THEMA: Auf zwei Rädern ins Kaokoveld
04 Sep 2009 10:37 #114214
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Nachdem es mir sehr viel Spaß gemacht hat, meinen ersten Reisebericht (Ostafrika) hier im Forum zu schreiben, soll jetzt gleich der Nächste folgen.

Ich möchte Euch von einer Motorrad-Reise durch das Damaraland und das Kaokoveld bis hoch an den Kunene berichten.

Die Reise fand in der 1.Hälfte des Mai 2009 statt. Das eigene Motorrad ist nur verbunden mit hohem Aufwand und Kosten nach Namibia zu transportieren. Selbst wenn man dazu bereit ist, hat man noch immer das logistische Problem, auf dem Motorrad nicht genug Proviant, Benzin und Ausrüstung für die geplante, sehr abgelegene Strecke transportieren zu können. Deshalb haben wir die Reise als begleitete Motorrad-Gruppenreise unternommen, durchgeführt vom namibischen Motorradreise-Veranstalter Gravel-Travel. Die bedeutet selbstständiges Fahren und Navigieren in Zweier- oder Dreier-Teams (dafür standen GPS und Roadbook zur Verfügung). Die Autos folgen auf gleicher Strecke und stehen so bei Panne oder Unfall zur Verfügung.

Es besteht auch für nicht Motorrad fahrende Partner die Möglichkeit in den Begleitfahrzeugen mitzufahren, was für uns ein wichtiges Kriterium war, da Kathrin im schweren Gelände nur ungern auf dem Sozius mitfährt.

Insgesamt waren wir diesmal 14 Personen. 8 Motorradfahrer und der Rest teilte sich auf die beiden Landcruiser auf, die uns als Begleitfahrzeuge dienten.

Wir hatten die Tour schon einmal im Oktober 2005 mitgemacht, was mich im Reisebericht sicherlich zum einen oder anderen Exkurs in die Vergangenheit veranlassen wird, da sich die Natur bei den beiden Touren völlig gegensätzlich präsentierte.
Letzte Änderung: 17 Jul 2013 15:34 von Topobär.
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11 Sep 2009 12:27 #114807
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1.Tag: Anreise Windhoek

Das geht ja schon gut los. Wir sitzen schon seit über einer halben Stunde im Flugzeug und haben uns noch nicht einen Meter von der Stelle bewegt, da klärt uns der Pilot auf: Das Aggregat zum starten der Triebwerke funktioniert nicht (auf deutsch - der Anlasser klemmt) und man versucht jetzt, es zu reparieren. Na da drücken wir aber feste die Daumen, dass das klappt. Bei dieser voll durchorganisierten Tour wäre es fatal, wenn wir nicht morgen in Windhoek landen. Übermorgen startet die Motorrad-Tour.

Nach zwei Stunden wird Vollzug gemeldet; wir müssen jetzt nur noch auf ein freies Startfenster warten. So richtig wohl ist mir bei meiner latenten Flugangst nicht in einem Flugzeug mit fragwürdigem Anlasser. Aber Triebwerke kann man hoffentlich nicht abwürgen.

Der Pilot hat ordentlich Gas gegeben und die Hälfte der Verspätung auf den Flug aufgeholt. Um kurz nach zehn Uhr stehen wir in der Ankunftshalle, wo uns Anette und ihr Mann Michael, die Stammbesatzung des zweiten Begleitfahrzeuges in Empfang nehmen. Anette ist für alles Organisatorische von Gravel-Travel in Deutschland zuständig und möchte jetzt die Tour auch mal selbst erleben.

Wir stellen fest, dass außer uns nur zwei weitere Teilnehmer im Flugzeug waren. Der Rest ist schon vor zwei Tagen angereist um sich zu akklimatisieren (und vielleicht auch, weil sie Angst hatten, der Flieger kommt zu spät).

In nur einer Stunde ist die Windhoek Mountain Lodge erreicht, wo wir von Ralf, dem Tour-Leiter und Besitzer der Lodge begrüßt werden. Dann gibts erstmal einen ordentlichen Brunch, bevor die Roadbooks verteilt werden.

Da die anderen Teilnehmer alle noch große Probleme beim Fahren im tiefen Sand haben, ist für den Nachmittag noch eine Trainingseinheit in einem nahen Revier angesetzt.



