THEMA: Alptraum Südafrika oder alles auf Reset
03 Feb 2011 18:46 #173772
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  • Kori am 03 Feb 2011 18:46
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mutsel schrieb:
Hallo Kori,
jetzt hast du uns so neugierig gemacht auf eine "etwas andere Reise". Nun lass uns nicht so lange warten und mach mal hinne..
Gruß
Mutsel

Ich verstehe: Wer den Schaden hat, muss für den Spot nicht sorgen.

Aber freut euch nur an unserem Elend, dann war es wenigstens noch für was gut.

Ich versuche jeden Tag ein Stück zu schreiben, muss aber auch noch ein bisschen arbeiten. Schließlich wollen wir wieder nach Südafrika und dafür muss gespart werden.

Herzliche Grüße, Kori

Hier ist Teil 2:

Die etwas füllige Dame hinter dem Schreibtisch hat mit einem ganzen Stapel Formulare zu kämpfen. Die Mittagshitze macht ihr sichtbar zu schaffen. Vielleicht ist das die Erklärung für den „kühlen“ Empfang im Büro bei Bushlore. Wir sitzen ihr gegenüber und kommen uns ein bisschen vor wie auf dem Amt: bloß kein Wort zu viel sagen und mit den nach unten gezogenen Mundwinkeln schlechte Laune zum Ausdruck bringen. Aber wir wollen keinen Bauantrag stellen, sondern endlich „unseren“ Landrover und dann ganz schnell aufbrechen. Und mitnehmen auf unser afrikanisches Abenteuer müssen wir sie ja schließlich auch nicht. Endlich ist alles erledigt und sie führt uns zu dem Wagen. Um den Kilometerstand und den Füllstand des Tanks abzulesen, schwingt sie sich hinter das Lenkrad. Das wirkt unfreiwillig komisch, und wir haben einen Moment lang die Befürchtung, dass sie sich zwischen Sitz und Lenkrad verkeilt und nicht wieder herauszubekommen ist. Unser Wunsch nach zusätzlichen Kunststoffboxen für allerlei Kleinkram wird prompt erfüllt. Problematisch ist das zweite Reserverad. Das müsste ins Innere des Autos und da ist jetzt schon kein Platz mehr. Wir sind zu dritt, haben reichlich Gepäck und müssen Vorräte für fast unsere gesamte Reise unterbringen, weil wir ausschließlich an Feiertagen außerhalb der Nationalparks sein werden. Also verzichten wir. In den steinigen Richtersveld mit nur einem Reserverad - welch ein Leichtsinn. Unsere Probleme mit dem Auto sollten während der knapp dreiwöchigen Reise aber ganz andere werden. Aber dazu später mehr. Der Tank ist leer, wir müssen voll tanken. Dann zum Supermarkt. Wir schieben drei völlig überladene Einkaufswagen zum Auto. Jeder Zwischenraum wird genutzt. Sechs Flaschen besten südafrikanischen Chardonnays verabschieden sich durch den instabilen Boden des Kartons und schlagen auf dem Parkplatz auf. Drei zerbrechen, drei bleiben heil - gar keine so schlechte Quote angesichts der schlechten Voraussetzungen für Glas beim Aufprall auf Asphalt aus knapp einem Meter Höhe. Wir sammeln die Scherben ein und machen uns auf den Weg. Augrabis-Falls haben wir wegen der verspäteten Ankunft abgehakt. Wir müssen uns jetzt beeilen, um unsere reservierte Unterkunft im Richtersveld zu erreichen. Bis Potschefstroom wollen wir heute noch kommen. Das gelingt auch. Mit dem letzten Licht erreichen wir die Kumkani-Country-Lodge, bekommen auch ein Zimmer. Abendessen gibt es nicht. Wir sind die einzigen Gäste. Brot, Käse und eine Flasche Wein sind unser Abendessen. Bevor es das gibt, muss das Auto ordentlich gepackt werden. Ich muss euch jetzt nicht im Detail beschreiben, was es für ein Aufwand ist, Proviant und Reisegepäck für drei Wochen in einem Landrover so unterzubringen, dass zwei Erwachsene und ein fast erwachsenes Kind noch bequem sitzen können. Als wir fertig sind und uns auf den Chardonnay freuen, kommt der Lodge-Betreiber auf einen Guten-Abend-Gruß und einige Ratschläge vorbei. Das Anwesen sei zwar ganz gut gesichert, ungebetener Besuch des Nachts aber nicht auszuschließen, sagt er. „Besser ihr lasst nichts im Auto“, empfiehlt er. Er meint bestimmt Wertgegenstände, denke ich und frage: „Für unsere Kleidung und die Lebensmittel bricht doch bestimmt niemand das Auto auf?!