THEMA: Kaokofeld
26 Sep 2014 21:05 #355291
  • abahuab
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  • abahuab am 26 Sep 2014 21:05
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Dieser Bericht ist schon ein paar Jährchen alt. Aber immer noch schön...

Dementsprechend sind auch einige etwas veraltete Ansichten... bitte nicht übelnehmen.

Liebe Urlaubsberichtleser, hier kommt wieder einer!

Gestern mittag sind wir von einer wunderbaren Reise in den Nordwesten Namibias, dem sogenannten Kaokofeld, zurueckgekommen. Jo, unser Dicker (Ford) und ich haben ein paar Tonnen Staub geschluckt und das Material ist bis hart an seine Grenzen belastet worden. „4x4 required“ (Allrad vorgeschrieben) war das Motto.

Am Samstag, den 29.06. ging es also ganz gemuetlich um halb 10 Richtung Brandberg los. Diese Campsite ist und ja fast schon wie ein zweites Wohnzimmer geworden, also ein angenehmer Start in den Urlaub mit Dinner, Bekannten und traumhafter Gegend. Auf dem Weg dorthin hatte uns noch ein Vorgesetzter von Jo in Uis zu einem Kaffee eingeladen, was wir natuerlich gerne annahmen- wir hatten Zeit und Muse, wir waren ja im Urlaub! Von hier aus waren es nur noch 30 km bis zum Brandberg.

Also endete unsere Fahrt im ehemaligen „Ugab Wilderness Camp“, was jetzt leider „Brandberg White Lady Lodge“ heisst, und wo jetzt schon der einstige Charme weicht und man die Geldmache riechen kann. Der Flair, den meine Mutter und ich vor 1 ½ Jahren hatten erleben duerfen weicht Professionalitaet und Massentourismus. Leider. Bei dem eigentlichen Communityprojekt werden nun immer weniger die Dorfbewohner gefragt- so ist es wie fast immer: Der weisse Mann kommt mit Geld und alle muessen springen und tun, was er sagt. Schliesslich hat er die Macht. Frust macht sich breit, die Angestellten trinken mehr als es ihnen guttut und die Arbeitsmoral sinkt natuerlich krass ab. Na, mal sehen wie es weitergeht.

Trotz und alledem genossen wir den ersten Abend im Busch und verkruemelten uns nach einem leckeren Abendessen mit Kudusteak und Butternut in unser heimeliges Dachzelt – und froren uns den A... ab! Mann, war das schweinekalt! Tagsueber die herrlichsten Temperaturen, so um die 25 Grad, kuehlender Wind, die genialen Reisetemperaturen, aber nachts!!! Ich denke, so um die 8 Grad, vielleicht auch weniger. Morgen nehmen wir aber die Decke mit ins Zelt!

Am naechsten morgen wollten wir ueber Tweyfelfontein und Aba Huab nach Warmquelle, was ca. 80 km hinter Palmwag liegt. (Ich schreibe die Namen so ausfuehrlich, weil doch mittlerweile einige unserer Leser uns und Namibia besucht haben und diese Plaetze teilweise selbst kennen. Und zu Hause in Deutschland noch mal mit dem Finger ueber die Karte fahren und ein bisschen Fernweh schnuppern – warum nicht?). Wir liessen uns wieder Zeit und tranken in Aba Huab noch gemuetlich einen Cooldrink, und leisteten uns ein Lunch aus Dosenfisch und selbstgebackenem Brot, aber erst, nachdem die Schlange unter der Theke nach Drohen mit dem Besenstiel seitens der Angestellten wieder in den Busch verschwand. Aber sie war ganz bestimmt harmlos, eine Natter. Wirklich!

Dann fanden wir irgendwie den richtigen Abdreh nicht und landeten inmitten der Attraktionen (Verbrannter Berg und Orgelpfreifen) und da war der Weg zu Ende. Wir fanden natuerlich den Weg aber mich duenkte, das koennte vielleicht ein Zeichen sein. Denn bevor wir zum Kaokofeld aufgebrochen sind, mussten wir uns unzaehlige Warnungen und Vorhersagen und Ratschlaege anhoeren, wie schnell man doch verloren gehen kann und nur 1 Auto? Wahnsinn- fast todesmutig kamen wir uns vor! Jedoch hatten wir uns mit GPS, den dementsprechenden Karten und reichlich Wasser und Sprit plus 2 Ersatzreifen eingedeckt. Zum guten Schluss bekam Jo noch eine Kartensammlung von seinen Kollegen, handgezeichnet und mit GPS Daten und mit Wegen, die in keiner offiziellen Karte angegeben waren. Vorraete waren sorgfaeltig durchdacht, nicht dass man am Schluss 1 Zwiebel, 2 Pakete Kekse und eine Dose Thunfisch uebrig hatte und nichts draus machen konnte. Das Auto war so gepackt, dass sich praktisch nichts bewegen konnte, egal was fuer Gelaende anstand. Alles war verkeilt und eng aneinandergepresst. Hat auch wirklich bis zum Schluss funktioniert. Also, alles perfekt ausgestattet und dann verfahren wir uns mitten im bestausgeschilderten Zentral- Namibia! Wir fanden auch dann unser Warmquelle Camp nicht (es war unter Ongongo ausgeschildert) und wir fuhren einfach weiter. Nach dem Abbiegen Richtung Opuwo, wo noch mal ein Hinweis auf ein anderes Camp war, zelteten wir dann ca. 50 m neben der Strasse im Niemandsland zwischen Mopanebaeumen und vorbeiziehenden Rindern. Wieso kam das Camp denn nicht? Auf der Rueckfahrt sahen wir, das nicht 4 Kilometer auf dem Schild standen, sondern 55! Na, da haetten wir noch ein Stueckchen fahren koennen und da hat wohl jemand einen Knick in der Optik gehabt.

Wir machten uns Bratkartoffeln im Poitjipot und tranken Cappucino mit Rum. Danach ab ins Zelt. Leider kam eine Art Sturm auf, der fast die ganze Nacht dauerte. Nach dem 3. Mal (!) Pinkeln fragte Jo:“Ist die Nacht denn immer noch nicht zu Ende?“ Wir suchten vergeblich den ersten Daemmerstreifen am Horizont. Na, irgendwann war sie dann zu Ende und der kuehle Wind beschleunigte unseren Aufbruch.