Ich nutze die Gelegenheit, mich an das neue Motorrad, eine Yamaha TT600 zu gewöhnen, fahre einige Kilometer das Flußbett hoch und geselle mich dann zu Kathrin im Schatten des Begleitfahrzeuges. Während die anderen kräftig üben, bin ich dankbar für meine vielen Sahara-Touren, die dazu geführt haben, dass Sand mein liebster Untergrund ist. Ich möchte auch gar nicht daran denken, wie es nach der fast schlaflosen Nacht im Flieger wäre, jetzt schweres Gelände zu fahren.

Die anderen werden bis zum letzten Tag mit Tiefsand auf Kriegsfuß stehen und sich über jeden Kilometer Schotter und Fels freuen.

Zurück auf der Lodge erklärt Ralf noch den Umgang mit Roadbook und GPS, dann ist relaxen angesagt. Mit einem Buch versuche ich bis zum Braai die Müdigkeit zu vertreiben. Danach geht's früh ins Bett; Schlaf nachholen.

Windhoek Mountain Lodge:

Die Windhoek Mountain Lodge liegt nur ca. 10km südlich der Hauptstadt in den Auas-Bergen. Sie ist mit nur 9 Zimmer klein und familiär. Das Restaurant und die Zimmer umrahmen U-förmig den Pool. Davor die Aussichts-Terasse.

Das Hauptgebäude und der Wohntrakt sind mit Stroh gedeckt und durch den offenen Dachstuhl angenehm luftig.





Sehr leckeres Essen. Wer nicht direkt in der Stadt wohnen will, trotzdem dort noch etwas zu erledigen hat, ist auf dieser gemütlichen, recht günstigen Lodge gut aufgehoben.
Letzte Änderung: 17 Jul 2013 15:35 von Topobär.
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15 Sep 2009 11:18 #115056
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2.Tag: Windhoek - Uis

Heute ging es darum Strecke zu machen, um unserem eigentlichen Reiseziel näher zu kommen und sich auf den leicht zu befahrenen Gravelpads weiter an das Motorrad zu gewöhnen.

Da die heutige Strecke nicht allzu viel Zeit in Anspruch nimmt, war die Abfahrt erst für 9:00Uhr angesetzt. Alle sitzen pünktlich auf dem Motorrad, da fängt Herms erst an, sein Roadbook einzubauen. Aufgrund der einfachen Strecke und Navigation gibt Ralf das OK, dass wir aufbrechen sollen und Herms dann allein nachkommt.

Ich muss zunächst erst einmal an meinen Multi-Tasking Fähigkeiten arbeiten. Das es gar nicht so leicht ist, das Motorrad zu fahren, die Strecke im Auge zu behalten und gleichzeitig Roadbook, Tripmaster und GPS zu bedienen merke ich, als ich bereits beim Verlassen des Lodgegeländes fast eine Kurve verpasse und nur knapp einem Sturz entgehe. Das muss noch deutlich besser werden, aber die letzten Rallyes sind halt auch schon ein Paar Jahre her.

Nachdem wir Windhoek auf der Umgehungsstraße umfahren haben, gehts auf der C28 ins Khomas Hochland. Vorher will ein eifriger Polizist noch von allen den Führerschein sehen (auch den Internationalen B) ). Im Auto alles kein Problem, auf dem Motorrad etwas umständlich und deshalb nervig.

Dann gehts endlich richtig los. Auf der D1958 gehts quer durchs Khomas Hochland nach Wilhelmstal. Die Straße zieht sich wie eine Achterbahn durch die Berge. Eine Kurve folgt der anderen; ständig geht es steil bergaus oder bergab. Im lockeren Drift geht es immer mit 80-100km/h dahin. Die Gruppe zieht sich in die Länge, denn niemand will den Staub der anderen schlucken. Immer wieder laden schöne Aussichtspunkte zum anhalten ein, so dass wir immer wieder zusammenfinden.



Ab Wilhelmstal ist dann leider Schluß mit den Kurven. Auf gerader Strecke geht es durch die karge Ebene nach Omaruru. Hier haben wir uns mit den Autos zum Mittagessen im "Sand Dragon" verabredet. Ein sehr nettes Restaurant mit leckerem Essen und viel kunsthandwerklicher Deko.

Nach über einer Stunde - wir sind schon längst mit essen fertig - ist von Herms und den Autos noch immer nichts zu sehen. Ich erreiche Ralf per Handy. Sie sind gerade erst in Wilhelmstal, wir sollen schon einmal weiterfahren nach Uis. Dort am Pool wartet es sich bequemer.