“ Er hebt die Schultern, sagt: „Weiß man nie“ und geht mit dem Ratschlag, den Wagen möglichst dicht ans Fenster unseres Zimmers zu fahren. Wir stehen da und schauen ungläubig uns und unseren perfekt bepackten Landrover an. Sollen die Diebe doch kommen wir packen nicht wieder aus! Jedenfalls nicht alles. Wertgegenstände und elektronisches Gerät hätten wir ohnehin nicht im Auto gelassen. Jetzt montieren wir noch die beiden Gasflaschen ab und auch den High-Lift, für die es keine Schlösser gibt. Den Blick fest auf unseren voll gepackten Wagen gerichtet sitzen wir auf der Terrasse, trinken Wein und schlafen vor Müdigkeit im Sitzen ein. Wir haben wundervoll geschlafen, die Sonne scheint, das Frühstück ist lecker und für unterwegs bekommen wir unsere Thermoskanne mit Kaffee gefüllt. Wir brechen auf in Richtung Richtersfeld. Bis Spingbok wollen wir wenigstens kommen. Nach ereignisarmen gut 1000 Kilometern erreichen wir unsere Tagesetappe und finden auch gleich ein B&B. Zum Abendessen wollen wir uns eine Pizza holen und dann ganz schnell ins Bett. Der B&b-Betreiber empfiehlt ein Lokal ganz in der Nähe. Da gibt es so leckere Sachen wie Eisbein und Wiener Schnitzel. Wir bleiben bei Pizza und bestellen dreimal die Griechische zum Mitnehmen. Als der Kellner mit einer Bestellung für das Restaurant vorbei kommt, ahnen wir, dass trotz großen Hungers die Maxi-Pizza für unsere mitteleuropäischen Durchschnittsmägen zu groß sein könnte. Aber bestellt ist bestellt. Wir werden zu dritt tatsächlich von einer unserer drei Pizzen bequem satt. Gut gestärkt und hoffentlich auch ausgeschlafen soll es am nächsten Morgen in den Richtersveld gehen. Wir freuen uns riesig, weil wir diesen Teil Südafrikas noch nicht kennen.
(Fortsetzung folgt)
Letzte Änderung: 03 Feb 2011 19:15 von Kori.
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03 Feb 2011 21:30 #173800
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  • Kerstin am 03 Feb 2011 21:30
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Hallo Kori,

kein Spott, wir hatten einen ähnlich chaotischen Reisebeginn im Dezember. Wir sind zwar nur mit einer Stunde Verspätung aus Frankfurt weggekommen, aber da die Crew der Meinung war, der Anschlussflug in Jo´burg ist nicht zu kriegen, hatten sie uns 30 Stunden später auf den Inlandsflug umgebucht. Unseren regulären Flug hätten wir aber noch bekommen, aber man sagte uns das ginge nicht mehr, da wir ja bereits umgebucht wären. Der nächste Flug um 13.00 Uhr hatte noch Plätze, da einige Flüge aus Europa nicht rechtzeitig da waren. 10 Minuten vor Abflug bekamen wir unsere Bordkarten. Wir rannten los, an der Sicherheitskontrolle spielten alle mit und wir konnten fast ohne Kontrolle durch, aber am Gate war dann die Aussage, der Bus ist weg, Ihr kommt nicht mehr mit. Also zurück zum Checkin, leider war für den Tag nichts mehr zu kriegen. Wenigstens bekamen wir eine Hotelübernachtung.
Der restliche Urlaub war phantastisch.