Als naechste Station war eigentlich Opuwo angesagt, doch hier ist es wirklich nicht bleibenswert. Die Strecke wurde seit Warmquelle von mal, mehr mal weniger grossen Mopanebaeumen gesaeumt und hier und da war es ein wenig huegelig. Je weiter wir in den Norden kamen, desto spektakulaerer wurde die Strasse, die Landschaft leider nicht. Wir blieben dann nicht ueber Nacht in Opuwo, wie eigentlich geplant, sondern tankten lediglich und fuhren weiter nach Norden, Richtung Epupa- Wasserfaelle. Wir wollten so weit fahren, wie wir kamen und dann irgendwo rasten, es waren 350 km bis zu den Faellen, wovon die letzten 40 mehr Arbeit als Fahren sein sollten. Aus Opuwo raus brauchten wir zum ersten mal unser GPS, weil wir nicht sicher waren, auf welcher Strasse wir uns befanden, und gleich 2 paralell Richtung Norden fuehrten. Nachdem wir ein paar Kilometer lang unsere Fahrtrichtung beobachtet hatten, waren wir uns allerdings unserer Sache sicher. Die Strasse war ausserdem breit und gut gepflegt. (Ach so, seit wir Swakopmund verlassen haben, gab es uebrigens nicht 1 m Teerstrasse. 70 km Salzstrasse bis Hentjiesbay und ab da Schotter).

Wir schafften es doch wirklich bis zu den Faellen, noch nicht mal in Hetze! Wir fuhren und fuhren so ueber die Mopane- Huegel und kaempften uns die letzten 40 km ueber Steine, durch Sand und Wellblech- Strasse und dann wieder eine Huegelkuppe – und unten im Tal hunderte von Palmen und der Kunene River. Von Osten kommend und ruhig fliessend, fiel er hier ueber unzaehlige Terassen eine Etage tiefer. Zig Schluchten und Treppen formten eine paradiesische Landschaft. Das Wasser faellt nicht tief, vielleicht 10 bis 20 Meter, aber die Faelle erstrecken sich ca. 1 Kilometer Richtung Westen und das Wasser fliesst in 1000 Wasserfaellchen in den sich wieder neu geformten Kunene hinein. Die schrillen Papageienrufe schallten durch das einlullende Getoese und wir bauten unser Camp keine 2 m vom Wasser auf! Ein kleiner, schnuckeliger Platz umringt von Makkalanipalmen und abgeschottet von allen anderen Campingplatzbesuchern. Aber was war das? Da tropfte eine Fluessigkeit vor dem rechten Hinterreifen in den Sand. Bremsfluessikeit?? Oh mein Gott, sollte unsere Reise jetzt schon zu Ende sein? Jo kam die Idee, es koennte vielleicht etwas auf unserer Ladeflaeche kaputtgegangen sein. Treffer! Der 5 Liter Ersatz- Oelkanister fand wohl die letzten Kilometer ziemlich aufreibend und hatte sich an der Unterseite durchgescheuert. Zum Glueck haben wir ein paar Loecher in der Ladeflaeche, wo sonst der Ueberrollbuegel befestigt wird, und da ist es rausgetropft. Ansonsten haetten wir das erst in ein paar Tagen festgestellt, wenn wir unsere Ersatzkanister gebraucht haetten, und dann waere die Sauerei gross gewesen.

Jo machte auf dem Feuer Spaghetti mit Tomatensosse (lecker!) und ich konnte endlich mal wieder in Ruhe und Vielfalt ein paar Voegel beobachten. An diesem Abend kamen auch die ersten Einheimischen, die uns Fuehrungen zu den Krokodilen und den Himbas in natuerlicher Umgebung anboten. Wir waren ziemlich malad und vertroesteten sie auf den naechsten morgen. Ich habe geschlafen wir ein Murmeltier. Das Rauschen des Hauptwasserfalls, der keine 30 m entfernt war, lullte mich ein und loeschte alle anderen Geraeusche aus. Ich hoerte auch nicht die Moskitos, die und in dieser Nacht peinigten.

Am naechsten Morgen holte Jo dann einen Fuehrer, der leider kein gutes Englisch sprach und uns auch sonst nicht viel ueber Land und Fauna / Flora erzaehlen konnte. Trotzdem war der 5 km Marsch ins Himba Dorf entlang des Kunene in oestliche Richtung einfach traumhaft.Ich hab noch nie so viele Palmen gesehen, wir sind quasi streckenweise durch einen Palmenwald gelaufen. Rechts vom Weg begann dann wieder der Mopane- Busch und gleich war wieder alles auf den Huegeln grau und trocken. Unser Guide ging also voraus, ich dahinter, dann Jo und noch ein Himba Jugenlicher, der sich schweigend unserer Gruppe auf den Marsch ins Dorf angeschlossen hatte. Wir stapften vor uns hin und auf einmal glitt eine Schlange ziemlich hektisch zwischen den Guide und mich und ich blieb stehen und rief nur „Snake! Snake! Snake!“ bis der arme, verschreckte Kerl begann loszulaufen. Sie kroch von links nach rechts ueber den Weg und verschwand im Gebuesch. So wie es aussah wieder eine Natter, aber halt nur 1 m von mir entfernt. Aber irgendwie hab ich nicht diesen Respekt vor Schlangen, da gibt es andere Tiere, die mir mehr Angst einjagen, aber dazu spaeter. Der Marsch war lang und heiss und das Himba Dorf klein. Ich war in der Huette des Chiefs, wo eine von Malaria gebeutelte Frau lag, der es wirklich nicht gut ging. Es wuerde 10 Namibia Dollar kosten, die Frau mit einem Esel ins Krankenhaus (2 Wohnwagen) zu bringen und zu behandeln. Das ist 1 Euro. Das Geld haben wir natuerlich dagelassen. Jo hat ein paar Bilder von den praechtig aussehenden Himas schiessen duerfen und dann ging es auch schon wieder zurueck.
Irgendwie fuehlten wir uns doch ein bisschen wie Gaffer. Als Mitbringsel hatten wir Zucker und Tabak und Mehl im Shop an den Faellen gekauft.

Als wir zurueck kamen hatten wir uns erst mal 2 grosse Tassen Schokokaffe verdient, die Jo mit Liebe zubereitete. Wir rollten unsere IKEA- Strandmatten aus und legten uns in den Palmenbeschatteten Sand. Hach, das Leben war schoen! Spaeter entschlosen wir uns noch, den Kunene in Westliche Richtung entlangzulaufen und liessen uns die Sonne wieder auf das Hirn brutzeln. Ganz schoen warm war das da! Ich versuche es noch mal zu beschreiben: Der Kunene teilt sich irgendwie in 2 und der eine Teil des Flussbettes ist wie abgesackt. Der Teil. der sich oberhalb befindet ist ganz normal bewachsen, mit Bueschen und Baeumen, es sieht also eher aus, als waere ein Teil des Landes ueberflutet und laeuft ueber. Zum Glueck haben wir Fotos gemacht, da erkennt man das leichter. Wir bestaunten auf jeden Fall das Schauspiel und redeten ueber das Projekt, das hier vielleicht in naher Zukunft ein Staussee entstehen sollte und dieses Paradies vernichten wuerde. Hoffentlich passiert das nicht!

Abens wurden wir von Fledermaeusen umringt, die am liebsten die um uns schwirrenden Moskitos mampften. Diese Mossis waren allerdings nur ca. 30 cm von unseren Koepfen entfernt und teilweise kamen wir uns vor wie in „Die Voegel“.