Abends erfahre ich dann von Kathrin den Grund für die Verspätung. Zunächst hat sich Herms in Windhoek verfahren, da er das falsche Roadbook eingelegt hatte. Dann ist er im Hochland ohne Sprit liegen geblieben, da er vergessen hatte in Windhoek zu tanken und die ganze Zeit mit Choke gefahren war. Da auf dieser Strecke die Reservekanister noch nicht gefüllt waren, musste das Motorrad bis Omaruru aufgeladen werden. Das kann ja noch heiter werden.

Wir waren in der Zwischenzeit schon auf dem Weg nach Uis. Zunächst geht es noch am Rande des Erongo-Gebirges entlang, dann wird es wieder eintönig. Der Pool ruft und wir geben Gas. Aufgrund des starken Gegenwindes ist aber bei 130km/h Schluß. Die TT600 ist halt eher der Trecker unter den Enduros.

Als die Spitzkoppe im Süden zu sehen ist, halte ich noch einmal an, um die Landschaft zu genießen. Leider ist es sehr diesig, so dass sich Fotos nicht lohnen.

In Uis angekommen beziehen wir gleich die Zimmer. Nach Ende des Fahrtages gibt es nichts Schöneres, als sich endlich die Rüstung vom Leibe zu reißen. Die Klamotten können wir noch nicht wechseln, da die Autos noch fehlen. So dient der Pool nur zum Füße kühlen, denn als die Autos endlich ankommen dämmert es bereits und die Temperaturen beginnen rapide zu sinken.

Da unsere Unterkunft nur B&B anbietet gehen wir zum Abendessen ins nahe gelegene ehemalige White Lady Restaurant (hat jetzt einen anderen Namen, den ich leider vergessen habe). Hier gibts für unsere Gruppe ein abwechslungsreiches Buffet.

White Lady B&B:





Einfache, aber saubere kleine Bungalow-Anlage in Uis. Schöner Pool. Daneben liegt die strohgedeckte Bar. Hier steht auch der Kühlschrank mit reichlich Bier und Softdrinks. Es gibt eine Strichliste und man bedient sich selbst.

Da wir hier eh nur Übernachten genau die richtige Unterkunft für uns. Ansonsten sind die am Brandberg gelegenen Unterkünfte sicherlich von der Lage her empfehlenswerten.
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17 Sep 2009 15:47 #115410
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3.Tag: Rund um den Brandberg

Am heutigen Tag beginnt die Tour erst richtig. Es geht einmal um den Brandberg, jedoch nicht auf den Gravelpads sondern hauptsächlich auf einsamen Tracks direkt am Fuße des Berges entlang. Da es sich um eine Rundtour handelt ist es auch noch einmal eine gute Gelegenheit, das Motorrad in schwerem Gelände besser kennenzulernen.

Wir verlassen Uis auf dem Pad zur White Lady. Die Fahrt mit der Morgensonne im Rücken auf das beieindruckende Massiv des Brandberg zu ist unbeschreiblich schön. Die Luft ist noch sehr klar. Kurz vor dem Parkplatz verlassen wir den Pad nach Norden und treffen bei einer Lodge erstmals auf den Ugab, den wir hier jedoch nur durchqueren.

Weiter geht es durch hügelige Landschaft, wo es hin und wieder aussieht, als hätten Riesen mit Bauklötzen aus Granit gespielt und diese dann an den Hängen verstreut.



Als ersten Treffpunkt der gesamten Gruppe hatten wir eine verlassene Farm um Rande des Ugab abgemacht. Wie wir feststellen können, wird sie jedoch inzwischen wieder von Damara bewirtschaftet.

Die ersten 6 Motorräder kommen fast gleichzeitig an. Es dauert ziemlich lange, bis auch Harald erscheint. Er war heute mit Herms zusammen gefahren, der jedoch auf halber Strecke liegengeblieben war, da er mal wieder den Choke vergessen hatte. Harald hatte gewartet, bis die Autos in Sicht kamen, die jetzt versuchen, das Motorrad wieder flott zu machen.

Es dauert noch einmal ziemlich lange, bis wir alle beisammen sind. Herms ist jedoch schon jetzt so erschöpft, dass er aufladen lässt und im Auto mitfahren will. Bei den Autobesatzungen gibt es darauf hin ein "Schwarzer Peter Spiel" wo er mitfährt.