Gruß
Kerstin
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05 Feb 2011 15:11 #174106
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Hallo liebe Forumleser, hier ist der dritte Teil unserers Reiseberichts, der vom Aufenthalt im Richtersveld erzählt.

Viel Spaß beim Lesen, Kori

Die Nacht war erholsam, das Frühstück im B & B Boesmanland Gastehuis ist lecker und reichhaltig. Wir kaufen in Springbok noch ein paar Lebensmittel ein und tanken voll bis zum Rand. Leider haben wir die beiden zugesagten Reservekanister nicht bekommen und müssen jetzt mit der Reichweite auskommen, die der eingebaute Tank hergibt.
Wir beginnen uns ein bisschen über Kwenda/Bushlore zu ärgern: Weil das zweite Reserverad nicht außen am Fahrzeug angebracht war, hätten wir es innerhalb des Wagens verstauen müssen. Darauf haben wir aus Platzgründen verzichtet. Die beiden zusätzlichen Dieselkanister haben wir nicht bekommen, weil nicht verfügbar. Radio und CD-Spieler funktionieren nicht, die extra mitgebrachten CDs mit „Reisemusik“ können wieder zurück in den Koffer. Die Dichtung in der Beifahrertür fällt immer wieder heraus, der Außenspiegel ist ausgeleiert und bleibt nicht in der eingestellten Position, die Klimaanlage nässt auf der Beifahrerseite in den Fußraum, das ist eigentlich der Platz für die Kameratasche. Und das bei einem Auto, das erst ein halbes Jahr alt ist und gerade gut 40.000 Kilometer auf dem Tacho hat. Na gut, sind nur Kleinigkeiten.
Wir freuen uns an der tollen Landschaft zwischen Steinkopf und Eksteenfontein, die Aussicht vom Anenouspass ist atemberaubend. Hier hätten wir eigentlich überachten wollen - so wenigstens unser ursprünglicher Zeitplan.
Am frühen Nachmittag erreichen wir Sendelingstrift nach abenteuerlicher Fahrt durch schweres Gelände. Schön war es trotzdem oder gerade deswegen. Wir haben Glück, es gibt Diesel, unsere ärgsten Probleme diesbezüglich sind gelöst. Wir checken ein und weiter geht es in Richtung Tatasberg-Wilderness-Camp. Die freundliche Rangerin in Sendelingstrift hat nicht übertrieben, als sie von einer „schwierigen Strecke“ sprach und uns warnte, in einigen Passagen sehr vorsichtig zu fahren. Untersetzung und der zweite Gang sind das Maß der Dinge. Meter für Meter „quälen“ wir uns durch das bergige Gelände. Wir genießen es. Schließlich sind wir gerade deswegen hier. Oft sind links und rechts nicht mehr als wenige Zentimeter Platz zwischen Auto und Felsen. Uns quält der Gedanke, dass wir nur ein Reserverad dabei haben. Hier ohne einen Plattfuß wieder herauszukommen, würde an ein Wunder grenzen.
Das Camp ist wunderbar gelegen, mit direktem Blick auf den Oranje. Es gibt nur vier Einheiten für jeweils zwei Gäste. Wir dürfen auch zu dritt dort wohnen. Die Gebäude sind eine Kombination aus Zelt und fester Bauweise - wie wir es von anderen Wilderness-Camps schon kennen. Küche und Schlafbereich sind getrennt, dazwischen eine Terrasse. Außer uns ist nur noch ein südafrikanisches Paar hier. Wir stellen uns vor und halten einen kleinen Plausch. Die beiden wollen am nächsten Tag weiter. Wir bleiben drei Nächte und erfahren vom Camp-Assistenten, dass wir dann die einzigen Gäste sein werden.
Jetzt ist relaxen angesagt. Wir wollen ein paar Tage nur ausspannen und hier Heiligabend feiern. Am ersten Weihnachtsfeiertag soll es weiter gehen. Der KTP wird dann unser Ziel sein.