Nun, nach den Epupa Faellen, fing eigentlich der spannende Teil der Reise an. Ab hier wurde die Landschaft abwechslungsreicher und die Strassen kleiner und holpriger. GPS war mal wieder angesagt. Wir fuhren ueber Etengwa nach Otjitanda, und es war mein Fahrtag. Jo und ich wechseln uns ja immer ab. 1 Tag ich, 1 Tag er. Damit kommen wir in keinen Zwist. Am Schluss der Strecke, die jetzt nur noch im max. 3 Gang befahren werden konnte, weil es felsig und schroff wurde, kam noch ein netter, kleiner Pass, der in keiner Karte eingezeichnet war. Wir wurden ja ca. 150 mal vor dem „van Zyls Pass“ gewarnt, aber dieses kleine gemeine Teil hier hatte niemand erwaehnt. Wenn dieser Abstieg ueber 50 cm hohe Stufen und genauso tiefe Loecher, links scharfer Abfall des Gelaendes in 30 m Tiefe und rechts ebenso steil aufragendes nicht erwaehnenswert ist, wie sollte dann der Van Zyls Pass sein? Na, konzentrieren wir uns erst mal auf diese Strecke. Jo musste teilweise aussteigen und mir den Weg weisen, uns unser Dicker zuckelte und rutschte von einem Felsbrocken zum anderen (Fotos folgen).


unser Weg am van Zyls Pass

Unten angekommen waren wir schon wieder viel weiter, als wir geplant hatten und verbrachten die nacht mutterseelenalleine im Communitycamp von Otjitanda. Die einzigen Besucher waren ein paar Himbas, die sich in ca. 15 m Entfernung auf einen Baumstamm setzten uns uns bei allem was wir taten beobachteten. Sie fragten uns nicht, sie „belaestigten“ uns nicht. Sie waren einfach da und machten sich ihr eigenes Fernsehen. Irgendwann gingen die 2 Frauen und kamen nach einer halben Stunde mit Feuerholz wieder, dass sie mit Streifen aus Baumrinde zusammengebunden hatten. (Bei den Epupafalls waren dazu Palmblaetter verwandt worden) Spaeter kam noch ein junger Mann, ca. 18 Jahre alt, der schon nicht mehr so traditionell gekleidet war, er hatte ueber seinem Lendenschurz ein T- Shirt und trug eine blau gefaerbte Sonnenbrille. Er stand, aufgestuetzt auf seinen Gehstock, da und beobachtete mehr oder weniger Jo dabei, wie er den Tank mit den Ersatzkanistern nachfuellte. Kein Laecheln, kein Wort. Irgendwann waren wir uns einig, dass er uns auf die Nerven geht. Jo sprach unverbluemt Deutsch mit ihm und irgendwann fragte der Mann Jo auf englisch nach Tabletten. Ach, deswegen schniefte und hustete er die ganze Zeit! Jetzt viel es mir auf. Jo meinte, wir haetten keine Tabletten. Leider fragen die Himbas immer haeufiger nach Medikamenten und nehmen alles, was man ihnen gibt. Ich denke, jedes Rauschmittel ist willkommen. Er stand immer noch wie angewachsen und unser Abendessen stand an. Ich sagte ihm noch mal freundlich, dass es uns leid taete, aber wir haben keine Tabletten, da nickte er und galoppierte wie angestochen richtung Berge, und huepfte die Felsen hoch wie ein junger Klippspringer. Gehustet hat er dabei kein einziges mal, und wir haben ihn nicht wiedergesehen.

Die Nacht war ruhig und wir konnten am naechsten Tag erfrischt weiterfahren. Nun war der Tag des Van Zyls Passes gekommen. Wir hatten uns Streckenmaessig so weit wie moeglich herangetastet und fuhren um ihn zu bezwingen. „Im ersten Gang mit Untersetzung und dann gaanz langsam, dann kommt ihr ganz gut runter“ wurde uns gesagt. Tja, alle paar Kilometer ging es uns eigentlich so. 4x4 low, Berg rauf, Berg runter, und wir fragten uns sicherlich 5 mal „War das jetzt der Pass?“ Schlimmer konnte es eigentlich nicht mehr kommen. Einmal sassen wir auch auf, zum Glueck nur auf dem Schutzblech unter dem Motor. Die Reifen sahen jetzt schon aus, als wenn sie darauf geschossen haetten! Dann eine wunderbare Landschaft, Blick bis zum Horizont, sanfte Berge, endlose Flaechen mit gelbem Gras.

endlose Flächen mit gelbem Gras...

Wir haben es geschafft! Das war es! Ein paar Fotos vom hoechsten Huegel der Gegend und zur Belohnung die Butterkekse ausgepackt. Unten im Tal sahen wir unseren weiteren Weg in der Ebene verschwinden. Nur noch um den Berg herum und dann sind wir unten. Ok, weiter, unser Ziel war der Marienfluss, ein riesiges Flusstal mit Camp an der Angolanischen Grenze, am Kunene. Und da kommen wir so um die Ecke und ich sag noch „was ist denn das?“ und da sind wir schon mitten drin! Im Van Zyls Pass! Wir haben ihn direkt vor uns. Wenn wir dachten, schlimmer kann es nicht kommen, dann wussten wir spaetestens jetzt, DAS STIMMT NICHT! Ich bin vorgelaufen um Jo einzuweisen , die Steine waren noch mal 10 cm hoeher und die Loecher 10 cm tiefer als vorher! Einige Loecher notduerftig mit Steinbrocken geflickt, von hunderten Reisenden, kaempften wir uns den Weg ins Tal. Schon ich beim Vorlaufen musste sehen, dass ich nicht falle, so steil und geroellig war es hier! Und der Dicke schob sich mit seinen fast 2 Tonnen unerbittlich hinterher. Auf die Bremse steigen half teilweise auch nichts mehr, er rutschte einfach und es war an Jo, das Auto nicht in die Loecher fallen zu lassen. Da! Ein Loch, 60 cm tief, rechts steiler massiver Fels, links (kurz vom Abhang) loser Sand und Geroell. Ich entschied, Jo ware besser dran, mit einer Seite auf dem sicheren Fels zu fahren und mit der anderen in extremer Schraeglage im Loch. Leider kam er zu weit nach oben, der Wagen rutschte mit einem Ruck in das Loch und kippte leicht ueber seinen Mittelpunkt hinaus. Jo kippt!!! Das Auto kippt um!!! Der Dicke entschied sich im letzten Moment fuer den Rueckweg und verharrte still und schraeg. Der hintere linke Reifen hatte einen spitzen Stein aufgestellt, der nun in ihn hineinbohrte und das Gummi bis zur Schmerzgrenze dehnte! Ich, sagte noch zu Jo, er solle versuchen, 10 cm zurueckzufahren, denn weiter auf den Stein hinauf haette wohl seinen vorzeitigen Tod bedeutet. Das war aber leider technisch unmoeglich und ich in meiner Aufregung bildete mir ein, mit der linken Hand das Auto halten zu koennen und mit der rechten den Stein unter dem Reifen wegzuziehen! Jo versuchte, etwas zurueckzusetzen, was natuerlich nicht moeglich war, er hing im Loch. Das Auto wackelte schon wieder. Also doch die Flucht nach vorne, ueber den Stein. Der Reifen hat es ausgehalten und wir sind nicht umgekippt! Haette ich noch mit im Auto gesessen, dann waere es garantiert passiert!

