Tag 18, Montag, 15. Oktober 2012
Da wir heute Morgen sowieso überbrücken müssen, um Muddy zu starten, schlafen wir etwas länger. Nach dem Frühstück wird das Starterkabel wieder ausgepackt und erneut dauert es wieder sehr lange, bis der Motor anspringt. Vom North Gate rufe ich bei der Kontaktperson in Maun an, der unser Auto reparieren soll und sage ihm, dass wir jetzt zu ihm losfahren.
Leider fällt die Fahrt entlang des Khwai River flach, wir wollen direkt nach Maun und nehmen die einsame Transitstrecke. Ziemlich genau in der Mitte zwischen North und South Gate, wird es etwas buckeliger und plötzlich geht der Motor auf der Kupplung einfach aus. Sch***!!! Wir sind in the Middle of Nowhere, keine Ahnung, wann hier das nächste Auto vorbeikommt, begegnet ist uns unterwegs niemand. Na toll. Aber schon nach zwei Minuten höre ich Motorengeräusche – oder ist das eine akustische Fata Morgana? Nein, hinter uns taucht tatsächlich ein Truck auf, der auch gleich anhält. Was für ein Glück! Doch dieses Mal scheint sich unsere Batterie gar nicht mehr aufladen zu wollen. Wir probieren alles, wechseln wieder zwischen den Batterien hin und her, aber nichts hilft. Es dauert eine gute halbe Stunde, bis Muddy wieder anspringt. Zwischendurch haben wir schon nicht mehr dran geglaubt. Wir bedanken uns zig Mal bei unseren Helfern und setzen unsere Fahrt fort. Jetzt aber nur noch hochtourig, um bloß ein weiteres Absterben zu vermeiden. Wenn es überhaupt an der Drehzahl lag.
Uns fallen Steine vom Herzen, als das South Gate vor uns auftaucht. Von dort rufe ich noch mal bei Mack an und schildere ihm die Situation. Da wir die ganze Zeit kein Handynetz haben, verabreden wir, dass er uns entgegenkommt, wenn wir nach drei Stunden noch nicht bei ihm sind. Also gut, weiter geht’s. Zum Glück ist die Straße jetzt besser und man kann auch die erlaubten 60 km/h fahren. Das nutzen wir auch aus, denn wir wollen einfach nur noch so schnell wie möglich nach Maun kommen. Die Art und Weise, wie Muddy vorher abgestorben ist, war einfach zu seltsam. Und dann tritt plötzlich aus dem Nichts vor uns eine Giraffe auf die Straße. Ich schreie, Dirk steigt in die Eisen, weicht aus, wir fahren schon zur Hälfte die Fahrbahnböschung hoch und verpassen um Haaresbreite die Giraffe, die zu unser aller Glück auf der linken Fahrbahnseite stehen geblieben war und dadurch das Ausweichmanöver möglich machte. Alle drei – Dirk, Giraffe und ich – atmen danach tief durch und sind froh, dass das noch mal gut gegangen ist. Und wie durch ein Wunder ist auch der Motor angeblieben.
Wir fahren weiter. Jetzt sind alle vier Augen starr auf die Straße gerichtet, auf eine weitere solche Aktion können wir verzichten. Wir sind froh, als wir wieder eine Teerstraße unter uns haben und sind schon fast da, als plötzlich alle Anzeigen – Tacho, Kilometerstand, etc. – auf 0 gehen. Aber auch das kann uns nicht mehr schocken, jedoch rollt Muddy wenige Minuten später einfach aus. Wenigstens vor einem kleinen Laden, von wo wir mit dem Handy des freundlichen Verkäufers – wir haben immer noch kein Netz – die Werkstatt anrufen. Mack schickt jemanden los, der auch kurze Zeit später eintrifft und uns für die letzten Kilometer eine volle Batterie einbaut, mit der wir auch bis zur Werkstatt kommen. Dort wird Muddy untersucht. Alles in allem schätzen wir unsere Situation trotzdem als glücklich ein, denn wir hätten zwischendurch nicht gedacht, dass wir es bis hierher schaffen.