Spaziergänge am Oranje, ein paar kurze Ausfahrten in die nähere Umgebung und viel Zeit zum Lesen und Träumen bestimmen unseren Aufenthalt im Tatasberg-Wilderness-Camp. Es ist herrlich. Wir lieben diese Einöde, diese schroffe Schönheit der Steinwüste, den Kontrast, den das schmale grüne Band entlang des Flusses bietet. Fotomotive ohne Ende, auch wenn die Tierwelt hier eher weniger vertreten ist. Die Schafe und Ziegen des Hirten ganz in der Nähe, der unseren Gastgeber täglich besucht, sind schon das Highlight. Und natürlich seine Hunde, die uns an unser zuhause gebliebenes vierbeiniges Familienmitglied denken und ein wenig Wehmut aufkommen lassen. Das Wissen darum, dass es unserer Schäferhündin bei den Menschen, die sie betreuen, gut geht, beruhigt uns und verdrängt die trübsinnigen Gedanken. Das ist der Preis, den wir immer wieder bezahlen, wenn wir auf große Reise gehen.
Die Tage sind unendlich heiß. Wir haben kein Thermometer dabei, aber es dürften in der Spitze über 45 Grad Celsius sein. In Deutschland regieren Eis und Schnee. Am Abend schmeckt der Chardonnay - schließlich haben die meisten Flaschen das Desaster auf dem Parkplatz in Johannesburg überlebt, und in Springbok konnten wir nachkaufen. Wir machen eine ganz private Weinprobe und haben schnell zwei Favoriten gefunden. Unglaublich, dass wir in Südafrika immer wieder für weit unter zehn Euro Weine finden, die in Europa nicht zu bezahlen wären.
Der Heiligabend ist kurz. Wir gehen früh schlafen. Am nächsten Morgen wollen wir mit dem ersten Licht aufbrechen. Wir haben einen langen Fahrtag vor uns. Twee Rivieren soll das Ziel sein. Das ist weit, sehr weit.
(Fortsetzung folgt)
Letzte Änderung: 06 Feb 2011 00:30 von Kori.
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05 Feb 2011 16:26 #174123
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  • Lio am 05 Feb 2011 16:26
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Vielen Dank für den schönen Bericht.

Trotz des Ärgers über den Wagen ist es doch eine schöne Reise. Wäre schön wenn es auch ein paar Fotos zu sehen gäbe.

LG
Lio
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05 Feb 2011 23:58 #174162
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  • Kori am 03 Feb 2011 18:46
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Schön, dass dir meine Zeilen gefallen. Ich will das mit den Fotos gern einmal versuchen, kann aber nicht garantieren, dass es funktioniert. Ich glaube, ich muss die Bilder erst verkleinern.

VlG Kori
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06 Feb 2011 00:30 #174164
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  • Kori am 03 Feb 2011 18:46
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Die Fotos zeigen:
1. Die Aussicht vom Anenouspass ist atemberaubend
2. Der Schäfer im Richtersveld ohne seine Herde
3. Bei Eksteenfontein
4. Blick vom Tatasberg-Wilderness-Camp auf den Oranje
5. Der Richtersveld mit dem Oranje und ganz hinten ist Namibia
6. Unterwegs im Richtersveld
7. Der Oranje im Abendlicht
8. Fluss und Berge
9. Das Tatasberg-Wilderness-Camp
10. Das Tatasberg-Wilderness-Camp
Letzte Änderung: 07 Feb 2011 13:50 von Kori.
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