Der Rest des Passes war machbar und unten angekommen verewigten wir uns, wie so viele andere auf einem Stein, mit Namen, Datum und Autotyp. Diese Steine wurden auf einen grossen Haufen aufgeschichtet. Der Schreck des fast Umkippens steckte uns allerdings noch ein paar Tage in den Knochen, und Jo konnte Loecher in den Strassen eine zeitlang gar nicht mehr leiden!

Nachdem wir nun da durch waren lichtete sich die Berglandschaft und eine weite Ebene machte sich breit, rechts und links in ca. 2 km Abstand von einer Bergreihe umrahmt. Das Marienfluss- Tal. Campen oder Rasten im Valley waren verboten, so fuehrte nur eine kleine, frisch planierte Strasse durch schier endloses gelbes, kniehohes Gras, welches auf knallrotem Sand waechst. Hier und da gibt es kreisrunde Stellen, ca. 3 m im Durchmesser,in denen nichts waechst. Es gibt verschiedene Theorien, wie diese Flaechen entstanden sind. Eine ist, dass hier eine Euphorbienart gewachsen ist und diese den Grund so vergiftet hat, dass nichts anderes mehr wachsen kann. Zweitens koennten es Termiten sein, die von anderen Gegenden hierher geweht sein koennten und die nach einer Trockenperiode, die sie nicht ueberlebt haben, den Boden unfruchtbar hinterlassen haben. Aber vielleicht waren es auch Zauberer oder Feen? Wer weiss....

Der Kunene fuehrte hier leider nicht mehr so viel Wasser wie bei den Epupa Faellen, und seine Breite war um mehr als die Haelfte geschrumpft. Die Campsite, die „Camping under the Anatrees“ heisst, ist wie ueblich einfach und schattig angelegt. Wir hatten uns den groessten Anabaum ausgesucht, ca. 20 m hoch und 20 m im Durchmesser (von Astspitze zu Astspitze) hatten wir genug Schatten fuer ein ganzes Batallion. Allerdings hatten wir am uebernaechsten Tag auch die Taubenscheisse eines ganzen Batallions auf dem Auto. Wir waren mal wieder alleine auf dem Campingplatz bis zum naechsten Tag. Unser letztes Bier warfen wir an einer Schnur in den Kunene, der allerdings so flach war, das er um die 22 Grad Wassertemperatur hatte. Das heisst, das Bier war eher waermlich spaeter. Aber die Aktion hat Spass gemacht. Jo musste die Flasche nach dem Einholen erst mal entschlammen. Tja, wir haben halt keine elektrische Kuehlbox und mussten uns so helfen. Z.B. hatte ich je 1 kg Trockenwurst und Trockenfleisch, nett vakuumverpackt in 200 gramm Tuetchen gekauft. Das verbannte den eventuell aufkommenden Fleischhunger. Unser selbstgebackenes Brot hat 1 Woche gehalten (ohne Konservierungsstoffe, ohne Kuehlung und nur in Plastiktuetchen gepackt) und das Wasser, was wir im ganzen Land ohne Bedenken aus dem Hahn trinken konnten schmeckte auch warm. Wir sind 2 oder 3 mal durch einen Ort gekommen, doch niemals hatten wir irgendetwas was wir vermissten oder haetten kaufen wollen. Wunschlos gluecklich sozusagen. Und das machte richtig Spass! Wir genossen unsere Zweisamkeit sehr und nun, wo die schlimmste Strecke vorbei war, liessen wir uns richtig Zeit. Wir verbrachten 2 Naechte am Marienfluss und faulenzten so sehr, dass es weh tat. Der Wind kam am fruehen Nachmittag wieder auf und wir verkrochen uns ins Zelt. Jo doeste ein bisschen und ich fing an, doch eine Vogelliste zu schreiben. Am Schluss konnte ich 82 Arten als identifiziert nennen. Bestimmt haben ich ein paar vergessen und einige konnte ich nicht eindeutig erkennen. Als wir da so im Zelt lagen und die nun waermere Luft des Tales genossen, die uns mit dem suessen Duft der bluehenden Buesche umhauchte, tauchten immer mehr Voegel auf, die direkt vor unserem Zelteingang auf den Aesten sassen und uns durch das Moskitonetz nicht richtig wahrzunehmen schienen. Ich stieg aus dem Zelt hinaus und bastelte aus Blumendraht (wir hatten die komplette Werkzeugkiste dabei plus Ratschenkasten) und 2 langsam faulenden Aepfeln Vogelfutter, was man an Aeste haengen kann. Die Kamera mit nach oben und nun mussten wir nur noch warten, bis die ersten Rotaugenbuelbuels (schwarzer Kopf, rot umrahmtes Auge, gelber Hintern, hellgrauer Bauch und dunkelgraue Fluegel) sich um den Apfel balgten, der ca. 50 cm vor unserem Zelteingang baumelte. Es dauerte nicht lange und wir haben ein paar schoene Vogelbilder machen koennen. Wir kamen uns vor wie auf einem Bauernhof. Tauben, 2 fuerchterlich magere aber erstaunlich gut erzogene Hunde, und ca. 10 Huehner waren staendig um uns herum und es gurrte und gackerte in einem fort. Zwischendurch genehmigten wir uns mit gutem Gewissen eine Flusswasserdusche. Der betonierte Boden war in der Mitte etwas abschuessig gebaut, damit das Wasser ablaufen konnte. Der Rest der Dusche bestand aus 3 Waenden aus Rietgrass oder duennen, langen Aesten. Die offene Seite gab einen wunderschoenen Blick auf den Kunene her. Das Wasser wollte allerdings nicht abfliessen und ploetzlich glotzten Jo (der sich ziemlich erschrak) 2 Kulleraugen aus dem Abflussrohr an. Dann kletterte das Tierchen, das Jo zuerst fuer eine Schlange hielt, aus dem Abfluss und entpuppte sich als Frosch. Ein zweiter folgte. Der erste muss dem zweiten die ganze Zeit auf dem Kopf gesessen haben, denn der Frosch war so gross wie das Rohr. Am naechsten Tag lief das Wasser wieder nicht ab, aber es kam kein Frosch heraus, so meinte Jo, die seien bestimmt ertrunken. Schade...

