Namibiareise für Fotografen (Teil 5)
Namib-Naukluft
In der Nacht kommt Sturm auf. Der Wind rüttelt an der Hütte. Die Fenster klappern, die Deckenkonstruktion ächzt und der Wind heult um die Hausecke wie eine Herde trompetender Elefanten. Immer wieder schrecke ich aus den Träumen. Dann ein trommelndes Geräusch an der Tür! Wollen die Elefanten jetzt ausgerechnet in meiner Hütte Schutz suchen? Nein! Es ist der Weckruf. Der Wecker zeigt 5 Uhr! Ich habe Urlaub. Draußen ist es dunkel und ich könnte es noch locker 5 Stunden im Bett aushalten. Aber heute steht die Ballonfahrt an, also schlaftrunken ins Bad gerobbt, in die Hose und Stiefel gesprungen, Fototasche geschultert und los geht’s.
Leider muss die Ballonfahrt bei dem Sturm entfallen. Wenn es den Ballon nicht schon beim Start zerreißen würde, würden wir wohl erst in Südamerika wieder runtergekommen. Als Alternativprogramm satteln wir unseren Boliden und düsen durch die Nacht nach Sesriem. Da steht schon eine lange Schlange von Geländewagen vor dem Tor. Es ist die Startaufstellung für die erste Sonderprüfung – Permit holen. Wir sind in der siebten Startreihe. Kann das gut gehen? Das Öffnen des Tores ist der Startschuss: Die Motoren heulen auf, Räder drehen durch, Dreckbrocken fliegen durch die Luft und nach wenigen Sekunden ist vor dem Tor nur noch eine Staubwolke. Nach gut 100m wilder Fahrt springen die Fahrer aus Ihren Rennmaschinen und sprinten zum Bürogebäude, als ob der Teufel hinter ihn her ist. Das ist viel spannender als Formel 1. Durch einen taktischen Vorteil - wir haben schon ein Permit – schieben wir uns elegant auf Platz zwei vor. Vor uns ist nur noch ein Reisebus. Aber der kann uns nicht schrecken. Stefano, unser Reiseleiter, hat reichlich Erfahrung von der Rallye Paris-Dakar. Er weiß, wie man mit solchen Situationen umgeht. Jetzt darf der Reisebus auf die Piste, während bei uns mit afrikanischer Geschwindigkeit und Genauigkeit erst noch die Papiere geprüft werden. Die Uhr tickt schnell und der Ranger hat anscheinend alle Zeit der Welt. Der Reisebus hat schon einen großen Vorsprung, als der Ranger uns endlich auf die Piste lässt. Ich werde in den Sitz gepresst und die wilde Hatz beginnt. Der Landrover gibt alles. Dank kräftigem Rückenwind und großer Tachoskalenbreite wird der Reisebus eingeholt und in einer fahrerischen Glanzleistung rechts überholt. Zügig bauen wir unsere Führung aus. Bei der Düne 45 haben wir genügend Vorsprung und können einen kurzen Boxenstop für ein paar Fotos nutzen. Aber was muss ich da sehen? Auf Düne 45 klettern bereits Leute rum? Wie kommen die da hin? Sind die noch von gestern? Kennen die eine Abkürzung?
Die letzten Kilometer der Sonderprüfung gehen durch Tiefsand. Unser Landrover lässt sich auch davon nicht beeindrucken. Unser Fahrtwind ist so stark, dass der Sand nur so über die Dünenkämme rieselte
Dann geht es wieder zu Fuß ins Dead Vlei durch unberührte Wüste.
Als wir endlich dort ankommen müssen wir leider feststellen, dass die Sonne bereits so hoch steht, dass fast der komplette Talboden ausgeleuchtet wird. Noch schnell ein paar Aufnahmen gegen den beschatteten Dünenhang und dann ist alles in der prallen Sonne.
Der Boden ist ausgetrocknet.