Jetzt geht's zur Sache. Die nächsten 15km geht es im Flußbett entlang. Vor 3 Wochen floß hier noch Wasser. Der Grund dafür, dass wir hier Treffpunkt hatten, ist dass im Flußbett die Autos wegen möglicher Elefanten vorausfahren. Wir lassen ihnen eine viertel Stunde Vorsprung, bevor auch wir weiter fahren.



Eine fantastische Landschaft erwartet uns. Ein breites, mit fast weissem, tiefen Sand gefülltes und teilweise von Felswänden begrenztes Flussbett tut sich vor uns auf. Da sich das Wasser erst vor kurzen zurückgezogen hat gibt es kaum Spuren. Es ist ein sanftes Dahingleiten und erinnert mich am ehesten ans Tiefschneefahren auf unberührten Hängen.

Später verzweigt sich das Flussbett und der Sand wird feuchter und schwerer. Wir verlassen den Ugab kurz bevor er unfahrbar wird - Glück gehabt. Die Ausfahrt aus dem Flubett ist sehr schlecht zu sehen und nur bei guter Handhabung von GPS und Roadbook auf anhieb zu finden. Deshalb machen wir hier Mittag, so dass niemand verloren geht.

Letztendlich sind alle gut durchgekommen. Es hat zwar ein paar Stürze gegeben, die aber alle glimpflich ausgegangen sind. Lediglich Stefan hat sich die Nase blutig gehauen und sein Trinkventil verloren. Glücklicherweise passt mein Ersatzventil auf sein System.

Nach der Pause wird der Untergrund steinig. Es geht zunächst durch ein Labyrinth kleiner Täler am Fuße des Brandberges entlang. Ein ständiges auf und ab. Wir entfernen uns etwas vom Berg und erreichen die D2342, der wir für ca. 20km folgen. Hier hat man wieder einen schönen Blick auf das ganze Massiv.



Nachdem wir den Pad wieder verlassen haben geht es auf leicht zu fahrenden Track durch weite sanfte Grasflächen am Fuße des Brandberges. Hier entdecken wir auch ein Chamäleon am Wegesrand. Da fahre ich schon seit Jahren mit dem Auto durch Afrika und ausgerechnet jetzt mit dem Motorrad entdecke ich mein erstes wild lebendes Exemplar. Der Kleine mag es gar nicht, wenn man ihm so nah auf die Pelle rückt und ist kräftig am drohen und fauchen. Dabei sieht man, dass sein Maul von innen knallgelb ist, ein toller Kontrast zur sonstigen Färbung. Trotz aller Bemühungen gelingt es mir leider nicht, dass Tier mit aufgerissenem Maul zu fotografieren.



Der zur White Lady führende Pad ist schon in der Ferne zu sehen, als Christian plötzlich anhält. Plattfuß vorne. Wir lassen das Motorrad auf dem Track stehen, Christian steigt bei mir hinten auf und wir fahren zu einer nahe gelegenen Felswand, wo wir im Schatten auf die Autos warten.



Als Ralf dann endlich kommt, ist der Reifen schnell repariert. Ich kenne niemanden, der das so schnell kann wie er.

Danach haben wir dann bald den Pad erreicht. Der Pool und das Bier rufen und so wird das Gas bis zum Anschlag aufgerissen. Trotzdem liegen die anderen schon gemütlich mit einer Flasche Bier im Pool, als wir ankommen. Rasch gesellen wir uns hinzu.

Abends gehts wieder ins benachbarte Restaurant. Wieder Buffet, aber andere Gerichte. Very lecker!
Letzte Änderung: 17 Jul 2013 15:36 von Topobär.
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22 Sep 2009 16:12 #115867
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4.Tag: Uis - Huab Rivier

Heute geht's endlich richtig in die Wildnis und Einsamkeit des südlichen Damaralandes.

Da der Tag lang und anstengend wird, verlassen wir unsere Unterkunft schon gegen 8:00Uhr. Bis zur ehemals verlassenen Farm am Ugab geht es die selbe Strecke wie gestern. Dort sollen sich die einzelnen Motorradgruppen zur Sicherheit kurz treffen; die Autos werden wir erst bei einer alten Mine wieder treffen.

