27. Oktober 2013: Elefanten sind keine Schmusetiere
Heute war nicht unser Tag, nein, wirklich nicht! Er begann damit, dass Herbert seine Rolle Klopapier unter den Arm klemmte, um seiner üblichen Morgenbeschäftigung nachzugehen. Später berichtet er:
„Toilettengang in Bestzeit!
Wer schon einmal im Süden war, kennt es: Irgendwann nimmt die Verdauung eine Geschwindigkeit an, dass man froh ist, rechtzeitig das berühmte „Örtchen“ zu erreichen. Heute habe ich alle Geschwindigkeitsrekorde gebrochen. Mit Schlappen an den Füßen und einer Klorolle unter dem Arm strebe ich verschlafen dem Buschklo an der Bootsanlegestelle entgegen, als plötzlich neben mir ein riesiger Elefant aus dem Gebüsch kracht und erzürnt auf mich zurennt. Was tun? Zirka fünf Meter Entfernung sind nicht viel. Ich schmeiße Schlappen und Klorolle weg und schlage einen Haken um einen Baum, während der Koloss weiter geradeaus stampft. Mit einem Sprung über ein Gebüsch und fünfzig Meter Spurt im Rekordtempo zum Klohaus bringe ich mich in Sicherheit. Der Elefant hinter mir macht vor dem Eingang halt und wartet auf mich. Erst nach einer viertel Stunde trottet er weiter. Ich sammle vorsichtig meine Schuhe und die Klorolle ein und kann endlich der beabsichtigten Beschäftigung nachgehen. Uff!“
Nach Herberts Zusammenstoß mit dem Elefanten frühstücken wir eilig, packen das Auto für die Weiterfahrt und halten an den Ablutions, um unsere Morgentoilette ohne störenden Elefantenbesuch zu erledigen.
Es ist 8.30 Uhr, als wir den Campingplatz gen Osten verlassen. Bis zum nächsten Ziel sind es nur vierundvierzig Kilometer, allerdings werden wir dieses Teilstück unserer Tour nie vergessen.
Mehrfach haben Elefanten den Track durch gefällte Bäume versperrt, die wir mühsam umfahren müssen. Auf halber Strecke stehen wir vor einer Wasserüberquerung und trauen uns nicht hinüber. Ich wate hinein, bis mir das Wasser zu den Oberschenkeln reicht. Um ein Haar hätte ich eine Sandale aufgeben müssen, die sich im Modder festgesaugt hat. Das ist jedenfalls kein Weg für unser Fahrzeug. Das Navi zeigt beharrlich an: Hier geht es hinüber! Wir fahren ein paar Meter weiter bis zu einer weiteren Furt, doch auch die scheint uns zu tief.
In diesem Moment kommt ein Allrad-Lkw mit Touristen, die ebenfalls ans andere Ufer wollen. Ja, das sei die Hauptstrecke nach Khwai, informiert die Reiseleiterin und versichert, das Wasser sei so niedrig, dass wir überqueren könnten. Der Truck fährt voraus, uns wird mulmig, als wir sehen, wie tief er einsinkt. Aber er ist ja auch viel schwerer als unser Auto. Wir sollen uns weiter rechts halten, heißt es, dort sei es flacher.
Vom anderen Ufer winkt man uns, dass wir kommen sollen, und wir starten hinein in das trübe Wasser. Schon nach wenigen Metern stecken wir im zähen Schlamm fest, räderhoch!
Doch solange der Auspuff beruhigend vor sich hin bruddelt, haben wir Hoffnung, dass wir aus diesem Schlamm(massel) herauskommen. Als wir die Türen öffnen, schwappt die Brühe in den Fußraum. In Windeseile verlagern wir die Papiere aus den Türen in höhere Gefilde. Der Truck kommt zurück und mit Hilfe eines Stahlseils und unseres Abschleppgurts, den Künsten des Truckfahrers und der Tatkraft der Reiseleiterin schaffen wir es, ans andere Ufer gezogen zu werden. Wir haben einen Trupp Touristinnen zwar daran gehindert, ihren Game Drive programmgemäß durchzuziehen, aber wir waren als Attraktion so lohnend wie ein Elefant mit vier Stoßzähnen, denn ein wahres Fotografiergewitter bricht über uns herein.
