Namibiareise für Fotografen (Teil 12)
Hobatere - Etoscha
Der Wecker ist unerbittlich und reißt mich aus dem Schlaf. Es ist noch dunkel und um diese Uhrzeit geht auch noch kein Licht. Im Schein der Taschenlampe packe ich meine sieben Sachen. Nix vergessen? Die Abfahrtszeit rückt heran. Draußen ist es immer noch stockdunkel. Gestern wurden wir ausdrücklich davor gewarnt, die Hütte zu verlassen, wenn die Lichter aus sind. Die Lichter sind aus! Also Fototasche und Rucksack geschultert, Taschenlampe geschnappt und mutigen Schrittes durch die Dunkelheit zum Hauptgebäude. Kein Löwe kreuzt den Weg und so komme ich wohlbehalten zum Minifrühstück. Wir bekommen Frühstückspackete mit und satteln unseren Boliden. Beim ersten Schein der Dämmerung verlassen wir Hobatere. Gerne hätte ich die schöne Lodge mal bei Tageslicht gesehen. Bis zu Straße sind es noch einige Kilometer. Wir fahren und fahren und fahren. Passieren Hobatere International Airport und fahren und fahren und wo war noch mal die Strasse? Ich glaube, wir sind hier falsch. Also gewendet und noch mal einen anderen Weg ausprobiert und irgendwann waren wir auf der Straße. Die Welt hat uns wieder. Es wird langsam hell und es wird Zeit, dass wir zum Gate vom Etoscha Nationalpark kommen. Wir sind das erste Auto. Pole-Position! Das Tor ist aber noch verriegelt und verrammelt.
Leider war es in der Kürze der Zeit nicht möglich ein zweites Permit für Mathias mit dem 2. Wagen zu bekommen. Wir kauern zusammengepfercht in unseren Boliden. Nach einer gefühlten Ewigkeit geht die Sonne auf und das Tor wird geöffnet. Wir bleiben das einzige Auto und werden auch in den nächsten Stunden keinem weiteren Auto begegnen. Wir fahren in den sagenumwobenen westlichen Teil des Etoscha Nationalparks, dass noch kein selbstfahrender Tourist vorher gesehen hat. Vor uns liegen rund 200 km Piste, bis zum Okaukuejo Rastlager. Die Landschaft ist leicht hügelig und mit dichten Buschwerk und Bäumen bewachsen. Es ist sehr schwer Tiere zu erspähen. Trotz der Enge im Wagen gelingen ein paar Fotos von Hartmanns Bergzebras, Steppenzebras, Großer Kudu, Steinbock, Wiedehopf und eine seltener Vogel, der Toko mit den Büchsenöffnerschnabel.
Die Landschaft wird flacher. Wir fahren jetzt von Wasserloch zu Wasserloch. An einem Wasserloch stolziert ein Löwe. Er ist hier der König. Er macht es sich bequem, schaut uns an und stolziert wieder weiter. Er kommt an einen markanten Busch vorbei, fletscht die Zähne, verzieht die Nase und schnüffelt. Ist das vielleicht das Katzenklo? Dann reibt er sich am geäst und stellt sich rücklings vor den Busch auf. Ein goldgelber Strahl spritzt heraus. Der König der Tiere pinkelt also im Stehen! Wenn die Touristen da sind, macht er auf dicken Maxen. Aber im Beisein der Königin, wird er bestimmt auch brav zum Sitzpinkler.
Inzwischen knurrt der Magen. Die Frühstückspackete locken. Schnell wickele ich meine Käsestulle aus. Dabei fallen mir ein paar längliche schwarze Punkte auf. Kümmelkörner? Kann nicht sein, die schwarzen Punkte bewegen sich!
Das ist für Kümmel ungewöhnlich. Ich wage einen untersuchenden Blick.
Hmmmm, es sind namibische Gewürzameisen! Ich denke, bloß nix sagen, sonst will jeder welche haben.
Aber da kommt schon ein Aufschrei aus der ersten Reihe. Also die anderen haben auch welche. Mit knurrenden Magen kann ich die Situation nüchtern betrachten: Cook it, Peel it, or Forget it. Also gekocht sind die Ameisen ganz bestimmt nicht. Die Krabbeln noch! Also ist es Rohkost. Seufz! Wie schält man Ameisen? Verlieren sie an Geschmack, wenn man die Beinchen abhackt? Seufz! Es bleibt also nix anderes übrig, als sich schweren Herzens zu verabschieden.