Aber wenn die Namibianer das Wasser aus dem Namib-Naukluft-Park abpumpen und in kleine Plastikflaschen füllen, dürfen sie sich auch nicht wundern, dass der Park austrocknet und die Bäume absterben. Aber so kann der Geschäftsmann mit den Touristen doppelt Geld machen. Erst verkauft er denen das Wasser und dann nimmt er Eintritt für die neu erstandene Wüste.
Ob es bald in Gerolstein oder Apolinaresien genauso aussieht?
Im Dead Vlei kommt es noch zu einer Begegnung der besonderen Art. Während alle Leute Bäume fotografieren bin ich in den Canyon abgetaucht. Dort ist ein wildes Vieh mit kräftigen graubraunem Körper und grimmiger schwarz - weißer Gesichtsmaske. Es ist mit zwei meterlangen Lanzen bewaffnet. Also wenn das Vieh mir diese in den Allerwertesten rammt, dann gucken die Spitzen wieder zu den Ohren raus. Aber Bangemachen gilt nicht. Furchtlos habe ich mich vorsichtig herangepirscht. Immer wieder schaut das Vieh nervös zu mir rüber. Würde es gleich losstürmen und mich zerfetzen? Da die Gorillahantel im Auto liegt, musste ich mit dem kleinen Tele noch näher ran. Bei einem Abstand von ca. 30m ist mir dann diese Aufnahme gelungen:
Der Rückweg ist dann wieder beschwerlich. Der Sturm peitscht über die Dünen. Der Sand piekt wie Messerstiche im Gesicht. Die Sicht ist schlecht und wir orientieren uns an den verwehten Spuren im Sand. Der Sand knirscht in den Objektiven und zwischen den Zähnen. Würden wir unser Auto jemals wiederfinden?
Wie durch ein Wunder kommt Hein, unserer Fahrer, uns entgegen. Und so finden wir den Weg zurück. Auch auf der Piste ist die Sicht nicht viel besser. Glücklicherweise ist der Landrover schon so oft im Sossuslvlei gewesen, dass die Pferde den Rückweg schon alleine kennen.
Nach einer Mittagspause am Gate fahren wir zurück zur Desert Homestead and Horsetrail. Hier haben wir etwas Zeit den Sand aus Ohren, Nasen, Haaren und Fotoausrüstungen auszuschütteln.
Die Lodge besteht aus zwei Reihen kleiner Hütten
und dem zentralen Restaurantgebäude.
Jede Hütte hat eine kleine Veranda mit ungehindertem Blick bis zum Horizont.
Auch innen sind die Hütten nett eingerichtet. Jedoch hat das Moskitonetz nur eine dekorative Wirkung.
Rund um die Klärgrube – was tut man nicht alles für ein paar Bilder – tummeln sich Vögelchen.
Der Nachmittag wird zu einer Fahrt über das Gelände der Lodge genutzt. Mit einen Glas Gin - Tonic wird die Sonne in den Feierabend geschickt.
Nachdem der Sturm die Sonne über den Horizont geblasen hat, leuchtet der Himmel noch lange in gelb – orange – rot - Tönen. Für dieses gelungene Schauspiel haben sich die Angestellten der Lodge wirklich Mühe gegeben.
Im Dunkeln geht es zurück zur Lodge.
Nach einem leckeren Abendessen mit reichlich südafrikanischen Rotwein gibt es noch zu eine spontanen Gesangs- und Tanzeinlage. Die Mädels trommeln, singen und lassen die Röckchen fliegen. Das ist keine reine Touristenshow. Die Mädels haben dabei wirklich Spaß und wir konnten sie auch noch in der Küche singen hören.
Der Abend kann bei einer ersten Bildbesprechung und mit noch mehr Rotwein locker ausklingen. Im Scheinwerferlicht meiner Taschenlampe geht es zur Hütte. Es stürmt immer noch. Die tausend Elefanten die auch dieser Nacht an der Hüttenecke trompeten und am Fenster rütteln sind mir Dank Rotwein sch***egal.
Fortsetzung folgt!