerichtet.

Als wir uns bei einbrechender Dämmerung beim Unterstand einfinden, ist dieser von der ganzen Horde Spanier belegt. Wir müssen uns ringsum auf den Felsen einrichten und können dann beobachten, wie sich zwei Giraffen, begleitet von gut zwei Dutzend Zebras, maiestätisch zur Tränke begeben, die immer noch dort sitzenden Paviane vertreiben und ihren Durst löschen. Anschliessend schreiten sie den gleichen Weg zurück, den sie gekommen sind und verschwinden in der einbrechenden Nacht.

Nachdem auch die Zebras weitergezogen sind und als man wirklich nichts mehr sieht, ziehen auch wir uns als letzte Mohikaner zum Zeltplatz zurück und versuchen beim Schein der Campinglampe, noch etwas zu lesen. Dieses Unterfangen wird allerdings durch eine Art „pelzige Maikäfer“ erschwert, welche in Kamikaze-Manier um die Lampe und unsere Köpfe schwirren. So verziehen wir uns einmal mehr vor 21:00h in die Zelte, obwohl die Spanier nebenan erst am Nachtessen sind…

Im Zelt ist es so heiss, dass wir Durchzug einrichten müssen. Dies führt dazu, dass es um Mitternacht kurz ins Zelt tropft, hat es doch inzwischen ganz leicht zu regnen begonnen. Klappe wieder nach unten, weiterschlafen.
Für mich ist Denkmal ein lebenslanger Imperativ, der aus zwei Wörtern besteht
(Fritz Grünbaum)

Reisebericht: 50 Tage NamBots (PDF ganz am Ende)
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22 Nov 2009 15:39 #121468
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Hallo Tom,

ein toller Bericht! Sehr gut geschrieben und mit tollen Fotos gespickt.
Schön, dass Ihr so lange geblieben seid, das verspricht noch eine lange Fortsetzung. :)

Ich finde es auch super, dass Euer erwachsener Sohn mitgefahren ist. Hier in D hören wir so oft, dass die 'Kinder' ja nicht mehr bei den Eltern mitfahren wollen.

Ich freue mich schon auf die Fortsetzung und vor allem auch auf den Botswana-Teil, da ich ja dort Nachholbedarf habe.
Viele Grüße,
Nenette
Il n'y a pas un atome de cette poussière que je n'aime infiniment.
Es gibt kein Atom in diesem Staub, das ich nicht unendlich liebe. (Elizabeth Riollet über Voi/Tsavo)

Botswana 2010: nenette-f.over-blog....egorie-11610665.html
Mein anderes Hobby: lauter-schoene-saetze.over-blog.com/
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22 Nov 2009 16:04 #121470
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  • eggitom am 22 Nov 2009 15:12
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Hallo Dirk und Nenette

danke für das positive Feedback; gibt Lust zum weitermachen. Und ausserdem gebe ich die Komplimente gerne zurück B)

Da unser Sohn ein Einzelkind ist, sind wir vielleicht in einer besonderen Situation. Und zudem hat er schon einige Reisen mit uns mitgemacht. Aber mir ist schon bewusst, dass es nicht allen so geht.

Sonntägliche Grüsse aus der verregneten Schweiz
Thomas
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22 Nov 2009 21:10 #121492
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Ein wirklich gelungenes Tagebuch, ich freue mich weiter von dir zu lesen. Echt klasse.
Liebe Grüße
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23 Nov 2009 11:57 #121531
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  • Topobär am 23 Nov 2009 11:57
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eggitom schrieb:

Die Quelle selber finden wir nicht berauschend und warm ist sie auch nicht wirklich; wohl eher etwas für absolute Natur-Freaks.

Wenn Ihr nur das gesehen habt, was das Foto zeigt, ward Ihr auch nicht an der Quelle. Wenn man im Quell-Teich bis unter den Wasserfall schwimmt, merkt man auch, dass es sich um eine warme Quelle handelt.
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