Wenig später sehen wir einen Elefant etwas abseits vom Weg im Gegenlicht. Der steht bis zum Bauch im Dickicht. Im Gedränge im Wagen habe ich keine Möglichkeit aufzustehen.
Aus dem Fenster heraus sehe ich nur Gestrüpp und einen Elefantenrücken. Da ich schon genug Elefanten im Dickicht bei Gegenlicht fotografiert habe, habe ich keine große Lust mich durchzuboxen. So macht das Fotografieren keinen Spaß. Plötzlich hebt der Elefant seinen Rüssel senkrecht hoch und stößt eine Staubwolke aus. Das Bild erinnert mich an eine Dampflok. Um mich herum klicken die Kameras und ich gehe leer aus. Frust! Dann trabt der Elefant auf die Straße und mir gelingt noch ein Nachschuß.
Am nächsten Wasserloch löscht gerade ein einsamer Elefant seinen Durst. Hier stehen wir etwas günstiger. Ich nutze die Gelegenheit, um ein paar Bilder aus der Froschperspektive zu machen. Dafür brauche ich nur meine Kamera ans Einbeinstativ zu schrauben und halte das Teil mit der Kamera nach unten aus dem Fenster. Jetzt schwebt die Knipse knapp über den Boden. Natürlich kann man so nicht mehr durch den Sucher schauen. Die Bilder stehen dann auch auf den Kopf, aber man kann zu Hause den Monitor umdrehen.
Der Elefant ist ein kleiner Dreckfink und verspritzt den Schlamm aus dem Wasserloch. Das sieht einfach toll aus. Alle Kameras sind wie wild am klicken. Meine auch! Ich habe eine ganze Serie von Bildern. Aber leider gibt es viele Bilder mit halben Elefanten, nur Elefantenfüße oder nur Elefantenrücken, ohne Elefant und wenn der Elefant drauf ist, hat der Autohokuspokus auf das Grünzeug davor scharf gestellt. Immerhin gibt es eine brauchbare Aufnahme, nur leider ohne Schlammfontäne.
Wenig später erreichen wir die Grenze zum Ostteil des Etoscha Nationalparks. Der Autoverkehr nimmt zu. Herden von Srpingböcken und Steppenzebras kreuzen unseren Weg. Inzwischen meldet sich die Blase
und es wird Zeit einen Toilettenstop einzulegen.
Dafür gibt es im Etoscha kleine abgesperrte Gebiete.
Hier gibt es Klohäuschen. Wir fahren zur Ghost Tree Forest. Das klingt spannend. Wir erreichen ein eingezäuntes Gebiet. Der Bolide stoppt und unser Guide öffnet das Tor. Wir fahren durch und es bleibt offen stehen. Was ist, wenn jetzt der Löwe das offene Tor findet. Besser nicht daran denken.
Die sanitären Anlagen im Ghost Tree Forest sind bereits von allen guten Geistern verlassen. Als Mann hat man bekanntlich weniger Probleme. Man(n) stellt sich einfach an den nächsten Busch - Windrichtung beachten - und Wasser marsch! Während ich so langsam den von Vormittag aufgestauten Blasendruck reduziere, kommt aus dem Gebüsch ein böser Vampir. Der ist anscheinend wild auf Frischfleisch.
Er umkreist mich neugierig und beäugt mein empfindlichstes Körperteil. Es gelingt mir gerade noch so den Vampir abzuwehren und mein gutes Stück wieder zu verstauen. Hier ist der Vampir:
Eine Giraffe versucht einen Minibusch abzufressen und muss sich dafür tief bücken.
Dann gibt es noch eine Fuchsmanguste (oder Schlankinchneumon?) zu sehen und wir sind in Okaukuejo.
Es ist schon Nachmittag. Wir beziehen unsere Bungalows am Wasserloch. Dort ist wenig los. Vermutlich knurrt mein Magen so laut, dass er die Tiere vertreibt. Somit geht es an den Imbisstand und da wird erst einmal mit einem eiskalten Tafel-Bierchen der Staub runtergespült. Anschließend wird ein Hamburger vernascht, bei dessen Größe, Geschmack und Nährwert kein amerikanisches Kettenrestaurant mithalten kann.