Als wir auf der anderen Seite des Wasserarms die Kabinentür öffnen, stellen wir fest, dass ich die Einstiegshilfe bei den Ablutions in Xakanaxa habe stehen lassen. Sch***! Ab sofort werden das Betreten und Verlassen der Kabine zu einer sportlichen Herausforderung.
Außerdem hören wir bei jedem Anfahren und Bremsen das Wasser in den Rahmen gluckern. Stattdessen ist das metallische Gekreische verschwunden, das bisher jedes Wild in die Flucht geschlagen hat. In Khwai angekommen, würden wir uns gerne von den Schrecken erholen. Doch großes Reinemachen ist angesagt, und das dauert. Ich suche nach passenden Felsbrocken als Ersatz für die Einstiegshilfe. Ein schweizer Tourist schlendert heran und erzählt, er habe seinen gebuchten Stellplatz nicht beziehen können, weil ein Löwe ihn okkupiert und ein Nickerchen gehalten habe.
Hinter dem Campingplatz Khwai endet das Moremi Wildlife Reserve und der Chobe Nationalpark beginnt. Die üblichen Listen füllen wir inzwischen ganz locker aus. Wer wird je kontrollieren, ob die Angaben der Wahrheit entsprechen?
28. Oktober: Im tiefen Sand von Savuti
Der Tag beginnt gleich hinter dem Campingplatz mit einer weiteren Flussüberquerung, doch diesmal ist die Brücke über den Khwai stabil. Kurz vor unserem Auto springt eine Horde Affen hinüber, klettert durch das Geländer und verschwindet im Gebüsch.
Einige Kilometer weiter müssen wir einen Wasserlauf durchqueren, der bis zur halben Wade geht und kein Problem darstellt. Die neue Betonbrücke, die wir als Nächstes überqueren, ist zwar nicht malerisch in die Landschaft eingepasst, aber zumindest, als wir sie überqueren, fließt das Wasser brav unter ihr durch. Die Aussicht ist einige Fotos wert. Die nächsten einhundert Kilometer bestehen aus Sand, tiefem Sand, Waschbrettpiste und Sand, Sand, Sand. In den Fahrzeugrahmen gluckert das Wasser und erinnert uns bei jedem Bremsen und Anfahren an unser gestriges Abenteuer. Wir haben trotz Navi leider den Abzweiger zur Marsch Road verpasst und sind auf der Sandridge Road gelandet. Herbert schafft routiniert jede prekäre Situation – bis einen Kilometer vor dem Campingplatz.
Im heißen, fluffigen Sand bleiben wir hoffnungslos tief stecken. Herbert schaufelt, mit dem mitgelieferten Spaten bei diesen Sandmassen ein unmögliches Unterfangen, wippt den Wagen vor und zurück, legt den Low Gear ein – kein Erfolg. Und das alles bei größter Tageshitze in der prallen Sonne. Die fünf Giraffen schauen von oben auf uns herab und scheinen hämisch zu grinsen.
Hilfe naht in der Gestalt des botswanischen Militärs. Zwei Soldaten kommen mit einem Militärfahrzeug und ziehen uns aus dem Sandmeer. Wir können ihnen leider kein kaltes Bier zur Belohnung anbieten, denn unser gesamtes Bier ist aufgetrunken. Es wäre sowieso pisswarmes Bier gewesen, denn unser Kühlschrank weigert sich bei diesen Affentemperaturen zu kühlen.
Die Ablutions des Campingplatzes Savuti sind eine hässliche Festung gegen Elefantengewalt und weit weg von unserer Campsite Nr. 1. Der Schatten ist mäßig, die Lage neben dem Tented Camp an einem stinkenden Wasserlauf begeistert uns nicht. Eine besondere Attraktion ist der vor Affen geschützte Wasserhahn. Auf Armes Länge greift man etwa in Bodenhöhe in ein Loch in einem Betonklotz, um ihn auf- und zudrehen zu können. Mich gruselt’s. Hoffentlich kommt keine giftige Spinne und kein Skorpion je auf die Idee, in diesem Loch auf Beute zu lauern.
Herbert montiert unterdessen die Trittbretter vom Auto ab und saugt das Wasser aus den Hohlräumen. Er findet außerdem eine Handvoll Münzen aus den Nachbarländern Botswanas, die er neben dem Grill liegen lässt.
Von Savuti schwärmen alle Elefantenfans. Wir haben leider Pech, denn es lässt sich kein Dickhäuter blicken. Vermutlich tummeln sie sich alle auf der Marsch Road.