Alle Motorräder starten zeitgleich und wir fahren in Kolonne Richtung White Lady. Da es so früh am morgen noch recht kalt ist lassen wir es ruhig angehen, da der Fahrtwind einen frösteln lässt.

Ca. 1km bevor wir auf den kleinen Track abzweigen müssen, überholt Herms mit Höchstgeschwindigkeit die gesamte Gruppe und fährt natürlich an der Abzweigung vorbei. Wir sind fassungslos, halten an und warten. Zum Glück ist der Pad eine Sackgasse und endet nach wenigen Kilometern.

Der gesamte Ärger über Herms, der mit seinem chaotischen Verhalten bereits die ganze Zeit über eine Gefahr für eine erfolgreiche Tour darstellt bricht bei mir durch und als er zurück kommt explodiere ich. Noch immer aufgewühlt fahre ich mit Stefan und Christian weiter, ohne ihn weiter zu beachten. Ich muss mich zügeln, ruhig zu fahren.

An der alten Farm. Alle außer Harald und Herms sind da. Ich bin beruhigt, dass die Gruppe Verständnis für meinen Ausbruch hat und gut heißt. Bin normalerweise eher ein ruhiger Typ (meine Frau meint manchmal sogar phlegmatisch :S ) und selbst ein wenig über mich erschrocken. Nach einiger Zeit kommt Harald alleine an und beglückwünscht mich. Herms will mit der Gruppe nichts mehr zu tun haben, wartet auf der Strecke auf die Autos und will aussteigen. Alle atmen auf.

Weiter gehts. Zunächst ein Seitental des Ugab hinauf auf einen kleinen Tafelberg mit fantastischem Ausblick auf den Brandberg, dann weiter zur alten Mine. Auf Ralfs Auto müssen wir nicht lange warten. Michael wird erst zur Mittagsrast wieder zu uns stoßen, da er erst noch Herms nach Uis zurück begleitet.

Grund für unseren Treffpunkt an der alten Mine ist die nun folgende sehr schwierige Navigation. Es geht eine riesige sanfte Düne empor. Derzeit erscheint sie aber nur als großes wogendes Grasmeer. Die ca. 10km lange Auffahrt weißt zahlreiche Weggabelungen auf, so dass man sich leicht verfahren kann. Erschwerend kommt hinzu, dass die Spuren durch das Gras kaum zu erkennen sind.



Es kommt, wie es kommen muß. Obwohl Ralf extra noch einmal daran erinnerte, bei jeder Gabelung rechts zu fahren und ich die Strecke auch schon gefahren bin, übersehe ich eine Gabelung komplett, da die rechte Spur vollkommen zugewachsen ist. Ich bin im Fahrrausch und merke den Fehler erst ein paar Kilometer später. So komme ich in diesem schönem Gelände noch zu einer Extrarunde. :blush:

Vor 3 Jahren stellte sich diese Strecke völlig anders dar. Von Gras keine Spur, nur eine riesige mit Büschen bewachsene leicht ansteigende Sandfläche. Orientierung war kein Problem, wer allerdings in der Steigung anhalten musste, hatte wegen des sehr weichen und sehr tiefen Sandes keine Chance berauf wieder anzufahren und musste erneut von unten beginnen.

Nach der Sand-/Grasfläche ging es durch ein Labyrinth kleiner Täler in Richtung Doros-Krater. Ich staunte nicht schlecht, als in dieser fast baumlosen Gegend eine Gruppe Giraffen auftauchte. Die hätte ich hier nie vermutet.



Auf einem kleinen Plateau mit direkten Blick auf den Doros-Krater machten wir Mittag. Es war inzwischen so heiß geworden, dass alle den wenigen Schatten der Autos aufsuchten.

Nachdem wir direkt unterhalb des Kraters diesen östlich passiert hatten, kamen wir auf eine große Schotterebene. Ohne GPS wäre auch hier die Navigation sehr schwierig gewesen, da überall Spuren kreuz und quer verliefen. So aber fanden alle problemlos den nächsten Treffpunkt der Motorräder, einen kleinen versteinerten Wald. Deutlich einsamer als die bekannteren Wälder hier in der Nähe, gab es weder Guides noch Touris. Wir hatten den ganzen Tag über keine Menschenseele gesehen und so sollte es auch bleiben.

Nun galt es nur noch über einen schönen Pass



die letzte Gebirgskette zu überwinden, die uns noch vom Huab trennte. Oben machten wir halt um die vom Wind erschaffenen Sandsteinformationen zu bewundern.