Am zweiten Abend wurde das Camp voller, besonders mit 4 eintreffenden Jeeps aus Suedafrika, wo gerade Ferien sind. Nambia ist ueberschwemmt von Suedafrikanern zu dieser Zeit. Echt erstaunlich. Und von Johannesburgh bis zur Angolanischen Grenze sind es (einfach) ca. 2500 km. Die Suedafrikaner (Buren) sind bekannt fuer ihre Liebe zum Automobil. Keine Strecke, die nicht mit dem Auto befahren werden koennte, egal wie kurz sie auch sei. Bis nun die richtige Campsite gefunden und alle Wagen in die exakte Uebernachtungsposition gebracht waren verging gut und gerne eine halbe Stunde. Aus war es mit der Ruhe, aber wenigstens hatten wir sie fuer einen Tag. Die Nacht war ruhig und wieder mal kalt. Kurz vorm Einschlafen hoerten wir draussen im Gebuesch noch ein Rascheln und Gezeter und am naechsten Morgen waren die Federn einer Taube ueber den ganzen Platz verteilt. Wer wohl der Raeuber gewesen sein mag?

Wir machten uns auf den Weg nach Sueden, schon wieder Richtung Heimat. Es war der achte Tag unserer 14-taegigen Reise. Wir fuhren zurueck durch das Marienfluss- Tal und fuhren nun geradeaus weiter richtung Sueden. Ueber Rooidrom (Rotes Fass) nach Orupembe. Die Landschaft war einfach und schlicht. Sagen wir mal so- gewohnt schoen. Tagsueber begeneten wir im Durchschnitt keinem Auto, doch abends trafen dann doch einige in Camps zusammen, wo ich mich immer fragte, woher die alle kamen. Orupembe war eine „Ortschaft“ auf dem Ruecken einiger dunkelbrauner Steinhuegel ohne jegliche Vegetation. Nicht sehr einladend. Ein paar Esel standen hier und da rum. Wir fuhren weiter, eigentlich sollte das hier unsere naechste Station sein. Nun war Purros angesagt und wir versuchten mal wieder so weit wie moeglich dorthin zu gelangen. Die offizielle Verbindungsstrasse zwischen diesen beiden Orten war derart korrugiert (Wellblech!), dass es in der Landkarte vermerkt war. Wir entschieden uns, einem in der handgemalten Karte eingezeichneten Flusslauf zu folgen, der befahrbar war. Wir liessen den Reifendruck von 2.5 auf 1.5 bar ab (Reifendruckmesser und Handpumpe gehoerten natuerlich auch zum Equipment) und stellten auf 4x4 high um. In dem relativ ausgefahrenen Kiesflussbett kamen wir im 3 Gang mit 40 km/h ganz gut voran. Der Fluss (Khumeb) war nicht gross, ca 10 bis 20 m breit. Nichts Spektakulaeres. Wir suchten uns neben dem Fluss einen Baum der ein bisschen Schatten spendete und schlugen unser Lager auf. Der Wind kam wieder auf und versuchte uns alles wegzublasen. Jo sammelte Feuerholz. Wir hatten unser eingenes Holz mitgebracht, doch hier war Holz im Ueberfluss zu haben. Bestes Feuerholz, Mopane. Jo machte ein Feuer fuer Namibia. Er hatte eine neue Technik herausgefunden. Er grub ein Feuerloch, so eine Art Ofen. Dort hinein platzierte er das Holz und die Glut viel auf den Boden der Grube und man konnte unseren Dreifusstopf bequem draufstellen. Die Glut hielt ewig! Aber die Glut musste nun erst mal produziert werden und Jo schleppte alles, was im Umkreis von 20 m nicht niet und nagelfest war an Holz heran. Fuer ca. 10 Minuten konnte man nicht naeher als 3 m an das Feuer herantreten, das durch den Wind noch so richtig angefacht wurde. Unser Heisswasserkesselchen hielt es nicht aus und der Knauf des Deckels beschloss zu springen. Die Nudelsosse umruehren war fast nur unter Verlust der Wimpern und Augenbrauen moeglich. Ich hatte irgendwie nicht viel Verstaendnis fuer dieses Uebermass, und Jo verstand das gar nicht- hatte er doch das beste aller Feuer gemacht! Dafuer schuettelte Jo grinsend den Kopf, als ich mir aus einem Ast, 3 Grasbuescheln und Draht einen Besen bastelte, um damit unsere Spuren zu verwischen und damit „den Busch fegte“. Er meinte, er haette mich trotzdem lieb. Als sportliche Betaetigung, die nach langem Sitzen ja auch nicht fehlen darf, machte Jo sich daran, die Reifen wieder auf den Druck von 2.5 bar aufzupumpen. Schon nach dem ersten schwaechelte er deutlich und kleine Schweissperlchen standen im auf der Stirn. Wir wechselten uns ab und beim letzten Reifen hatte ich ploetzlich die Einzelteile der Pumpe in der Hand. Durch das Geruettel hatten sich wohl saemtliche Gewinde geloest und nun flogen die Unterlegschreiben etc. lose herum. Jo (Ingeneur) reparierte sie natuerlich und letztendlich war alles wieder beim Alten. An dem Abend gaben wir uns so richtig die Kante. Zuerst Rotwein (aus dem praktischen 5 l Pappkanister mit Innenschlauch- unkaputtbar!) und spaeter noch 2 doppelte Rum mit Cappucino. Das Koffein und der Alkohol taten seine Wirkung und ich mutierte zur getuepfelten Hyaene und Jo musste sich staendig seiner Haut wehren. Unser Gelaechter war bestimmt Kilometerweit zu hoeren. Dementsprechend zerknittert wachten wir auch am naechsten Tag auf. Nach Katzenwaesche mit eiskaltem Wasser aus dem Kanister ging es aber dann wieder. Wir packten zusammen, Jo schaufelte das Feuerloch zu und ich fegte unsere Spuren so gut es ging weg. Wir waren auf dem Weg nach Purros. Nach ein paar Kilometern standen wir vor der Wahl, weiter geradeaus oder nach links abbiegen? Wayne hatte uns was von einer Abkuerzung erzaehlt und auch ungefaehr in die Karte eingezeichnet, ob das hier war? Der Richtung nach muessten wir auf jeden Fall irgendwann auf den Hoarusib- Fluss treffen, der 32 Elefanten beherbergte und nach Purros fuehrte. Komm, wir biegen ab, wir haben ja das GPS, kann nicht viel passieren. Und die Strasse sah auch gut aus. Ueber 2 oder 3 Huegel auf wirklich guten Strassenbedingungen fuhren wir auf einmal in ein Tal ein und uns blieb der Atem stehn! Wir waren im Paradies! Vor uns ein Gemisch aus gelbem Gras, und orangerotem Sandstein. Direkt vor uns links hinter dem Tal ein massiver Berg, weich gezeichnet mit riesigen Furchen, alle Buschbewachsen. Sie gaben dem Berg ein samtiges Aussehen. Unten im Tal mal wieder das tolle Gras, im Hintergrund sahen wir den blauen Schatten eines weiteren, riesigen Berges. Die Giraffenberge! Es war die Abkuerzung, die Wayne meinte! Wir rollten langsam und mit offenen Muendern ins Tal und bestaunten die herrliche Natur und ihre Farben. Am Himmel kreisten Ohrengeier. Im Tal veraenderte sich die Landschaft weiter, hier und da war wieder gruen zu sehen und eine Schlucht nach der anderen oeffnete sich nach links oder rechts. Da! Eine Straussenherde von ca. 10 Stueck! Direkt dahinter stahlblauer Himmel.