Während der Reparatur nutzen wir die Zeit und räumen das Auto einmal komplett auf. Und repariert ist Muddy schnell. Es war glücklicherweise nicht die Lichtmaschine, sondern ein kaputtes Kabel, das sein Unwesen getrieben hat. Außerdem kriegen wir noch eine neue Kühlschrankbatterie, weil unsere insgesamt auch sehr schwach war.
Da wir jetzt sowieso hier in Maun sind, gehen wir kurz shoppen, tanken und melden uns in der Heimat. Außerdem suchen wir ein Schmuckgeschäft auf, damit ich meinen Ringfinger ausmessen lassen kann – schließlich soll der neue Verlobungsring schnellstmöglich fertig werden und muss deswegen von hier telefonisch bestellt werden. Jeder, der schon eine Woche im afrikanischen Busch verbracht hat, danach im Motorraum rumgebastelt und dann noch ohne Klimaanlage bei 40°C vier Stunden im Auto gesessen hat, kann sich vorstellen, wie ich aussehe, als ich beim Juwelier meinen Finger ausmessen lasse. Aber zum Glück habe ich ja eine romantische Geschichte auf Lager, die mein Aussehen in den Hintergrund rückt.
Nachdem wir alles erledigt haben, fahren wir zurück ins Moremi Wildlife Reserve. Der Weg nach Xakanaxa ist weit, vor allem, da man über Third Bridge fahren soll – zumindest interpretieren wir das Hinweisschild so. Falsch, wie sich später herausstellt. Die Fahrt ist immerhin sehr schön, aber es ist ein Wettlauf gegen die untergehende Sonne. Um 18 Uhr fragen wir am Third Bridge Camp, ob wir es noch vor Dunkelheit nach Xakanaxa schaffen können. Nein, das sei unmöglich, wir sollen aber trotzdem fahren, hier könnten wir nicht schlafen. Na gut, weiter geht’s.
Die Piste ist gut, Dirk gibt Gas und wir kommen gut voran, bis ein Elefant auf dem Weg steht. Ein Halbstarker, der sich ganz wichtig macht. Also Rückwärtsgang und warten. Er wird schon weggehen. Tut er auch nach einer gefühlten Ewigkeit. Bei der Weiterfahrt haben wir eine klare Arbeitsteilung. Dirks Augen gelten nur dem Weg, meine checken das GPS und scannen die unmittelbare Umgebung nach Tieren ab, hauptsächlich Elefanten, damit wir keine unfreundlichen Begegnungen haben. Durch die Dämmerung kann man sowieso kaum noch etwas sehen. Wir kommen aber gut voran, bis wir plötzlich vor Wasser stehen. Ich denke, hier sollte es keine Wasserdurchfahrten geben!? Wir versuchen also den nächsten Weg. Wieder Wasser, es erscheint aber machbar. Dirk meint, wir sollten es vorher durchwaten, hier wird es schon keine Krokodile geben. Aber ich bin dagegen und da man im letzten Tageslicht noch frische Fahrspuren erkennt, fahren wir los. Als wir gerade im Wasser sind, kreuzt plötzlich genau vor uns ein Krokodil die „Fahrbahn“ im Scheinwerferlicht. Bloß nicht anhalten, dann stecken wir fest und es taucht auch schnell genug ab und schwimmt davon. Gut, dass wir nicht durchgewatet sind…
Wir fahren weiter, aber es ist inzwischen stockdunkel und wir irren durch ein Labyrinth von tausenden kleinen Wegen, die immer wieder im Wasser enden, um uns herum leuchten immer wieder viele Augen. Nach 1,5 Stunden geben wir auf und halten auf einer Lichtung. Ich möchte eigentlich im Auto schlafen, denn es ist stockdunkel draußen, wer weiß, was da alles lauert. Aber Dirk überredet mich und wir bauen das Dachzelt auf, legen uns rein und verbringen unsere erste Nacht in der echten Wildnis – ganz allein.
(Da wir an diesem Tag keine Zeit für Game Drives hatten und nur im Stress waren, gibt es keine nennenswerten Bilder...)