Dann sah man bereits den Huab, allerdings sollten es noch immer über 20km bis zum Flussbett sein. Die Ausmaße dieser Landschaft sind einfach gigantisch.



Für mich war diese Strecke das Highlight des Tages, zumal die inzwischen schon recht tief stehende Sonne alles in ein weiches Licht tauchte. Die Strecke hatte es aber auch fahrtechnisch in sich, da sie kurvig und tiefsandig zugleich war. Verbunden mit der Erschöpfung am Ende des Tages führte das leider bei vielen der Fahrer zu Stürzen, die aber überwiegend glimpflich ausgingen.



Letztendlich kamen aber alle zum Flußbett. Die Einfahrt war nicht leicht zu finden, da die letzte Flut vieles verändert hatte. Das hielt uns aber nur kurz auf und bald darauf erreichten wir unser erstes Outdoor-Camp dieser Tour.

Für die Outdoor-Camps hat Ralf das Safari-Unternehmen D.A.S Desert Adventure Service als Partner gewonnen, welcher für die 4 Outdoor-Camps der Tour verantwortlich ist.



Andi (Deutsch-Südwester der 4.Generation), der Chef von D.A.S kümmert sich immer persönlich um diese Touren. Zusammen mit 3 Mitarbeitern zaubert er jedesmal ein kleines Paradies in die Wildnis. Es fehlt an nichts. Die Zelte bieten dicke Matratzen und warme Schlafsäcke und es steht sogar eine Dusche zur Verfügung. Gekühlte Softdrinks und Bier stehen in mehr als ausreichender Menge zur Verfügung und auch die Liebhaber von Wein und GinTonic müssen nicht darben.

Gegessen wird an einer langen Tafel. Die Küche bietet deftige und extrem leckere Hausmannskost - heute Schweinefilets aus dem Potje.

Die heutige Nacht sollte die kälteste der ganzen Tour werden. Schon gleich nach Sonnenuntergang fiel die Temparatur rapide, so dass ich fast alle meine Klamotten übereinander ziehen mußte. So zog es nach dem Abendessen alle ans Lagerfeuer, wo es dann dank Andis Sitzheizung (eine Schaufel Glut unter jedem Campingstuhl) von allen Seiten kuschelig warm wurde.
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24 Sep 2009 15:41 #116044
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5.Tag: Huab Rivier - Opuwo

Heute morgen war der Himmel bedeckt, aber keine Wolken, sondern Nebel, der vom starken Westwind weit ins Landesinnere getrieben worden ist. Deshalb war auch die Nacht so kalt, wobei ich betonen muss, dass die Isomatten und Schlafsäcke in den Zelten kuschelig warm waren.

Weil heute wieder eine lange Etappe anstand, begann der Tag wieder mit der ersten Dämmerung. Da die Sonne fehlte war es beim Frühstück auch noch recht frisch.

Da sich Gabi gestern auf der tiefsandigen Strecke hinunter zum Huab einige schmerzhaft Prellungen zugezogen hatte, luden wir Ihr Motorrad zunächst auf den Anhänger; sie wollte erst ab dem Gravel-Pad wieder auf zwei Rädern fahren.

Wir verließen das Flußbett gleich in der Nähe des Camps nach norden. Die anschließende Ebene wird von einer einzelnen großen Düne beherrscht.



Der nun folgende Pass ist auch eine wichtige Migrationsroute der Elefanten zwischen dem Huab und der Palmwag-Consession. Den frischen Hinterlassenschaften der Dickhäuter nach zu urteilen, sind gerade in der letzten Nacht wieder welche hier unterwegs gewesen. Leider sind sie am Morgen schon verschwunden.

Vorbei an einem verlassenen Kral



wird die Strecke immer rauher. Über faustgroßen Schotter und durch zahllose Erosionsrinnen geht es dahin und Gabi hat für sich sicherlich die richtige Entscheidung getroffen, in ihrem Zustand diese Strecke im Auto zu fahren.

Nach ca. 40km treffen wir auf die C39, wo wir auf die Autos warten. Während wir warten kommen wir mit einigen Südafrikanern ins Gespräch, die bei uns anhalten. Bei ihnen sehe ich die neueste Entwicklung für's motorisierte Outdoorcamping - einen geländegängigen Wohnanhänger.

