Liebe Leute,
es folgt kein Reisebericht, weil unsere Reise leider praktisch ausgefallen ist. Ich möchte nur alle davor warnen, unsere Fehler zu wiederholen. Wir wollen Namibia jedoch nicht in Misskredit bringen oder unseren Fall verallgemeinern.
Also: wir hatten geplant und gebucht, vom 9.9. bis 3.10. Namibia und Botswana zu bereisen. Wir waren nun zum sechsten Mal in den vergangenen 36 Jahren (tatsächlich), also mit größeren Abständen, in Namibia und zum dritten Mal in Botswana.
Nach Übernahme des Wagens und Einkaufen haben wir am Freitagmorgen, den 11.9., Windhoek über den Sam Nujoma Drive Richtung Osten verlassen. In Klein Windhoek haben wir an der PUMA-Tankstelle getankt und wollten auch den Luftdruck für die lange Asphaltstrecke nach Ghanzi erhöhen lassen. Der Bursche, der das machte, erklärte mir auf Nachfrage, welche der beiden Skalen des Luftdruckprüfers gelte, die Schwarze, und es seien jetzt 200 bar. Da habe ich mir gedacht, weitere Fragen sind zwecklos und das müssen wir bei nächster Gelegenheit selber wiederholen.
Wir fuhren also einige hundert Meter weiter und hielten links in Höhe des Stellenbosch-Restaurants. Kaum war ich ausgestiegen, erschien ein freundlicher Einheimischer, der aus einem mir auffallenden glänzend-schwarzen VW Jetta, vermutlich Modell V, stieg, und mir sagte, der Luftdruck sei zu niedrig. Das habe ich ihm bestätigt und gedankt. Ein zweiter Mann aus dem Wagen kam zu unserem Hilux DC und sah durch die hinteren Türscheiben, bis meine Frau ihn böse ansah. Dann verschwand er. Ich habe das nicht mitbekommen.
Wir fuhren zurück zur Shell-Tankstelle und haben dort den Luftdruck erhöhen lassen, alles sehr korrekt.
Dann sind wir wieder stadtauswärts gefahren, unter der rostigen Eisenbahnbrücke hindurch und einige km weiter. Als wir die Abfahrt zum Vineyard Country B&B passiert hatten, überholte uns der schwarze Jetta, hupend und mit den Armen rudernd. Wir hielten an, der Jetta wendete und hielt auf unserer Höhe, wieder Richtung Windhoek. Spätestens da hätte bei mir der Groschen fallen können, fiel aber nicht. Dennoch war ich skeptisch. Der große freundliche Dicke stieg aus und rief aufgeregt: There’s fire under your car! Ich hatte noch nie Feuer unterm Auto. Andererseits: wenn doch? Ich stieg also aus. Meine Frau blieb sitzen. Der Dicke wollte, dass ich unter’s Auto schaue und war in heller Aufregung. Ich blieb stehen, weil ich weder etwas roch noch sah. Wir standen auf der straßenabgewandten Seite des Wagens, wo er auf mich einredete.
Plötzlich bemerkte meine Frau, wie gerade sehr leise unsere hintere rechte Tür geschlossen wurde, nachdem der andere Kerl unseren Rucksack gegriffen hat, und schrie den ihn an: Mit einem Mal war alles klar.
Wir waren auf diesen dusseligen Trick hereingefallen, obwohl wir ihn kannten!
Alles rannte zum Jetta: der Dicke, der Dieb, meine Frau und ich. Der Dieb setzte sich hinten links hin, mit etwas Gestohlenen, ich wusste zu dem Zeitpunkt nicht was. Ich riss die hintere rechte Tür auf, beugte mich rein und brüllte den Kerl an. Der schrie zum Fahrer: Go - go! Und der fuhr los. Ich hing halb im Auto, halb draußen. Schlagartig wurde mir die Gefährlichkeit der Situation klar. Einen Ausflug mit den Dreien wollte ich nicht machen! Ich ließ mich also aus dem fahrenden Auto fallen, stürzte auf den rechten Ellbogen und rutschte etwas über den Boden. Dann habe ich schemenhaft in Erinnerung: Jetzt fahren sie über meine Beine, denn die waren irgendwie vor das rechte Hinterrad geraten. Ich habe weder ein Bild davon noch Erinnerungen an Schmerzen im Kopf. Ich stand schnell wieder auf - gebrochen war nichts - voll mit Adrenalin, und die Diebe brausten davon Richtung Windhoek. Wut vermischte sich mit Ärger darüber, dass wir den Trick kannten und ich nicht die Türen verriegelt hatte.
Wir schauten nach, was verschwunden war: unser kleiner Rucksack mit wenig Inhalt, allerdings viel Bargeld in Rand und Euro (nie auf einer Reise hat man so viel Bargeld wie zu Beginn), dazu Handy, Fernglas, Haustürschlüssel und mein internationaler Führerschein.
Wir überlegten: jetzt zurück zur Polizei? Wir wollten heute noch im Hellen zum Thakadu Camp bei Ghanzi, etwa 500 km Fahrt. Also fuhren wir weiter Richtung Osten bis Ghanzi.
Am darauffolgenden Sonnabend und Sonntag waren wir auf der Dombo Farm und hatten einen wunderbaren geführten Ausflug zum Boteti. Aber ich musste meine Sandalen so weit stellen, wie es überhaupt ging, damit die Füße hinein passten. An Schuhe war nicht zu denken. Am Montag sind wir zu Okavango Air Rescue nach Maun und Füße und Beine erfuhren dort eine kompetente Untersuchung und Behandlung.
Mehrere tiefe Abschürfungen an den Füßen, die täglich frisch verbunden werden mussten und mit denen ich nicht in den Moremi oder Chobe hätte fahren wollen, erzwangen letztlich den Abbruch der Reise. Am Mittwoch sind wir zurück nach Windhoek gefahren und am Freitagabend zurück nach Frankfurt geflogen. Nach dem Röntgen und einer MRT hier zu Hause stellten sich schwere Weichteilquetschungen mit umfangreichen Blutungen in den Füßen heraus.
Fazit: Zu meinem großen Bedauern ist Misstrauen gegenüber jedermann angesagt. Man fährt besser, wenn man bei jeder Ansprache durch Unbekannte die Möglichkeit eines Raubes unterstellt. Wir waren zu vertrauensselig und haben eben nicht sofort alle Türen verriegelt. Dass dies offenbar notwendig ist, insbesondere in der Ankunftsphase, wenn man sich noch an alles Neue gewöhnen muss, hat meiner langjährigen Erfahrung mit Namibia eine neue dunkle Facette hinzugefügt. Das finde ich sehr schade.
Gruß
Reinhard