Den Abend verbringe ich am Wasserloch. Die Sonne geht langsam unter und auf dem ersten Blick ist nix los. Aber dann sehe ich einen Spornkiebitz, ein mächtiger Adler landet auf einen Baum und Täubchen stillen Ihren Durst. Ein paar Schakale schleichen umher. Ein Schakal steht wie angewurzelt am Wasserloch. Ein ahnungsloses Täubchen landet und trinkt. Der Schakal macht einen Satz und schon hat er die Friedenstaube im Maul.
Mein erster „Kill“. Wird jetzt hier am Wasserloch ein Krieg ausbrechen? Die anderen Schakale wittern ihre Chance, lecken sich schon die Zunge und jagen den ersten Schakal mit der Taube im Maul hinterher. Nach einer längeren Hatz kann der Schakal endlich seine Täubchen fressen.
Wie aus dem Nichts taucht ein mächtiger Elefant auf. Er steht am Wasserloch und macht immer wieder die gleichen Bewegungen. Rüssel ins Wasser, Wasser ansaugen, sich nach hinten neigen, Rüsselende ins Maul stecken und Wasser wieder rausdrücken. Hinter dem Elefant geht die Sonne unter! Das ist Bilderbuchafrika. Auf dem Rücken trägt er einen Kasten. Der sieht aus wie ein Ziegelstein. Beim genaueren Hinsehen hat er ein Halsband und unten einen weiteren Kasten hängen. Das ist bestimmt die Funkfernsteuerung. Ich schaue mich vorsichtig um, kann aber keinen Ranger mit einer Fernbedienung sehen.
Am Horizont kommt eine Staubwolke auf uns zu? Man fühlt schon die Erde beben und es dröhnt wie tausend Trompeten. Kommt jetzt ein Sandsturm? Oder das jüngste Gericht? Will jemand die Friedenstaube rächen? Nein, es ist eine Herde Elefanten. Jeder will der Erste sein. Alle wollen zur Pumpe, weil es dort das frischeste Wasser gibt. Töröööööööööö! Ein paar Jungtiere sind die Schnellsten und umrunden auf beiden Seiten das Wasserloch und stürzen sich auf das frische Nass. So ca. 10 Elefanten in allen Größen verteilen sich um das Wasserloch. Dabei wird es dunkel. Die Scheinwerfer erstrahlen und tauchen das Wasserloch in ein gelbes Licht.
Ich kämpfe mit dem Weißabgleich. Mal sind die Elefanten rot, dann gelb, dann blau.
Bei 2500 Kelvin sehen sie noch am besten aus.
Nachdem die Elefanten abgezogen sind, ziehen auch wir ab. Im Restaurant ist auch bei uns Durstlöschen angesagt. Ähnlich wie die Elefanten traben wir zum Restaurant, denn jeder möchte das frischeste Bierchen haben. Das Buffet ist reichhaltig und wohlschmeckend. Nach hinreichend Genuss von Bierchen und Rotwein torkeln wir zurück zum Wasserloch.
Dort ist gerade Äktschn angesagt. 4 Nashörner sind am Wasserloch. Mutter mit Kind trinken friedlich. Zwei Bullen scheinen sich nicht so ganz zu mögen. Sie stehen Nase an Nase gegenüber. Eine Eule sitzt daneben und kommentiert die Szene. Dann gibt es einen Scheinangriff und das andere Nashorn nimmt Reißaus. Wobei es dann seinen Frust an die Eule rauslässt. Die dabei laut schimpfend aufgescheucht wird und sich schmollend auf einen Baum verzieht.
Am Wasserloch wimmelt es von UFOs
Als ich dann endlich in meinem Zimmer bin, stelle ich fest, dass es noch einen Untermieter gibt. Ich habe doch ein Einzelzimmer geordert, bezahlt und nun so etwas. Gegen ein knackiges Himbamädel hätte ich auch nichts einzuwenden. Aber dieser Untermieter hat 8 Beine und schaut mich mit 4 großen Augen an. Rasiert ist er auch nicht! So kommst Du mir nicht ins Bett! Ich mache noch schnell ein Bild von ihm und ziehe das Moskitonetz zu.
Fortsetzung folgt!