Straussenherde bei den Giraffenbergen

Der Fotoapparat lief mehr als das Auto. Zauberhaft! Es ging eine ganze Weile so weiter und wir saugten das suesse Gras und die Bilderbuchlandschaft gierig auf. Wieder ein Tal! Und dort unten schlaengelte sich in sattem Gruen der Hoarusib seinen Weg in den Sueden. Wir fuhren in das breite Flussbett hinein, das uns nach Purros weiterbringen sollte. Unter einem riesigen Kameldornbaum goennten wir uns unseren schon zur Gewohnheit und begruessten Pause gewordenen 11 Uhr Kaffee. Morgens machten wir die Thermoskanne noch mal mit heissem Wasser voll und der Schoko- Pulverkaffee war eine kleine Zwischenmahlzeit aus unseren neuen Thermos- Kaffebechern. Das Fassungsvermoegen dieser Tassen liegt bei ca. 350 ml. Noch einen oder 2 Butterkekse dazu, lecker! Ein paar Esel waren wohl nicht ganz einverstanden mit unserer Anwesenheit und i-ahten uns lauthals an. Dieses Flussbett war ein Traum! Teilweise bis zu 300 m breit und gespickt mit Palmen und riesigen Ana- und Kameldornbaeumen und hellem, weichen Sand war es wie in der Karibik. Nur das das Wasser fehlte.
Palmen im Hoarusib River

Hier und da standen noch ein paar kleine Pfuetzen, und teilweise kreuzten wir auch Wasser. Wir hielten nach Elefanten Ausschau. Und die ersten liessen auch nicht lange auf sich warten. In ca. 300 m Entfernung standen eine Kuh und ihr Junges und frassen an einem Baum. Unser Weg fuehrte ziemlich nah an ihnen vorbei, also beschlossen wir zu warten. Aber es ging schon bald weiter. Sie gingen tiefer in den Busch und im Vorbeifahren merkten wir, das noch ein dritter Elefant dabei war. Wir fuhren und fuhren, ca. 35 km mit Durchschnittlich 20 km/h. Das zog sich. Vorbei an aesenden Springboecken, Straussen, widerwilligen Rinderbullen, mal waren Gebirge um uns, mal weite Flaeche. Menschen sahen wir wenig. Der Fluss bog nach rechts. Wir auch. Und in ca. 50 m Entfernung standen 3 Elefanten und tranken.

Trinkende Elefanten im Hoarusib

Gerade waren wir eine Sandstufe heruntergefahren, die man rueckwaerts nicht wieder hochkam. Das hiess, wenn die Elefanten beschloessen in unsere Richtung zu kommen, muessten wir komplett drehen und wenden um zurueckzukommen. Wir checkten die Bedingungen: Sah gut aus. Nur leichter Modder hinter uns, auf dem man wohl umdrehen konnte. 2 der Elefanten schlugen die Richtung von uns weg ein und knabberten etwas weiter weg an einem Busch herum. Der andere trank noch ein bisschen und meinte dann, die Richtung wo wir standen, sei genau die richtige fuer ihn. In ca. 40 m Entfernung wendete Jo dann souveraen den Wagen und wir dampften ab. Wir ueberbrueckten die Flussbiegung ueber die Huegel und fuhren nach der Kurve wieder ins Flussbett. Weit hinten konnten wir die Elefanten sehen, sie waren nun da angekommen, wo vorher unser Auto gestanden hatte. Einige Zeit spaeter (Jo wuenschte sich schon laenger eine normale Strasse zurueck) ging ploetzlich ein ziemlich ausgefahrener Weg weg aus dem Revier rechts in den Busch hinein. Versteckt hinter mal wieder pompoesen Bauemen lag ein Camp. Reception, Wasserhahn, Voegel, Wege. Vom Fluss aus war das ueberhaupt nicht zu sehen gewesen. Ich fragte: “Where are we?” Ein freundlich grinsender Schwarzer sagte: “You are in Purros!” Ah, wir hatten es geschafft! Und es gab hier etwas ganz besonderes! Einen Gaskuehlschrank mit „kaltem“ Bier! Tafel aus der Dose kann ja sooo lecker schmecken! Unser letztes kaltes Bier hatten wir an den Epupa Faellen getrunken, Ewigkeiten her! Wir waren frueh, es war ca. 14.00 Uhr und wir beschlossen zu bleiben und zu faulenzen. Wir bekamen einen wunderschoenen Platz unter einem (mal wieder riesigen) Kameldornbaum und rollten sogleich unsere IKEA- Bastmatten aus. Ein bisschen Biltong um das zu schnell getrunkene Bier auszugleichen, die Buecher raus, Fernglas und Vogelbuch. Hach, war datt schoen! Am Baum hing ein Rot- Weisses Warnschild: „ Warnung! Freilaufende Elefanten im Camp. Nicht jagen oder provozieren. Fuer koerperliche Schaeden durch Elefanten oder andere wilde Tiere uebernehmen wir keine Haftung.“ So aehnlich jedenfalls lautete der Text. Das musste fotografiert werden.