Bald darauf ist auch Gabis Motorrad abgeladen und kurze Zeit später erreichen wir die Tankstelle bei Palmwag, wo wir die leeren Tanks wieder füllen.

Auf den nächsten 50km sehen wir eine Vielzahl von Tieren. Vor allem Springböcke, Giraffen und Zebras, aber auch unseren ersten Elefanten in der Ferne.



Von den vergangenen Regenfällen ist dass Land in frisches grün gehüllt. Wir müssen auf der C43 auch viele noch Wasser führende Flüße durchqueren. Derzeit ist diese ansonsten problemlos mit PKW zu befahrende Straße deshalb nur mit 4x4 möglich.

Mittag machen wir an der Quelle von Ongongo. Es ist inzwischen wieder sehr heiß geworden und so sind die meisten für die sich ihnen bietende Abkühlung dankbar.

Die weitere Strecke über den Joubertpass nach Opuwo ist gut zu fahren. Hier haben die vergangenen Regenfälle nur wenig Schaden angerichtet. Bald tauchen die ersten Baobabs auf, in vollem Laub - ein seltener Anblick.

In Opuwo fahren wir noch schnell an der Tanke vorbei, bevor es dann zu unserer Unterkunft geht, wo wir uns äußerlich im Pool und innerlich mit leckerem Tafel-Lager abkühlen.

Schon beim Abendessen ist die laute Musik der umliegenden Kneipen nicht zu überhören. Da gibt es nur zwei Möglichkeiten: Sich über den Lärm ärgern, oder mitfeiern. Zusammen mit einem Teil der Gruppe entscheiden wir uns für letzteres und steuern eine in der Nähe liegende Bar an.

Ohrenbetäubender afrikanischer Pop schallt uns stark übersteuert aus den überforderten Lautsprecherboxen entgegen. In und vor der Bar tummelt sich ein buntes Völkergemisch: Himba in Tracht, Herero, Damara, Ovambo; jung und alt. Nur keine Weißen.

Erst mal ein Bier bestellen. Wir werden neugierig beäugt, Weiße scheinen sich sonst nicht hierher zu verirren. Man kommt ins Gespräch, soweit das bei dem Lärm möglich ist. Die ersten von uns werden zum mittanzen aufgefordert (als überzeugter Nichttänzer kann ich mich gerade noch in Sicherheit bringen).

Draußen am Kicker ist's dann eher nach meinem Geschmack. Nach kurzer Zeit beginnt ein engagiertes Match Namibia - Deutschland, dessen Sieg wir als bescheidene Gäste selbstverständlich der Heimmannschaft überlassen. :blush:



Als die Kids bei dieser Gelegenheit meine Knipse entdecken, gibt es kein halten mehr. In einer Tour wollen sie fotografiert werden und sich danach auf dem Display ansehen. Sie geben erst Ruhe, als der Akku alle ist.



Als wir leicht hörgeschädigt zur Lodge zurück, liegt ein fantastischer Abend hinter uns. Besonders interessant fand ich, dass man hier mal nicht als wandelnde Brieftasche angesehen wurde. Kann man tagsüber auf den Straßen von Opuwo keinen Schritt gehen, ohne dass einem etwas verkauft werden soll oder man angebettelt wird, fand soetwas überhaupt nicht statt. Es war, als befände man sich auf neutralem Boden, wo einzig der Mensch für sich zählt.

Ohakane Lodge:

Mitten im Zentrum von Opuwo gelegen, könnte man von Außen auch denken, ein Gefängnis vor sich zu haben. Hohe Mauern mit Stacheldraht ringsum. Betritt man dann die Lodge und kommt in den Innenhof, entdeckt man hier eine kleine Idylle. Palmen, grüner Rasen ein Pool und die reetgedeckte Bar sind von draußen nicht zu erahnen.



Die Zimmer befinden sich in den den Hof begrenzenden Gebäudeflügeln. Alle sind mit Klimaanlage ausgestattet, einfach eingerichtet, aber sauber.

Abendessen gibt es als Buffett in der Bar, ebenso das Frühstück.

In dieser recht günstigen Unterkunft kann man mal anstatt Landschaft und Tieren, typisch afrikanisches Stadtleben mitbekommen. Die Gelegenheit bietet sich in Namibia nicht allzuoft. Allerdings sollte man eine gewisse Lärmresistenz aufweisen.
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