Mit meinem leicht benebelten Kopf machte ich mich daran, den Fotoapparat aus dem Auto zu holen. Jo lag auf der Matte auf dem Ruecken und verfolgte aehnlich benebelt meinen Taten. Ich hatte das Schild gerade richtig im Sucher und wollte den Ausloeser druecken, da gibt es ein Geraeusch, was mich in einem hunderdsten Sekundenbruchteil herumfahren liess. Ein dumpfes, gewaltiges Stampfen auf sandigem Boden, ein Rauschen wie von gigantischen Schwingen und ein Grollen wie aus den tiefsten Tiefen der Erde! Im Prinzip sah ich ihn nur fuer eine weitere hunderdstel Sekunde, aber das reichte. Ich machte gerade noch Jo aus, der in Windeseile ins Auto schoss und die Tuer zuschlug und ich sprang hinter den Baum! Aber ich fuehle mich nicht sehr sicher, denn der ausgewachsene Elefantenbulle war immer noch nur ca. 10 m weg! In unserem handgemalten Reiselandkarten sind hier und da Kommentare eingefuegt, wie zum Beispiel „HALTEN SIE EINEN ABSTAND VON MINDESTENS 500 M ZU DEN ELEFANTEN. VERSUCHEN SIE ERST GAR NICHT NAEHER HERANZUKOMMEN UM FOTOS VON IHNEN ZU MACHEN. WENN DIE ELEFANTEN SIE NICHT UMBRINGEN, DANN TUE ICH DAS!“ HA, DU KLEINES BESSERWISSERISCHES A.. LOCH! VIELLEICHT ERZAEHLST DU DAS AUCH MAL DEN ELEFANTEN!!!! Wie gesagt, ich fuehlte mich nicht sehr sicher hinter meinem Baum und ich sprang auch ins Auto. Nein, wir haben uns nicht in die Hosen gemacht. Und was macht Jo? „Gib mir die Kamera“ sagt er. Er macht 2 Bilder, der Elefant bewegt sich irgendwie immer naeher an unser Auto heran. Dann ist der Film zu Ende. Die Kamera spult EWIGKEITEN zurueck. Und Jo hat nun keinen Film mehr in der Fototasche, nein, sie sind in seiner Reisetasche. Ich hab mehr oder weniger beide Reisetaschen auf dem Schoss, weil sie auf den vorderen Sitzen lagen. Nun fing Jo an, EWIGKEITEN in seiner Tasche herumzuwuehlen. Als er den Film einlegte, sah ich wie er zitterte. Ich hoerte meinen Herzschlag und den von Jo dazu. Ich wollte, das Jo faehrt, einfach weg, Richtung Rezeption, weg von dem Elefanten. Jo wollte bleiben und sich ruhig verhalten- und Fotos machen. Ich werde nicht so leicht hysterisch, aber hier war es nahe daran. Jo wollte das Auto anlassen- die Alarmanlage geht an. (Auf laute Geraeusche stehen Elefanten nicht gerade). Das Auto orgelt und orgelt und springt endlich an. Der Elefant hat nicht erst reagiert, als wir da so rumfummelten. Wir fuhren zur Rezeption und kippten ein zweites Bier, was uns noch doesiger machte. Ich befand mich im Schock, ich dachte, ich waere ebenfalls von der Matte aufgesprungen, ich war fest davon ueberzeugt. Erst spaeter viel mir wieder ein, dass ich ja das Foto des Warnschildes machen wollte. Der Elefant, der auch mit einem Halsband gekennzeichnet ist, ist im Camp wohl bekannt. Er sei friedlich, aber erschrecke gerne mal die Leute, sagte unser Campguide. Jo und ich rekonstruierten die Sache folgendermassen: Als ich mit der Kamera aus dem Auto zurueckkam muss der Elefant schon da gestanden haben. 9 m von der Matte auf der Jo lag entfernt. NEUN METER (wir haben es spaeter anhand der vorhandenen Fussabdruecke vermessen). Jo beachtete ihn nicht, ich auch nicht,und da muss er sich wohl gedacht haben- Pah, muss er sich gedacht haben, was faellt denen ein, mich nicht erst zu bemerken? Und da hat er mal eben BUH gemacht. BUH hat er gemacht, jawoll. Danach, als wir wie die Huehner im Auto sassen, hat er fuer ein paar Minuetchen und relativ lustlos an unserem Campbaum geknabbert und ist dann weitergetrottet. Wie schon gesagt, nicht erst die Alarmanlage hat ihn aus der Ruhe gebracht. Der muss sich ins Faeustchen gelacht haben, der Schlawiner. Der hat bestimmt gedacht:“ Blutige Touristenanfaenger“ Aber ich sage euch, steht ihr mal mitten im Busch, mitten in Afrika, 9 m vor einem ausgewachsenen Elefantenbullen- dann wuerdet ihr auch springen- garantiert.
Unser Puls sank mit der Wirkung des zweiten Bieres und wir grillten uns Butternutscheiben auf dem Feuer. Lecker! Das Camp wurde richtig voll und ein paar Autos kamen sogar noch 1 Stunde nach Einbruch der Nacht an. Das muss ein Ritt sein, im stockdunklen Afrika durch den Busch zu gurken.


Abendstimmung in Purros
Am naechsten morgen machten wir uns weiter in den Sueden auf. Wir folgten ca. 80 km einem schoenen Umweg und vermieden den direkten Weg nach Sesfontein. Alle Hauptstrassen in diesem Gebiet waren so fuerchterlich ausgefahren und korrugiert, dass einem saemtliche Zaehne aufeinanderklapperten und die Rippen dazu. Also fuhren wir Nebenstrassen. Kurz vor dem naechsten Fluss, dem es zu folgen galt, dem Hoanib, machten wir unsere 11.00 Uhr Kaffeepause. Die letzten 80 km hatten wir in 2 ½ Stunden gemacht, was wirklich bemerkenswert schnell war. Und wir stehen da so unterm grossen Baum im Schatten und geniessen unseren Schokokaffee da sag ich zu Jo: „Guck mal, da ist eine Giraffe!“ „Hae? Wo?“ Ca 200 m entfernt aesten 3 Giraffen an den Kameldornbaeumen herum. Ach Afrika! Kein Zaun, kein Nationalpark, einfach freies Gelaende. Freies Afrika! Richtig „wilde“ Giraffen. Wir fuhren in den Hoanib hinein, der leider lange nicht so spektakulaer war, wie ich es mir vorgestellt hatte. Der Ostwind blies. Das hatte sein Gutes, denn die Wellblechstrasse hier reparierte sich selbst, durch den in die Furchen geblasenen Sand. Hier sollte es vor Elefanten nur so wimmeln und wir waren beide auf Hab Acht! Auch das staendige Zureden, das er uns ja gestern nur erschreckt habe, liess uns nicht recht entspannen. Wir sahen aber nicht erst die Schwanzspitze eines Elefanten. Wie gesagt, die Strasse frisch repariert summten wir im Flussbett im dritten Gang mit ca. 50 km/h dahin und schaukelten durch die schoene Landschaft. Uebernachtet haben wir direkt am Fluss im Elefant Song Camp. Einst auf den sanften Huegeln am Rand des Reviers errichtet, zeigte es nun langsam Verfallserscheinungen. Die Wasserpumpe war kaputt, aber wir hatten ja unser eigenes Wasser dabei. Es war ein wunderschoener Tag und Abend, leider fing nachts der Ostwind an zu blasen und bescherte uns eine wieder mal unruhige Nacht.

Am naechsten Tag ging es weiter Richtung Palmwag. Heute abend wollten wir im Restaurant essen! Ein Stueck richtiges Fleisch, ja! In Sesfontein pumpten wir unsere Reifen wieder auf, tankten und ueberlegten, ob wir was vom Shop brauchten. Nein, wir hatten immer noch alles was wir brauchten. Noch schnell die Nachbarin anrufen, das wir nicht verlorengegangen waren und irgendwo in der Wueste ohne Hilfe verdursteten... weiter.


Häufig auf Namibias Strassen zu sehen: Das Namaquachamäleon

Wir besuchten noch das Warmquelle Camp, was wir am Anfang verpasst hatten und genossen ein Bad in einem Naturteich, der von einem Wasserfall, dessen Quelle unbekannt ist, gespeist wird. Wollen wir hierbleiben? Nein, auch hier war der Verfall zu offensichtlich. Ein paar Kilometer weiter die Khowarib- Schlucht. Auch ein Community Camp. Ueberall Schutt und Halbverfallenes. Also doch Palmwag. Jo hatte immense Rueckenschmerzen, ich loeste ihn beim Fahren ab. In Palmwag angekommen, was inmitten einer nichtendenwollenden Landschaft aus rotem Stein und gruenen Bueschen liegt, staunten wir nicht schlecht.

Gegend bei Palmwag

Schon wieder wurde gebaut und erweitert. Auch hier geht der gemuetliche Flair langsam verloren. Der deutsch / englische derzeitige Manager war mit seiner allzu proffessionellen Haltung und seinen zurueckgegelten Haaren wirklich Fehl am Platze. Aber das Gemsbocksteak mit Kartoffeln, Salat und Knoblauchbutter war zart und lecker und Jo bestellte sich noch ein toasted Sandwich und ein Eis mit Fruechten. Wie ausgehungert! Voellerei war angesagt. Konsum und Verschwendung! Wir trafen ein Schweizer Paar um die 50 das auch mit dem Dachzelt unterwegs war. In 2 Wochen sind sie in Swakopmund und wollen mal vorbeikommen. Im Ostwind fuhren wir nach Aba Huab, zum Glueck legte er sich aber kurz vor der Ankunft. Wir waren nach 120 km schon um 11.00 Uhr im Camp und richteten uns unser Nest am letzten Camp ein, wie gewoenlich. Meine Eltern kennen den Platz, der mit den vielen Baumstaemmen, wo der Esel war....

Einige Zeit spaeter kam ein weiteres Fahrzeug und kreiste irritiert in der Naehe unseres Platzes herum. Eine hollaendische Familie mit 3 Kindern, die die zweite Nacht im Camp verbrachten, und wohl zuvor „unseren“ Platz hatten. Nun, als sie von den Aktivitaeten zurueckkamen, war „ihr“ Platz belegt. So eine Unverschaemtheit! Wir ernteten den ganzen Tag, den Abend und den naechsten Morgen feindliche Blicke. Wir wurden nicht gegruesst und nur ueber die Schulter hinweg angesehen. Nun waren sie aber schlauer geworden und markierten den Platz neben uns mit einer Waescheleine mit ein paar Handtuechern und 4 Campingstuehlen. So lernt man, gell?

Diese Campsite wurde auch wahnsinnig voll, ein Touristenbus fuhr sich im Sand fest und musste von einem anderen herausgezogen werden. Abends kam eine kleine Gruppe von Saengern und machte ihre Runde durch das Camp. Schoen wars. Aber voll und der Generator lief ewig. Am naechsten morgen hatten wir es nicht eilig, wir hatten nur 120 km bis zum Brandberg vor uns, unsere letzte Station vor Swakopmund. Ich machte noch einen ausgedehnten Spaziergang auf der Suche nach Voegeln und anderem Getier, und Jo packte alles zusammen und las.

Heute war das letzte mal Spaghetti angesagt. Aber fuer mich kann es jeden Tag Nudeln geben, ich liebe sie! Auf dem Hinweg hatten wir ein handgemaltes Schild Ugab River Camp gesehen und waren willig es auszuprobieren. Und da war es! Unter – wie soll es auch anders sein- riesigen Baeumen waren 2 Campsites hergerichtet. Der Betreiber war ein schwarzer, der hier eine Farm hat und hauptsaechtlich vom Verkauf von Schafen und Ziegen lebt. Sein Camp besteht seit Anfang des Jahres und ist genau so urspruenglich wie wir es moegen. Ein Baum, eine Feuerstelle, eine Toilette und Dusche. Was braucht ein Mensch mehr? Sogar ein Bungalow hat er zu vermieten. Alles macht Erenst alleine, es ist seine Farm. Die Bungalows sind aus Aesten und Staemmen, die mit Draht zusammengehalten werden und auf dem Boden liegt ein Springbockfell und an der Wand haengt ein Wildkatzenfell. Auf den liebevoll gemachten Betten liegen Blaettchen und Rindestueckchen, weil das Dach halt nur aus Staemmen besteht. Die Nacht kostet 65 Namibia Dollar, das sind 6.5 Euro. Zelten 35 N$. Es war so wunderschoen hier, wir waren alleine, aber Erenst sagte, er haette jeden Tag Gaeste. Die Ziegen liefen ueber unsere IKEA Bastmatten und die Esel i-ahten munter um uns herum. Farmleben. Wir genossen diesen letzten Tag unseres Urlaubes in vollen Zuegen und wir schliefen wie die Murmeltiere, nachdem sich ein ziemlicher Sturm endlich gelegt hatte. Ich bin nur einmal aufgewacht, von einem herzerweichenden Schreien, als eine Eule sich einen Klippschliefer geholt hatte, doch die Schreie wurden leiser, als die Eule ihn davontrug.

Am naechsten Morgen nahmen wir noch Ernest’s Schwester mit nach Swakopmund, gaben ihr einen Lift und bereiteten uns auf den letzten 250 km auf das Nach-Hause-Kommen vor.

Nun sind wir wieder hier und wie ihr lesen konntet haben wir einen weiteren ereignisreichen und wunderschoenen Urlaub hinter uns. Ich bin immer besonders selig, da ich ihn durch das Schreiben quasi 2 mal erleben darf.

Eure Ute + Jo
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29 Sep 2014 10:09 #355494
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  • Topobär am 29 Sep 2014 10:09
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Mich würde schon sehr interessieren, wann die Tour war.
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29 Sep 2014 11:36 #355496
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  • Anker am 29 Sep 2014 11:36
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Topobär schrieb:
Mich würde schon sehr interessieren, wann die Tour war.

ja mich auch ...
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29 Sep 2014 21:56 #355601
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  • abahuab am 26 Sep 2014 21:05
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Die Tour war 2003, ich wollte die Info nicht unterschlagen.

Wir haben damals 6 Jahre in Swakopmund gelebt und vor den Kids 2 große Touren gemacht, die eine nach Botswana (da gibt es auch noch einen Bericht von damals) und die andere ins Kaokofeld.
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16 Okt 2014 20:23 #357753
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  • zloewen am 16 Okt 2014 20:23
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:) Sehr schöner Bericht !

Ich habe viele Ähnlichkeiten zu unserer Reise festgestellt. Eure Erfahrung(en) rund um den Van-Zyls - ich weiß nicht - will ich das auch mal erleben - oder doch nicht ?! Reizen würde es mich schon...


Carsten
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